Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1909

Spalte:

206-209

Autor/Hrsg.:

Junglas, Johannes Peter

Titel/Untertitel:

Leontius von Byzanz. Studien zu seinen Schriften, Quellen und Anschauungen 1909

Rezensent:

Loofs, Friedrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

205

206

Mainz ift eine Zentrale vorgefchichtlicher und gefchicht- botenen ift doch mehr oder weniger ähnlich fchon gefagt
licher Wiffenfchaft und Kultur wie wenige in Deutfch- worden. Eine Differtation mag in diefer Weife Altes
land. Davon gibt das hier angezeigte Heft, welches den und Neues aus dem frifch gefüllten Studienfacke hervor-
3. Jahrgang der Mainzer Zeitfchrift, d. i. der neuen Folge holen; ein viertes wiffenfchaftliches Buch über Leontius
der in 4 Jahrgängen vorangegangenen Zeitfchrift des follte, wenn es nicht eine abfchließende Monographie fein
Vereins zur Erforfchung der rheinifchen Gefchichte und will, was Junglas' Buch nicht prätendiert, reinlich nur das
Altertümer enthält, einen ebenfo umfaffenden als ftarken Neue darlegen, das der Verf. gefunden hat. — Verdienft-
Eindruck. Die darin niedergelegten Beiträge, die fämtlich licher ift das dritte Kapitel über die Philofophie des
von der ausgezeichneten Sachkenntnis und der ganzen i Leontius. Der Verfaffer macht hier einen dankenswerten
Liebe und Begeifterung ihrer Verfaffer für die heimifche Anfang damit, die philofophifchen Vorausfetzungen des
Gefchichte und Altertumskunde Zeugnis ablegen, um- Leontius aus feiner Zeit zu verftehen. Und durchaus
fpannen das ganze Gebiet Mainzer Forfchungsarbeit von 1 richtig ift der Nachweis — Verf. erkennt an, daß ich
der früheft erreichbaren Befiedelungsperiode bis zur nahen fchon in der Anzeige des Ermonifchen Buches mich
gefchichtlichen Vergangenheit. Für den chriftlichcn felbft in diefem Sinne berichtigt hatte —, daß Leontius
Archäologen und Kirchenhiftoriker kommen vor allem , nicht reiner .Ariftoteliker' war, fondern innerhalb der
in Betracht die Auffätze von K. Körb er, Die im Jahre neuplatonifchen Schultradition ftand, in der das ariftote-
1907 gefundenen röm. und frühchriftl. Infchriften und lifche Element damals ftärker an die Oberfläche gekommen
Skulpturen; E. Neeb, Zur Baugefchichte der St. Albans- war. Doch kommt Junglas in Gefahr, diefe richtige Thefe
kirche bei Mainz; E. A. Stückelberg, Der Reliquien- zu übertreiben. Denn wenn auch fchon Bafilius viel
fchatz von St. Stephan in Mainz (zur Erinnerung an Ariftotelifches hat (S. 66f.), fo ift doch unverkennbar,
Friedr. Schneiderf); A. Oxe, Zwei im Frühjahr 1908 in daß Leontius in einer anderen, von Ariftoteles viel ftärker
Bingen gefundene Infchriftfteine; S. Salfeld, Zur Ge- beeinflußten Atmofphäre lebte. Weiter hat Junglas (ich
fchichte der Mainzer Synagogen; H. Schrohe, Kleinere ' gelegentlich vorfchnell von vermeintlichen Parallelen bei
Beiträge zur Mainzer Gefchichte, vornehmlich im 17. Jahr- den vor ihm herangezogenen Philofophen beftimmen laffen.
hundert;L.Lindenfchmit, Neuerwerbungen des Mainzer Die — gelegentlich fchon in Kap. II (S. 46f.) gegebene —
Altertumsvereins. Auch in ihrem Äußeren ift die vor- Erläuterung der Ausführungen des Leontius über das
nehm-gediegene Zeitfchrift mit ihrem fchönen Druck (bei jcoööv (vgl. S. 73f.) verirrt fleh zweifellos, wenn fle unter
Philipp von Zabern), ihrer reichen Illuftrierung im Text Heranziehung der Gedanken des Plotin, Dexippus und
und auf Tafeln und ihrem angemeffenen Groß4°format Porphyrius dartun will, Leontius habe auch die öexrtxT)
fehr fympathifch. Wir empfehlen fle aufs wärmfte. qxavr/, d. h. ,die vox vmterialis', als ein jtooöv angefehen.

Wörth a/Rh. Georg Stuhlfauth. Denn ™ i1« fraglichen Stelle (trig. cap 29, MSG 86,

1912 IJ) ift bei Leontius, wie auch Diekamp (Doctnna

patrian p. 162,7 tiotd) gefehen hat, ohne alle Fra«e zu
Junglas, Oberlehr. D. Joh. Per., Leontius von Byzanz. |efen: 0lov axb deixrixfjq pcovijq olov tfjq xovxo xaxslvo
Studien zu feinen Schriften, Quellen und Anfchauungen. xxX. Nicht die Stimme, fondem das Demonftrative ,dies',
(Forfchungen zur Chriftlichen Literatur- und Dogmen- j jenes1 ufw. wird als unter den Quantitätsbegriff fallend
gefchichte. Siebenter Band. Drittes Heft.) Paderborn, ausgegeben. — Ebenfo hat fleh J an einer andern Stelle
r? c i." 1 o /vii « e an * . „ (b. 90 durch das, was er bei Herakhan von Chalcedon

F. Schonmgh 1908. (XII, 166 S.) gr. 8" M. 5.40 ^^fi gefunden hat, zu einer unannehmbaren

Eine dritte katholifche Arbeit über Leontius feit Deutung von contra Nest, et Eut. p. 1304 verleiten laffen.
meinem vor 22 Jahren erfchienenen Buche! Und diefe Seine Erklärung der djtXr/ öXEOiq tvcöoemq xal diaxpioeooq
dritte Arbeit ift gelehrter und fördernder als ihre beiden richtet fleh fchon durch das von ihm felbft reproduzierte
Vorgänger, die Bücher von Rügamer (Leontins von Beifpiel der Vermengung von Waffer und Erde, das
Byzanz, Würzburg 1894; vgl.Byzant.Zeitfchrift V, 185 —191) Leontiusbei derBefprechungder övvd-exoq oxEGiq tveöoeeoq
und Ermoni (De Leontio Byzantino, Paris 1895; vgl. xal öiaxQioemq beibringt (p. 1304 D). Denn Waffer wie
Byz. Zeitfchr. VI, 417—419), obwohl auch fle als Promo- Ffrde find dxXä öoJ/zara, und ihre Vermengung müßte
tionsdiffertation entftanden ift (Breslau, diss. theol. 1907, daher nach J.'s Erklärung eine dstXrj oxEötq evcoGecoq xal
bezw. 1905). Ja, der offiziell als Differtation ausgegebene diaxo'iGemq aufweifen, könnte alfo nach p. 1304 A hier
Teil der Arbeit (Kap. I: Zu den Schriften des L. v. Byz. nicht zur Sprache kommen. Auch p. 1304 B zeigt, daß
S. 1—39 und Kap. II: Die Quellen des L. v. Byz. S. 40—65, Leontius die Gvvfrexoq GxeOiq evcoGecoq xal öiaxplaecoq.
freilich nur bis S. 58) ift der wertvollfte. Von den übrigen von der er reden will, auch Iv xolq anXolq rj <pvoixolq
drei Kapiteln (III: Die Philofophie des L. v. Byz. S. GcöpaGi kennt. Ohne Textänderung ift p. 1304/f nicht
66—92; IV: Die Polemik des L. v. Byz. S. 93—125; V: , zu erklären; denn um r/veoueva roTq e'löeGi, öiynrjfieva 6s
Die Theologie des L. v. Byz. S. 126—162; — S. 163—166 I xolq vstoGxdaeGi handelt es fleh im Folgenden eben nicht,
geben ein Sach- und Namenregifter) hätten das vierte vielmehr um r)vmutva xalq vjioGxaGeGi. öniorjuiva de xolq
und fünfte ohne nennenswerten Schaden für die Wiffen- ; elöeGiv —Ähnliche Mißgriffe, wie fle J. hier pafflert find,
fchaft ungedruckt bleiben können. Für wirklich förder- werden bei fyftematifierenden und auswählenden Repro-
lich halte ich hier nur die dogmengefchichtlichen Aus- ' duktionen der philofophifchen und theologifchen Gedanken
führungen über das ivvjtöoxaxov elvai (S. 148—160), des Leontius immer wieder vorkommen, folange nicht
obwohl fle nicht fonderlich tief graben und unnötiger- | eine mit Anmerkungen aus der Dogmenaefchichte und
weife das in der Gefchichte der Trinitätslehre vorkommende i der Gefchichte der Philofophie verfehene deutfehe Über-
evvnoGxaxov elvai (= ev vxooxaGei elvai = vjioGxaGiv fetzung der fchwierigften Stellen feiner Schriften vorliegt.
elvai) einmifchen. Auch in dem übrigen Inhalt diefer Wenn noch ferner katholifche Theologen bei Preisarbeiten
Kapitel fteckt allerdings ernftlicher Fleiß; es ift auch oder Differtationen ihre Aufmerkfamkeit auf Leontius
gelegentlich eine neue Beobachtung gemacht, namentlich < richten wollen, fo werden fie der Wiffenfchaft einen Dienft
inbezug auf Abweichungen des Leontius von Cyrill — j leiften können, wenn fie folch eine Überfetzung (bei der
daß Cyrill, anders als^ Leontius (S. 149), ftatt ex 6vo ] kein Hinweghufchen über Schwierigkeiten möglich ift)
rpvOEcov elq auch ex 6vo VJtoöxaoecov elq hätte fagen fleh als Aufgabe ftellen. Allein die triginta capita (7 Spalten
können (S. 139), ift freilich m. E. dadurch nicht bewiefen, j bei MSG) würden hinreichend Stoff für eine Differtation
daß er oft epvGiq und vxoöxaOiq proviiscue gebraucht —; | geben; und allein an dem erften Buch c. Nest, et Eut.
und hier und da wird ein Gedanke des Leontius repro- ! (17 Spalten ohne die XQVö£l?) könnte der fleißigfte Promo-
duziert und erklärt, dem bisher diefe Ehre noch nicht zu : vend ein gerüttelt und gefchüttelt Maß von Arbeit
teil geworden war. Aber gar vieles von dem hier Ge- | finden!