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Ausgabe:

1908 Nr. 4

Spalte:

104-105

Autor/Hrsg.:

Meyer, Arnold

Titel/Untertitel:

Was uns Jesus heute ist 1908

Rezensent:

Wernle, Paul

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103 Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 4. 104

290). Der fpeziellen Befchreibung diefes Unikums ift
ein gleichzeitig erfchienenes Prachtwerk gewidmet, an
welchem auch andere Gelehrte mitgearbeitet haben
{Kusejr 'Amra, 2 Bde., 1907, Preis M. 210—).

Hervorgehoben fei noch, daß die zahlreichen Ortsnamen
, welche der Verf. feflgeflellt hat, wertvolles
Material bieten zur Identifizierung moabitifcher
Orte, die in der Bibel und bei alten Schriftftellern erwähnt
werden. Dagegen fcheint er die Erforfchung
lateinifcher Infchriften und anderer römifcher Altertümer
von feinem Arbeitspläne ausgefchloffen zu haben. Hierfür
ift ja in neuerer Zeit von anderer Seite viel gefchehen.
(Eine lateinifche Infchrift habe ich nur S. 57 bemerkt =
Corp. Inscr. Lat. III n. 14149). Die Haupt-Abficht des
Verfaffers war augenfcheinlich, möglichft Neues zu bieten.
Manches, was zu einer vollftändigen Befchreibung des
Landes gehören würde, aber fchon von Andern ausreichend
geboten ift, findet man hier nicht noch einmal.

Möchte die Fortfetzung der Text-Publikation, die
uns erft in das Zentrum des Reiches von Petra führen
wird, nicht mehr lange auf fich warten laffen.

Göttingen. E. Schürer.

Meyer, Martin A., Ph.D., History of the City of Gaza.

From the earliest Times to the present day. (Columbia
University Oriental Studies Vol. V.) New
York, The Columbia University Press 1907. (XIII,
182 p.) gr. 8° $ 1.50

Während Stark in feiner großen Monographie über
Gaza (1852) die Gefchichte der Stadt mit erfchöpfender
Gründlichkeit auf 645 Seiten nur bis zum Auftreten des
Islam dargeftellt hat, erhalten wir in diefer neuen Monographie
eine kürzere Darflellung der gefamten Gefchichte
bis zur Gegenwart auf 182 Seiten. Damit ift das Ver- Meyer, Prof. D. Arnold, Was uns Jefus heute ift. 1.—10,
hältnis beider Werke zu einander in der Hauptfache i Taufend. (Religionsgefchichtliche Volksbücher. V
bereits charakterifiert. Starks Werk ift nichts weniger, R ;h H ü] Tübino-en, T C B. Mohr 1007

als entbehrlich gemacht. Vielmehr hebt der Verf. felbft

diefer Exkurfe werden gelehrte Spezialfragen erörtert;
überwiegend hält fich aber auch hier die Darftellung
ziemlich im allgemeinen ohne näheres Eingehen auf
Einzelheiten.

Eine wichtige Quelle für die Zeit des Überganges
vom Heidentum zum Chriftentum, die Vita Porphyrii
episcopi Gazensis von Marcus Diakonus hat M. nur in
der lateinifchen Überfetzung der Bollandiften, nicht im
griechifchen Originaltext benützt, der doch fchon 1874
von Haupt in den Abh. der Berliner Akademie herausgegeben
und durch feine Aufnahme in die Teubnerfche
Bibliothek der Klaffiker (1895) leicht zugänglich geworden
ift. Infolgedeffen gibt M. bei der Befprechung der Tempel
Gazas den Irrtum Starks wieder, daß das Hierion ein
Ilgalov gewefen fei (S. 121, 122), während es fich um
ein 1 llymov handelt, wie der Verf. auch aus der von ihm
benützten englifchen Überfetzung meiner ,Gefchichte'
{Plistory of the jewisli people II, 1, p. 12) hätte entnehmen
können. — Auch fonft benützt M. nicht immer die
beften Ausgaben: Stephanus Byz. nach einer Ausg. von
1678 (S. II n. 11) ftatt nach Meineke, hlufebius Onoma-
sticon nach Lagarde, ftatt nach Kloftermann. — Bei der
Überficht über die Münzen S. 157 wären noch die in Gaza
geprägten Münzen der Ptolemäer zu nennen gewefen
(vgl. darüber jetzt meine Gefch. II, 4. Aufl. S. 112);
bei den Spielen S. 161 ein Papyrus aus der Zeit des
Gallienus (259—268), in welchem ein Athlet von fich fagt:
eOTStpavmd-rjv Isnov elaeXaazixov olxovpevixov äycövog
löoXvfudov ra^aixmv (Weffely, Corpus pap. Hermopolit. I,
1905, n. 70 S. 33). — Solche Einzelnachträge find in-
deffen bei dem Gefamtcharakter des Werkes nicht von
Belang.

Göttingen. E. Schür er.

in der Vorrede freimütig hervor, daß er für die Zeit von
Alexander dem Großen bis zur Eroberung durch die
Araber im wefentlichen nur eine Zufammenfaffung der
Refultate Starks gebe (S. VIII: Ihave done liltle but sum-
marize the results presented by Stark). Der Hauptwert
feiner Arbeit befteht daher einerfeits in der Fortführung
der Gefchichte bis zur Gegenwart, andererfeits aber auch
in der Behandlung der älteften und älteren Gefchichte
bis auf Alexander den Großen. Stark war klaffifcher
Philologe, alfo für die Benützung der altteftamentlichen
Quellen nicht Fachmann. Außerdem ift aber in den
letzten fünfzig Jahren durch die Fortfehritte der Ägyptologie
und der Affyriologie für die ältefte Gefchichte der
paläftinenfifchen Städte eine Fülle neuen Quellenmateriales
angewachfen, das noch nicht zufammenfaffend bearbeitet
ift. In der Verwertung diefes Materiales und in der
Berückfichtigung der neueren Kritik des Alten Teftamen-
tes liegt daher der Portfehritt der vorliegenden Monographie
über Stark hinaus, abgefehen von der Fortführung
der Gefchichte bis zur Gegenwart.

Der Veif, ein Schüler Gottheils, verrät gründliche
Kenntniffe. Seine Ablicht fcheint aber mehr die Darbietung
einer lesbaren Gefamtüberficht, als die Fö'de-
rung wiffenfehaftlicher Einzelfragen gewefen zu fein.
Quellennachweife werden nur in knappfter Form und
nicht unter dem Text gegeben fondern erft am Schluffe
jedes Kapitels zufammengeftellt, fo daß das Auge des
Lefers durch kein gelehrtes Zitat beleidigt wird. Auf
die eigentliche Gefchichtsdarftellung (S. 1—112) folgen
als zweiter Teil (S. 113—165) noch Exkurfe über: Kulte
und Gottheiten, den Kalender von Gaza (in fehr engem
Anfchluß an meine Abhandlung in den Sitzungsberichten
der Berliner Akademie 1896), Infchriften, Altertümer,
Münzen, Spiele, Induftrie, Handelsftraßen. In einigen

(II, 56 S.) 8° M. — 50; kart. M. — 75

An diefer Schrift ift der Titel das wenigft Glückliche,
weil kein Lefer zunächft weiß, ob er zu diefen ,Wir'
gehört oder nicht; altgläubige Lefer werden dadurch
förmlich herausgefordert, ganz wider den Willen des
Verfaffers. Er will ihnen gerade nichts aufdrängen, fondern
lediglich feinen und feiner modernen Gefinnungsgenoffen
Jefusglauben darlegen und begründen gegen die Angriffe
von rechts wie von links, gegen das ,zu wenig' und das ,zu
viel', das man ihm wird entgegenhalten. Ein fummarifcher
Gang durch die Gefchichte zeigt, wie vieles und verfchie-
denes Jefus im Wechfel der Zeiten den Menfchen gewefen
ift; alfo werden auch wir das Recht haben zu unferem
Glauben. Dann wird der Titel der Gottheit Jefu klar
und bündig abgelehnt. Unfere Weltanfchauung verträgt
kein Kommen eines Gottes auf die Erde; Jefus felbft
wollte nicht Gott fein, hat er doch felbft den Meffias-
gedanken am Kreuz dahinten gelaffen, Religion fordert
unmittelbares Leben im Vatergott allein. Aber hierauf
folgt ein volles reiches Ja auf das Nein des alten Glaubens:
von außen betrachtet muß Jefus fchon als große gefchicht-
liche Perfönlichkeit unfere Ehrfurcht erwecken, aber wir
flehen inperfönlichem Verhältnißzu ihm: Begründer unferes
Glaubens, Perfönlichkeit, die uns in ihr Leben hineinzieht,
Wirklichkeit unterer fittlich-religiöfen Wünfche, Befreier
von Sünde und Schuld, Stimme Gottes an uns, fo und
noch reicher lautet das Bekenntnis, das dann im letzten
Abfchnitt auch denen gegenüber, die von jeder Autorität
frei fein möchten, feilgehalten und menfchlich nahe gebracht
wird.

Einem pofitiven Lefer wird diefe Schrift vermutlich
wenigEindruck machen, aber für ihn ift fie nicht gefchrieben.
bis ift nur zu wünfehen, daß fie von denen gelefen werde,
mit denen am Schluß der Verfaffer fich auseinander fetzt.