Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1909

Spalte:

327

Autor/Hrsg.:

Rutherford, John

Titel/Untertitel:

St. Pauls Episteles to Colossae and Laodicea 1909

Rezensent:

Clemen, Carl

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

327

überzeugen, daß der Brief die Wiederaufnahme des Pro-
zeffes des Paulus vorausfetze; die Beforgnis der Philipper
kann m. M. n. auch in der Fortdauer der Haft des
Apoftels ihren Grund haben. Daß fie an ihn gefchrieben
hätten, bezeichnet ja Ewald felbft nur als eine Möglichkeit
; recht aber haben die Erlanger damit, daß der Brief
auf Selbftanklagen der Philipper antwortet und nicht der
erfte Dank für ihre Gabe war. Das geht aus der ganzen
Behandlung diefer Frage und namentlich dem urfprüng-
lichen Text von I, 3 hervor.

Ewald erklärt auf diefe Weife zugleich — um zu
dem Kommentar felbft zu kommen — den Zufatz ovv
tjiiOxosioig xal öiaxövoig in der Adreffe. ,Hat die philip-
penfifche Gemeinde fich felber Vorwürfe wegen ihrer Säumigkeit
gemacht, fo liegt nichts näher, als daß dies nicht
ohne leife oder lautere Anklage der Epifkopen und Diakonen
gefchah, oder daß diefe felbft (ich einer gewiffen
Verläumnis befchuldigt haben'. Am Schluß werden 4,15 t.
als eine an falfcher Stelle in den Text gekommene Rand-
gloffe des Apoftels bezeichnet: eine wohl Beachtung verdienende
Vermutung. Dagegen kann ich der Deutung
der sjtovQavioi, Ijtiyeioi und xaxa'/ßbvioi 2,10 auf Menfchen
nicht zuftimmen und mich auch nicht überzeugen, daß
die eyB-gol xov ßxavgov xov Xgißxov, rbv xb xilog ajccö-
Xeia, ojv b i)sbg y xoiXia xal y 6o§a kv xy alßyvvy av-
xcöv, 01 iß sjdyeia (pgovovvxsg 3, 18f. Judaiften fein
könnten. Sonft vermißt man gelegentlich, namentlich an
der chriftologifchen Stelle 2, 5 ff. ein Eingehen auf die
religionsgefchichtlichen Probleme; aber im übrigen ift es
gerade der chevaleresken Art gegenüber, in der jetzt
manchmal das Neue Teftament ,erklärt' wird, eine wahre
Erquickung, einmal wieder einen folchen gründlichen,
ohne Heranziehung der ganzen Literatur doch den Text
forgfältig und liebevoll von allen Seiten betrachtenden
Kommentar zu lefen. Es ift kein fchlechtes Zeichen für
die Kreife, auf die diefes Auslegungswerk doch in erfter
Linie rechnen wird, daß ihnen noch folche fchwere Koft
dargeboten werden kann.

Bonn. C. Giemen.

Rutherford, John, B. D., St. Paul's Epistles to Colossae
and Laodicea. Ine Epbtle to the Colossians viewed
in Relation to the Epistle to the Ephesians. With
Introduction and Notes. Edinburgh, T. & T. Clark
1908. (X, 207 p.) gr. 8" s. 6 —

Wie der Untertitel zeigt, wird hier wieder der Lao-
dizenerbrief Kol. 4, 16 in dem an die Ephefer gefunden.
Doch behandelt das Buch nicht nur das Verhältnis beider,
fondern unterfucht zunächft den Kolofferbrief für fich.
Dann wird mit den bekannten Mitteln jene Gleichfetzung
vollzogen; die Frage, ob der Epheferbrief überhaupt von
Paulus flammen kann, wird erft fpäter und in ganz ungenügender
Weife erörtert. Zunächft folgt ein Abdruck
des apokryphen Laodizenerbriefs, eine Unterfuchung des
Verhältniffes des Kolofferbriefs zur johanneifchen Literatur
, des Gebrauchs von nXygmim und der Stellung
des N.T.s zum Sabbat, dann eine Zufammenftellung der
altteftamentlichen Zitate im Kolofferbrief und der nur in
ihm, bez. zugleich im Epheferbrief vorkommenden Worte.
Nun werden erft griechifch und dann englifch die Parallel-
ftellen in beiden nebeneinander geftellt, der Kolofferbrief
überfetzt und mit Rückficht auf den an die Ephefer im
einzelnen erklärt. Etwas befonderes enthalten auch diefe
Noten nicht; das ganze Buch fcheint aus Auszügen und
Tabellen entftanden zu fein, die der Verfaffer fich beim
Studium der Literatur über die beiden Briefe, bez. diefer
felbft machte. Dabei ift ihm ein merkwürdiges Verfehen
paffiert, fofern er das Erdbeben, das nach Eufebius nicht
nur Laodicea, fondern auch Hierapolis und Koloffae
zerftörte, ins Jahr 66 fetzt.

Bonn. _ C. Clemen.

Gollancz, Prof. Hermann, D. Lit, The Targum to 'The Song
of Songs'; The Book of the Apple; The ten jewish Martyrs;
A Dialogue on Games of Change. Translated from the
Hebrew and Aramaic. London, Luzac & Co. 1908.
(V, 219 p.) 8» s. 5-

In fehr gefälliger Ausftattung werden hier in eng-
lifcher Überfetzung vier Schriften aus fehr verfchiedenen
Gebieten der jüdifchen Literatur dargeboten. Über den
Zweck feiner Arbeit und die Gründe feiner Auswahl
äußert fich der Überfetzer nicht. Statt des Vorwortes
gibt er eine Einleitung, die über die vier überfetzten
Schriften orientieren foll (S. 1—14). Dann folgen die
Überfetzungen des Targums zum Hohenliede(S. 15 — 90),
des Buches vom Apfel (S. 91—117), der Legende von
den zehn Märtyrern (S. 118—144; dazu ein Anhang:
metrifche Überfetzung einer hebr. Elegie über die zehn
Märtyrer, von Prof. Israel Gollancz S. 149—160) und endlich
von Leo Modenas Dialog über das Kartenfpiel
(S. 161—219). Es find alfo in der Sammlung vertreten:
Targum und Midrafch, ariftotelifche Philofophie und
hebräifche Belletriftik. In diefer Mannigfaltigkeit fcheint
auch die Auswahl begründet zu fein. Dem Lefer foll ein
Einblick in mehrere Epochen des jüdifchen Schrifttums
vermittelt werden.

Die erfte Nummer, die den größten Raum einnimmt,
hat für die Lefer diefer Zeitfchrift das meifte Intereffe.
Das Targum zum Hohenliede, an fich ein fpätes Produkt
der Targum-Literatur, zeigt zum erften Male im Zu-
fammenhange, wie die allegorifche Auslegung des Hohenliedes
durchgeführt und eine Darftellung der Gefchichte
Israels als Gottesvolkes in ihm erkannt wurde. Der
Überfetzer hat es leider unterlaffen, in der englifchen
Wiedergabe des Targums diejenigen Elemente der Para-
phrafe, die den Worten des Bibeltextes entfprechen, auf
geeignete Weife hervorzuheben, fo daß es nicht immer
leicht ift, aus der Umhüllung des Targums den Kern zu
erkennen und fo eine deutliche Vorftellung von der Art
der Allegorefe zu gewinnen. Da G.'s Überfetzung von
keinen Anmerkungen begleitet ift, konnte er auch auf
die Quellen des Targums, die oft diefes erft verftändlich
machen, nicht hinweifen. Obgleich die englifche Überfetzung
offenbar mit Sorgfalt und vollftändiger Sachkenntnis
gearbeitet ift, enthält fie dennoch einige finn-
ftörende Irrtümer. S. 16, Z. 7 ,by its means', Überf. von
H3, was aber Zeitbeftimmung ift. — S. 22, Z. 7 ,child'
(ft! girl). — S. 29, am Schluffe von Kap. 2, V. 2. Hier
ift ftatt der richtigen Lefeart tOtvay "Obs die auf einem
Druckfehler beruhende Lefeart fpäterer Ausgaben "s "Obz:
überfetzt. — S. 35, Z. 12 (ebenfo S. 39, Z. 3 und 14; S.
40, Z. Ii). Statt des Singulars ,cloud of glorf muß der
Plural gefetzt werden. — S. 39, Z. 3 ,heroes' (ft. nun,
F"ah5). — S. 44, Z. 7. Der aram. Ausdruck für Salböl
ift mit unnötiger Paraphrafe wiedergegeben, anders als
S. 18, Z. 3 v. u. — S. 47, Z. 1. Der Überfetzer erkannte
nicht das Zitat innerhalb des Targums aus Daniel 3,4. —
S. 52, Z. Ii: ,0 my sister of the House of Israel1; 1. O
my sister ,Assembly of Israel' (wie es auf der letzten Zeile
derfelben Seite heißt). — S. 58, Z. 3 St. ,my eyes' 1. thy
eyes. — S. 59, Z. 11 St. Pamlos 1. Pameas {Patieas). —
S.68, Z. 16 ,consulted nie' (Überf. von lilsbEX, Targ. zu 6, 5,
was aber = hebr. 'Wb'an). — S. 74, Z. 1. L.: fashioned
for Aaron the Priest. — S. 87, Z. IO: St. ,has' 1. as. —
S. 88, Z. 8: ,and peace was with her', Überf. von sfab©"
nittiy (,mit — od. bei — dem der Friede ift', ein Epitheton
Gottes, des Weltenherrn, dem im Text nttb©
entfpricht).

Die Schwierigkeiten, welche das ,Buch vom Apfel',
die hebräifche Überfetzung einer arabifchen Schrift (über
die Gefpräche des fterbenden Ariftoteles mit feinen
Schülern) dem englifchen Bearbeiter darbot, hat diefer
glücklich überwunden. Es find mir nur wenige Verfehen
aufgefallen. S. 94, Z. 4 muß ftatt des affirmativen ,you