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Ausgabe:

1909 Nr. 2

Spalte:

610

Autor/Hrsg.:

Ridderbos, J.

Titel/Untertitel:

De Theologie van Jonathan Edwards 1909

Rezensent:

Titius, Arthur

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Seite 1

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609 Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 22. QiQ

nicht gekommen, die Bekehruog ift eine plötzliche ge- ] Gegenteil kräftig betont, aber ein wenig mifcht fich
wefen und ,mit unwiderftehlicher Gewalt' eingetreten. I bei L. doch dogmatifche Voreingenommenheit ein.
Es ift fchwer, gegen diefe Auffaffung etwas zu fagen, : Sind wirklich die Lehren von der Dreieinigkeit und der
angefichts des ungenügenden Quellenmaterials; aber Be- | Gottesfohnfchaft Chrifti ,feit den erften Jahrhunderten als
denken gegen diefe Auffaffung drängen fich mir doch ! die Grunddogmen der Chriftenheit feftftehende Lehren'?

Und kann man fagen: ,wenn diefer in verftandesmäßige
Kritik aufgelöfte religiöfe Radikalismus in dem werdenden
reformierteu Proteftantismus fich irgendwie feftfetzte,
fo war es nach Menfchengedenken um die Reformation
Wefteuropas gefchehen'? Sicherlich ungerecht ift es, wenn
L. den Namen von Servets Schrift: christianismi restitutio
,anmaßlich' nennt. Es handelt fich doch da lediglich
um die traditionelle Bezeichnung des humaniftifchen
religiöfen Ideales (vgl. P. Wernle: Die Wiederherftellung
des Chriftentums im 16. Jahrh. 1904).

M. E. ift diefes Lebensbild Calvins von L. die befte
Gefamtdarftellung, die das Calvinjubiläum gebracht hat,

immer wieder auf. Ganz allgemein betrachtet ift eine
plötzliche Bekehrung doch nicht gerade häufig, wenn
fie auch nicht unmöglich ift. Dann aber follte man für
die subita conversio auf alle Fälle fich nicht auf Calvins
bekanntes Selbftzeugnis berufen; denn daß diefes tendenziös
ift und gar keinen hiftorifchen Quellenwert befitzt
, fcheint mir Wernle (Ztfchr. f. Kirchengefch. 1906
S. 84 ff.) bewiefen zu haben. Und wenn L. endlich mit
Recht auf die Bedeutung des Senecakommentars für
das Problem der Bekehrung Calvins hinweift, fo möchte
ich doch hinter fein Urteil (S. 18), daß hier ein ,Beweis
vorliege, daß das Studium der h. Schrift — der Herz

punkt der Le Fevrefchen Reform — noch nicht in den i und die Doktorierung des Verf.s durch die Genfer theo-
Kreis der Intereffen Calvins getreten ift, daß die Bibel logifche Fakultät werden alle als eine wohlverdiente
ihm noch ein verfchloffenes Buch fei, weil fein Herz J Ehrung freudig empfunden haben.

noch nicht für fie fchlägt', ein Fragezeichen fetzen. Es ' Zürich Walther Köhler

bedürfte doch da zuerft einer gründlichen Unterfuchung __Walther Kohler.

über die Bedeutung Senecas innerhalb des biblifch- Ridderbos, J., De Theologie van Jonathan Edwards. Aca-
humaniftifchen Kreifes. Wenn fich zeigen läßt, daß die demisch Proefschrift. 's-Gravenhage, J. A. Nederbragt
Schrift Calvins über Seneca auf Le Fevrefchem Boden *? ' J *

fehr wohl denkbar ift, dann kann das geringe Zitieren lW- (VI> 329 en VI blz.) gr. 8»
der Bibel in diefer Schrift kein Beweis fein für die lln- Die Differtation von Ridderbos behandelt die

empfänglichkeit Calvins gegenüber der Bibel. Muß man Theologie des amerikanifchen Kongregationaliften Jona-
denn in%iner Schrift, noch dazu einem Kommentar, ' than Edwards (1703—1758). Dieler verdient nicht nur als
Ungleich alle Gedanken fagen? Man vergleiche etwa erfter amerikanifcher Theologe von Bedeutung Aufmerk-
Zwinglis Äußerungen über Seneca — wie haben fie fich ; famkeit, er hat auch zahlreiche Verehrer und Nach-
neben und gleichzeitig mit chriftlichen Gedanken folger gefunden und hat noch bis auf Charles G. Finney
vertragen! Und wenn L. fagt, daß Calvin in feinem (f 1875) und Horace Bufhnell (f 1876) feinen Einfluß gel-
Kommentar die Bibel ,charakteriftifcherweife nach der tend gemacht. Für die Gefchichte der Theologie ift er
Vulgata' zitiere, fo kann das kein Beweis für Intereffe- lehrreich durch feine Verbindung des Calvinismus mit
lofigkeit an der Bibel fein; denn bekanntlich ift Fabers | dem Empirismus und der Moralphilofophie feines Zeit-
Überfetzung des N. T. 1523 auch nur nach der Vulgata alters, namentlich Locke; ja in einer Erftlingsftudie zog
veranftaltet worden, jene Tatfache würde alfo Calvin er aus Lockes Prämiffen die Konfequenzen eines an
dem Faberfchen Kreife nur annähern. Läßt fich Calvins Berkeley erinnernden akosmiftifchen Idealismus. Damit
Kommentar in die Faberfche Bewegung hineinftellen — verband fich bei ihm ein ftarker myftifcher Spiritualis-
und ich glaube, es geht das ohne Schwierigkeit —, dann mus, der ihn zu einem Hauptträger der Erweckungsbe-
wird man auch Berührung Calvins mit dem Faberfchen wegung machte; Whitefield gegenüber verfland er feine
biblifchen Humanismus annehmen dürfen und hat fo Selbftändigkeit zu wahren. Eigenartig gehalten fich von
ein wichtiges Glied in der Entwicklungskette ge- diefen Prämiffen aus namentlich feine Lehren von Freiwonnen
, die in der ,Bekehrung' mündet. In anderem heit und Tugend. Die übliche calviniftifche Lehre von
Zufammenhange (S. 73) bezeichnet L. felbft als ,eine | der menfehlichen Unfreiheit zum Guten verfchärfte er
befonders merkliche Lücke in der Calvinforfchung die durch Einführung des Kaufalitätsgefetzes, fuchte aber zu-
FVage, wie weit feine Theologie mit den Refor- : gleich die Verantwortlichkeit des Menfchen durch eine
mationsidealen des Le P'evrefchen Kreifes oder I eigentümliche idealiftifche Identifizierung des Menfchen-
auch nur mit den erften Schriften Farels in Verbindung gefchlechts mit dem freihandelnden Adam zu wahren. Das
fteht'. — In dem wohlgelungenen Abfchnitt über Calvins Gute (die Tugend) verlieht er als ,benevolence to intelligent
Theologie wird L. Max Weber u. a. nicht gerecht, wenn , bezng in general' und läßt es fich in der Gottesliebe koner
die .innerweltliche Askefe' beanflandet, da der Haupt- : zentrieren. Eigenartiges bietet er auch in der Trinitäts-
begriff Calvins der fei, der Ehre Gottes zu dienen; ein j lehre (dem Modalismus ftark angenähert), in der Gnaden-
Gegenfatz liegt hier in keiner Weife vor, noch Tröltfch ; lehre u. a. Die Kritik, die Ridderbos an alledem
hat vor kurzem (Chr. Welt 1909 Nr. 28 und 29) die Cal- . übt, ift zwar ziemlich einfeitig an der Theologie feines
vinfehe Berufsethik aus dem Gottesbegriff abgeleitet. Lehrers Bavinck orientiert, doch gibt er eine klare und
Gefreut hat mich die Anerkennung des durch Bucer —- überfichthehe Darftellung und Einordnung von E.s An-
NB.: warum bei Lang immer Butzer? J. Ficker hat in fchauungen in die Gefchichte des Calvinismus. Das ift
feinen Handfchriftenproben die Lesart Bucer als die um fo dankbarer anzuerkennen, als man aus dem Artikel
richtige erwiefen — Calvin übermittelten täuferifchen von Stowe-Andower in RE.3 5, 171 ff. kein deutliches
Elementes; darauf hatte ich im Anfchluß an L.s Werk , Bild erhalt. Merkwürdigerweife gibt der fonft zuverläffige
über Bucers Evangelienkommentar nachdrücklich hinge- { Artikel ein falfches Geburtsjahr an (1693 ftatt 1703), fetzt
wiefen (Gött. gel. Anzeigen 1902). Wohlgelungen ift i auch E.s Heirat fälfehlich auf 1723 (ftatt 1727) an.
z. B. der Nachweis, wie die Prädeftinationslehre dem j Göttingen. Titius.

Donatismus der Wiedertäufer gegenüber die Volkskirche

wahrt. — Über den für Calvin fo peinlichen Fall Servet Menegoz, Eug., Publications diverses sur le fideisme et son

drückt L. im allgemeinen fich fehr gerecht aus, die j application ä l'enseignement chretien traditionnel. 2 Bände.

Schwäche Calvins in der fpäteren Verleugnung feiner . ParjSj iz;schbacher 1909. (1. Band [2. Auflage! XX

Mittätigkeit bei der Denunziation Servets, die trotz der von s r , fi cn [pj„ r, , ,/r

Schwarz (Chrifti. Welt 1909 Nr. 25,) und Weiß {Bulletin 47° b- 2' Band 576 S.) Jeder Band M. 7.50

de la societe du protcstantisme francais 1908) verfuchten Die Tapferkeit und die Konfequenz, mit welcher der

Apologie bleiben wird, wird nicht verhüllt (S. 156 f.), im | auch unter uns hochgefchätzte Lehrer an der theologifchen

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