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Ausgabe:

1909 Nr. 16

Spalte:

465-466

Autor/Hrsg.:

Williams, Charles Bray

Titel/Untertitel:

The Participle in the Book of Acts 1909

Rezensent:

Debrunner, Albert

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465

Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 16.

466

Williams, Charles Bray, The Participle in the Book of Acts.

A Differtation. Chicago, The Univerfity of Chicago

Press 1909. (VII, 80 p.) gr. 8°

Die vorliegende Differtation iff ein ftatiftifcher Beitrag
zur Beurteilung der fprachlichen und literarhifto-
rifchen Probleme, die fich an die Apoftelgefchichte
knüpfen. Williams unterfcheidet zuerlt drei Hauptarten
des Gebrauchs der Partizipien, die afkriptive (von andern
einfacher ,adjektivifch' genannte), die adverbiale {Ptc.
coniunctum und Gen. absol.) und die ,ergänzende' (z. B.
oi5 jiavezai XaXtvv Act. 6, 13, ogcö öe ovra 8, 23) und
fucht dann feftzuftellen, was lieh aus dem Gebrauch des
Ptc. für den Sprachcharakter und die Kompofition der
Acta ergibt.

Die ffatiftifche Methode iff im Allgemeinen fehr zu
loben; nur vermiffe ich ein genaueres Eingehen auf die
afkriptive Gruppe; es könnte z. B. die Zahlen wefentlich
beeinfluffen, wenn die ca. 20 Beifpiele der Acta für das
formelhafte (o) (tjn)xaXov/ievog, 6 ejiixXtj&sig oder die
fünf für das abgeblaßte t) olxovfitvr) in befonderer Weife
in die Rechnung eingeffellt würden. Dafür iff W. viel
zu weit gegangen in der Zerftückelung der Acta für die
ffatiftifche Prüfung: er weift ja felber fchlagend nach,
daß z. B. die doch ficher vom gleichen Verfaffer flammenden
Stücke Römer 9—11 und 12—14 große Unter-
fchiede im Gebrauch des Ptc. zeigen (pg. 50; vgl. 70 f.
über noch fchärfere Gegenfätze in beliebigen benachbarten
gleich langen Stücken des Luk.ev.); da darf man doch
nicht als Minimum des Umfangs ffatiftifch verwendbarer
Abfchnitte — fechs Zeilen annehmen (pg. 15)! Freilich
iff W., wie aus mehreren Bemerkungen hervorgeht (pg.
21, 52, 53 ufw.), ganz derfelben Meinung und fucht und
findet für unerwartete ffatiftifche Ergebniffe jeweilen
allerlei plaufible Erklärungen (,different sources, different
tone and natnre of tlie sections' pg. 51; nur der wich-
tigfte Faktor, der Zufall, wird nie erwähnt!). Aber —
und damit komme ich zu den Schlußfolgerungen aus
den ffatiffifchen Tatfachen — er bedenkt nicht genügend,
daß dadurch feine Detailunterfuchungen faft wert- und
zwecklos werden. Das tut jedoch der Bedeutung der
allgemeinen Schlüffe keinen Abbruch.

Für die helleniftifche Sprache gewinnt W. aus
dem Partizipialgebrauch folgende, meines Erachtens
richtige, Sätze: Die Literaturfprache bevorzugt fehr ffark
das adverbiale Ptc, die Volksfprache (LXX und Papyri)
ebenfo ffark das afkriptive; vulgär iff die Seltenheit des
ergänzenden Ptc. überhaupt; die n. t. Autoren ordnen
fich zu folgender Reihe ein: Vulgärhelleniftifch — Joh.
— Paul. — Matth. — Mark. — Luk. — Acta — lite-
rarifche xoivl] — Hebr. — Klaffiker. Alfo eine Reihe,
die mit den Auffaffungen der neueren n. t. Sprach-
forfchung vorzüglich übereinftimmt, nur daß vielleicht
mancher die Paulusbriefe hinter Mark, fetzen möchte.
Bemerkenswert iff nebenbei, was W. nicht erwähnt, die
weitgehende Ähnlichkeit der drei Arten von Johannes-
fchriften unter fich.

In Bezug auf die literarhiftorifchen Probleme
der Acta lehnt W. auf Grund des Gebrauchs der Ptc.
Kompofitionshypothefen wie die von Spitta, Feine,
Clemen ab und kommt, allerdings durch wenig überzeugende
Argumentationen und mit geringer Zuverficht,
zu dem Refultat (pg. 67), es feien neben den (originalen)
,Wirffücken' zwei fchriftliche Quellen zu erkennen, eine
juden- und eine heidenchriftliche, außerdem eine mündliche
judenchriffliche Tradition (aus letzterer z. B. I,
1 —Ii; 5, 17—33; 9, I—31)- Als Verfaffer nimmt W.
für das Luk.ev. und für Acta 1—12 und 13—28 eine
Perfon an, weil die Unterfchiede in den drei Teilen auch
bei gleichem Verfaffer leicht erklärlich feien und gegenüber
den Übereinffimmungen zurückträten. Der relativ
ficherfte Schluß für mich und offenbar auch für W. iff
der, daß der Partizipialgebrauch der Paulusreden in den

Acta zu dem des Lukas, nicht der Paulusbriefe paßt, woraus
hervorgeht, daß Lukas die Reden mindeffens ftili-
fiert hat. Und gerade das erinnert uns daran, daß der
Wert jeder Sprachftatiffik für die pofitive Förderung
der ,höheren Textkritik' fehr in Frage geffellt wird durch
die allgemeine Thefe, daß Einheitlichkeit in einzelnen

j Spracheigentümlichkeiten nicht Einheit des Verfaffers
vorausfetzt, fondern auch bei Annahme einer einheitlich
überarbeitenden Hand zur Genüge verftändlich iff. Aus
all dem iff aber W. kein Vorwurf zu machen, umfo-
weniger als er felber (pg. 48) vor der Überfchätzung
feiner Refultate warnt. Er hat geleiftet, was man von
der Statiftik verlangen kann, und hat einen willkommenen

j Beitrag zur Fixierung der Stellung der n. t. Sprache und
zur Zurückweifung der übertriebenen Zerftückelungen
der Acta geliefert. Wir wünfehen der Schrift viele
ebenfo befcheidene, befonnene und klare Nachfolgerinnen
!

Bafel. A. Debrunner.

Florilegium patristicum digessit vertit adnotavit Gerardus
Rauschen. Fasciculus VII. Monumenta eucharistica
et liturgica vetustissima. Bonnae, P. Hanstein MCMIX.
(IV, 170 S.) gr. 8» M. 2.40

Zum Erweis der Nützlichkeit diefer Sammlung, ins-
befondere ihrer Brauchbarkeit für Seminarübungen flehe
hier das Inhaltsverzeichnis: 1) Neuteftamentliche Texte
(Joh. 6, 15—70; Mtth. 26, 26—29; Mk. 14, 22—25;
Luk. 22, 17—20; 1. Kor. 11, 20—34; 2) Didache 9 und 10;
3) Juftin, Apol. 1, 65—67; 4) die Aberciusinfchrift; 5) die
Pectoriusinfchrift; 6) Didaskalia 2, 57; 7) die Anaphora
von Thmuis (Serapion); 8) Cyrills myftagogifche Kate-
chefen; 9) Ambrofius, de mysteriis; 10) Pfeudo-Ambro-
fius, de sacramentis; 11) Die Klementinifche Liturgie;
12) kürzere euchariftifche Texte von Didache bis Cyprian.
Die bellen Ausgaben find überall zugrunde gelegt, an
Cyrills Katecheten hat der Herausgeber eigene Arbeit
gewendet. Prolegomena gehen jedem Abfchnitt voran.
Daß darin die neuefte Literatur beachtet wird, iff bei
Raufchen felbffverftändlich. Eigentliche Nachträge habe
ich kaum zu machen. III Cyrill von Jerufalem wirklich
erff 350 Bifchof geworden, und hat er nicht feine Kate-
chefen fchon als Bifchof gehalten? S. darüber die (von
R. nicht zitierte) Monographie von Joh. Mader, Einfie-
deln 1891. An der Echtheit von de mysteriis hält R.
feff. Auch ich möchte fie nicht kurzweg beftreiten, aber die
Frage verdient noch eine genauere Unterfuchung. Einen
Satz, wie diefen: Protestantibus non placet, quod inhoc libro
transsubstantiatio panis et vini aperte docetur, dürfte R.,
wenigffens wenn er dabei vviffenfehaftliche Literatur im
Auge hat, eigentlich nicht fchreiben. Entgangen iff ihm
(der Loofs' Zweifel an der Exhtheit, DG4 470, notiert),
daß auch Kattenbufch, Apoft. Symbol, 1, 198 Anm. 13,
fich fkeptifch geäußert hat unter dem Hinweis darauf, daß
des Ambrofius Hexaemeron andere Abrenuntiationsfragen
andeute als de mysteriis. Kattenbufch fügt hinzu, daß
ihm in myst. Cyrill benutzt zu fein fcheine. ,Ift es fonft
zu belegen, daß der mailändifche Bifchof diefen kennt?'
Inzwifchen hat Theod. Schermann in feiner Schrift über
die griechifchen Quellen des Ambrofius in den Büchern de
spiritu saneto, München 1902, nachgewiefen, daß Ambrofius
, Cyrill in der Tat kannte. Das könnte alfo als Argument
für die Echtheit von myst. verwendet werden. Bezüglich
de sacramentis verwirft R. jetzt auf Grund felbffändiger
Vergleichungen die von ihm früher (Patrologie,2 147) als
wahrfcheinlich bezeichnete Anficht Schermanns (Die
pfeudo-ambrofianifche Schrift de sacramentis, Rom. Quar-
talfchr. 17, 1903 [nicht 1893, wie bei R. Seite 94, 15 gedruckt
iff] 36—53; 237—255), daß Maximus von Turin der
Verfaffer fei; die Tauffermonen des Maximus feien nicht
nur ffiliftifch von sacr. ganz verfchieden, fondern zeigen

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