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Ausgabe:

1909

Spalte:

14-16

Autor/Hrsg.:

Scullard, H. H.

Titel/Untertitel:

Early Christian Ethics in the West from Clement to Ambrose 1909

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. 1.

,Wiedergeburt in der Mithrasmyftagogie und in der
chriftlichen Taufe1 (S. 329—348). Er verfucht zuerft die I
Weihegrade der Mithrasreligion zu erklären und dann zu I
zeigen, daß die chriftliche und die mithraftifche Myfta-
gogie wohl darin übereinftimmen, daß fie eine Wiedergeburt
durch Chriftus bezw. Mithras lehren, welche fich
unter dramatifch-fymbolifcher Nachfolge des göttlichen
Vorbilds vollzieht und die dereinftige ewige öcoxrjQia ge-
währleiftet; daß fie aber doch im Inhalt, fpeziell in der
Idee der Wiedergeburt ganz verfchieden find. —

Alle anderen Arbeiten fallen in das Gebiet der
Kirchengefchichte. Der Privat-Dozent an der Univerfität
München Th. Schermann erörtert ,die Gebete in Di-
dache c. 9 und 10' (S. 225—239). Er macht auf jüdi-
fche Parallelen aufmerkfam und zeigt, daß die Gebete
in Didache 9 jüdifchen Mahlgebeten nachgebildet find.
In Didache 10 fieht er die erfte Stufe der fpäteren litur-
gifchen Euchariftie-Gebete. — Der Profeffor an der Univerfität
Freiburg G. Pfeilfchifter weift in feinem Artikel
: ,Kein neues Werk des Wulfila' (S. 192—224), fehl-
gründlich nach, daß das Müqxvqiov xov ayiov 2aßa xov
röxO-ov, das neuerdings von H. Boehmer-Romundt für
Wulfila in Anfpruch genommen wurde, nicht von diefem
verfaßt fein könne. (Pf. kündigt eine umfaffende Arbeit
über den germanifchen Arianismus an.)— Der Religionslehrer
in Düffeldorf H. Vogels, ,zum Hymnus Splendor
paternae gloriae' (S. 314—316), zeigt, daß in Auguftin's
Confessiones V. 12,23 ein Zeugnis für die ambrofianifche
Abfaffung des Hymnus vorliegt. — Der Lyzeal-Profeffor
in Dillingen A. Biglmair fkizziert ,die Anfänge des
Chriftentums in Bayern' (S. 1—24) bis auf Bonifatius;
die Refte des Chriftentums aus römifcher Zeit auf dem
von den Bayern am Ende des 5. und Anfange des
6. Jahrhunderts befetzten Gebiet und die Neupflanzung
und Feftfetzung der Kirche werden in nüchterner und
vorfichtiger Weife dargelegt. — Der Lyzeal-Profeffor in
Paffau A. Sei der befpricht mit einfchneidender Kritik
,die Bleitafel im Sarge des hl. Valentin' (S. 254—274)
und zeigt, daß ihr Text von dem Verfaffer der Vita et
Translatio s. Valentini, in die er aufgenommen ift, herrührt
, alfo von dem Paffauer Geiftlichen um 1120 verfertigt
worden ift, um Valentin als eigentlichen Apoftel
und erften Bifchof von Paffau zu erweifen und die
Paffauer Kirche als eine uralte hinzuftellen. — Einen
Überblick über ,Agobards von Lyon theologifche
Stellung' gibt der Benediktiner in St. Bonifaz in München
R. Jud (S. 126—144).— Den ,Urfprung des Ablaffes'
unterfucht der Privatdozent an der Univerfität München
A. M. Königer (S. 167—191). Seine Arbeit ift dadurch
bemerkenswert, daß fie— eine Seltenheit bei katholifchen
Theologen — die Frage wirklich hiftorifch anfaßt. Er
findet den Urfprung des Ablaffes in den bifchöflichen
Generalabfolutionen, die mindeftens feit dem 10. Jahrhundert
am Gründonnerstag und anderen Tagen öffentlichen
Büßern gegeben wurden. Dazu trat die im finan- I
ziellen Intereffe der Kirche geforderte Gegenleiftung (feit
dem 11. Jahrhundert), die das eigentlich Ausfchlag Ge- 1
bende am Ablaß ift. — Der Benediktiner in St. Bonifaz
in München A. Kempfler fchildert das Leben und die
Tätigkeit des Markgrafen .Bertold III. von Andechs' j
(S. 145—166). Befonders intereffant ift die Fürforge
diefes reichen Fürften für die Klöfter. — Der Pfarrer in
Steinkirchen a. d. Ilm M. Weiß gibt ein Bild von der
Tätigkeit .Alberts des Großen als Bifchofs von Regens-
bürg* (S. 317—328) und von den Grundfätzen, denen er
folgte, nach feinem Lukaskommentar, den er während
feiner bifchöflichen Regierung verfaßte. — Mit den
Beichtbüchern aus dem ausgehenden Mittelalter be-
faffen fich zwei Arbeiten. Der Privatdozent an der
Univerfität Bonn J. Greving, ,Zum vorreformatorifchen
Beichtunterricht' (S. 46—81) erhebt den religiöfen und
kulturgefchichtlichen Gehalt aus drei Beichtbüchern, namentlich
dem des Magifters Johannes Wolff (Lupi) und

kritifiert Lupi's Theologie nach dem Maßftabe der katholifchen
Kirchenlehre. Wider Willen zeigt er, daß
auch in diefen Büchern ein die Reformation vorbereitendes
Moment enthalten ift.— Der Infpektor in München F. X.
Thalhofer befpricht ,ein Beichtbüchlein aus dem Ende
des 15. Jahrhunderts' (S. 295—313), d. h. den in der
Münchener Hof- und Staatsbibliothek befindlichen Beicht-
fpiegel (Leipziger Druck von 1495), und zeigt, wie er mit
dem mittelalterlichen Volksbuch ,der Seelen Troft' zu-
fammenhängt, alfo an den Niederrhein weift. Aufmerkfam
wird gemacht auf die Abhängigkeit des Seelentroftes
von der Myftik. Handfchriften und Drucke des Buches
werden verzeichnet. — Der Profeffor an der Univerfität
München J. Schnitzer weift .Michael Lindner' als
.Fälfcher, nicht Überfetzer favonarolifcher Predigten und
Schriften' nach (S. 240—253). Nicht bloß die unter dem
Namen Savonarola's herausgegebenen fieben Predigten,
fondern auch die beiden Schriften ,Grund und Bericht der
j Gewalt und des Anfehens der Obrigkeit' und ,Der kurze
und goldene Griff find Fälfchungen. — Endlich gibt
der Rektor des Gymnafiums und Lyzeums in Luzern
J. Hürbin einen Überblick über .Barock und Rokoko in
der Schweiz' (S. 94—125). Nicht bloß Werke der Architektur
, Plaftik, Malerei, fondern auch die der zeichnenden
Künfte und des Kunftgewerbes werden berückfichtigt.

Es ift eine große Anzahl von Mitarbeitern und tüchtigen
Kräften, die hier gefprochen haben. Sie wollen
Knöpfler feiern als den Begründer des kirchenhiftori-
I fchen Seminars an der Univerfität München. Döllinger
hatte offenbar gar keinen Wert darauf gelegt, Schule zu
machen; zu feiner Zeit war es wohl auch noch nicht
üblich, in kirchengefchichtlichen Übungen wiffenfchaft-
liche Arbeiten zu veranlaffen. Wer fich mit Kirchengefchichte
befchäftigt, weiß, wie viel Anregungen von
Knöpfler ausgegangen find und wie er feinen Schülern
tüchtige hiftorifche Schulung beizubringen verfteht. Die
Verfaffer der vorliegenden Feftfchrift rühmen als feine
Anregungen: den Sinn für hiftorifche Wirklichkeit, den
Mut zur Wahrheit, den Drang, allem gerecht zu werden
und Freund wie Gegner zu verftehen. Wahrhaft fchöne
Worte! und ich wünfchte nicht, daß in dem harten Kampfe,
in dem die wiffenfchaftlich arbeitenden katholifchen Theologen
in unferer Zeit flehen, der vorausfichtlich mit jedem
Jahre fchwerer wird, ihnen nur irgend etwas von diefen
hohen Gütern abhanden kommt. Ich wünfche ihnen noch
mehr. Die beiden Artikel über Genefis 1 zeigen mit einer
für uns moderne Proteftanten unverftändlichen und uns
erfchreckenden Deutlichkeit, in welche Feffeln auch ihre
hiftorifche Methode gebunden ift. Ich hoffe, daß es
ihnen möglich fein wird, auch diefe Feffeln noch einmal
abzuftreifen und zu jenen hohen Gütern noch eins zu
erlangen: die Freiheit.

Kiel. Gerhard Ficker.

Scullard, H. H., M. A., D.D., Early Christian Ethics in

the West from Clement to Ambrose. London, Williams
& Norgate 1907. (XIV, 294 p.) 8n s. 6 —

Ein Beitrag zur Gefchichte der chriftlichen Ethik ift
immer willkommen; denn der Verfaffer hat recht, wenn
er in der Einleitung fagt, daß die Verfuche, diefe Seite
der Gefchichte chriftlichen Lebens darzuftellen, nicht
allzu zahlreich find. Man wird es daher nicht nur im
Heimatland des Verfaffers, fondern auch bei uns freudig
begrüßen, daß Scullard die Ethik in den erften chriftlichen
Jahrhunderten zum Gegenftand feines Studiums
gemacht hat.

Er grenzt fich die umfangreiche Arbeit im vorliegen-
pen Buch damit ab, daß er fich auf das Abendland be-
fchränken will, mit dem erften Clemensbrief beginnend
und mit Ambrofius fchließend. Das Neue Teftament foll
nur als Höhenmeffer dienen, die philofophifche Ethik