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Ausgabe:

1909

Spalte:

484-486

Autor/Hrsg.:

Cornill, Carl Heinrich

Titel/Untertitel:

Einleitung in die kanonischen Bücher des Alten Testaments 1909

Rezensent:

Bertholet, Alfred

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4«3

Theologifche Literaturzeitung 190g Nr. 17.

484

Romanos, den Timarion, die Kaiferin Theodora, die j
Nonne Kaffia, Anna Komnena. Leos III. Bilderbekämpfung
wird darauf zurückgeführt, daß er als Syrer in dem von
mohammedanifchem Geift erfüllten Kreife chriftlicher
Sekten wurzelte, der fpäter auf dem Balkan als Bogomilen,
in Italien als Albigenfer bekannten Paulikianer.

6. Eine gefchickte und zuverläffige Gabe zumCalvin-
jubiläum ift Sodeurs Skizze. Sie vermeidet bei alle
Fülle von Einzelheiten das Zerflattern der lebendigen 1
Perfon in nebeneinander liegende Momentbilder und gibt
in glücklicher Gliederung nach einer Überficht über Entwicklung
und Programm Calvins in knappen Zügen ein
Bild feines Werkes, läßt auf deffen Grund die Perfön-
lichkeit fleh abheben und fchließt mit einem Überblick
über den Calvinismus, als deffen für die Gegenwart be-
fonders wertvolles und fruchtbar zu machendes Erbe fein
religiöfer Determinismus und die Perfönlichkeitsbildung '
im Sinn vollkommener Hingebung an eine große Sache
und beharrlichen Strebens nach unbedingter Herrfchaft |
über fleh felbft gerühmt werden.

7. Böhmers ungemein inhaltreiche, in ihrer großen j
und doch durchaus charaktervollen proteflantifchen Ob- j
jektivität ausgezeichnete Skizze ,die Jefuiten' erfcheint !
in 2. A. Sie verfolgt nach forgfältiger Analyfe von
Wefen und Leben des Stifters den Orden von feiner ;
Entftehung an auf feinem Siegeszuge durch Europa, feinem j
Eroberungszug in den Heidenländern, befpricht feinen j
Machtbereich und feine Machtmittel auf der Höhe feiner 1
Wirkfamkeit, um mit einer Schilderung feines Verfalls,
feiner Aufhebung und Neugründung zu fchließen. Be-
achtenswert ift namentlich das Schlußrefümee. Zu S. 81
darf ich anmerken, daß unfre Saarbrücker Gefchichte von 1
einer Konverfion des wackeren Grafen Guftav Adolf von
Naffau-S. nicht das Geringfte weiß. Der im Kampf um [
fein Land gegen Ludwigs XIV. Reunionsdekret am
Kochersberg 7. 10. 1677 gefallene Graf ift in der ev. |
Thomaskirche zu Straßburg beigefetzt und hat in der
ev. Schloßkirche zu Saarbrücken fein Denkmal. Noch J
in feiner Gefangenfchaft zu Metz tröffet er fleh mit dem
gut evangelifchen Wort: veritaspremitur sednon opprimitur I
(vgl. Ruppersberg, Gefch. d. Graffchaft S. II, i2off.).

8. Weinflein gibt in den beiden erften Dritteln feines 1
Heftes eine Überficht über die uns bekannten Erzählungen
der verfchiedenen Völker überdieEntftehung der Welt 1
und der Erde, im letzten Drittel eine Skizze der wiffen-
fchaftlichen Welt-Entftehungstheorien, befonders ausführlich
der von Kant, um dann noch auf Laplaces Fortbildung
, die Kelvinfchen Berechnungen, die Theorie von
Ritter-Arrhenius und die Meteoritentheorie einzugehen j
— alles in fchlichter Darflellung, die aber auf der einen
Seite durch unnötige Kathedertrivialitäten, auf der andern ;
dadurch mir beeinträchtigt erfcheint, daß der Verf. für
uns auf dem Gebiet der Geifteswiffenfchaften zu wenig,
auf dem der Naturwiffenfchaft oft noch zu viel als Fachmann
redet.

9. Das Heft: Das Buchgewerbe und die Kultur
bietet einen vom Vorhand des Buchgewerbevereins im
B.-G.-Haus zu Leipzig im Frühjahr 1907 veranftalteten
Zyklus von 6 Vorträgen, die die Beziehungen des B.-G.
zur Wiffenfchaft (R. Focke), Literatur (G. Witkowski),
Kunft (R. Kautzfeh), Religion (H. Hermelink), zum Staat
(R. Wuttke) und zur Volkswirtfchaft (H. Waentig) behandeln
. In Hermelinks anfprechendem Vortrage fällt
der Satz auf: ,das Gefetz der Juden ruhte gemeißelt auf
fteinernen Tafeln durch die Jahrhunderte in der Bundeslade'. |

10. In 2. A. erfcheint A. W. Ungers Schilderung
Wie ein Buch entfteht'. Intereffant für alle, die mit
Büchern zu tun haben, — nur bei den verfchiedenen
,Typien' durch Schuld der Kürze etwas fchwierig für den
Laien, behandelt fie nach gefchichtlicher Einleitung die <
Ausftattung des Buches, das Papier, die Heiftellung des
Buches und den buchhändlerilchen Vertrieb.

Lobberich. _ Alfred Zilleffen.

Cornill, Prof. DDr. Carl Heinrich, Einleitung in die kanoni-
Ichen Bücher des Alten Teltaments. Sechfle, neubearbeitete
Auflage der,Einleitung in das Alte Teflament'. (Grundriß
der Theologifchen Wiffenfchaften. Zweiter Teil,
erfler Band.) Tübingen, J. C. B. Mohr 1908. (XVI,
332 S.) gr. 80 M. 5—; geb. M. 6 —

/Trotz aller der Wellhaufenfchen Schule bereits
gehaltenen Leichenreden habe ich nicht das Gefühl, mich
auf einem finkenden Schiffe zu befinden, welches am
Ende die Wellen des Panbabylonismus verfchlingen, bin
vielmehr der getroffen Zuverficht, daß redliche Arbeit
niemals umfonft getan ift' (S. VIII) —■ fo ift Cornill zu
fprechen allerdings wohl berechtigt im Augenblick, wo
er feinen Grundriß zum fechften Male hinausgehen läßt.
Daß fchon 3 Jahre nach dem Erfcheinen der letzten
Auflage eine neue notwendig geworden ift, zeigt, welcher
Beliebtheit fich diefes Buch auch gegenwärtig noch
erfreut, und dazu darf fein Verfaffer aufrichtig beglück-
wünfeht werden. Es darf aber zugleich der Freude
darüber Ausdruck gegeben werden, daß diefer Erfolg
einem Werke befchieden ift, das in der Tat fo große
Vorzüge aufweift. Daß der eine und andere darin nicht
alle feine Defiderien erfüllt findet, liegt nur in der Natur
der Dinge. Das Erfcheinen einer neuen Auflage ift aber
der von felbft fich bietende Anlaß, fie wenigftens anzudeuten
; drum fei davon zunächft nach zwei Seiten hin
Gebrauch gemacht. In § 2 .Gefchichte der Disziplin' wird
über Gunkels bekannten Beitrag zur .Kultur der Gegenwart
', worin er gegenüber der zu einfeitig literarkritifch
betriebenen Arbeit an der Einleitung ins A. T. dem
literarhiftorifchen Moment zu feinem Rechte zu verhelfen
fucht, referiert und dabei hervorgehoben, wie viel
neue und fruchtbare Gefichtspunkte Gunkels Darfteilung
biete. Um fo eher ließe fich nach folchem Lobe erwarten,
daß Cornill felber die von Gunkel gegebenen Anregungen
aufnähme und ihnen weiter Folge gäbe; denn bei feinem
eigenen feinen äfthetifchen Sinn vermöchte er es zweifellos
zu tun, ohne daß zu befürchten wäre, er laffe ,der
Gattung gegenüber das Individuelle zu fehr zurücktreten'.
Aber es bleibt bei dem in § 2 ausgefprochenen allgemeinen
Urteil. Auch eine beftimmtere Rückfichtnahme
auf außerisraelitifche literarifche Parallelen, auf deren
Einfluß auf die literarifche Produktion der Israeliten und
Juden man mehr und mehr hinzudeuten angefangen hat
(vgl. z. B. E. Sellin, die altteftamentliche Religion im
Rahmen der andern orientalifchen), wäre wohl Manchem
erwünfeht gewefen. Zwar wird Ed. Meyers Hinweis auf
das traditionelle prophetifche Schema bei den Ägyptern
für Arnos in Betracht gezogen. Aber ich denke noch
an die babylonifchen Bußpfalmen, an ägyptifche Spruch-
fammlungen und Lehrdichtungen wie die Lehre des
Ani oder die Unterweifung des Ptah-hotep, an das Ge-
fpräch eines Lebensmüden mit feiner Seele und dergleichen
. Mag man fich zur Abhängigkeitsfrage ftellen
wie man will, das Problem als folches dürfte nachgerade
Beachtung genug verdienen, um in einer Einleitung ins
AT wenigftens erwähnt zu werden.

Was das Verhältnis der vorliegenden Auflage zur
letzten anbetrifft, fo äußert fich darüber Cornill felber in
den Worten: ,Die Abweichungen von der letzten Auflage
find wefentlich formaler Natur, indem ich unbarmherzig
gegen gewiffe ftyliftifche Unarten vorgegangen bin: fachlich
habe ich nicht viel zu ändern gefunden' (V). Die
Änderungen tragen dem durch die inzwifchen erfchienene
Literatur Erarbeiteten gebührend Rechnung. Die Auswahl
in der Mitteilung diefer Literatur zeugt wieder von
Cornills maßvollem Urteil. Vielleicht hätten neben dem
Bändchen von Merx über die Bücher Mofes und Jofuas
noch einige weitere Religionsgefchichtliche Volksbücher
Erwähnung verdient, da einzelne von ihnen, obgleich im
Grunde auf ein Laienpublikum berechnet, doch gerade