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Ausgabe:

1909

Spalte:

301-302

Autor/Hrsg.:

Hilling, Nikolaus

Titel/Untertitel:

Die römische Rota und das Bistum Hildesheim 1909

Rezensent:

Brandi, Karl

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Seite 1

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301 Theologifche Literaturzeitnng 1909 Nr. 10. 302

einen gewiffen Wert behalten. Als Quelle für die Kir- hin auf die günftigeren Bedingungen unferer Zeit, die in
chengefchichte wird fie kaum eine Bedeutung gewinnen. ; der Lage ift, publiziftifche Anklagen und Verteidigungen
johannan bar Penkaje hat nur ein Ziel vor Augen. Er i zu erfetzen durch präzifes archivalifches Wiffen. Vieles
will durch die Gefchichte aller Jahrhunderte einen Beweis erfcheine gegen früher milder und verftändlicher, anderes

für die Güte Gottes gegen das Menfchengefchlecht liefern
Wo er die richtende Gerechtigkeit Gottes erkennen muß,
beweift er, daß diefe teils als Strafe für die Sünden der
Menfchen, teils als Erziehungsmittel zu ihrem Heile gefaßt
werden muß. Die Sünden der Menfchen bilden fein
Lieblingsthema. Kirchengefchichtliche Tatfachen werden

freilich auch fchlimmer, als Mit- und Nachwelt geahnt
haben. Dahin gehört vor allem das Zustandekommen
des großen Ablaffes für Albrecht von Mainz und Magdeburg
. Es gehören dahin aber auch die hier vorliegenden
Beobachtungen an Rotaprozeffen aus dem Bereich
der Diözefe Hildesheim. Zunächst fällt ins Auge der

falt nur in der 14. Homilie (wiederholungsweife auch in Umfang diefer Prozeffe, von denen S. 67—127 eine fehr
der 15.) berichtet. gute tabellarifche Überficht gegeben wird. Über 80%

Für beide Chroniken fcheint der fyrifche Text der diefer Prozeffe find Pfründenprozeffe. XJhne die zahllofen
handfchriftlichen Vorlagen zuverläffig wiedergegeben zu und nicht immer im Einklang mit einander stehenden
fein. Da mir ein arabifcher Antiquar aus Mofful jene päpstlichen Refervationen, Expektanzen und Mandate
Handfchrift des ,Summariums' zur Anficht gefandt hat, die wäre eine fo große Zahl von Benefizialprozeffen ficherlich
von Mingana auf der Patriarchatsbibliothek zu Mofful mit nicht möglich gewefen' (63). Der Verf. verfucht, die
benutzt worden ist, fo bin ich in der feltenen Lage ge- Zahl annähernd festzustellen, betont aber.mit Recht die
wefen, Minganas Text mit einer feiner handfchriftlichen große Unsicherheit der Statistik. Sicher nahm die Zahl
Vorlagen zu vergleichen. Ich habe die Vergleichung der Prozeffe feit den letzten Dezennien des XIV. Jahrh.
auf etwa ein Fünftel des Summariums ausgedehnt und nur gewaltig zu; obwohl von dem urfprünglichen Material
folgende Varianten von P noch entdecken können: Pag. nur 1j1 erhalten ift, beläuft fich die Zahl der Pro-

5, Z. 2 li-i-»- für PaS- 29> Z. 12 für ^1 und zeffe 1489—1513 auf über 80, fo daß man doch verfucht

für_i.,; pag. 30, Z. 5 fürW; pag. 32, Z. 10 j ift> auf etwa 500 Prozeffe in 24 Jahren zu fchließen. Nimmt

^ >!' ^ o« J- L j. ! man nun auch die Pfründen in Hildesheim, Braunfchweig

vnln»'z? tur "laln*^?; Pag- 34, ^. tur^o; pag. 02, und Goslar mit dem Verf •

zu 200 an, und rechnet

Z. 1 ^ für ,_,>; pag. 66, Z. 21 Daiel für D^x; pag. 68, j noch 40x1 für Landstädte und Landpfarren, fo kommen
Z. 16 ^v für .V);v^; pag. 91, Z. 15 ÖiXdoZ für immer noch 500 Prozeffe auf IOOO Pfründen, d. h.: wohl

U*o2.; pag. 92,' Z. 12 DI für DK pag. 100, Z. 5 ^1 für "m jede größere Pfründe ift in dielen Dezennien bei der

pag. 100, Z. 10 L»ob für L»o5.

Die franzöfifche Überfetzung finde ich zuweilen etwas
frei. Z. B.:

^sii^j |oj»jj _i.r.:^, Das) = comme nous allons le dire

dans la suite {pag. 147, Z. 8);
t-»s Lv=jüo = les Occidentaux crurent en wie

seule nature {pag. 147, Z. 10);
I*»« *v "Vjio i,.U-~p .o«*1*? »r-*"'? "™ Qu* avaient verse

victorieusement leur sang pour l'amour du Christ

Neubesetzung erft einmal in Rom prozefliert worden,
bei den fehr hohen Kosten der Rotaprozeffe eine ungeheure
Belastung des niederen Kirchenguts.

Noch erfchrecklicher aber ift die faft unglaubliche
Tatfache, daß als Konkurrenten bei den Pfründenprozeffen
vor allem die Beamten der Rota felbft hervortreten, die,
mit allen Künsten und Einreden vertraut, es mindestens
fo weit trieben, daß die eingefchüchterten Bewerber, froh,
des weiteren Prozeffes ledig zu werden, fich auf gewiffe
einmalige oder dauernde Leistungen an diefe ,Mitbeweber'

herbeiließen (S. 45, 61)!

DtuckRhler des franzöfifchen Textes (cfr. pag. 174, . Über diefe Dinge hinaus Hegt der Wert der Arbeit

Z 17; pag. 176, Z. 8 und öfter) hätten in der ,imprimerie !" d,n*}Se™ei,en Auffcbluffen über das bisher kaum

des pjet doiinicains' vermieden werden können. Wes S

Noch eine Frage erlaube ich mir zu ftellen. Mingana die ,Akten Rota-Archivs die

kennt den von anglikanifchen Miffionaren herausgegebenen: I £ldfer-e'ft J4h^T?u u n c Tr a^'

, , /fT • ,q o c- •*:„ * u iL 11 j.sr/r hatt lind eingehend befchrieben. Diefe Zufammenfte lun-

U=^, D^ (Urmi 1898). Er Zitiert ihn pars II, pag. erweitern fich ftellenweife faft zu einer Gefrhirhte der

V, Fußnote 3 unter dem allerdings völlig im Stich laffen-
den Titel livre des miettes. Warum erwähnt er nicht, daß
jene Anglikaner fchon einen Paffus der 6. Homilie des
.Summariums' veröffentlicht haben? Warum verfchweigt
er pars II, pag. I und II, daß fie fchon im Gegenfatz zu
Affemani den Namen des Johannan bar Fenkaje (gebürtig
aus Penk) fachgemäß gedeutet und fein Leben chrono-
logifch richtig fixiert haben? — Zum Schluß bitte ich

gen erweitern fich ftellenweife faft zu einer Gefchichte der
Behörde felbft, wenigftens ihres Perfonals. Alles das ift
dankenswert und ja nicht zu überfehen.

Göttingen. Brandi.

Weber, Lic. Dr. E., Der Einfluß der protettantifchen Schul-
philofophie auf die orthodox-lutherifche Dogmatik. Leipzig,
A. Deichert, Nachf. 1908. (VIII, 173 S.) gr. 8° M. 3.60
um EnTchuldTgung, daß diefe Befprechung erft .9 Monate I Der Verfaffer hat in einer früheren fehr fleißigen

___u j__T.*r_i__:___.1___ I)., 1-. 1:1.1: —__rcf~n tli/.V»_ . _ ... —. .... .... Z... . _ o

nach dem Erfcheinen der Publikation an die Öffentlichkeit
tritt. Dringendere amtliche Verpflichtungen ließen
mich nicht früher an die Lektüre des Buches herantreten.

Berlin. Diettrich.

und forgfamen Arbeit ,Die philofophifche Scholaftik des
deutfehen Proteftantismus im Zeitalter der Orthodoxie'
1907 jene dem heutigen Denken und Wiffen fo fern liegende
Schulphilofophie, ihren logifchen Schematismus
der wiffenfehaftlichen Methodenlehre und ihre abftrakte,
Hillinq, Prof. Dr. Nikolaus, Die römische Rota und das I dje Kategorien alles Seins enthaltende Ontologie oder

Bistum Hildesheim am Ausgange des Mittelalters
(1464—1513). Hildesheimifche Prozeßakten aus dem
Archiv der Rota zu Rom. (Reformationsgefchichtliche
Studien und Texte. Herausgegeben von J. Greving.
Heft 6.) Münfter i. W., Afchendorff 1908. (VII, 140 S.

Metaphyfik dargelegt. Sie ift nicht eine Nachwirkung
oder ein Zurückgreifen auf die mittelalterliche Scholaftik,
fondern ein Anfchluß an die damals moderne Fortbildung
des humaniftifchen Ariftotelismus zum jefuitifchen Neu-
thomismus. Darüber, daß die Proteftanten ihn aufgenommen
haben, kann fich nur wundern, wer verkennt,

' M 3 fio - da^ jede labile und autoritative Theologie des Unter-

2n 8 • i gefchoffes einer ebenfo flabilen Schulphijofophie be-

Auf dem internationalen Hiftoriker-Kongreß zu Berlin [ darf. Mit dem Aufhören , der Einheit der letzteren
im Auguft 1908 berichtete Heinrich Finke höchft lehrreich < hat ja auch tatfächlich auch die der erfteren aufgehört,
über den Stand der vorreformatorifchenForfchung. Erwies j genau fo, wie umgekehrt die Fortdauer des katholi-