Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1909

Spalte:

606

Autor/Hrsg.:

Delehaye, Hippolyte

Titel/Untertitel:

Les versions grecques des Actes des martyrs Persans sous Sapor II 1909

Rezensent:

Krüger, Gustav

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

Theologifche Literaturzeitung 190g Nr. 22.

6c6

Anthropopathismen willkommene Angriffspunkte. Die i Wirkungen des Origenes befonders deutlich find. Doch
Gnoftiker Tüchten die Kluft zwifchen ihren und den An- tritt nun die dem Mönchtum entlehnte ethifche Betrach-
fchauungen des A. T. dadurch zu erweitern, daß fie von 1 tung der ajcä&eia als des fittlichen Ideals neu hervor,
dem höchften Gott den altteftamentlichen fchieden. ■ Für j Den ajilovörtQoi lag freilich die Vorftellung eines Zornes
Marcions Kritik war die Überzeugung von der anäd-sia ! Gottes dauernd nahe. Bei den Abendländern wirkt die
der Gottheit Vorausfetzung, und Tertullian hat Recht, | Auffaffungsweife Cyprians und Laktanzens nur vereinzelt
wenn er ihm vorwirft, er fei dabei von der Stoa ausge- nach (merkwürdigerweife bei Marius Victorinus). Selbft
gangen. Marcions Gegner, insbefondere Tertullian, find j Auguftin lehnt es ab, fich irgend einen Affekt bei Gott
doch felbft in den Bann des ,Philofophengottes' geraten, vorzufallen. Im Anhang werden die Affekte in der chrift-
Durchfchlagend wurden die Gedanken der Alexandriner, liehen Polemik gegen die Heidengötter erörtert.
Daß die Affekte Gottes allegorifch zu deuten find wie Der Verfaffer verfügt zur Ausfüllung des vorftehend

feine Hände und Füße, weiß Klemens. In den Bahnen fkizzierten Rahmens über eine treffliche Kenntnis der
Philos erklärt Origenes die Anthropopathismen des A. T. Zufammenhänge und der Einzelheiten. Ich habe nur
aus Gottes erzieherifcher Abficht; feine Affektlofigkeit i weniges gefunden, wo ich von ihm abweichen möchte,
ift ihm felbftverftändliche Lehre. Anders die Römer. Dahin rechne ich die mir nicht ganz verfländliche Betonung
Ihnen fagte der Zorn zu, den fcharf pfychologifch zu des ,Philofophengottes' Marcions auch für die fpätere
faffen ihnen zudem die philofophifche Durchbildung fehlte, gefchichtliche Entwicklung. Er taucht an verfchiedenen
Von Tertullian gilt diefer Zufatz freilich nicht. Gerade 1 Stellen (noch S. 115 und 128) der Arbeit auf, wo man ihn
bei ihm ift der Widerftreit zwifchen römifchem Wefen m. M. n. nicht fucht. So empfinde ich den Vergleich der
und anempfundenem Bildungsideal deutlich, und darin Methode der Arianer mit der Marcions als künftlich. Ich
liegt wohl der Grund für die innere Unficherheit, die ihn bin aber überhaupt nicht fo ficher wie der Verfaffer, daß
zu dem Ausweg führt, alle Affekte von Gott abzulöfen Marcion von ftoifchen Vorausfetzungen ausgegangen ift,
und auf den Logos zu übertragen. Novatian hat gerade fondern beurteile feine ganze Pofition als unphilofophifch.
diefe Übertragung nicht mitgemacht, fondern fich an Tertullians Behauptungen beweifen hier doch nichts. Auch
griechifche Vorbilder angelehnt. Dagegen kommt bei bei den frühen Modaliften würde ich bei der Annahme
Commodian und Cyprian der Zorn Gottes voll zu feinem j philofophifcher Beeinfluffung zur Vorficht raten. Daß die
Recht. Arnobius lehnt wieder allen Anthropopathismus Gegner des Apolinarius feine Lehre ,böswillig' mißverftan-
ab, während Lactanz, in diefem Punkt ficher nicht fein den haben, glaube ich nicht, ficherlich handelt es fich aber
Schüler, fondern vielleicht bewußt gegen ihn polemifierend, bei dem alXoico&rjvai Gregors nicht um ,bewußten
von griechifcher Philofophie und Theologie fchwerlich Schwindel'. Ift der antiochenifche Standpunkt abfichtlich
berührt fondern ganz auf Cicero, Seneka und Lucrez j nur an Chryfoftomus illuftriertf Und warum gerade an
fußend,' zwar deren Bedenken gegen den Zorn kennt, , ihm? Der Verfaffer fchreibt doch felbft, daß bei Chr. die
dennoch aber feine Notwendigkeit verficht, weil es ohne dogmatifchen Erörterungen ganz zurücktreten. War auf
ihn eine Beftrafung nicht gebe. Dem Origenes fleht er S. 116 nicht auch der antiorigeniftifchen Mönche und ihres
diametral gegenüber. Trotzdem feine Anfchauungen aus Anthropomorphismus zu gedenken? S. 77 A. 1 lieft fich
dem römifchen Empfinden herausgewachfen find, haben [ beinahe, als nehme P. an, daß Euftathius noch bis an
fie auch auf feine Volksgenoffen wenig gewirkt. Das: die Grenze der apolinariftifchen Streitigkeiten heran gelebt
hängt mit der Veränderung der Situation durch die habe. Er ftarb doch aber fchon um 337. Übrigens
chriftologifchen Streitigkeiten zufammen. Ein Blick auf fchreibt P. Apolinarius mit bewußter Ablehnung von
den Streit um die Affekte Chrifti ift zu weiterer Ver- Apollinaris als der lateinifchen Namensform. Warum

folgung des Themas nötig. Als seäd-oq Xqiötov galt | fchreibt er Kelfos und Markion, wenn er doch _ und

zunächft das körperliche Leiden. Aber für den philofo- m. E. mit Recht (f. Zahn, Forfchungen 5, 108) — Irenäus
phifch Gebildeten erfcheint es bald als unvollftändige fchreibt? Leider finden fich, meift in Zitaten, zahlreiche,
Betrachtungsweife, wenn man nur den einzelnen Leidens- freilich durchweg harmlofe Druckfehler.

Gießen. G. Krüger.

akt nicht die Leidensfähigkeit als folche in's Auge faßt
Dabei kreuzt fich die aus der griechifchen Philofophie

flammende Tendenz, Jefus möglichft aller «jt- Delehaye, H, S. J., Les versions grecques des Actes des

Säää tt "t: rSapor "• ,™e! e;rr•*-

hervorgingen und die zur Betonung der Wirklichkeit der ductions. (Patrologia onentahs, tome TL fascicule 4.)
Affekte führten. Um fo fcharfer wird hervorgehoben, Paris, Firmin-Didot & Cie (1905). (160 p.) gr. Lex. 8°
daß man die Leiden auf den Menfchen in Chriftus be- fr Q
fchränken das Göttliche dagegen als «fi**™^ Delehaye befchränkt fich in feiner Arbeit auf die
müffe Die Spekulationen des Origenes find hier nicht Y Gegenfa 7
fo erfolgreich gewe en wie feine Lehre von der * dgr P . Chosro«) nur
Gottvaters die nicht mehr in Zweifel gezogen wurde fchwer zugänglich find. Gegenftand feiner Veröffentlichung
weder von den Ananern, denen fie eine wertvolle Stütze fomif(l.f die Akten des Jonas und Barachifiu (2 2)
ihrer Behauptung war daß eine Zeugung Chnft. ein ^oc ^ der Bif fc f J sJQtf ^) Abbe
m Vater einfchließen wurde, noch von ihren Gegnern, . , , ' - . , ,kTÜ , • , . t5- -V rtD
die das Analogen menfehlicher Zeugung beftritten Für

diefe aber wurde jenen gegenüber der Nachweis daß das;Diakonen AgthalasP über die haffi^

die Affekte Ter« den Jr^J^S^fJ^^ lieferung eines jeden Stückes wird genau berichtet D e

frage. Dabei ließ es Athanasius, nicht aber Fmftathius von Hterarifchen und fchichtlichen Fr^ laßt D abficht.

Antiochien, an der pfychobgifchen Begründung fehlen unßeruh wejl )> ifa ^ * Behandlung

Erft Apolinarius ftellte die Frage: ,r^^c^-.^ noch nicht reif fcheinen, und verweift dafür auf früher?

ihm "nd fernen Gegnern, den Kappadoziern, verwe : P. Publlkationen von de Vrj Hoffmann (Auszüge aus

mit f.chthcher Vorliebe (vgl. feine früheren Arbeibsn), chen Akten fircher Ma'rt „f lg^8o) Uhlmann

verfolgt die Erörterung der Frage nach den Affekten (die ChriftenVerfolgungen in Berßen unter der HerrfchJft

der Saffaniden, Zeitfchr. f. d. hift. Theol. 1861), Bolotov
und vornehmlich Labourt, Le Christianisme dans I'Empire
Ferse, 1904.

Chrifti bei den Abendländern (Verf. fchreibt ftets Römern,
was mißverftändlich ift) von Hilarius bis Auguftin, um
fich dann der Anfchauung des 4. Jh. von den Affekten
Gottes zuzuwenden, bei der, wie fich an den Schriften
der Kappadozier am beften darlegen läßt, die Nach- | Gießen. q_ Krüger.