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Ausgabe:

1908

Spalte:

129-132

Autor/Hrsg.:

Rahlfs, Alfred

Titel/Untertitel:

Der Text des Septuaginta-Psalters 1908

Rezensent:

Smend, Rudolf

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A

Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von I). Ad. Harnack, Prof in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark

Nr. 5. 29. Februar 1908. 33. Jahrgang.

Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Pfalters
(Smend).

Zenner, Die Pfalmen nach dem Urtext (Frankenberg
).

Smirnov, Das Buch der Jubiläen [ruftifch] (Bon-
wetfch).

— Die Pfalmen Salomos [ruffifch] (Derf.).

— Die meffianifchen Erwartungen und Glaubensmeinungen
der Juden um die Zeit Jefu Chrifti
[ruffifch] (Derf.).

Schlatter, Der Zweifel an der Meffianität Jefu
(H. Holtzmann).

Till mann, Der Menfchenfbhn [Biblifche Studien
von Bardenhewer XII, 1—2] (Schürer).

Vogt, Der Stammbaum Chrifti [Biblifche Studien
XII, 3] (Schürer).

Moske, Die Bekehrung des heil. Paulus (H.
Holtzmann).

Lietzmann, Wie wurden die Bücher des Neuen

Teftaments heilige Schrift? (H. Holtzmann).
Jahrbuch der Jüdifch-Literarifchen Gefellfchaft

IV (Schürer).
Scherer, Klemens von Alexandrien und feine

Erkenntnisprinzipien (Bonwetfch).
Zeiller, Les origines chrdtiennes dans la pro-

vince romaine de Dalmatie (Krüger).
Guyer, Die chrifllichen Denkmäler des erften

Jahrtaufends in der Schweiz (Hennecke).
Haller, Die Quellen zur Gefchichte der Ent-

ftehung des Kirchenftaates (Krüger).
Zwingliana II, 5—6 (Boffert).
Briefwechfel des Herzogs Chrifloph von Wirtem-

berg, herausg. vonErnft, Bd. IV: 1556—1559
(Boffert).

Martin, Gustave Wasa (Köhler).

Krug, Die Härefie in der Reuelehre der Jefuiten

Lehmkuhl und Noldin (Harnack).
Oefterreich, Kant und die Metaphyfik (Elfen-

hans).

Siebert, Die Religionsphilofophie in Deutfch-

land in ihren gegenwärtigen Hauptvertretern

(E. W. Mayer).
Hunzinger, Zur apologetifchen Aufgabe der

evangelifchen Kirche in der Gegenwart (Eck).
Simmel, Die Religion (Vorbrodt).
Die religiöfen Ideale der modernen Theologie,

Vorträge von Schufter, Bornemann, Veit,

Förfter (Harnack).
Zur tatlächlichen Berichtigung (Graue).

Ruprecht 1907. (256 S.) gr. 8° M.

Nach einer höchfi forgfältigen und dabei fehr über-
fichtlichen Aufzählung des gefamten griechifchen, latei-
nifchen, fahidifchen, boheirifchen, äthiopifchen, fyrifchen
und arabifchen Materials, das für die Rekonftruktion des
LXX-Pfalters zu Gebote fleht (S. 3—39), unterfucht

Rahlfs, Alfred, Der Text des Septuaginta-Pfalters. Nebft genommen gehen fie alfo faft in der Hälfte der Fälle

einem Anhang: Griechifche Pfalterfragmente aus Ober- (62) mir dem Vulgärtext gegen B, und nur in der anderen

ägypten nach Abfchriften von W. E. Cr um. (Septua- ! Hälfte (67) Rehen fie beide zu B Die Eigenart der vier

°JV ,. tJ ft, ,r , v ipi Rezenlionen, namentlich die des B, aber auch ihre wech-

g.nta-Studien. 2. Heft.) Gottingen, Vandenhoeck & felfeitige Verwandtfchaft, namentlich die der oberägyp-

tifchenmit der abendländifchen, ift fchon hieraus deutlich.

Der oberägyptifche Texttypus liegt in dem von
Rahlfs felbfi herausgegebenen fahidifchen Pfalter der
Berliner Bibliothek vor, der fpäteftens um 400 gefchrieben
ift. Mit ihm ftimmen überall zwei griechifche Papyrus-
handfehriften des Britifchen Mufeums (U) und der Leip-
Rahlfs alle diefe Zeugen auf ihre wechielfeitige Ver- : ziger Bibliothek (L), die beide aus dem 4. Jahrhundert
wandtfehaft. Er geht dabei von der Tatfache aus, daß ; Rammen und in Oberägypten bezw. Mittelägypten gefun-

im griechifchen Pfaltertext an vielen Stellen die große
Mehrzahl der Minuskeln der Lesart des Cod. B mit der-
felben Variante gegenüberReht. Bäthgen (Jahrb. f. prot.
Theol. VIII 405—459. 593—667) fchloß hieraus auf zwei
Hauptrezenfionen des griechifchen Pfaltertextes, die er
unter Zuziehung des Syrers, des Psalterium juxta He-
braeos und des Targums mit dem MT verglich. Er
verzichtete aber darauf, die Herkunft der beiden Rezen-
fionen und ihren Platz in der griechifchen Überlieferung
feRzuRellen.

Dagegen befragt Rahlfs alle griechifchen Texte und
(mit Ausnahme des Armeniers) alle Afterverfionen nach
ihrer Stellung zu jenem Diffenfus zwifchen B und den
Minuskeln, deren Text er vorläufig als den Vulgärtext
bezeichnet. Zu dem Zweck wählt er 129 Stellen aus, an
denen der Diffenfus der beiden Rezenfionen auch in den
Afterveifionen deutlich verfolgt werden kann — eine
Bafis, die breit genug erfcheint, um auf fie zu bauen.
Die Vergleichung der übrigen Texte führt fofort zu
wichtigen Refultaten. Es zeigt fich, daß die boheirifche
Überfetzung nur an 5 Stellen von B abweicht, wonach
B zuverfichtlich als unterägyptifch angefprochen werden
darf. Gleichen Urfprungs muß auch der von B
wenig abweichende S fein, und ebenfo der äthiopifche
Pfalter, der nach den bis jetzt bekannten äthiopifchen
Texten jedenfalls keinem Typus näher Reht als dem
unterägyptifchen. Als zwei weitere Typen treten fodann
ein oberägypti fcher und ein abendländifcher zu
Tage. Sie Rimmen in 96 refp. 89 Fällen mit B, und
nur in 33 refp. 40 Fällen mit dem Vulgärtext. In
letzterer Beziehung kommen die beiden nach einer von
mir angeRelhen Zahlung nur 11 Mal überein, zufammen-

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den find. Als Vertreter des abendländifchen Textes muL
in erRer Linie das Psalterium Graecolatinum Veronense
(R) gelten.

Die von Rahlfs am Schluß (S. 238—254) mitgeteilten
jüngeren oberägyptifchen Texte reichen z. Th. bis in
das 12. Jahrhundert hinab und zeigen, daß der oberägyptifche
Text fich lange in feiner Eigenart behauptet
hat. Dagegen find der unterägyptifche und der abend-
ländifche Text im Laufe der Zeit durch das Eindringen
von Vulgärlesarten in immer Reigendem Grade alteriert.

Für den unterägyptifchen Text liegt das beim Cod.
S zu Tage. Seine erRe Hand geht nur an 17 von 129
Stellen mit dem Vulgärtext, und an 112 mit B. Aber
fchon der erRe Korrektor (Sca) hat an 103 von diefen
112 Stellen die Vulgärlesart hergeRellt, und nur an einer
Stelle die Vulgärlesart durch die B-Lesart erfetzt. Auch
in B find IO Vulgärlesarten von den Korrektoren eingetragen
. Dagegen geht der jüngere Cod. A von vornherein
in der Mehrzahl der Fälle mit dem Vulgärtext,
und im Allgemeinen Rimmen die Unzialen um fo mehr
mit diefem, je jünger fie find. Die Minuskeln haben ganz
überwiegend den Vulgärtext.

Derfelbe Vorgang wird fodann auf abendländifchem
Boden nachgewiefen, wo die Unterfuchung durch die
VielgeRaltigkeit der altlateinifchen Texte befonders er-
fchwert ifi. Die Umficht und Sorgfalt, mit der Rahlfs
hier in allfeitiger Erforfchung der in Betracht kommenden
Zeugen feiner Aufgabe gerecht wird, find bewundernswert
. Von großem Intereffe ifi dabei der Beweis, daß
mehrere griechifche Handfchriften des Abendlandes in
der Tat nach lateinifchen Lesarten korrigiert find.

Nicht weniger glänzend ifi die Behandlung des hexa-