Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1909 Nr. 15

Spalte:

438-440

Autor/Hrsg.:

Deutsch, S. M.

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der Kirchengeschichte 1909

Rezensent:

Tschackert, Paul

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

437

Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 15.

438

Elia und der Gottheit (Engel, Wort Jahwes, Gebet!) zu
unterfcheiden, ift mehr als künfllich; wenn Elia ,vor
Jahwe fleht' und zu Jahwe betet wo er will, ift es doch
höchft gezwungen, hier noch den lokalifierten Horeb-Gott
vorauszufetzen. Gegenüber dem fortfchrittlichen Zug,
Israel in das Stockwerk der großen antiken Kulturreligionen
einzufchieben, erfcheint das Bemühen, die Religion
Altisraels fo primitiv als möglich zu machen, vollends
inkonfequent und veraltet. Endlich beweift W. mit feiner
eigenen urfprünglichen Gottesvorftellung gegen feine
Theorie. Denn ein Gewittergott ift kein lokalifierter

erfreulicher Zuwachs. Andere Teile des neuen Londoner
Textes waren fchon bisher bekannt; doch auch da ift
Th.s Ausgabe nicht wertlos; fie bringt verfchiedene Ver-
befferungen.

Es fcheint mir beachtenswert, daß wir in dem Londoner
Papyrus wieder einen koptifchen Textzeugen für
die altteftamentliche Weisheitsliteratur empfangen. Diefe
wurde offenbar in Ägypten befonders gern gelefen;
die Kopten brachten fie fogar teilweife in Verfe (vgl.
Georg Möller in den Ägyptifchen Urkunden aus den
Königlichen Mufeen zu Berlin, herausgegeben von der

Berggott. Auch der Beduine, nicht erft der heutige j Generalverwaltung, Koptifche Urkunden, 1, Berlin 1904,
Menfch, erkennt, daß das Gewitter in den Wolken häuft, : Nr. 32 S. 45 fr.). Diefe Zuneigung der Ägypter zur
nicht in einem Berg oder auf einem Berg, daß das Ge- j altteftamentlichen Weisheitsliteratur ift ganz begreiflich:
witter etwas Wanderndes ift, nicht etwas Lokalifiertes. j fchon in vorchriftlicher Zeit lafen die Ägypter gern Weis

Soll alfo Jahwe ein Wettergott gewefen fein von Anfang
an, dann war er von Anfang an mehr als ein auf einem
Gottesberg lokalifierter Gott.

Der Aufbau der Studie ift klar, wenn fich auch

heitsbücher ähnlichen Stiles. Leider wurde die altägyp-
tifche Weisheitsliteratur bislang nur wenig beachtet. Für
die gefamte morgenländifche Literaturgefchichte wäre
aus ihr viel zu lernen.

naturgemäß der fachlich entwicklungsgefchichthche Auf- xh gibt uns mk großer s falt einen diplomatifch

flieg vom Niederen zum Höheren u. der rehgionsgelchicht- : genauen Abdruck des Londoner Textes. Ein folcher
liehe vom Früheren zum Späteren nicht durchweg vor- war vor allem desbalb fehr vvünfchenswert, weil der
teilhaft kreuzen. Im einzelnen enthalt das forgfaltige Papyrus viele Lücken enthält; denen kann man in der
Buch eine Menge wertvoller Beitrage zur Gefchichte der j Tat nur bei peinlicher Treue gerecht werden. In den
Quellen, der Kultus- und Rehgionsgefchichte des A. r. Anmerkungen find wichtigere Lesarten anderer koptifcher

Tübingen. Vo

Veröffentlichungen mitgeteilt. Auch auf die Septuaginta
wird gelegentlich verwiefen.

Alles in allem leiftete Th. eine fehr wertvolle Vorarbeit
für den künftigen Herausgeber des ganzen koptifchen
Alten Teflamentes.

Halle (Saale). J. Leipoldt.

bücher. Fünfler Teil.) Bonn, A. Marcus & E. Webers
Verlag 1909. (XVI, 800 S.) gr. 8° M. 20 —

Thompson, Sir Herbert, The Coptic (Sahidic) Version of
certain Books of the Old Testament. From a Papyrus in
the British Museum edited. London, H. Frowde 1908.
(XVIII, 191 p. with I Heliogr.) gr. 8° cl. s. 12.6

Eine kritifche Gefamtausgabe der koptifchen Über-
fetzungen des Alten Teflamentes ift zweifellos ein Be- Deutfch, Geh. Konfifl.-Rat Prof. D. S. M., Lehrbuch der
dürfnis. Jeder Septuagintaforfcher weiß, wie nützlich die | Kirchengefchichte. (Sammlung theologifcher Hand-
koptifchen Textzeugen find, vor allern deshalb, weil über
ihre Herkunft kein Streit fein kann. Ein altteflamentliches
Werk, das dem bohairifchen Neuen Teltamente von G.
Horner entfpräche, wäre deshalb von unfehätzbarem Werte. I In dem vorliegenden Werke fchenkt uns D. Deutfch
Freilich: eine entfagungsreiche Arbeit wäre es auf jeden den Ertrag eines langen Gelehrtenlebens im Dienfte der
Fall, ein folches Seitenftück zu dem genannten Werke kirchengefchichtlichenWiffenfchaft. Von diefem erprobten
zu fchaffen, vor allem deshalb, weil man wohl von Anfang i Forfcher, deffen gelehrte, befonnene Art der Arbeit wir
an die Hoffnung aufgeben muß, das koptifche Alte ! feit feiner Abälard-Monographie kennen, darf man ver-
Teflament auch nur in einer Mundart vollfländig zu- | trauensvoll erwarten, daß er eine zuverläffige, objektive
fammen zu bekommen. Bei vielen Stellen müßte man | Darftellung der kirchlichen Vorgänge bietet. In diefer
fich damit zufrieden geben, nachzuweifen, wie Schenüte i Erwartung werden wir nicht getäufcht. Das ganze Buch
oder Befa den betreffenden Vers anführen. Bei noch ; ift eine gleichmäßig ruhige, flreng lehrhafte Berichtmehr
Stellen wäre felbft diefer doch fchon recht zweifei- erflattung. Frei von jeder Neuerungsfucht, allem Par-
hafte Erfatz unmöglich. teiifchen und Exzentrifchen abhold, läßt der Verfaffer

Thompfon bietet uns in dem vorliegenden Werke, lediglich die Sache felbft hervortreten. Dabei ift das
das auf Veranlaffung und mit Unterftützung von Walter 1 Ganze durchweht von der wohltuenden inneren Beteiligung
E. Crum entftand, eine Vorarbeit für eine Gefamtausgabe , des Autors, die erkennen läßt, daß es eben die Gefchichte
des faidifchen Alten Teflamentes. Th. veröffentlicht den des chriftlich religiöfen Geiftes ift, die hier zur Darftellung
koptifchen Text eines(?) Papyrus, der im British Mufeum ' gebracht werden foll. Sehr korrekt erweift fich auf Schritt
aufbewahrt wird und einen guten Teil des Alten Te- s und Tritt hier der theologifche Charakter der Kirchen-
flaments enthalten haben muß; leider ift er aber nicht gefchichte im Unterfchiede von der politifchen oder kultur-
vollftändig überliefert. Crum, neben H. Hyvernat der gefchichtlichen Behandlung des kirchengefchichtlichen
hefte Kenner der koptifchen Paläographie, läßt die Hand- Stoffes. Man wird alfo nur wünfehen können, daß unfere
fchrift im fechften oder fiebenten Jahrhundert entftanden Theologieftudierenden das Buch recht fleißig benutzen,
fein. Damit jeder einen Eindruck von dem Ausfehen Es bietet den Stoff der Kirchengefchichte von ihren An-
des Papyrus gewinnen kann, ift eine Seite nachgebildet, längen bis zur Gegenwart in drei Perioden: Erfte Periode,
Folgende^Teile des Alten Teflamentes bringt Th. das [ das Chriftentum auf dem Boden der griechifch-römifchen
erfte Mal in faidifcher Überfetzung: Hiob 39,10—-12; i Kulturwelt; zweite Periode, das Mittelalter; dritte Periode,
Sprüche 4,13f. und 16—27; 5; 6,1—11; 12,17—23; j feit dem Beginn der Reformation, und endet mit einer

13. 2—10 und 13—20 und 22—25; 14, I—5 und 8—18 und
22—30 und 33—35; 15. 1 — 3, 6,10—15, 17k, 21—29;
16, i—9, 11 — 15, 20—24, 30—33; 17, 1,7—10, 17—20;

Religionsftatiftik der Gegenwart. Für alle Hauptpartien
der Darfteilung find die wichtigften Quellen und die
unumgänglich nötige Literatur angegeben, fo daß der

18. i—4i 13_16; 19,1—3, 10—12, 22—24; Pred. 9,4—6; Lefer fich an der Hand derfelben felbft weiter bilden

Hohes Lied 1, 14,17; 2,1—4,8—10, 13,17; 3, 7L; Weish. kann. Das wird befonders da erwünfeht fein, wo der

17, 4,18; 18,7k;' 19,7; Sir. 1,1—3, »f-l 2,18; 3,8—18; ; Verfaffer bei feiner äußerft vorfichtigen und zurückhalten-

8,17—19:9,9; 10, 4,12; 27, 71., 22—24; 29,18; 31,5; 39,13. 1 den Art fich mehr andeutend als ausführend verhält.

Das ift nicht befonders viel, aber doch immerhin ein Alles in allem: ich kann nur wünfehen, daß das folide