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Ausgabe:

1908 Nr. 4

Spalte:

116-117

Autor/Hrsg.:

Poppelreuter, Joseph

Titel/Untertitel:

Die römischen Gräber Kölns 1908

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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115 Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 4. 116

et /es origines de lannce liturgique führt er den geift- I Auguftin finden. Ebenfalls von Havard flammt der Anreichen
Gedanken durch, daß die Entftehung des Kirchen- hang H, der den Gefichtspunkt der Entlehnungen in den
jahrs in den lokalen Riten Jerufalems ihren Urfprung 1 liturgifchen Formularen auf die patriftifche Literatur
habe — ein Gedanke, der allerdings des überzeugenden j ausdehnt. Ein höchft fruchtbarer Gefichtspunkt! Wer
Beweifes entbehrt. — Man lieft alle diefe Vorträge trotz i fich mit den abendländifchen Liturgien befchäftigt, darf
ihrer apologetifchen Tendenz, mit wahrem Genuß, denn an ihm und an Havard's Nachweifungen nicht vorüber-
fie zeigen die bei uns fo feltene Kunft, fchwierige wiffen- : gehen. Leider verbietet mir der Raum, auf beide Studien
fchaftliche Fragen und Probleme in gefälligfter, beleb- j von Havard näher einzugehen. — Endlich behandelt der
tefter, anfprechendfter Form einem weiteren Kreis darzu- j letzte Anhang /es origines de la messe et te canon romain,
bieten. ein Artikel von Cabrol, der bereits 1900 erfchienen war,

Der nun folgende ,Anhang' ift fehr mannigfaltig und jetzt aber, mit einigen Anmerkungen verfehen, neu erreich
. Im Anhang A und B {Note snr /es documents , fcheint. Da fich Cabrol hier aber nicht mit den neueren
liturgiques und Note sur la methode en liturgie) äußert j Arbeiten über diefen Gegenftand (vgl. meine Studie: Zur
fich Cabrol über die Methode der liturgifchen Forfchung. ; Entftehungsgefchichte des Kanons in der römifchen
Es ift mir außerordentlich erfreulich gewefen, hier genau Meffe 1902 und Baumftark, Liturgia Romana 1904) aus-
die Grundfätze vorgetragen zu fehen, die ich auch für 1 einanderfttzt, bleibt fein Auffatz trotz alles Beachtens-
die richtigen halte und in meinen Arbeiten zu befolgen j werten, das er enthält, hinter dem augenblicklichen wiffen-
mich bemüht habe. Wie richtig ift das, was Cabrol über fchaftlichen Stand zurück.

den Wert der Vergleichung, über das Studium der For- 1 lcn fcheide von diefem inhaltsreichen Buch, über
mein, über die zu fchaffende ,liturgifche Philologie' fagt! | das ich wefentlich nur referieren konnte, mit dem Ge-
Auch in dem, was er gegen die neue religionsgefchicht- j fühl des Bedauerns, daß fich unfere deutfehe proteftan-
liche Methode vorbringt, liegt viel Wahres; allein hier 1 tifche Theologie auf diefem ganzen Gebiet der liturgifchen
beginnen prinzipielle, dogmatifche Differenzen zwifchen j Studien von der franzöfifch-katholifchen einfach hat über-
ihm und uns Proteftanten, die fich nicht ausgleichen j holen laffen.
laffen. Cabrol — wir hörten es fchon — leugnet

nicht das Einftrömen antik-heidnifcher Bräuche in die Gießen. P. Drews.

chriftliche Kirche, aber er leugnet — und als ftrenger

Katholik kann er nicht anders - daß damit zugleich Poppe|reuter, Jofeph, Die römifchen Gräber Kölns. (Bonner

irgend etwas vom heidmfchen Geilt in die Kirche her- r r 'J r ' . ,
übergeftrömtfei. Daß dem aber doch fo ift, läßt fich leicht | Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden im

zeigen. Nur ein Beifpiel! In der alten Kirche war es Rheinlande. 114. und 115. Heft. S. 344—434 und

Sitte (z. B. in Ägypten und Spanien), daß der Täufling Taf. XXI—XXVI.) Lex. 8° Bonn, (A. Marcus & E.

mit bloßen Füßen über ein Fell fchreiten mußte. Diefer Weber) 1906
Akt flammt — daran kann niemand zweifeln — aus dem

heidnifchen Volksglauben, wonach Tierfelle die Dämonen Von befonderem Intereffe aus vorliegender Abhandanzogen
(vgl. Rhode, Pfyche3 II, S. 75). Derfelbe exor-
ziftifche Gedanke ließ diefen Brauch kirchlich werden.
Es war nur eine recht fchwache Verteidigung diefes
Brauchs, wenn die Theologen ihn mit dem Fell Johannis
des Täufers begründeten. Ein und derfelbe exorziftifche
Glaube im Heidentum wie im Chriftentum fleht vor uns, fich

lung ift die Zufammenftellung S. 372—375 über chriftliche
Elemente unter den Grabmonumenten (vgl. fchon Klinkenberg
, Die römifch-chriftlichen Grabinfchriften Kölns). Die
Denkmäler find freilich fpärlich genug, das Wichtigfte
die beiden Goldgläfer aus der Sammlung Herftatt und
aus der Sammlung Difch (Vopel S. 106 Nr. 291. 292),

anheftend an eine fehr äußerliche Sache — Aberglaube ! welche biblifche Darftellungen aufweifen und leider in
hier wie dort — Anhang C will an einem Beipiel zeigen, I das Britifche Mufeum gewandert find. Poppelreuter, der
wie fich die Kirche heidnifchem Wefen gegenüber gerade j den Fortfehritt der Leichenbeftattung (gegenüber der
ablehnend verhalten habe. Als Beifpiel dient Je Premier ; Verbrennung) im Verlaufe des III. Jahrhdts, feftlfellt, ift
des calendes de janvier et la messe contre /es ido/es' — ! geneigt, erfteres dem beginnenden III. Jahrh. zuzuweifen,
eine lehrreiche Skizze über die Entftehung des Feftes I während er das zweite für etwas jünger hält. Im übrigen
der Befchneidung aus dem Gegenfatz gegen das heid- j kann er nur Kleinigkeiten notieren, die vielleicht in das
nifche Treiben am erften Januar. Etwas wefentlich Neues IV. Jahrh. hinüberfuhren. Allgemein wird feftgeftellt, daß
enthält jedoch diefer kleine Auffatz nicht. — Appendice gerade am Niederrhein die römifche Kultur in befonders
D handelt von der mozarabifchen Liturgie, insbefondere [ rein italifchem Charakter auftritt, wogegen Strzygowskis
von dem von Ferotin entdeckten, 1904 herausgegebenen ; Vermutung einer Sonderftellung von Köln mit Trier und
und der Zeit der Weftgothen angehörigen Uber ordinum, Mailand hinfichtlich der nahen Beziehungen zum Orient
deffen Bedeutung für die Liturgie und Gefchichte eingehend i offen bleibt. ,Es ift nicht unwahrfcheinlich, daß wir uns
befprochen wird. In der Tat handelt es fich hier um einen : Köln fchon in der Mitte des III. Jahrhunderts ftark
erftklaffigen liturgifchen Fund, der Stoff zu den manig- j chriftianifiert vorzuftellen haben' (S. 374).
fachflen Unterfuchungen bieten wird. Es fei auch hier J Ich habe vorliegenden Auszug gegeben, um die Mitausdrücklich
auf ihn hingewiefen. — Anhang E bringt teilung anzufchließen, daß neuerdings eine prächtige
eine Zufammenftellung der Dokumente der gallikanifchen ! altchriftliche Glasfchale mit bekannten Darftellungen
Liturgie, ohne daß zur Erklärung ufw. ein Wort hinzu- aus dem Alten Teftamente (Noah, Mofes am Felfen,
gefügt würde. — Anhang F trägt die Überfchrift: ,Le j Jonas, Daniel, eine am Gefäßboden) in der Nähe Kölns
Book 0/ Cerne et /es liturgies ce/tiques'. Hier wird Be- j aufgefunden ift und im dortigen Wallraf-Richartz-
richt gegeben über das bereits 1902 von Kuypers heraus- Mufeum aufbewahrt wird, — ein trefflicher Erfatz für die
gegebene, fehr wichtige Gebetbuch, das dem 9. Jahrh. nach Fingland gelangten Stücke. Kaum eine Bruchftelle
angehört, aber aus den verfchiedenften Quellen zufammen- ift an der Schale zu merken; die Färbung ift tiefblau,
geftellt ift (vgl. meine Anzeige in der deutfehen Litera- die Konturen der Zeichnungen find, gegen das Licht
turzeitung 1902). Beachtung verdient hier der gelegentliche j gehalten, deutlich und die Ausführung von großer F"ein-
Nachweis der Verwandtfchaft zwifchen der Regel Bene- i heit. Inhaltlich enthalten die Darftellungen fchon Merk-
dikts und einzelnen Gebeten im Gelasianum. Alle an- j male, die mir für eine jüngere Datierung (IV. Jahrh.)
geführten Stellen kann ich allerdings nicht als Parallelen | fprechen; doch will fie Poppelreuter, wie ich von ihm
gelten laffen. — Sehr eingehend handelt Havard in | bei der Berichtigung erfuhr, aus technifchen Gründen
Appendice G über die ,Meffen des heiligen Auguftin', fo | auch fchon dem III. Jahrhundert zu weifen. Eine nähere
genannt, weil fich in ihnen flarke Entlehnungen aus I Behandlung diefes für die altchriftliche Kunft recht