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Ausgabe:

1909 Nr. 21

Spalte:

583-584

Autor/Hrsg.:

Glover, T.R.

Titel/Untertitel:

The Conflict of Religions in the Early Roman Empire 1909

Rezensent:

Wendland, Paul

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Seite 1

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583 Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 21. 584

brauchten nicht, wie öfter gefchehen, mit Zitaten belegt '
zu werden. Oft holt der Verf. weiter aus als nötig (212), j
und manche Wiederholungen hätten fich meiden laffen.
Befonders oft werden die Gedanken von Buch I, 2—96
aufgenommen und fortgeführt, nicht feiten freilich in
erwünfchter Weife vertieft.

Einige Ergänzungen füge ich zu. S. 943: vgl. die von
mir, Philos Schrift über die Vorfehung S. 361 zitierte
Literatur. S. I0O3 war Polystrastos ed. Wilke, Lpz. 1905
S. 17 zu zitieren, der auch fonft öfter benutzt werden
konnte. S. 109. 197 ff. 297 (Anflehten über Kulturentwickelung
): vgl. A. Dyroff, Zur Quellenkunde bei Lu-
cretius, Programm Bonn 1904 S. 8 ff. 1401: Sollte ich I
(Kultur 18) mit Unrecht im ftoifchen £<pov xoivmvixov einen
Gegenfatz gegen das ariftotelifche jcoZirixov gefunden
haben, fo muß ich doch den fachlichen Gegenfatz des j
abftrakten, wenig triebkräftigen ftoifchen Staatsgedankens
zur älteren Staatslehre nach wie vor noch fchärfer als j
Kaerft betonen. 199 (ofiövota): vgl. Arifteas § 185. Zu S. I
261. 262 verweife ich auf Boll, N. Jahrb. 1908 I 103 ff. und I
namentlich 123 ff.; der Auffatz fei allen Panbabyloniften j
zur Beherzigung empfohlen! — Als Erleichterung für die
Orientierung, vielleicht auch als nützliches Mittel zu etwas i
ftrengerer Ökonomie möchte ich für die Fortfetzung fpe-
zielle Kolumnentitel über der rechten Seite empfehlen.

Göttingen. Paul Wendland.

Glover, T. R., The Conflict of Religions in the Early Roman
Empire. London, Methuen & Co. (1909). (VII, 359 p.) j
gr. 8° s. 7.6

In zehn Kapiteln gibt der Verf. forgfältig gezeichnete
, lebendige und anregende Bilder aus dem geiftigen
Leben und befonders aus der religiöfen Bewegung der
Kaiferzeit, die das Verftändnis für die miteinander ringenden
Kräfte der alten Religionen und des Chriften-
tums zu fördern, den Laien in die Probleme einzuführen I
befonders geeignet find. Er charakterifiert die römifche |
Religion und die Stimmungen des augufteifchen Zeitalters
, die Vergil zum typifchen Ausdruck bringt (I).
Die Stoa (II) wird befonders durch Seneca und Epiktet
repräfentiert, denen man als weiteren Hintergrund eine
Darfteilung der philofophifchen Propaganda und der Dia-
tribe gewünfeht hätte; die Selbfterziehung und Gewiffensprüfung
, Verinnerlichung der Frömmigkeit und geiftige I
Auffaffung des Gottesdienftes, Gottesgemeinfchaft und |
Humanität, die Gedanken über Sünde und Erlöfung werden j
befonders hervorgehoben. Ein fympathifches Bild wird von
Plutarchs Perfönlichkeit und der Gemeinde, die er wie ein !
Seelforger um fich fammelt, entworfen (III). Er kommt j
vor allem als Vertreter der Romantik und der religiöfen !
Richtung der Philofophie in Betracht. Die ganze fchrift-
ftellerifche Kunft des Verfaffers offenbart fich in dem S
ftimmungsvollen Kap. IV über Jefus, in dem der Ge-
fehichtfehreiber faft zum Dichter wird. Über einige
Einzelheiten läßt fich ftreiten. Jefu Verhalten zum A. T.
und zur Ritualreligion fleht nicht in fo fchroffem Gegen- |
fatz zum Judentum, wie es S. 126. 133 erfcheint. Es
werden dann die verfchiedenen Typen der Frömmigkeit I
und der Lehre (Meffias- und Logos-Theologie!), wie fie
fich unter den Einflüffen verfchiedener Nationalität, Kultur
, individueller Eigenart und Bildung in der folgenden
Generation entwickeln, gezeichnet (V); die fchöne Charak-
teriftik des Paulus S. 155. 156 fei befonders hervorgehoben
. Kap. VI fchildert den Kampf mit dem Judentum
und die Trennung wie die aus der Auseinanderfetzung
gewonnene Bereicherung der Theologie. Kap. VII gibt
unter dem zu engen Titel ,Gods or atoms' religiöfe
Stimmungsbilder des 2. Jahrhunderts, befonders aus
Marc-Aurel, Lucian, Paufanias, dem Traumdeuter Arte-
midoros, Apuleius. Apuleius' Amor und Pfyche wird 1
überfchätzt (S. 234). Wir find zu fehr gewöhnt, die Ge-
fchichte in der idealen Verklärung zu fehen, wie fie I

große Künfller dargeftellt haben. In Wahrheit hat Apuleius
eine wundervolle helleniftifche Vorlage durch die
grellen Lichter und Effekte feiner Rhetorik, durch Tra-
veftie und Parodie des Götterapparates, durch Kontamination
mit fremden Stoffen, durch Anfätze zur Allegorie
gründlich verdorben und ihre künftlerifche Harmonie
zerftört.

Die drei letzten Kapitel behandeln den Chriften-
gegner Celfus, Clemens, Tertullian. Es wäre lehrreich
gewefen, wenn neben dem Gegenfatze auch das erhebliche
Maß der dem Celfus und Origenes gemeinfamen
Anfchauungen hervorgehoben wäre. Bei Tertullian hätte
ich nicht den Juriften, fondern den Sophiften und Rhe-
tor in den Vordergrund geftellt. Die Identität mit dem
juriftifchen Schriftfteller fleht nicht feft, und fein jurifti-
fches Wiffen überfteigt nicht das Maß deffen, was dem
Rhetor und Advokaten geläufig war.

Aus Dale Lectures hervorgegangen, atmet das Buch
die ganze Frifche des lebendigen Vortrags. Der Autor
verfteht, die Darftellung durch glückliche moderne Parallelen
zu beleben, überhaupt die Dinge aktuell zu
machen, die großen Züge der Entwickelung kräftig
herauszuarbeiten. Die Fülle des konkreten Stoffes ift
nach künftlerifchen Rückfichten auf die Gefamtkompo-
fition gewählt; jeder Ballaft toter Gelehrfamkeit fehlt.
Moderne, befonders deutfehe Literatur ift fpärlich zitiert.
Manches hat der Verf. leider nicht gekannt, z. B. Williams
Ausgabe des Diogenes von Oenoanda (Teubners
Bibl. 1907) und die neueren Unterfuchungen zu Lucians
Philopfeudes, die beweifen, wie treu Lucian wirklich
kurfierende Gefchichten wiedergibt (f. meine Helleniftifch-
römifche Kultur S. 124).

Göttingen. Paul Wendland.

Jordan, Prof. W. G., B.A., D.D., Biblical Criticism and Modern
Thought, or, the Place of theöld Testament Documents
in the Life of to-day. Lldinburgh, T. & T. Clark 1909.
(XI, 322 p.) 8»

In der zweiten Überfchrift diefes Buches giebt der
Verf. den eigentlichen Zweck, den er verfolgt, beftimmter
an: er will die Bedeutung der Urkunden des Alten
Teftaments für das Leben der Gegenwart fchildern. Über
die zur Begründung feiner Hauptthefe verwendeten, in
das Gebiet der altteftamentlichen Kritik gehörenden Angaben
und Belege darf fich Ref. kein Urteil erlauben; er
muß fich damit begnügen, die Grundtendenz und die
Eigentümlichkeit des Buchs darzuftellen und zu würdigen.

Den Grundftock des Werks bilden neun auf der
Queens Univerfität Kingfton (Canada) gehaltenen Vorträge,
die J. durch andere frühere Studien und Vorträge, fowie
durch drei neue Kapitel ergänzt hat. Der Verf. ift ein
überzeugter und begeifterter Vertreter der hiftorifch-
kritifchen Methode und des aus derfelben fich ergebenden
Verftändniffes des Alten Teftaments. Aus den der Bibel-
und Babelfrage und der affyriologifchen Forfchung gewidmeten
Kapiteln erhellt, in welchem Maße er der
modernen religionsgefchichtlichen Schule zuzuzählen ift.

Der Wert des fchön ausgeftatteten, mit großer Klarheit
und Wärme gefchriebenen Buchs liegt nicht in der •
Neuheit und Originalität der Refultate. J. erhebt nicht
den Anfpruch, der Forfchung bisher unbetretene Bahnen
zu weifen. Sein Beftreben ift vielmehr, den zwifchen der
Wiffenfchaft der Zunftgelehrten und dem Durchfchnitts-
ftandpunkt der Laien klaffenden garftigen Graben zu
überbrücken. Ift doch das hiftorifche Verftändnis des
Alten^ Teftamentes nicht eine rein akademifche Sache,
eine Schultheorie, die in keinem Zufammenhang mit dem
religiöfen Leben der Gemeinde fleht; es bietet im Gegenteil
ein durchaus praktifches Intereffe und muß daher
zum Gemeingut des Chriftenvolkes werden. Befteht die
Auslage gegenwärtig zu Recht, ,das alte Teftament fei