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Ausgabe:

1908 Nr. 5

Spalte:

142-143

Autor/Hrsg.:

Guyer, Samuel

Titel/Untertitel:

Die christlichen Denkmäler des ersten Jahrtausends in der Schweiz 1908

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 5.

142

aber ift die Zitationsweife, foweit ich fie kontrolliert habe,
eine zuverlätfige. Was foll heißen jugendchriftliche Sekten
' S. 55?

Göttingen. N. Bonwetfch.

Zeiller, Prof. Jacques, Les origines chretiennes dans la I
province romaine de Dalmatie. (Bibliotheque de l'ecole
deshautesetudes. CLV.fasc.) Paris, H. Champion 1906.
(XVIII, 189 p. av. 3 plans.)
Zeiller hat eine Arbeit wieder aufgenommen, die
der Jefuit Daniel Farlati auf den Schultern feines ürdens-
genoffen Philipp Riceputi im Illyricum sacrum (Venedig
1751 ff.; Gefamtausgabe Venedig 1780—1806 in 6 Bdn.)
unternommen hatte, und er tut es unter glücklichen Au-
fpizien, da die neuere Forfchung, insbefondere die Ausgrabungsarbeiten
in Salone, fehr viel neues Material zutage
gefördert haben. So glaubt er fich in den Stand
gefetzt, ,de donner un apercu general du developpeinent
du cliristianismc dans la Dalmatie romaine, puis byzan-
tine, depuis les debuts de l'evangelisation jusqua l'invasion
avaro-slave et la ruine de Salone dans la premtire moitie
du VII' siecle', und behandelt in acht Kapiteln: 1. L'evangelisation
primitive de la Dalmatie: die chriftliche Propaganda
hat gegen Ende des 1. Jahrh. eingefetzt (2. Timotheus
ift zur Zeit Domitians gefchrieben), ohne daß man
irgend welche nähere Daten geben könnte. 2. Les legendes
, a) La legende de Saint Domnius et l'histoire de
Saint Domnio: es gab nur einen Domnius, vielmehr Dom- I
nio, und der war nicht Schüler des Petrus, wie die Legende
will, fondern Bifchof von Salone zur Zeit Diokletians
, unter dem er Märtyrer wurde. 3. Les legendes.
b) Y a-t-il une eglise a Salone au II' siecle? Antwort:
es gab wohl Chriften, aber anfcheinend keine organifierte
Gemeinde. 4. La legende et l'histoire au III siecle. Saint
Anastase et Saint Venance: es gab nur einen Anaftafius,
den Walker, deffen Gedächtnis die Kirche am 26. Auguft
feiert; Anaftafius der Gefreite (Feft: 21. Auguft) gehört
der Legende an; der eigentliche Gründer aber der Kirche
von Salone ift der heil. Venantius, deffen Wirkfamkeit {
um die Mitte des 3. Jahrh. anzufetzen und der 270 Märtyrer
geworden ift. 5. Les autres saints de Salone (Cajus, |
Felix, Afterius) et la chretiente salonitaine a l'epoque de
Diocletien: von der rafchen Verbreitung des Chriftentums
feit 300 geben befonders zahlreiche Infchriften Kunde.
6. Les diverses chretientes dalmates au IV' siecle et au
debut du V': das erfte Zeugnis für eine Kirche außerhalb
Salones bleibt die Anwefenheit des Bifchofs Felix von
Zara fjader) auf dem Konzil zu Aquileja 381, fomit fteht j
die Gefchichte der Gemeinde von Salone und ihrer Bi-
fchöfe zunächft noch ganz im Vordergrunde der Betrachtung
. 7. Les chretientes dalmates du debut du V' siecle
au debut du VI': nun mehren fich die Zeugniffe über
dalmatinifches Chriftentum außerhalb Salone, und im Jahre l
418 begegnet uns ein Metropolit von Salone in der Per- !
fon des Bifchofs Hefychius; mag fein, daß Papft Zofimus
den Metropoliten zum päpftlichen Vikar für das weltliche
Illyrien hat machen wollen, wie der Bifchof von Theffa- 1
lonich Vikar für das örtliche war, aber es fehlt der Be-
weis, daß die Bifchöfe von Salone in der Folge wirklich
diefe Stellung eingenommen haben. 8. Les chretientes dalmates
du dibut du VI stiele jusqua la ruine de Salone: |
über dem Dreikapitelftreit geht das gute Einvernehmen
mit Rom in die Brüche, der Bifchof Frontin wird von
Jurtinian nach Ägypten verbannt, und für mehr als ein
viertel Jahrhundert ift die Gefchichte Salones und der
dalmatinifchen Kirche in Dunkel gehüllt, felbft die Namen
der vier Nachfolger Frontins, die die Kataloge nennen,
find nicht beglaubigt; erft zur Zeit Gregors des Großen
lüftet fich der Schleier, aber auch jetzt bleibt das Verhältnis
zu Rom fo lange getrübt, bis der Bifchof Maximus
durch perfönlichen Befuch in Rom feine Unterwürfigkeit
bezeigt und dafür mit dem Pallium belohnt wird;
639 bereitet die Invafion der Avaren dem dalmatinifchen
Kirchenwefen ein jähes Ende.

Zeiller hat viel Mühe darauf verwendet, zur Füllung
diefes Rahmens alles zu verwenden, was die beglaubigte
Gefchichte an die Hand gibt. Vieles, was die älteren
Darftellungen fchmückte, mußte er als legendarifch beifeite
lalfen: fchon ein Vergleich der von ihm im Anhang
gebotenen Bifchofslifte mit den gleichfalls dort abgedruckten
Liften von Lucius (de regno Dalmatiae) und
Garns (Scries) zeigt, wie viel in diefer Beziehung zu tun
war. Mit befonderer Sorgfalt und reichem Erfolg hat
er das archäologifche Material benutzt: ,trois vastes basi-
liques attestent le developpeinent de la chretiente salonitaine
et de multiples inscriptions provenant des quatre
eimetiires decouverts dans le voisinage de la ville (Mana-
ftirine, Marufinac, Vranjic, Via Suburbana) nous fönt
connaitre un grand nombre de ses membres.' Die Grundriffe
der Kathedrale und der Kirchen von Manaftirine und
Marufinac find beigefügt.

Gießen. G. Krüger.

Guyer, Samuel, Die chriftlichen Denkmäler des erften Jahrtaufends
in der Schweiz. Mit 31 Abbildungen. (Studien
über chriftliche Denkmäler. Herausgegeben von Johannes
Ficker. Viertes Heft.) Leipzig, Dieterichfche
Verlagsbuchhandlung 1907. (XIII, 115 S.) gr. 8°

M. 5-

Durch I. R. Rahn angeregt und unter dem Eindruck
der Werke Strzygowskis gibt Verf. einen dreiteiligen
Überblick über die chriftlichen Denkmäler der Schweiz
I. aus der ,fpätantiken Zeit', II. der Völkerwanderungszeit,
III. dem IX. und X. Jahrhundert, indem er jedesmal die
Architektur voranftellt und Plaftik und Kleinkunft folgen
läßt. In erfterer fcheint er am meiften bewandert zu lein
und zieht feine Schlüffe auf Herkunft und Alter häufig
mit Hinblick auf den Orient, insbefondere Kleinafien, wo
er auch Reifen gemacht hat, über die er noch fchreiben
wird. (Eine Publikation von Michel und Rott wird auf
dem Umfchlagbogen des Heftes in der gleichen Sammlung
in Ausficht geftellt.) Man fieht, daß Strzygowski Schule
gemacht hat.

Die Aufgabe, die fich G. mit der vorliegenden Veröffentlichung
Hellte, ift nicht gerade einfach oder dankbar
zu nennen. Die vorhandenen Grenzen des Schweizer
Gebietes, das mit Konitanz und Reichenau überfchritten
wird, umfaffen doch recht verfchiedenartige Landesteile,
auf die in den verfchiedenen Zeiträumen verfchiedene
Kulturkreife ihren Einfluß erftreckt haben, in Anbetracht
des verhältnismäßig geringen Umfanges des Landes hier
noch mehr als anderswo. So bleibt denn auch nicht viel
Charakteriftifches übrig. Von den älteften Klofterkirchen
und fonftigen Kirchenanlagen find die von St. Moritz nur
in fehr fpärlichen — kürzlich wieder ausgegrabenen —
Fundamenten erhalten (ähnlich in Romain-Motier), exiftiert
von der urfprünglichen Luciuskirche in Chur nur noch
die Krypta, von St. Victor bei Genf gar nichts und laffen
fich für St. Gallen nur aus Baunachrichten Rückfchluffe
machen. Selbft fichere Monumente der Kleinkunft aus
der römifch-chriftlichen Zeit find äußerft fpärlich gefät,
und viele in irgend einem Mufeum der Schweiz aufbewahrte
Stücke der Elfenbeinplaftik (vgl. S. 14 ff. 104 ff.) fowie
anderer Kunftzweige Importware. Unter folchen Verhält-
niffen nähere Beftimmungen von einiger Sicherheit zu
treffen, ift nur dem gewiegten, das über viele Länder zer-
ftreute Material überfchauenden Spezialkenner unter reiflicher
Durcharbeit möglich, wie wir ihn für die Elfenbeine
in dem leider November 1905 verdorbenen Dr. Hans Grae-
ven befaßen. So viele Einzelpublikationen über verfchiedene
Denkmaler fchon vorliegen, fo wird man ihre Fort-
fetzung erft noch abzuwarten haben. Bis auf weiteres