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Ausgabe:

1909 Nr. 15

Spalte:

441-442

Autor/Hrsg.:

Meyer, Johannes

Titel/Untertitel:

Buch der Reformacio Predigerordens 1909

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 15.

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tector verfchuldet ifi, und den auch die Benediktiner
nach ihrer Note z. d. St. in keiner Hf. gefunden haben.
Da aber Hoffmann im Apparat wenigftens aus Mon. 3831
die Variante piscator verzeichnet, zudem über die Lesarten
der jüngeren Hff. überhaupt jede zureichende
Unterfuchung fehlt, fo läßt fich nicht einmal fagen, ob
wirklich q mit feinem pictor allein fleht. Man wird daher
auch in diefem Falle nicht mit Sicherheit ausmachen
können, wieviel Freiheit fich die erften Herausgeber
gegenüber ihrer Vorlage erlaubt haben.

Doch ift die Studie nach einer andern Seite höchft
inflruktiv, fofern fie zeigt, wie unfelbftändig die Huma-
nifiten den einmal gedruckten Texten gegenüberflanden.
Amerbach, de Vives, Erasmus, die Löwener Herausgeber
des Auguftin wagten an dem fakrofankten Text nur unbedeutend
zu ändern, obgleich namentlich den letzteren
eine ganze Anzahl von Hff. zur Verfügung ftand. Den
Benediktinern, die Einficht genug und auch den guten
Willen hatten, mit dem Schlendrian zu brechen, waren
durch eine kurzfichtige Zenfur die Hände fo gebunden,
daß fie, um überhaupt ihre Auguftinausgabe drucken zu
können, das Beffere in der Regel in den Noten verftecken
mußten. Es ift dasfelbe betrübende Bild, das die Ge-
fchichte des gedruckten Bibeltextes bietet: Fehler, die
fich durch die Jahrhunderte fortfchleppen, weil irgend
eine Ausgabe kanonifches Anfehen erlangt hat, eine Er-
fcheinung, die freilich fo alt ift, wie der maforetifche
Text des Alten Teftaments oder Ariftarchs Homer. Dies
anfchaulich gezeigt zu haben, ift das Hauptverdien fit
diefer anfpruchslofen Abhandlung, deren Verf. der erfite
war, der fich mit Erfolg der Jahrhunderte alten Tradition
entgegenfitellte, und defifen Name daher untrennbar mit
der Textbehandlung der Civitasdei verbunden bleiben wird.

Hirfchhorn a. Neckar. Erwin Preufchen.

Meyer, Johannes, Ord.Praed., Buch der Reformacio Predigerordens
I, II und III Buch und IV und V Buch. Herausgegeben
von Benedictus Maria Reichert. (Quellen
und Forfchungen zur Gefchichte des Dominikanerordens
in Deutfchland. Herausgegeben von P. v. Loe
und B. M. Reichert. Zweites und drittes Heft.) Leipzig,
O. Harraffowitz 1908.09. (XXIII, 111 u. VI, 167 S.) gr. 8°
M. 12— (I—III Buch M. 5—; IV u. V Buch M. 7-)

Das von Reichert auf Grund einer im bifchöflichen
Ordinariat zu St. Gallen befindlichen und aus dem dortigen
Katharinenklofter flammenden Handfchrift herausgegebene
Buch der Reformacio des Predigerordens behandelt die
erfite durchgreifende Reformation des Predigerordens auf
deutfchem Boden. Ihr Urheber ift der feiige Konrad von
Preußen, der als Ordensgeneral feit 1389 daran arbeitete,
die deutfchen Dominikaner- und Dominikanerinnenklöfiter
zur alten Obfervanz zurückzuführen. Es gefchah dies zu
einer Zeit, wo infolge des von 1380 bis 1417 währenden
päpfitlichen Schisma der Orden gefpalten war, und die
franzöfifche, fizilifche und aragonefifche Provinz fich zur
Obedienz Clemens' V, die übrigen zu der Urbans VI hielten.
Die deutfche Reformbewegung hatte im Verlauf von 8
Dezennien den Erfolg, fafit die Hälfte der Männerklöfter
und die Hälfte der Frauenklöfiter zur fitrengen Befolgung
der Regel wieder zurückzuführen. Die wertvollfte Quelle
für diefe Bewegung ift die Reformacio des Dominikaners
Johannes Meyer, ein Buch, das fpäter viel benützt und
ausgefchrieben wurde. Meyer, der 1422 in Zürich geboren
und fchon zehnjährig in den Orden eingetreten ift, hat
felbfit regen Anteil an der Reformation von Frauen- und
Mönchsklöfitern genommen. Er, der literarifch fehr produktiv
war, fchrieb die Reformacio zur Erbauung der
Schwertern des Predigerordens. Er fitarb am 20. Juli 1485
im Klofiter Adelhaufen zu Freiburg. Obwohl Meyer keine
höhere Bildung befaß, er hat keine weltliche Schule
befucht und keine akademifche Grade erworben, ift feine

Chronik nicht nur für die Gefchichte des Dominikanerordens
von großer Bedeutung, fondern auch eine wichtige
Urkunde für das religiöfe und kirchliche Leben des 15.
Jahrhunderts. Er fchildert uns einmal die hervorragendfiten
Perfönlichkeiten feines Ordens wie Konrad von Preußen,
den großen Ordensreformator Johannes Nider, der in
Begeifterung für die Obfervanz den Teufel als ihren eigentlichen
Gegner anfah, und die merkwürdige Nonne Margaret
von Kenzingen, daneben unterrichtet er uns über
die Gefchichte der einzelnen Klöfter, vor allen des Klofters
Schönenfteinbach, von dem die Reform ihren Ausgang
nahm. Wir bekommen intime Einblicke in die heillofen
Zufitände, die in den Klöfitern z. B. im Katharinenklofter
in Nürnberg vor der Reform herrfchten, und hören von
den Widerfitänden, die der Reform entgegengefetzt wurden
, wie von den Unterfitützungen, die eine große Reihe
von deutfchen, Bifchöfen, weltlichen Landesherren, wie
Albrecht von Ofterreich und der Markgraf Bernhard von
j Baden und zahlreiche Stadtmagiftrate den Obfervanten
j liehen. Für das religiöfe Leben in den Klöfitern ift es
I bezeichnend, daß die Nonnen im Klofiter Katharintal in
Streit gerieten, weil ein Teil den Evangelifiten Johannes,
ein anderer den Täufer Johannes mit größerer Devotion
verehrte. Auch Offenbarungen, Träume und Erfcheinungen
! waren befonders in den Nonnenklöftern häufig. Der Ver-
I faffer der Reformacio Johannes Meyer, der im übrigen
dem maffiven Teufelsglauben feines Lehrers Johannes
Nider zugetan ift, ifit in diefem Punkt bezeichnender
| Weife nicht ohne Kritik. Er bekennt, daß er es für
I nützlicher und fruchtbarer hielt, von der Demut, Geduld
i und Armut, als von den Offenbarungen der Nonnen zu
vermelden, die oft unfichere find, und mancher darin
fchwer betrogen wird. Die Ausgabe der Reformacio ifit,
wie es bei einem fo tüchtigen Forfcher wie Reichert zu
erwarten war, von mufterhafter Sorgfalt. Ich verliehe
nur nicht, warum er eine zweite Handfchrift der Reformacio,
die er einmal als in Cheltenham befindlich erwähnt, nicht
neben der St. Gallener mit herangezogen hat. Es hat
dies, wie ich vermute, wohl darin feinen Grund, daß diefe
zweite Handfchrift nur eine Abfchrift der erfiten ifit, da
fie diefelbe Lücke im 8. Kapitel des 4. Buches enthält.

Heidelberg. G. Grützmacher.

Kirchliches Handbuch. In Verbindung mit Domvik. P.
Weber, D.W. Liefe und D.K.Mayer herausgegeben
von H. A. Krofe, S. J. Erfiter Band: 1907—1908.
Freiburg i. B., Herder 1908. (XVI, 472 S.) gr. 8° M. 6 —

Das vorliegende kirchliche Handbuch gehört unfitreitig
zu den erfreulichfiten Erfcheinungen auf dem katholifchen
Büchermarkte der jüngften Jahre und wird jedem hochwillkommen
fein, der fich in Kürze über die wichtigften
Fragen und Angelegenheiten der katholifchen Kirche,
namentlich in Deutfchland orientieren möchte. Wer
fich bis jetzt z. B. über den Beftand der katholifchen
Hierarchie im Allgemeinen und ihre Organifation in
Deutfchland im Befonderen, oder über die Ausdehnung
der kirchlichen Verwaltungsbezirke in Deutfchland, die
priefterlichen Bildungsanitalten, die Stärke der katholifchen
j Bevölkerung in den einzelnen Reichsteilen, ihre Zu-
oder Abnahme, über die vielfeitige Vereinstätigkeit der
katholifchen Kirche oder ihre Erfolge in der Heidenmiffion
j und andere wichtige Fragen des kirchlichen Lebens
unterrichten wollte, fah fich zu einem zeitraubenden Nach-
fchlagen und Zufammenfuchen in verfchiedenen, großen
I Sammelwerken genötigt, die dem Einzelnen überdies meift
j nur fehr fchwer zugänglich waren. Nun aber bietet das
I vorliegende Handbuch, das wie das kirchliche Jahrbuch
von Pfarrer J. Schneider in Elberfeld von nun an jährlich
| erfcheinen foll, jedem Intereffenten in bequemfiter Form
I eine zuverläffige Antwort auf alle diefe gewünfchten
Fragen und wird deshalb bald Allen, die fich näher für