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Ausgabe:

1909

Spalte:

325-326

Titel/Untertitel:

Das Neue Testament in Luthers Übersetzung nach dem Grundtexte berichtigt und verbessert 1909

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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325

Theologifche Literaturzeitung 1909 Nr. ir.

326

genug angedeutet hat. Der erfte Abfatz umfaßt 15 Zeilen
mit 3 Sätzen (wobei ein in einen Satz aufgenommenes, aus
zwei Sätzen beftehendes Zitat nicht befonders gezählt
ifi: andernfalls ergäben lieh 5 Sätze); das weift auf die
Normalzahl 5. Der zweite Abfatz umfaßt 7 Zeilen und
gibt damit die zweite Normalzahl. Beide zufammen ergeben
die dritte Normalzahl 12. Diefe Zahlen herrfchen
in der Tat im einzelnen. Der erfte Abfatz weift 25 Sub-
ftantiva auf (5x5), davon der erfte Satz 15, der zweite
und dritte zufammen 10 (3x5 und 2x5). Der zweite
Abfatz zählt 12 Subftantiva (ohne das nur fubftantivierte
,das Folgende'). Der beftimmte Artikel kommt 19 (12 + 7)
mal (davon im erlten Abfatz 14 = 2x7 mal, im zweiten
5 mal vor, der unbeftimmte 5 (12—7) mal, beide zufammen
24 (2x12) mal. Daß hier Abficht waltet, beweift die
Tatfache, daß einmal der Artikel mit ,in' zu ,im' ver-
fchweißt ilt, damit die Zahl nicht überfchritten würde.
Will man aber das ,im' mitzählen, fo haben wir den
beftimmten Artikel 20 (4x5) mal. Die Perfonalpronomina
(ich und fie) kommen zufammen 5 mal vor, die Casus
obliqui (fich, ihn, uns) ebenfalls 5 mal, Poffeffivpronomina
gleichfalls 5 mal, desgleichen Formen des Verbums ,fein'.
Demonftrativa (diefer, dabei, davon etc.) kommen 7 mal
vor, Präpofitionen (außer in Kompofitionen) 12 mal; in
Kompofitionen (davon, Ausführung etc.) kommen fie 21
(3x7, davon im erlten Abfatz 2x7, im zweiten 1x7)
mal vor. Dabei mag ich einige beabfichtigte Zählungen
noch überfehen haben. Die große Zahl der Fälle fchließt
natürlich jeden Gedanken an einen Zufall aus. Oder
doch nicht?

Halle a. S. C. Steuernagel.

Das Neue Teftament in Luthers Überfetzung nach dem
Grundtexte berichtigt und verbeffert von D. Bernhard
Weiß. Tafchenausgabe mit Parallel- und Belegftellen.
Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1909. (IV,
383 S.) 8° M. 1.50; geb. M. 2—; m. Golddr. M. 2.40

Das kurze Vorwort diefer Ausgabe bemerkt, die
Mehrzahl der modernen deutfehen Überfetzungen des
NT.s fei wohl mit dadurch verurfacht, daß die revidierte
Lutherbibel nicht genügend auf den Grundtext zurückgegangen
fei. Deshalb habe W. zunächft in feinem deutfehen
N. T. mit fortlaufender Erklärung (Leipzig,
Hinrichs 2 Bände,'2 1907) eine der heutigen Kenntnis des
Grundtextes voll entfprechende und doch den koftbaren
Schatz der Sprache der Lutherbibel möglich!! erhaltende
Überfetzung verfucht. Bei nochmaliger Durcharbeitung
habe er geglaubt noch weiter gehen zu dürfen, um den
Luthertext, foweit nicht fachliche Gründe entgegenftanden,
beizubehalten und nur durch oft kaum bemerkbare
Korrekturen an zahlreichen Stellen lesbarer und verftänd-
licher zu machen. So ifl diefe Ausgabe entftanden, der
die Verlagshandlung ungefähr das gleiche Format gab,
wie Reclam der neuen großen Ausgabe von Stages
Überfetzung. Die Typen find noch etwas kleiner als bei I
Weizfäcker. Die Arbeit ift alfo ein Werk der Vermitthing
, ein Mittelding: wer folche grundfätzlich ablehnt,
wird auch an diefer Arbeit keine Freude haben; mir |
fcheint fie in der Hauptfache recht gelungen. Die Beffe-
rungen beginnen mit dem erden Vers: ,Dies ift das Buch
von der Herkunft Jefu Chrifti, der da ift ein Sohn Davids,
ein Sohn Abrahams' und enden mit dem letzten Vers:
it)ie Gnade des Herrn Jefu fei mit allen'. Das erfte ;
Evangelium, den Römerbrief, zahlreiche Einzelftellen habe j
ich genauer geprüft: für gewöhnlich folgt Weiß dem in
feiner griechifchen Ausgabe feftgeftellten Text z. B.

° 33 ,nach der Gerechtigkeit und feinem Reich'. Aber j
Mt. 1,18 läßt er Luthers aus der Vulgata flammende
.Geburt Chrifti' flehen (Erasmus hatte /. Xq., Weiß hat j
/); ähnlich bei Namen ,Kapernaum', ,Arimathia* j
(aber ,Kajaphas'); 2,1 ,Weife', aber 16 Magier; 12,41. 42 !

,die Männer von Ninive', aber ,eine Königin von Mittag';
10,22 ,wird gerettet werden', aber 24,13, Rom. 10,10. 13
,wird feiig'; Mt. 16, i6,der Chrift', 24,5 ,der Meffias'; 26,68
,Chriftus'; befonders feltfam Joh. 1,41 ,der Chrift', 4,25
,ein Chriftus'. Saddukäer, z.B. 16,12 aber V. 13 Cäfarea.
Befonders verunglückt ift die Vermittlung Joh. 1,18 ,ein
Eingeborner göttlichen Wefens'. 16,9. 10 wird zwifchen
OXVQ-ldeq und xöcpivoi nicht unterfchieden; ebenfowenig
zwifchen Maola und MaQidfi] aus Luthers Beelzebub wird
ein Beelzebul, aber kein Beezebul, wie Weiß im gr. Text
hat. Fremdwörter find feiten; doch f. Rom. 1,29 ,böfen
Charakters'.

Druckfehler flößen da und dort auf z. B. Mt. 15,27
,von den Brotfamlein', und in der Parallele Mc. 7, 28 ,von
dem Brofamen' ufw.; und abermals habe ich zu klagen,
daß auch diefer Bibeldruck das Fragzeichen noch nicht
richtig fetzen kann, wenn ein altteftamentlicher Spruch
fragend eingeführt wird; vgl. Mt. 19,5; 21,16. 42; 22,32.
44 etc. im Gegenfatz zu Joh. 12,38; Rö. 10,16, wo eine
Frage in Ausfagcform zitiert wird. Im erften Fall gehört
das Fragzeichen ebenfo felbftverftändlich hinter das Anführungszeichen
, als im zweiten vor dasfelbe. Unfere
Drucker fetzen das Anführungszeichen, ohne auf den Sinn
zu achten, an die letzte Stelle. Vgl. auch noch Mt. 1,23,
wo die Worte des Evangeliften ,das ift verdolmetfcht:
Gott mit uns' durch das Anführungszeichen als Worte
des Propheten erfcheinen. In meiner griechifch-deutfehen
Ausgabe habe ich derartigen Schlendrian der Druckereien
längft befeitigt, und infolgedavon ift auch in den andern
Drucken der Stuttgarter Bibelanftalt damit aufgeräumt
worden; andere Druckereien fcheinen, wie wieder dies
Beifpiel zeigt, diefem Vorgang noch immer nicht folgen
zu könnenl. Die lutherifche Reihenfolge der Bücher
hat Weiß beibehalten mit den nichtlutherifchen Über-
fchriften: Gefchichtsbücher, Lehrbücher, prophetifch.es
Buch. Zwei Anmerkungen über die Benennung ,Katho-
lifche Briefe' und ,Paftoralbriefe' hat er beigefügt. Statt
der zweiten, welche die falfche Meinung weiter verbreiten
wird, als ob diefe Benennung ebenfo altkirchlich fei wie
die erfte, wäre eine Bemerkung über die richtige Reihenfolge
der Bücher im Grundtext am Platz gewefen. Noch
beffer hätte Weiß diefe im Text befolgt (Hebräer zwifchen
Paulinen und Kath. Briefen) und damit die Überein-
ftimmung mit der lateinifchen und englifchen Bibel her-
geftellt, und in einer Anmerkung zum Inhaltsverzeichnis
über Luthers Ordnung Auffchluß gegeben.

Man fieht, ich habe allerlei kleine Ausftellungen; im
ganzen aber möchte ich fagen: wäre die Berichtigung
noch etwas konfequenter durchgeführt und der Druck in
allem korrekt, fo wäre dies die Ausgabe, die man kirchlich
intereffierten Lefern am meiften empfehlen könnte,
von der namentlich zu wünfehen wäre, daß fie die in
Gemeinfchaftskreifen herrfchende Überfchätzung der
darbyftifchen Elberfelder Bibel befeitigen möchte. Auf
dünnem Papier in fchöner Ausftattung wäre fie als Ge-
fchenkausgabe befonders zu empfehlen.

Maulbronn. Eb. Neftle.

Ewald, Prof. D. Paul, Der Brief des Paulus an die Philipper

ausgelegt. 1. und 2. Auflage. (Kommentar zum
Neuen Teftament, herausgegeben von Th. Zahn.
Band XI.) Leipzig, A. Deichert'fche Verlagsbuchh.
Nachf. 1908. (221 S.) gr. 8» M. 4.50

Seiner Erklärung des Ephefer-, Koloffer- und Phile-
monbriefes (1905) hat Ewald nach drei Jahren eine folche
des Philipperbriefes folgen laffen. Die Einleitungsfragen
werden auch hier fehr eingehend behandelt und im Sinne
Hofmanns und Zahns gelöft. Ich kann mich noch nicht

1) Ifrael ift noch mit kurzem s gedruckt; neufte, mir freilich unbegreifliche
Vorfchrift der deutfehen Rechtfehreibung ift langes f. Alfo
Ischias, Iflam, Island, Ifrael!