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Ausgabe:

1909

Spalte:

601-603

Autor/Hrsg.:

Olschewski, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Die Wurzeln der paulinischen Theologie 1909

Rezensent:

Windisch, Hans

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schüret", Prof. in Göttingen.
Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Halbjährlich 9 Mark.

_ _ Manufkripte und redaktionelleKorrcfpondenzen find ausfchließlich -./-.^n,-.

Nr. 22, Jahrff. 34. an ProfeflTor D. Schürer in Göttingen, Friedländerweg 56, zu fenden. 23. Oktober 1909.

' 0 Rczenfionscxemplare ausfchließlich an den Verlag.

OIfchewski, Die Wurzeln der paulinifchen

Chriftologie (Windifch).
Beuzart, Essai sur la theologie d'IreniSe (Bon-

wetfeh).

Pohlenz, Vom Zorne Gottes (Krüger).
Delehaye, Les versions grecques des Actes des

martyrs Persans sous Sapor II (Krüger).
Gardner, Theodore of Studium (Ph. Meyer).

Collectio Weigeliana, Wertvolle Werke der Reformationsliteratur
(Köhler).

Lang, Johannes Calvin (Köhler).

Ridderbos, De Theologie van Jonathan Edwards
(Titius).

Menegoz, Publications diverses sur le fideisme
et son application ä l'enseignement chretien
traditionnel, 2 Bde. (Lobftein).

Nösgen, Das Wirken des heiligen Geiftes an

den einzelnen Gläubigen und in der Kirche
(Titius).

Stone, A History of the Doctrine of the Holy

Eucharist (Lobftein).
Beth, Der Entwicklungsgedanke und dasChriften-

tum (E. W. Mayer).
Fiebig, Jefu Blut, ein Geheimnis? (Titius).
Kneib, Die Jenfeitsmoral' im Kampfe um ihre

Grundlagen (Derf.).

OIfchewski, Lic. theol. Wilhelm, Die Wurzeln der paulini- perfönlichen Verkehr mit Jefus gewirkten Glauben der
fchen Chriftologie. Königsberg i. Pr., Gräfe & Unzer Urgemeinde, laffen fie eine zureichende Motivierung der

Inno (VI 1-0 S) er 8° Ms_ Damaskustatfache vermiffen, würdigen fie diefes grund-

'9°9- » 7 •=VJ g • • legende perfönlichc Erlebnis nicht genügend und bringen

Eine ausführliche kr.tifche Auseinanderfetzung mit | uberhaupt die religiös fchöpferifche Kraft des Paulus bei
M. Brückners Buch über die Entftehung der paulin.lcnen jhrer Erklärung, die das Damaskuserlebnis zwar nicht in
Chriftologie war längft erwünfent, und nicht ungeichickt ! ejne Damaskusmeditation, aber in eine religionsgefchicht-
hat O. in feiner, D. Haupt und D Kühl gewidmeten • ]iche Retrojektion verwandelt, nicht in Rechnung. Diefe
Schrift fie mit einer kritifchen Behandlung der Auf- | Feh,er finden fich durchweg bei Wrede und &ückner
faffung Karl Holftens verbunden; haben doch beide Ver- | während Wernle durch leine Würdigung des religiöfen
fuche dies gemein, daß fie die paul.n.fche Chriftologie j ],:rlebniffes der richtjgen Erkenntnis Zugewendet er-
und das für fie grundlegende Damaskuserlebnis aus dem I fcnejnt &
Denken des Paulus ableiten wollen. r,. r i i- zv a j . e t- j . • ,

O. behandelt zunächft Holltens logifch-pfychologi- 1 ^ PpfitiveErklarungO.sfindet ihrFundament in dem,
fche Deduktion der paulinifchen Bekehrung. Für die , was % Paulus flcher ong'ne11 'ft- ,n der Verbindung
formale Beurteilung der Bekehrung ergibt hie? die Kritik, der Ch"!°l°?u Z P.neupma.toloeieA.

daß fie nicht durch Verftandesoperationen oder Ideen- Pneumatifche Erfahrung machte den Paulus zum Chriften,
Verfolgungen, fondern durch kraftvolles, intuitives Er- ^e zeif? ihm den erßandenen und erhöhten Chnflus.
leben zuffande kam, daß die Damasküsvifion formal , So verfchmob:ihm ,n fernem Leben und Denken Chr.-

, , , r__n- ' 7 c.__„ j tj i i • ui (tologie und rneumatologie, wenn auch nicht bis zur

durchaus den lonltigen Vüionen des Paulus gleichkommt n a r u -u c VCn•• j- i •* /-u >a j

j i wv a..J^u^..<. r u i -r if i- r . ™ vollen Aufgabe ihrer Se bftandigkeit: Chnflus und der

und als Vifion durchaus den pfycho ogifchen Gefetzen ~ .n ,& r . ^ - , 7. . T , . , 7

. ,. . „ „„„t 1 • „ r J , s , ,. „rti„„ Geilt wurden feine Kraft und fein Leben, er erlebte
unterliegt, wenn auch keineswegs durch die reltlos ' , , . „ , ... , 2 . , v r:

T i. 1 v u Am„;t„„„ „• G i • i. a~* j;ö : und fchaute Chnflus als pneumatifch umwandelnde Kraft,
pfychologilche Ableitung eine Hereinziehung des die c .a ,. D . * . . . , „ .

Lät u „».^iff^i^^k. , tt w Bo "1 die Pneumatologie ein konftituierender Eaktor der

Offenbarung vermittelnden, göttlichen Faktors ausge- | ,. sf , „ &. . _

r ui rr -n n;« i,.uP„ aI~ t„u u u a- ~ Jo„ w,,r i paulinifchen Chriftologie; die Damaskusvifion brachte
fch offen 1 lt. Die beiden, den Inhalt beflimmenden Wur- • r. , __..r , &„,'r j -u r -.j • • a

1 j i! ■.r^Ucn rB.ir+^i™;., • r u„ia=„ ,n I mm das pneumatifche Wefen, das ihn feitdem nie wieder

zeln der pauhnilchen Lhriltologie, wie fie Höhten an- 1 ,. „ L . , .„ n , ' , , „ . ,

gibt, die vom judifchen Denken beflimmte Reflexion hg*W JÄgj,Paulus kraft des Geiftes m den
über den Kreuzestod und die helleniftifche Idee des ; nJuen'vmefl,iin'fchen ,A«n eingetaucht und von dem
i_- i r 1 a/i c u .^.Ao„ r,,,., ,.i«-„u r„ oic ni^ht 1 alten Aon und von der mit diefem eng verbundenen
himm hfchen Menfchen, werden nun gleicherweile als nicht c,,„j„ i„„„ ,.-a m- u n j-. • u. • in tu

1 r.- • r •To^u,„ ;,.u u ^ -„u* Ai* bunde losgelofl. Nicht Meditation, nicht eine hiftorifch

zeugungskraftig erwiefen. Nachweisbar hat nicht die ... „1,___,& n, .n , , i. ,

t Zr 1 1 4.- r j„.„ Aar ru u j-„ a,,f»v überkommene Chnflusanfchauung, fondern ein pneumati

Krcuzesfpekulation, fondern der Glaube an die Aufer- fchea Chriftll9„I(,Kn,a ift HiP Wurzel feiner Chriftnlnoie
flehung Chnfli die Umwandlung des Paulus beftimmt,

wie denn nirgends fich Andeutungen finden, daß Paulus

fches Chriftuserlebnis ift die Wurzel feiner Chriftologie.
Der Hauptwert der vorliegenden Schrift liegt in der

durch innere Konflikte zur Bekehrung durchgedrungen j ^ntik der rehgionsgefchichthchen Anfchauung und in
fei; der aus Philo bekannte Himmelsmenfch aber exi- | ™ pofitiven Aufbau. Hier bietet fie eine gute För

ftiert in der paulinifchen Chriftologie überhaupt nicht,
Paulus polemifiert vielmehr gegen diefe Idee.

Den Hauptfehler der Holftenfchen Konftruktion, den
Ausgang von dem jüdifchen Nomismus, vermeidet der neue
Erklärungsverfuch der Religionsgefchichtler Wrede und

derung der Paulusforfchung. Es war nicht richtig, daß
man die Gefamtausfagen des Paulus über Chriftus einfach
fchied in pharifäifche Meffiasdogmatik und ge-
fchichtliche Überlieferung von Jefus, und fo das Bekenntnis
des Paulus zu Jefus Chriftus faft wie ein

Bruckner, die mit Recht den Meffianismus der Juden Rechenexempel erklärte. Mit Recht hat O. (übrigens
zugrunde legen. Indem fie nun aber die paulinifche I ganz im Sinne der Andeutungen Heitmüllers in feiner
Chriftologie als eine Hineinarbeitung der Überlieferung | Befprechung des Brücknerfchen Buches I h. Lz 1905
von Jefus in die ungleich erhabenere und fefter gefügte , V 354) gezeigt, daß der ausschlaggebende Faktor bei der
judifch-pharifäifche Chriftusanfchauung zu verliehen | Bildung der paulinifchen Chriftologie eine dritte Geftalt,
fuchen, meffen fie der gewiß dem Judentum entnom- der pneumatifche Clu.fl Gut hat er weiter aus-

menen Lehre vom präexiftenten, in der Endzeit zum | geführt, daß Wrede-Brückner in den Feh er Holftens
Gericht erfcheinenden Meffias viel zu große Bedeutung verfallen, fofern fie die Bekehrung allzu intellektualift.fch
zu, werten fie zu Unrecht die irdifche Erfcheinung ! erklaren und die eigentliche Geburtsftunde des Chriften
Jefu als bloße Epifode, verkennen fie überhaupt das j Paulus, fein Bekehrungserlebnis zu wenig würdigen,
eigentlich Treibende in der Chriftusanfchauung des Paulus Keineswegs ift nun aber die Konftruktion von

fowie den Zufammenhang des Paulus mit dem durch I Wrede - Brückner als irrig oder gar die Arbeit von
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