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Ausgabe:

1909

Spalte:

321-324

Autor/Hrsg.:

Wernle, Paul

Titel/Untertitel:

Einführung in das theologische Studium 1909

Rezensent:

Eck, Samuel

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jahrlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Halbjährlich 9 Mark.

Nr. 11. 22. Mai 1909. 34. Jahrgang,

Wernle, Einführung in das theologifche Studium
(Eck).

Jacob. Die Abzahlungen in den Gefetzen der
Bücher I.eviticus und Numeri (Steuernagel).

Das Neue Teßament in Luthers Überfetzung
berichtigt von B. Weiß (Neftle).

Ewald, Der Brief des Paulus an den l'hilipper

(Clemen). 3 Teil (Virck)

tyrs, A Dialogue on Games of Change, trans- Larfeld, Alter oder neuer Glaube? (Loblieini.
lated (Bacher). | Müller, A., Entwickelungsgedanke und Gottes-

Eickmann, Die Angelologie und Dämonologie ; erfahrung (Lobftein).

des Korans (Schwally). Scherer, Religion und Ethos (Otto).

Seeberg, Lehrbuch der Dogmengefchichte,

I. Bd. 2. Aufl. (Jülicher).
Traube, Nomina sacra (Lietzmann).
Mentz, Johann Friedrich der Großmütige, 2. u.

Rutherford, St. TauPs Epistles to Colossae

and Laodicea (Clemen).
Gollancz, The Targum to The Song of Songs,

The Book of the Apple, The ten jewish Mar-

Bibliothek Knaake (W. Köhler).
Land mann, Das Schulwefen des Bistums Straßburg
zur Sicherung des Nachwuchfes für die
theologifchen Studien von 1802—1904 (Knoke).

Fifcher, Die Religion und das Leben (Litt«
mann).

Furrer, Menfchheitsfragen (L. Köhler).
Descartes' Philofophifche Werke [Philofo-
phifchc Bibliothek Bd. 26—28] (E. W. Mayer).
Meincke, Maxim Gorki (Lülmann).
Berichtigung (Korff).
Erwiderung (H. Holtzmann).

Wernle, Prof. D. Paul, Einführung in das theologifche Stu- anderer, fei es die disparaten Aufgaben und Stoffe der

dium. Tübingen, J. C. B. Mohr 1908. (XVI, 524 S.) Theologie theoretifch in eine Einheit zu verfchmelzen,

T R0 M 7—• "eb M 860 fr' fs ln der Form der Einführung, der Anleitung, des

•/»»•• Vademecum praktifch die Frage zu beantworten ,Wie
Dies prachtvoll frifch gefchriebene Buch wird dem ftudiert man Theologie?' Weder Melanchthons Brevis
Verfaffer viele Freunde erwerben, unter Lehrenden wie discendae tlieologiae ratio noch Hyperius' De tlicologo
Lernenden. Ich follte meinen, die erfteren gerade müßten scu de rattone studii tlieologici werden irgendwo genannt,
es mit Freuden begrüßen, alle, die an deutfehen Hoch- Sogar Schleiermachers ,Kurze Darfteilung' finde ich nur
fchulen in gleicher Tätigkeit flehen, Wernle Dank wiffen einmal gelegentlich, 280, erwähnt, in einem Zufammen-
für feine mühevolle, in ihren Schülern ihnen felbft die- hang, der dem Studenten keine Vorfiellung von der
nende Arbeit. Standpunkt und Richtung dürfte dabei Gedankenfülle und divinatorifchen Wirkung diefes kleinen
ganz zurücktreten.- Wer Wernle ift, feine Art zu fehen Buches vermittelt. Sollte es ganz verkehrt fein, dal!
und zu deuten, verbirgt fich gewiß in keiner Zeile feines Ritfehl (Rechtf. u. Verf. i2, 486) Schleiermachers Bedeu-
Buchcs. Aber es ift eine ergreifend warme und fromme tung für die Theologie zuvörderft an diefem .Codex
Begeifterung über das Ganze ausgebreitet, es fleckt wer- feiner theologifchen Gefetzgebung' gemeffen fehen wollte?
bende Kraft in feltenem Maße in ihm, es weiß vor allem Wernles Abficht, den Studenten vor jedem methodifchen
feine Lefer zu zwingen, nach eigener Entfcheidung zu Formalismus zu bewahren, ift verftändlich. Aber er hat
fuchen. Das Buch wimmelt von Fragezeichen. Auf weite doch nicht umhin gekonnt, ,Aug. Herrn. Franckes Ideo
Strecken gibt diefes dem Stil und damit der Tendenz Studiosi tlieologiae oder eine verwandte Einführung ins
des Verfaffers das Gepräge. Er denkt gleichfam fragend Theologieftudium', wieder gelegentlich 249, anzuführen
in den Köpfen der Studierenden. So deutlich darum oder Bernoullis .Wiffenfchaftliche und kirchliche Me-
Wernles Antworten unausgefprochen überall aus Zu- thode' 278fr, ausführlicher zu befprechen. Mir feheint.
fammenhang und Ton zu entnehmen find, der Lefer wird es wäre zweckmäßig gewefen, die einleitenden Ausgenötigt
, fich die verfchiedenften Auffaffungsmöglich- führungen über ,das Ziel des theologifchen Studiums' in
keiten, die die Gefchichte der Religion, der Frömmig- den drei Momenten der Wahrheit, der Frömmigkeit, des
keit, der Wiffenfchaft, der Theologie nach- und neben- Kirchendienftes, fofort an konkreten enzyklopädifchen
einander erzeugt hat und erzeugt, fcharf zu vergegen- Beifpielen — fie liegen ja nahe genug — zu illuflrieren.
wärtigen und fich über das Recht des eigenen Weges Damit wäre das Buch dem Vorwurf gänzlicher Ignorie-
klar zu werden. Und eben, wo man fich zum Wider- rung feiner Vorgänger entgangen, ohne fich der Ge-
fpruch gereizt findet, erfreut doch immer wieder die - fahr auszufetzen, bloßen enzyklopädifchen Ballaft auf-
Klarheit und Entfchiedenheit, mit der die Gegenfätze zunehmen. Es wäre aber dem Studenten auch fofort
herausgearbeitet find, und die Offenheit, mit der die in dem engen Rahmen der Enzyklopädie der Eindruck
Schwierigkeiten eigener Löfungsverfuche zugeftanden von dem riefenhaften Anwachfen der theologifchen Aufwerden
. Man weiß ja, wie Wernle über Jefus und Paulus, gaben vermittelt worden.

Erasmus und Luther denkt. Aber er hat gründlich da- Wernle gliedert fein Buch einfach und felbftverftänd-

für geforgt, daß feine Lefer vor einfeitigem und fchnell- lieh: I. Die hiftorifche Theologie, II. Die fyftematifche

fertigem Urteilen bewahrt blieben. Man vergleiche für Theologie, III. Die praktifche Theologie. Es entfpricht

die erften beiden mit 302 die Ausführungen 311 und 362 ganz dem tatfächlichen Zuftand unterer Wiffenfchaft und,

unten, für die beiden anderen die Art, wie nach der daß ich mehr fage, ihrem Ideal felbft, wenn diefe Teile

kurzen Hervorhebung 235 Erasmus faft aus dem Buche an Umfang fortfehreitend abnehmen: 235, 162, 74 Seiten,

verfchwindet, während man Schritt für Schritt immer Die Hiftorie dominiert, und zwar fo, daß ohne eine Fülle

wieder auf Luther flößt, vgl. befonders 328h 447. i hiftorifchen Stoffes auch die fyftematifche Arbeit nicht

Aber ich will auf Einzelheiten nicht eingehen, nur
ein paar allgemeine Defiderien zur Sprache bringen. Zunächst
etwas ganz Äußerliches. ,Diefes Buch will nicht

vorzuftellen ift. Man vergleiche die Abfchnitte über das
Wefen und über die Wahrheit der Religion und des
Chriftentums, die die gefchichtlich gegebenen Problem-

die Zahl der vorhandenen Enzyklopädien durch eine neue löfungen kritifch nacheinander erörtern oder die Fragen
vermehren.' — Nirgends ift darum ausdrücklich auf die ; die innerhalb der hiftorifchen Theologie fich an Urchriften-
Vorgänger hingewiefen, deren Spuren Wernle folgt. Der ! tum und Reformationsgefchichte knüpfen, noch einmal in
Student erfahrt nichts von den forgfamen Bemühungen | neuer Beleuchtung vorführen. Ich habe dagegen nichts

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