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Ausgabe:

1909

Spalte:

338-339

Titel/Untertitel:

Bibliothek Knaake. Katalog der Sammlung von Reformationsschriften des Begründers der Weimarer Lutherausgabe 1909

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. lt.

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können. Von befonderem Intereffe für die Lefer diefer Bibliothek Knaake. Katalog der Sammlung von Refor-
Zeitung dürfte der Abfchnitt über die kirchliche Ver- j mationsfchriften des Begründers der Weimarer Luther-
waltung, namentlich das Verhalten des Kurfürften gegen- ausgabe J. K. F. Knaake. In 6 Abteilungen nebft
über den geitthchen Gütern fein. Sie wurden a. 1531 6 t • ■ ^ ,„ • , 0 /tu
fequeftriert und befonders verwaltet, feit 1533 mit zur Regifter. Leipzig, O. Weigel 1908. (III, 27; 121, 8;
Schuldentilgung verwendet, von 1542 an vom Kurfürften I36, 8; 153, 8; 121, 10; 148,9; 89, 10 S.) gr. 8°
in eigene Verwaltung genommen und für allgemeine Qeb jyt I2_
Staatszwecke verwendet. Dafür aber beftritt der Kur-

fürft nun auch einen großen Teil der Ausgaben für kirch- Den Reformationshiftorikern find die 6 Kataloge der
liehe und Bildungszwecke, fo daß die Einnahmen aus den | Bibliothek Knaake längft bekannt. Der Verleger, Oswald
Kirchengütern und die vom Kurfürften gemachten neuen j Weigel, hatte fie ihnen allen zugefchickt, und es ift wohl
Aufwendungen fich fo ziemlich die Wage hielten. Das keiner unter uns gewefen, der nicht über den Reichtum
Schlußkapitel behandelt das Verhalten Joh. Friedrichs des Materiales erftaunt gewefen wäre und nicht diefes
während der Gefangenfchaft und in den letzten Jahren, oder jenes zur Ergänzung der eigenen Bibliothek gekauft
Er hat damals dem Proteftantismus vielleicht mehr ge- hätte. Die Auflöfung einer großen Bibliothek, die mit
nützt als in der vorhergehenden Zeit. Hätte er den unendlicher Mühe und liebevollfter Sorgfalt zufammen-
Wünfchen des Kaifers nachgegeben und deffen Konzils- geftellt wurde, hat immer etwas Wehmütiges; folche
oder Interimspolitik gebilligt, kein Zweifel, daß eine all- Bibliotheken follten zufammenbleiben und der Nachwelt
gemeine Fahnenflucht eingetreten wäre. Denn auf ihn von ihrem Begründer Zeugnis ablegen, aber wer kauft
fah ganz Deutfchland. Indem er fich aber weder durch 1 fie bei uns? Ein Leopold Sonnemann, der f. Z. Guftav
Verfprechungen noch durch Drohungen hierzu bewegen Freytags prächtige Bibliothek ankaufte und fie dann der
ließ, fondern unerfchütterlich an dem bisher von ihm Frankfurter Stadtbibliothek fchenkte, ift nicht immer zur
eingenommenen religiöfen Standpunkt fefthielt, hat er Hand, der Staat hat für Derartiges kaum Geld zur Verden
Proteftantismus gerettet. Um den durch dies Ver- fügung, fo wird der ftolze Bau zerfchlagen, und feine
halten gegen ihn aufgebrachten Kaifer zu verföhnen, Stücke wandern hierhin und dorthin. Ein Glück ift es,
bequemte er fich ihm in weltlichen Dingen um fo mehr daß von den wertvollen Lutherdrucken der Knaakefchen
an. Vornehmlich fuchte er feine Söhne von allen dem Sammlung die Berliner Königliche Bibliothek für die
Kaifer feindlichen Schritten abzuhalten. Daß er fich Zwecke der Weimarer Lutherausgabe das, was fie felbft
unter der Bedingung, wieder in feine Würden und Länder nicht befaß, oder befonders koftbare Dubletten erworben
eingefetzt zu werden, bereit erklärte, die über Herzog hat. Was durch die Firma Weigel aus dem Nachlaffe
Moritz zu verhängende Acht durchzuführen, wird niemand Knaakes verfteigert wurde, ift trotzdem noch bedeutend
Wunder nehmen. Die politifche Lage aber machte die genug gewefen, die erfte Abteilung des Auktionskataloges
Ausführung folcher Pläne unmöglich. Joh. Friedrich enthält 1000 Nummer Lutherana in chronologifcher Ord-
mußte fchließlich froh fein, daß der Kaifer dem Drängen nung. Die beigefügte, fehr intereffante Preislifte zeigt
feines durch Herzog Moritz beftimmten Bruders Ferdi- als höchften erzielten Preis die Summe von 370 M. für
nand, den Kurfürften in der Haft zu laffen, nicht nach- den tractatulus de Iiis, qui ad ecclesias confugiunt, von
gab. Nach dem Tode des Herzogs Moritz tauchte in dem bekanntlich keineswegs ficher ift, ob er von Luther
Joh. Friedrich noch einmal die Hoffnung auf Reftitution flammt! Und wenn Weigel fragt: ,ein der Weimaraner
auf. Nur zu rafch follte fie ihm zerrinnen. Immerhin Ausgabe nicht bekannter Druck?', fo möchte ich mit
erlangte er unter dänifcher Vermittlung in dem Naum- Sicherheit annehmen, daß es fich um den W. A. I. S. 2
burger Vertrag a. 1554 einen Teil der verlorenen Länder sub A. verzeichneten Druck handelt, und die kleine Diffe-
zurück und erhielt außerdem eine Entfchädigungsfumme renz in den Angaben ein kleiner typographifcher Fehler
von 100000 Gld. Es war das wichtigfte Ereignis aus ift. Es lohnt fich, die Preislifte einmal zu vergleichen mit
der Regierungszeit Joh. Friedrichs nach feiner Rückkehr den Preifen, die Johannes Luther im Zentralblatt für Biblio-
aus der Gefangenfchaft. Bald darauf ift er geftorben. — thekswefen 1905, 349ff. aus der Reformationszeit felbft
Als den Grundzug feines Charakters bezeichnet Mentz zufammengeftellt hat, die Drucke find doch im Werte
feine Gewiffenhaftigkeit, als feinen größten Fehler feinen bedeutend gediegen! Die zweite Abteilung enthält Drucke
Eigenfinn. Letzterer hauptfächlich hat feine Mißerfolge .hervorragender Humaniften und Reformatoren', alpha-
auf potitifchem Gebiet verfchuldet. Sein Familienleben betifch geordnet. Befonders reichlich ift Erasmus ver-
war rein, das Verhältnis zu feiner Gemahlin von herz- treten, dann Hutten und Melanchthon. Der höchfte Preis
Hcher Liebe getragen. Wie alle Fürften feiner Zeit war (M. 95) wurde erzielt für die editio prineeps (man wird
er dem Spiel und dem Trunk ergeben, doch litt unter nach den Erläuterungen S. I20f. freilich ein Fragezeichen
letzterem weder feine Würde noch feine Arbeitsfähigkeit, dahinter fetzen müffen) von Reuchlins vocabularius brevi-
Als fein Hauptverdienft bezeichnet Mentz feine Stellung- loquus 14.78. Abteilung 3 bringt Drucke von .Förderern
nähme auf religiöfem Gebiet. ,Weil' fagt er .unter feinen und Gegnern der Reformation'; eine klare Scheidung von
fürftlichen Zeitgenoffen auf proteftantifcher Seite viele den beiden erften Abteilungen liegt nicht vor, fodaß
fchon geneigt waren, die politifchen Gefichtspunkte über gerade angefichts diefer Abteilung ein Regifter zur Not-
die religiöfen zu ftellen, war es für die Erhaltung des wendigkeit wird, wie wir es am Anfange des Bandes für
Proteftantismus außerordentlich viel wert, daß gerade an alle 6 Abteilungen finden. Der höchfte Preis (M. 430)
fo einflußreicher Stelle wie auf dem fächfifchen Kurftuhl, wurde gezahlt für Servets de trinitatis erroribus libri
ein fo bekenntnistreuer, unpolitifcher und dabei hart- septem 1331. Abteilung 4 bringt .hiftorifche Theologie,
näckiger Mann faß, wie Joh. Friedrich der Großmütige', befonders Gefchichte des Reformationszcitalters', d. h.
— Die Darfteilung felbft wird durch die Beigabe von 81 Ak- die alte und neue Literatur über die Reformation und
tenftücken und ein vortreffliches Regifter ergänzt. So Reformatoren. Den höchften Preis (M. 300) erzielte eine
'ft alles gefchehen, das Studium des wertvollen Werkes Handfchrift, die aus dem Befitze des Ignaz Göldel 1555
zu erleichtern, für das alle Freunde der Reformationsge- flammt und quaedam dicta iusignia, obifer excepta ex orc
fchichte dem Verf. den wärmften Dank fchulden. D. Martini Lutheri in Mensa et conviviis ab eo narrata
We- 14 Virck enthält; fie foll laut Weigels Mitteilung .wichtig für die

noch im Fluffe begriffene Forfchung und kritifche Ausgabe
der Tifchreden Luthers' und ,am nächften verwandt
mit Krokers Handfchrift' fein. Eine größere Anzahl
Stücke ift ,anfcheinend' noch ganz unbekannt. Ob
der Name: Ignaz Göldel aber richtig gelefen ift? Er wird