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Ausgabe:

1909 Nr. 21

Spalte:

590-591

Autor/Hrsg.:

Staudt, C. K.

Titel/Untertitel:

The Idea of the Resurrection in the Ante-Nicene Period 1909

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 21.

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kann, für den alles praktifch beflimmt ift. Er pflegt I nie gekannt. Darum muß die fcheinbar widerfprechende
ganz zweifellos kein Armfünderchriftentum, er predigt Theorie fich nach der Praxis richten, aus der fie flammt,
nicht Sündentroft, fondern Sündenbruch und glaubt an für die fie hingefetzt ift. Einen reineren Mann der Praxis
die fchließliche Säuberung feiner Gemeinden für den als Paulus hat es nie gegeben, alles ift bei ihm ein Sollen
Gerichtstag und an die Rettung aller der einmal Be- und ordnet lieh einem Lebenszweck unter. Und fo drückt
rufenen und Erwählten, wenn auch manche durch harte ' die ganze Sündlofigkeitstheorie, foweit fie bei ihm anGerichte
hindurchgehen müffen. Das ift fein Optimismus, klingt, nichts anderes aus als die Energie feiner Forder
in feinem vom Verfaffer leider garnicht in feiner j derung und den Radikalismus feines Glaubens, daß fein
Tragweite für diefe Fragen erkannten Erwählungsglauben j Gott aus Schwachen, Strauchelnden, Sinkenden, hundertin
der Ausdehnung auf die Gefamtgemeinde wurzelt. Und ! mal Fallenden doch etwas Refolutes fchaffen werde. Es
der Erwählungsglaube ruht felbft wieder in feinem radi- ift allerdings ein Optimismus, aber nicht des Rückblicks,
kalen Golteserlebnis und Gottesbefitz, die keinen Gott ! fondern des Ausblicks, nicht abfeits der Empirie, fon-

kennen, der halbe Arbeit tut. Aber gerade diefer ge- | dem _die elende Empirie ganz klar erfaffend und auf
waltige Erwählungs- und Gnadenglaube fchließt Rückfälle
leichter und fchwerfter Art nicht aus, fondern ein,

das Ziel hin vorwärts treibend.

Bafel. P. Wer nie.

wie ja das Problem des Weiterfündigens fich Rom 6 von
der Folie der überragenden Gnade aus erhebt. Solche
Sünder hat dann Paulus nicht mit der Gnade getrottet — Staudt, Calvin Klopp, Ph. D., The Idea of the Resurrection
das wäre gegen feine ganze Miffionstendenz gegangen— in the Ante-Nicene Periud. (Historical and Linguistic
fondern mit den göttlichen Gerichten gewarnt und in die | Studies in Literature related to the New Testament
Buße getrieben, auch auf die göttlichen Läuterungsge- ; Second Serjes_ Vo] j Part Gjjjv cnica„0 the uni;
richte hingewiefen. die ftrafend retten, wer einmal be- 1 .. r „, . T, , . . s '

rufen ift. E^hat diefe Sünder katholifch, d.h. päda- j vers.ty of Chicago Press 1909. (9o p.) Lex. 8» c. - 54
gogifch behandelt und damit die weitere katholifche ,The Department of Biblical and Patristic Green,

Entwicklung eingeleitet, die dann freilich mit der Ver- i of The Univcrsity of Chicago, proposes to issue, from
größerung der Gemeinde die Erwählungsgewißheit für ' timc to Urne, Historical and Linguistic Studies in Litera-
alle nicht^mehr behaupten kann, für die damit das Pro- j ture Related to the New Testament. These Studies will be
blem der Wiederverföhnung Gottes fo qualvoll wird und grouped in three series: I, Texts', IT, Linguistic and Exe-
die Maffe der Surrogate die Gewißheit nicht fchaffen getical Studies; III, Historical Studies. The volumes in
können. Nun kommt der Unterfchied der fchweren und 1 each series 'will be issued in parts from time to time'.
der leichten Sünden auf und ift Bahn gegeben für die So auf dem Vorfatzblatt diefes Heftes der zweiten Serie
verfchiedenen Grade des Rigorismus bei Hebr 1, Joh, i zu lefen.

Hermas, Tertullian ufw., die alle die Zerfetzung des ra- ) Der Hauptwert der Studie liegt in der forgfältigen
dikalen 'paulinifchen Gnaden- und Erwählungsglaubens exegetifchen Darftellung und hiftorifchen Wertung des
vorausfetzen. Diefe Entwicklung hängt dann eng mit Gegenftandes aus den verfügbaren Quellen der angegebenen
der Gefchichte des Bußinftituts zufammen, das, aus dem Epoche, unter denen man die Erwähnung der verlorenen
Judentum übernommen, überhaupt mit feinen rechtlichen Schrift des Sextus {Ens. h. e. V 27) und des Ouadratus-
Vorausfetzungen dazu beiträgt, daß das Chriftentum auch i fragments vermißt; ebenfo Ens. VI 37! Sonftige mar-
inhaltlich auf das Niveau der Lohn-, Leiftungs- und kante Stellen hätten vielleicht die Offenbarung Johannis,
Heilsunficherheitsreligion des Judentums herabfinkt, wäh- ; die Sibyllinen und die Himmelfahrt des Jefaja noch ab-
rend es bei Paulus zwar auch bereits Verwendung findet, gegeben, wobei freilich zu beachten ift, daß der Verf.
aber den Gnaden-und Erwählungsgedanken untergeordnet Nebenvorftellungen (Hades, Gericht, zweite Ankunft,
bleibt. Der Verfaffer hat das alles da und dort geftreift Millenium, künftige Belohnungen und Strafen, und Er-
und auch gefpürt, aber es kommt nicht kräftig bei ihm löfung) zugunften des behandelten Gegenftandes mehr
zur Geltung, was die Überordnung des Gnaden- und ( in den Hintergrund treten laffen will; es handelt fich ihm
Erwählungsglaubens in der allererften Zeit für das ge- j um die Auferftehung fowohl Jefu als der Menfchen, mit
famte Chriftenleben bedeutet, obfehon er nirgends als dem Hauptzweck ,to set forlh the nature of that which
Quietiv verwendet wird. Eine Gefchichte des Erwählungs- j was supposed to continuc in the aftcr-life' (p. 9). Das
glaubens und feiner allmählichen Zerfetzung wäre ein wird in hiftorifcher Aufreihung der Quellen, alfo mit
dringendes Poftulat, da es fich hier um eine der Haupt- wefentheh gleicher Anlage wie bei (Haller-) Chiappelli
wurzeln der Genefis des Katholizismus aus dem Ur- j (f. diefe Zeitg. 1896 Nr. 15) — vom Verf. übrigens nicht
chriftentum heraus handelt. -""wähnt — gut und fachgemäß durchgeführt. Befonderes

Ich zweifle nicht daran, daß der Autor diefes Buches Lob verdient der Nachweis des Fortfehrittes in der Bei-
fich von dem künftlichen Theoretifieren befreien wird, bringung der verfchiedenartigen Beweisgründe für die
an dem ich felbft in diefem Fall mich mitfchuldig fühle. , leibliche Auferftehung (vgl. p. 81 A. 1 über die Formu-
Man lebt während der Lektüre großer Partien feiner lierung des Titels der einfehlägigen Hauptfchriften) und
Schrift in dem Labyrinth einer verzauberten Welt und die Zufammenfaffung der Hauptmomente und treibenden
rings herum ift die einfache Wirklichkeit des Lebens. Motive bei den einzelnen Schriftftcllern hinter den Einzel-
Er hat darin zweifellos recht, daß wir die apoftolifchen referaten, was in einem Schlußkapitel trefflich fortgeführt
Worte nicht modernifieren und abfehwächen follen. wird, vor allem aber die gerechte Würdigung der Tat-
Aber diefe gute Tendenz treibt ihn in das entgegenge- fache, daß die altkirchlichen Schrififteller (außer Origenes)
fetzte Extrem, alles möglichft unnatürlich und wirklich- fich in ihren Beweisführungen von der mehr fpirituellen
keitsfremd zu nehmen und den Paulus und feine Nach- Faffung Jefu und des Paulus, in ftärkerer Anlehnung an
folger immer von den Theorien aus an die Wirklichkeit die jüngeren kanonifchen Evangelienberichte des Lukas
kommen zu laffen ftatt umgekehrt. Man mag den Weg- und Johannes (p. 59. 87k) und vielleicht eines außerfall
der eschatologifchen Stimmung und des damit zu- ; kanonifchen (p. 87), entfernt haben. Bei Marcus und
fammenhängenden erften Miffionsenthufiasmus gegenüber Matthäus finden wir ,nur einen geiftlichen Körper in den
den heutigen Miffionserfahrungen in Betracht ziehen, den- Erfcheinungen' des Auferftandenen: ,7'here is a consistency
noch, glaube ich, verlieht man die urchriftliche Literatur belween an empty tomb and a realistic corporeal risen
defto beffer, je näher man fie unfern heutigen Miflions- bödjt, but an inconsistency between an empty tomb and a
erfahrungen rückt. Miffionare, die fich einbilden, daß die '. Spiritual body1 (p. 24); jene jüngeren Evangelienberichte
Chriften nicht mehr fündigen, fündlofc Menfchen im wirk- find ,so realistic and so simple and so vivid that when
liehen Wefen find, kennt die Gefchichte nicht, hat fie once read or heard they cannot easily be blotted out of