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Ausgabe:

1908 Nr. 4

Spalte:

113-116

Autor/Hrsg.:

Cabrol, Fernand

Titel/Untertitel:

Les Origines Liturgiques 1908

Rezensent:

Drews, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 4.

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Mitteilungen Plutarchos entnimmt, ebenfo wie diefer 1 apologetifche Tendenz tritt dark hervor. Gleich der erde
a. a. O. 'Hoaxleiroq xdi IstJtaOoq 6 MezaJcovrlvoq bietet ] Vortrag zeigt das: L'esthetique dans la liturgie, Cabrol
die Coh. dagegen €HQCixXeixoq 6 Merajtovzlvoq, fo wird i geht— und nicht hier allein — mit Verdandnis auf die
man doch ohne jedes Bedenken daraus den Schluß ziehen i Klagen über das Andößige und Unfchöne im katholifchen
dürfen, einmal, daß xdi'lxjcaOoq nicht durch Schuld des 1 Ritus ein, die von Seiten der Gebildeten laut werden.
Verfaffers, fondern der Abfchreiber feines Werkes aus- | Aber er hält dem entgegen, daß der Kultus in allen
gefallen ift, und daß erfterer feine Angaben über die feinen einzelnen Riten mit hidorifchem Verftandnis müße
Philofophen überhaupt vielleicht gar nicht oder doch j betrachtet werden. Erft fo werde fich dem Kundigen
nicht ausfchließlich der plutarchifchen Schrift, fondern j die Schönheit des Kultus erfchließen, erft fo würden die
nur der überaus reichhaltigen des Eufebios entnommen ; Wünfche auf zeitgemäße kultifche Reform verdummen
hat. Ihm Flüchtigkeit zuzutrauen, haben wir bei den in der Bewunderung der ehrwürdigen und in ihrem Alter
zahlreichen Beweifen für feine gründliche, auch in feiner j fchönen Formen. Diefe Gedanken kehren in den Vorfein
durchgebildeten, an Demodhenes und deffen fprach- trägen immer wieder. Sie bilden den Grundton, auf den
liehe Befonderheiten gemahnenden Sprache fich äußern- de gedimmt find. Der zweite Vortrag führt den Titel:
den Kenntnis und Belefenheit im griechifchen Schrifttum | La liturgie envisagee comme Science; er behandelt die
durchaus keinen Grund. Darf doch zum Erweis feiner j Frage, ob die Liturgik eine Wiffenfchaft fei? Der Be-
fchriftdellerifchen Selbdändigkeit mit Diels auf den Um- j weis wird fehr gewandt in der Weife erbracht, daß der
dand hingewiefen werden, daß er c.^5 die fälfehlich dem 1 Hörer zugleich eine Vordellung von der liturgifchen
Aridoteles beigelegte Schrift LTegi xöo/iov, welche jünger Forfchung erhält. Im dritten Vortrag (les origines liturgi-
als Pofeidonios id, namentlich anfuhrt und c. 7 die ver- [ ques) macht fich Cabrol an die fchwere Aufgabe, die
fchiedenen Anflehten über die Seele vielleicht unmittel- Behauptung abzuweifen, daß der chridliche Kultus nicht
bar aus Aridoteles' Schrift LTtol tpvyrjq (I, 2. S. 405) j auf fremden Einflüffen beruhe, vielmehr glaubhaft zu
gefchöpft hat. Auch daß er in Einzelheiten bei genauerer
Kennzeichnung der Philofophen und ihrer Anflehten fich
Abweichungen erlaubt hat und im befonderen gründliche
Vertrautheit mit Piaton und Aridoteles an den Tag legt,
verbietet es uns, mit kleinlichen Erwägungen von etwa
mangelhafter Kunde oder Flüchtigkeit ,mit Schere und
Kleider' das vorteilhafte Bild des Schriftdellers zu verdunkeln
, den bereits die unmittelbar gegen Julian fich
wendenden Apologeten, fchon in der Faffung und Anordnung
ihrer Beweismittel für nächde zeitliche Nähe

machen, daß er ein originales Gebilde fei, gefchaffen ,von
der Kirche und von Chridus'. Zunächd bringt er der
antifemitifchen Stimmung feiner Landsleute ein Opfer:
er rückt den chridlichen Kultus fo weit als möglich vom
jüdifchen Kultus ab. Die ,Kirche' entlehnte vom Judentum
nur die Form desSynagogengottesdiendes, fond nichts.
Daß das Abendmahl im jüdifchen Kultmahl wurzelt,
davon fagt er nichts. Und die Taufe? ,Le bapteme de
Jean, et les autres purifications par He au ne peuvent etre
consideres que comme une priparation bien lointaine, wie
mit jenem zeugend, ausgiebig benutzt haben. Unbegreif- j nmbre du bapteme ehretien, qui a ses caracteres bien ddfinis'
lieh id endlich dasjenige, was Di Pauli aus dem für j '(p. gg). Im Weiteren wendet fich Cabrol gegen Renan's
Piaton in der Irr., Coh. und den Plac. gebrauchten Bei- Thete, der katholifche Kultus entdamme dem Kultus der
wort (teycdoipcovoq, das er nur in der eigentlichen Be- i Gnodiker. Cabrol vertritt — und damit hat er in der
deutung ,großiprecherifch' kennt, S. 17— 20 Jierausge- Hauptfache ftcher Recht — die umgekehrte Thefe. Der

Schwerpunkt diefes Vortrags liegt aber in feinem letzten
Teil. Hier verfucht Cabrol den Vorwurf zurückzuweifen,
der heute fo laut und von den verfchiedenden Seiten erhoben
wird — die Gegner, die Cabrol nennt (Harnack,

fponnen hat. Die Römer hatten in derfelben Bedeutung
das Wort grandiloquus (Cic. Tusc. V, 31, 89: isti gran-
diloqui — d. h. Stoiker — contra haec duo, quae maxime
angunt, melius se Iiabent quam Epicurusr), daneben aber

dasfelbe auch in übertragener Bedeutung großartig, | Loify), find vielleicht nur die in Frankreich bekanrtteden —'
erhaben in Stil und Sprache' (Cic. Orat. 5, 20: grandi- | den Vorwurf, daß der katholifche Kultus zahlreiche antik-
loqui, nt ita dicam, fuerunt cum ampla et sententiarum J heidnifche Elemente in fich aufgefogen habe und deshalb

ein verchridlichtes Heidentum dardelle. Cabrol Hellt dem
die Behauptung entgegen, daß der Eindrom antik-heid-
nifcher Kultusformen doch erd im 3. Jahrhundert beginne
, alfo zu einer Zeit, wo der chridliche Kultus
bereits in fich gefedigt gewefen fei. Habe er einzelne
Formen aufgenommen, fo habe er fie eben wirklich in

gravitate et maiestate verborum). Und das id usyako-
pcovoq, für Piaton gerade befonders paffend, wie es fchon
bei Plutarchos vorkommt. Nur diefe übertragene Bedeutung
wird der Stelle gerecht, alles andre id vom Übel.
So bleibt es denn bei der fchon früher von Diels, Harnack
und mir behaupteten Abhängigkeit der Irrisio (2. 11)

von der Cohortatio (7. 30) und der fchon früher voll ! fich aufgefogen und jeglichen heidnifchen Charakters
zogenen zeitlichen Abrückung jener von diefer, die Irrisio j entkleidet. Vielgötterei, P'etifchismus und äußerlicher
alfo ,frühedens aus dem Ende des 4. Jahrhunderts, viel- | Werkdiend, das feien die Merkmale des Heidentums.

leicht erd aus dem 6.' (Harnack a. a. O. S. 782).
Wandsbeck. Johannes Dräfeke

Davon aber fei im katholifchen Kultus keine Spur zu
bemerken. Auf diefelbe Frage geht Cabrol in Anhang
B noch einmal näher ein. — Die Feinheit Cabrols in der
Behandlung liturgifcher Fragen tritt im fünften Vortrag:
Cabrol, Abbe T. R. Pere Dom Fernand, Les Origines Le style liturgique et les familles liturgiques befonders
Liturgiques Conferences donnees ä l'institut catholique hervor. Hier charakterifiert er in höchd gewandter und
de Paris en 1906. Paris, Letouzey et Ane 1906. (VIII, ^™"Jr Weife die einzelnen Liturgiegruppen nach
x gl fr 6 - altnetl'chen Gefichtspunkten. Der fünfte und fechde

Vortrag (la messe und le bapteme) dellt den Redner
vor die befondere Aufgabe, die Verdimmung zu zerdreuen
und die Kritik zum Schweigen zu bringen, die die gebildeten
Franzofen wider Meffe und Taufe auf dem
Herzen haben. Er verfucht fein Ziel dadurch zu erreichen
daß er ein gefchichtliches Verdändnis diefer Riten

373 P-) gr. 8» fr- 6

Wie der Untertitel diefes Buches angibt, bietet es
Vorträge, die im Institut catholique in Paris im Jahre 19C6
von Abbe Cabrol, dem bekannten franzöhfchen Litur-
giker, gehalten worden find. Den acht Vorträgen id ein
Anhang beigegeben, der die kleinere Hälfte des Buches

füllt: neun Einzeldudien, von denen zwei (G u. H) ein übermittelt und dem Hörer verfichert, daß Gerade im

jüngerer Ordensbruder Cabrols, Marcel Havard verfaßt
hatr— Die Vorträge, die jenes Inditut vor einem größeren
Publikum verandaltet, dienen zugleich einem apologe-
tifchen und einem wiffenfehaftlichen Zweck. Die Vorträge
Cabrols fügen fich diefem Programm völlig ein: die

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rechten Augenblick der Entwicklungsprozeß in der
Liturgie der beiden Sakramente zum Stilldand gekommen
fei: er habe auf dem Höhepunkte halt gemacht; wäre
er weiter fortgefchritten, fo hätte er allerdings in den
Verfall geführt. — Im letzten Vortrag: La semaine Sainte