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Ausgabe:

1908 Nr. 5

Spalte:

148-150

Autor/Hrsg.:

Krug, Heinrich

Titel/Untertitel:

Die Häresie in der Reuelehre der Jesuiten Lehmkuhl und Noldin 1908

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 5.

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innerer Verwandtfchaft, als auf der Brauchbarkeit des | benen Arbeit von Stave und behandelt befonders die
einen für den andern. Ift es immerhin intereffant, daß fich | Quellenfrage (es zeigt fich, daß Erasmus in feinen ver-

in der Bibliothek des Königs von Böhmen der 1. und 2.
Band der lateinifchen und der 1.—5. Band der deutfchen
Werke Luthers befinden (S. 487) und Chriftoph ihm die
fämtlichen Werke Luthers, Melanchthons und Brenz anbietet
, die der König für ein gar angenehmes Gefchenk
erklärt, (S. 506) aber ihm ift auch ein wichtiges Anliegen,
Mittel gegen Wurmbrand und Schußwunden zu erhalten,

fchiedenen Ausgaben oft genug den Vorzug erhielt vor
Luther). Die Grundzüge der fchwedifchen Reformations-
gefchichte im übrigen (landen feft fchon vor M.s
Werk, doch gibt er allenthalben neues Füllmaterial in
die früher aufgebauten Speicher hinein, und ich glaube
nicht zu viel zu fagen, wenn ich M.s Gefchichtsdarftellung
als die zurzeit befte außerfchwedifche Reformationsge-

die Chriftoph als Zauberei und Segenfprecherei verab- j fchichte Schwedens bezeichne. Natürlich hebt fich die
fcheut. Vgl. auch die kritifche Bemerkung gegen Holtz- j Reformationsbewegung ab von dem allgemeinen kultu-
mann S. 101. rellen und politifchen Hintergrunde, deffen konftituierendes

Überall begegnen wir wertvollen neuen Beiträgen zur : Moment die Calmarifche Union ift (Kp. 1). Von dem
Gefchichte der Jahre 1556—1559, z. B. zur Gefchichte 1 Reformator Petri ftammt das der Königin Margarete von
der Reformation in Polen und des Vergerius, zum Brief- j Dänemark, der eigentlichen Begründerin der Union, in den

wechfel Melanchthons, zur Charakteriftik der Gegner des
Proteftantismus. Als einziges Rettungsmittel erfcheint
dem Suffragan in Padua, Gerhard Busdragius, die völlige
Abfperrung von Deutfchland und Italien und ein Verbot
des gegenfeitigen Verkehrs. S. 275 Z. 12 v. u. 1. Joachim
Mörlin ftatt Johann, S. 259 Z. 17 1. menstrua ftatt mon-
strua, S. 402, Z. 11 scharpha ftatt schapha, S. 496 Z. 24
Vicelio ftatt Vilanio. S. 249 Z. 16 ift Johann Fabri der
Augsburger Domprediger Joh. Faber von Heilbronn. Die
Schrift Mörlins gegen ihn, die gemeint ift, hat den
Titel ,Vom rechten alten Wege und Glauben'. Kuczynski,
Thesaurus No. 1999.

Stuttgart. G. Boffert.

Martin, Jules, Gustave Vasa et la Reforme en Suede. Essai
historique. Paris, A. Fontemoing 1906. (XI, 512 S.)
8° fr. 10 —

Der Verfaffer, ehemaliger Profeffor der Kirchenge-
fchichte am Seminar S. Sulpice, fchließt fein umfangreiches
Werk mit den Worten: sans meconnaitre les
grands Services, qui ont valu ä Gustave Vasa la reconnais-
sance de son peuple, il est permis de croire, que sa re-
nommee serait plus pure, s'il n'avait pas fail payer a la
Suede son independance au prix de sa liberte, s'il avait
respecte les droits de la conscience au Heu d'imposer la
rupture avec l'jtglise catholique, rupture inutile a l'oeuvre
nationale et contraire au voeu de l'immense majoriti du
pays. Als Eideshelfer dafür, que sa (Guftavs) conduite
envers l'eglisefut souvent arbitraire et depourvue d'egards
wird Veveque lutherien Cornelius angeführt. Damit ift die
Grundftimmung des ganzen Buches gekennzeichnet. Aber
man kann doch nicht fagen, daß wir nun eine ,Tendenz-
fchrift' vor uns hätten; dazu ift M. auf der einen Seite zu
fehr Hiftoriker, und auf der anderen Seite obiges Gefamt-
urteil zu wenig falfch; die katholifche Majorität Schwedens
ift Tatfache, die Einfchränkung der Freiheit durch Guftav
auch, nur die Beurteilung ift ftreitig. Soweit ich zu urteilen
und nachzuprüfen vermag, hat Martin forgfältig
gearbeitet unter genauer Benutzung der Quellen, die er
vielfach felbft reden läßt. Neu mitgeteilt find am Schluffe
ein Brief Leos X an Sten Sture (vom 6. Sept. 1516 aus
dem Vatikan. Archiv), Briefe des dänifchen Gelchäfts-
trägers in Rom, Nicolaus Petri, an Chriftian II (aus dem
Kopenhagener Archiv), eine Bitte an den Papft betr.
Konfirmation des zum Erzbifchof von Lund erwählten
Johann Veze (aus dem Vatikan. Archiv), ein Brief des
Kapitels von Upfala an Hadrian VI (vom 15. Auguft
1523, ebendaher), des Bifchofs von Skaren an Clemens
VII (ebendaher). Sonderunterfuchungen find im Anhange
der Kritik der Erzählungen über Guftav Vafas Jugend,
fowie den fchwedifchen Bibelüberfetzungen von 1526 und
1541 gewidmet. Die erftere zeigt fehr intereffant, wie
der König felbft die Gefchichtsfchreibung feiner Zeit
dirigiert hat und zwar nicht an dem Reformator Olaus
Petri, wohl aber an Svart den gefügigen Hofhiltoriogra-
phen fand, der dann für die Folgezeit maßgebend wurde;
die zweite ift ein Refümee aus einer fchwedifch gefchrie-

Mund gelegte bon mot an ihren Sohn Erich: ,la Suede
vous nourrira, la Norvege vous liabillera, et pour Danemark
vous combattrez'. Dänemark betrachtete fich Norwegen
und Schweden gegenüber als, wie M. treffend formuliert
, der principal associe' un peu a la facon des
Anglais vis a vis de l'Irlande. Intereffante kulturelle
Notizen werden geboten, fo z. B. über die Darftellung
der Legende Dietrichs v. Bern an den Wänden der
Kirche (S. 13 vgl. dazu Luthers Spott über die Predigten
von Dieterich v. Bern E. A. 21, 204 u. ö.). Daß die
religiöfen Zuftände am Vorabend der Reformation etwas
zu rofig gemalt find, zeigt fchon der Hinweis auf den
I. Band von Janffen (S. 16). Befondere Beleuchtung erfährt
durch M. die Pofition der Kurie gegenüber den
Vorgängen im Norden (vgl. S. 115fif., 194fr. das über
Magnus Gothus Gefagte). Gut wird die ökonomifche
Lage der Kirche erörtert (S. 203 f.), fehr hübfch ift die
Ironie der Gefchichte dargeftellt: tandisque les eveques et
le peuple suedois etaient unanimes a maudire la tyrannie
de Kristiem, celui-ci trouvait un defenseur inattendu dans
la personne de Luther, lequel condamne absolument la
revolte des Danois contre leur souverain legitime; dann
weiter: si etrangeque celaparaisse et malgre les palinodies
ulterieures dictees par l'interet politique, il semble, que
Kristiern, a ce moment du moins, ait ete plus sincere que
Gustave Vasa dans son adhesion ä la Rejorme. Wenig
befriedigend, weil ftark konfeffionell voreingenommen, ift
das S. 279fr. über die reformatorifche Auffaffung von
der Ehe Gefagte. Wertvoll find die verfchiedenen Angaben
über die Fortwirkung der deutfchen Publiziftik in
Schweden; S. 295b hören wir von einer Bearbeitung von
Luthers Betbüchlein durch Olaus Petri 1525, S. 330 von
Nachwirkung des Eckfchen Enchiridion. Bei Erörterung
des Kultus hören wir: encore anjourd'hui le Missel sui-
dois, base sur celui d'Olaus, est le moins eloigne peut-etre
du Missel catholique (S. 398).

Die Beifpiele werden genügen zum Beweife, daß aus
M.s Buche viel zu lernen ift.

Gießen. Köhler.

Krug, Dr. Heinrich, Die Härefie in der Reuelehre der Je-
luiten Lehmkuhl und Noldin. Theologifche Abhandlung
mit einem Machwort an Kardinal Kopp. Braunfchweig,
W. Vogeley 1908. (136 S.) gr. 8°

Diefe durch ernfte Gefinnung und dialektifche Schärfe
ihres Verfaffers ausgezeichnete, aber etwas weitfchweifige
Unterfuchung kommt zu folgendem Ergebnis:

,Die Attritionslehre, welche Lehmkuhl und Noldin
,und überhaupt die Theologen der Jefuitenfchule vortragen
, fleht im Widerfpruche zu der Vernunft und
»Sprache, im Widerfpruche zur h. Schrift, im Widerspruche
zu den Vätern der Kirche, im Widerfpruche
,zu den Meiftern der Scholaftik, im Widerfpruche zu
,allgemeinen Konzilien; fie ift demnach unvernünftig
,und fophiftifch, fchriftwidrig und'ungöttlich, wider-
,chriftlich und kirchenfeindlich, vermeffen und verderblich
, irrtümlich und häretifch.'