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Ausgabe:

1909 Nr. 15

Spalte:

427-430

Titel/Untertitel:

Theologische Studien.Theodor Zahn zum 10. Oktober 1908 dargebracht 1909

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 15.

428

TijdscJirift 33 (1899) reicht von S. 494 bis 539, nicht
bloß bis 498.

Noch könnte ich eine Anzahl kleinerer redaktioneller
Unebenheiten namhaft machen, z. B. ift der Titel von L.
E. Kehns Artikel in Zeitfchr. f. wiffenfch. Theologie 37
(1894) 321—332: ,Zvvei Bemerkungen zu Schürers Ge-
fchichte des jüd. Volkes im Zeitalter J. Chr.' sub Baruck
und sub Jannes und Jambres ungleich angeführt, ferner
der Artikel ,Von Goethe's Fauft zum Evangelium des
Johannes' sub Goethe unter G, sub John St. Gofpel unter
V rubriziert etc. Aber ich will diefe Lifte nicht verlängern;
denn nichts liegt mir ferner als durch dergleichen Aus-
ftellungen im Einzelnen den Wert des Werkes als Ganzen
herunterfetzen zu wollen. Es ift ein gutes Zeichen für
feine Zuverläffigkeit, daß es fchon vieler Stichproben
bedarf, um Fehlendes oder um Fehler zu entdecken, ab-
gefehen natürlich von Druckfehlern, die, zumal in Fremdwörtern
und Abkürzungen, zu den faft unvermeidlichen
Dingen gehören. Um fo lieber fei dem Herrn Herausgeber
für feine reiche Gabe aufrichtiger Dank gefagt.

Bafel. Alfred Bertholet.

Theologifche Studien. Theodor Zahn zum 10. Oktober
1908 dargebracht. Leipzig, A. Deichert'fche Verlagsbuchhandlung
, Nachf. 1908. (V, 426 S.) gr. 8° M. 8 —

Inhalt: Bonwetfch, Der Schriftbeweis für die Kirche aus den
Heiden als das wahre Israel bis auf Hippolyt. — Cafpari, Die
Bundeslade unter David. — Grützmacher, Die Haltbarkeit des
Kanonbegriffes. — Hauck, Die angeblichen Mainzer Statuten von
1261 und die Mainzer Synoden des 12. und 13. Jahrhunderts. —
Hjelt, Mikael Agricola, der erde finnifche Bibelüberfetzer. — Ihm eis.
Das Verhältnis der Dogmatik zur Schriftwiffenfchaft. — Jordan, Das
Alter und die Herkunft der lateinifchen Überfetzung des Hauptwerkes
des Irenaeus. — Kloftermann, Schulwefen im alten Israel. —
Müller, Beobachtungen zum neuteuamentlichen Sühneglauben. —
Neftle, Die zwei Namen Kapernaum und Kaiphas. — Ohl, Die
rechte evangelifche Lehre von der Buße. — Riggenbach, Der
Begriff der StatBjxrj im Hebräerbrief. — Sanday, The Apostolic
Decree (Acts XV. 20—29). — Seeberg, Zum dogmatifchen Ver-
(ländnis der Trinitätslehre. — Sellin, Die Schiloh-Weisfagung. —
Wohlenberg, Ein alter lateinifcher Kommentar über die vier
Evangelien.

Theodor Zahn feierte am 10. Oktober 1908 feinen
fiebzigften Geburtstag. Unter den vielen Ehrungen, die
dem verdienten Meifter bei diefer Gelegenheit zuteil
wurden, nimmt die vorliegende Feftfchrift eine hervorragende
Stelle ein. Sie vereinigt Arbeiten aus den ver-
fchiedenften Gebieten der wiffenfchaftlichen Theologie,
die fämtlich eine Bereicherung unterer Erkenntnis bedeuten
. So legt die Feftfchrift ein fchönes Zeugnis ab
für den ernften, chriftlichen Forfchungsgeift, der die Mitarbeiter
und die Schüler Theodor Zahns befeelt.

Da, wie gefagt, die vorliegenden Studien fehr viel-
feitig find, überfteigt es die Kräfte des einzelnen Fachmanns
, fie alle wirklich zu durchdringen und zu einem
abfchließenden Urteile über fie zu gelangen. Um nicht
unbillig zu erfcheinen, befchränke ich mich deshalb darauf,
den Inhalt der einzelnen Auffätze kurz anzugeben.

N. Bonwetfch verfolgt den Schriftbeweis für die
Kirche aus den Heiden als das wahre Israel bis
auf Hippolyt einfchließlich (S. 1—22). Er zeigt zunächft,
wie die exegetifche Theologie eine Grundlage der älteften
chriftlichen Theologie überhaupt bildet. Den genannten
Längsdurchfchnitt durch diefe grundlegende exegetifche
Theologie verfolgt er dann genauer von der Zeit des
Paulus an. Befonders ausführlich werden behandelt der
Barnabasbrief, Juftin der Märtyrer, Irenaus, Tertullian,
Hippolyt. Es wäre fehr fchön, wenn wir recht viele
derartige Einzeldarftellungen zu der lang vernachläffigten
und doch fehr lehrreichen Gefchichte der Bibelwiffen-
fchaft erhielten.

W. Cafpari befchäftigt fich mit der Bundeslade
unter David (S. 23—46). Nach einleitenden Bemerkungen
über Jenfens Gilgamefch-Epos und Erbts Hebräer
geht C. zu feiner eigenen Auffaffung über, die, fo viel
ich fehe, in verfchiedenen Punkten von der bisherigen
Anfchauung abweicht. Vor allem fucht C. zu erweifen,
daß die Lade 1. Sam. 6, iff. nicht in israelitifches Gebiet
gebracht wird, fondern in kanaanäifches. Auch fonft
bringt C. manches Neue. Die Hauptbedeutung der Lade
befteht darin, daß fie David mit zu feiner überragenden
Stellung verhilft.

R. H. Grützmacher erörtert die Haltbarkeit des
Kanonbegriffs (S. 47—68). Er beginnt mit dem Satze
Zahns, Gegenftand einer ernfthaften dogmatifchen Denkarbeit
und einer wirklichen Dogmenbildung fei der Kanon
als folcher, als abgefchloffene gefchichtliche Größe, niemals
geworden. G. zeigt nun, daß er es auch niemals
werden kann. Zu diefer Erkenntnis verhilft ein kritifcher
Überblick über die dogmatifchen Verfuche, die in diefer
Richtung unternommen wurden. Als Erfatz fchlägt G.
| den Nachweis vor, ,daß jeder Chrift fich aus dem vorliegenden
Schriftenkomplex fo viel „Kanonifches" herauszuschneiden
vermag, wie er als tragenden Grund für
feine chriftliche Gewißheit braucht, und andererfeits, daß
ein folches Vorhaben keineswegs den übrigen Schriftenkreis
definitiv für ihn, gefchweige denn für die Kirche
entwertet'.

A. Hauck gibt eine quellenkritifche Unterfuchung
über die angeblichen Mainzer Statuten von 1261
und die Mainzer Synoden des 12. und 13. Jahrhunderts
(S. 69—89). Als Befchlüffe der Mainzer Provinzialfynode
von 1261 find 54 Kapitel gedruckt. Finke wies nach,
daß nur Kap. 43 — 54 diefer Synode wirklich gehören.
Eine befriedigende Feftftellung über die vorangehenden
Kapitel gelang Finke nicht. Dies der negative Teil von
Haucks Unterfuchung. Pofitiv führt Hauck aus, daß
I Kapitel 1—42 in drei Gruppen zerfallen: 1) Kap. 39 Licet
| multa — 42 geben die Mainzer Befchlüffe von 1225
; wieder; 2) Kap. 1 (3)—25 ruhen auf den Mainzer Be-
fchlüffen von 1233, die freilich auch nicht originale Arbeit
find; 3) Kap. 26—39 gehen wohl ausnahmslos auf die
Synode von Fritzlar 1244 zurück.

A. Hjelt fchildert Mikael Agrikola, den erften
finnifchen Bibelüberfetzer (S. 91—106). Agrikola
ftudierte 1536—39 in Wittenberg. Seine literarifche Tätig-
j keit fiel 1542—52. Er ftarb 1557. Sein finnifches Neues
i Teftament ward 1548 veröffentlicht; es folgten Teile des
Alten Teftamentes. Seine Hilfsmittel bei der Überfetzungs-
arbeit waren Erasmus, die Vulgata, vor allem aber Luther,
daneben auch die fchwedifche Bibel. Bemerkenswert ift,
daß fich Agrikola Luthers Kritik am Neuen Teftamente
teilweife aneignete.

L. Ihmels unterfucht das Verhältnis der Dogmatik
zur Schriftwiffenfchaft (S. 107—132), eine
Frage, die in der Tat noch eine Frage ift; denn über die
Grundfätze, die bei der Verwertung der Schrift zu befolgen
find, herrfcht noch keineswegs Übereinftimmung.
Eine Schwierigkeit ift fchon in einem Doppelten zu
erblicken: 1) im einzelnen Falle ift es nicht nur die
Schrift, die den Glauben herbeiführt; 2) es gab chriftlichen
Glauben bereits vor der Entftehung neuteftamentlicher
1 Schriften. I. betont zum rechten Verftändnis des evan-
gelifchen Schriftprinzips ein Dreifaches: 1) die Schrift
ift Autorität, weil der Glaube ihren Inhalt erlebt; 2) fie
ift alfo nicht formal, fondern inhaltlich Autorität; 3) diefe
Autorität ruht darauf, daß Gott in der Bibel zu uns redet.

H.Jordan befchäftigt fich mit dem Alter und der
Herkunft der lateinifchen Überfetzung von Irenaus
' Hauptwerk (S. 133—192). Seit Grabe und Maffuet
wurde faft allgemein angenommen, daß der lateinifche
Irenäus dem Tertullian bereits vorlag. Erft neuerdings
betonte man lebhafter, daß die hergebrachte Beweisführung
für diefe Annahme ungenügend ift. J. begründet das