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Ausgabe:

1908

Spalte:

67-68

Autor/Hrsg.:

Jampel, Sigmund

Titel/Untertitel:

Das Buch Esther auf seine Geschichtlichkeit kritisch untersucht 1908

Rezensent:

Löhr, Max

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 3.

68

Die Dogmengefchichte und Symbolik ift unter anderem
durch folgende umfangreichere und neubearbeitete
Artikel vertreten: Scotus (Deutfch, früher Chriftlieb),
Semipelagianismus (Loofs, früher Möller), Simon der
Magier (H. Waitz, früher Möller), Symbole, Symbolik
(Kattenbufch XIX, 196—207, früher Wagenmann), Thomas
von Aquino (Seeberg, früher Wagenmann). Das lebhaftere
Intereffe, welches fich jetzt der Gefchichte der
griechifchen Theologie zugewandt hat, bezeugt eine Reihe
von Artikeln Phil. Meyers (z. B. Theophilos Kairis, Theo-
phylakt, Theotokis u. aX

Die fyftematifche Theologie ift dasjenige Gebiet,
welches der Einfügung in eine folche Enzyklopädie am
meiden widerftrebt. Die Artikel werden auch hier in
dem Maße ihren Zweck erfüllen, als fie hiftorifches Material
darbieten. Unter diefem Gefichtspunkt fleht diesmal
obenan der mehr als 50 Seiten umfaffende Artikel
über die ,Taufe', welcher den Gegenftand unter folgen-

lung des Eftherbuches und des Purimfeftes bei den alt-
jüdifchen Gefetzeslehrern der nachbiblichen Zeit. 2) Die
bisherigen Hypothefen über die Entftehung des Purimfeftes
und des Eftherbuches. 3) Das Eftherbuch im Lichte
der Gefchichte. Unter diefen ift der zweite als eine fleißige
Sammlung und auch vielfach zutreffende Beurteilung
der Purimhypothefen ohne Zweifel der befte. Die ganze
Schwäche der Jampelfchen Arbeit tritt dagegen in dem
dritten Teil hervor, wo ,die zahlreichen Schwierigkeiten,
Unwahrfcheinlichkeiten und Unmöglichkeiten, die gegen
den Inhalt des Buches geltend gemacht worden find, unbefangen
auf ihre Stichhaltigkeit geprüft und gewürdigt'
(S. 90) werden. Hierfür ein Beifpiel: Der Zug, daß das
Dekret für das allgemeine Judenmaffaker im Perferreich
elf Monate vorher einen Tag feftfetzr, 3,12—15, von welchem
Zuge Nöldeke fagt, er allein genüge, um den hifto-
rifchen Charakter des Buches unmöglich zu machen, wird
von J. dahin gedeutet (S. 122), daß man zweierlei Mit-
den drei Gefichtspunkten behandelt: I. Schriftlehre (XIX, ! teilungen unterfcheiden müffe, eine ausführliche, den Be-
396—403, von Feine), II. Kirchenlehre (XIX, 403—424, ! fehl des Maffakers, nur vertraulich an die hohen Staats-
von Kattenbufch), III. Liturgifcher Vollzug (XIX, 424— beamten, und eine fehr kurze, fich für den 13. Adar
450, von Drews). Früher war der Artikel von Steitz | bereit zu halten, an das Volk. Zu diefer Art von Apolo-
allein bearbeitet. Aus dem Beitrag von Feine möchte i getik paßt die fittliche Beurteilung des Buches, S. 128.
ich die Unbefangenheit hervorheben, mit welcher die! ,DieJudäer fuchten nichts anderes als fich vor dem Feinde
Ungefchichtlichkeit des Taufbefehles Matth. 28,19 aner_ 1 zu fchützen'. ,Man begreift nicht, wie man in Efthers
kannt wird (XIX, 397). — Sonft feien aus dem Gebiet ' Bitte, daß den Juden geblattet werden möge, auch am
der fyftematifchen lheologie noch genannt: Sitte, Sitt- j folgenden Tage fich eventuell fchützen zu dürfen, blut-
lichkeit, Sittengefetz (Rade), Stand, doppelter Chrifti j rünftige Abfichten finden kann'. Mag Luthers u. a.
(Karl Müller in Erlangen), Sünde (Kirn), Theismus (Heinze), Urteil über das fittliche Niveau des Buches zu ftreng fein,
Tod (Kirn). Kahler hat feinen Artikel ,Seligkeit' nur ] J. irrt in entgegengefetzter Richtung. Alles in allem
unerheblich revidiert. Eine Berückftchtigung des vier- i bedeutet fein Buch kaum eine wiffenfchaftliche Fördebändigen
Werkes von Titius wäre diefem Artikel doch rung.

fehr zu fluten gekommen Breslau. Max Lohr.

Der ,Praktifchen lheologie' im ganzen dt ein Arti- _

kel von Cafpari gewidmet (XIX, 644—658). Auf wich- ■

tige Materien im einzelnen beziehen fich die Artikel 1 Cambridge Bible for Schools and Colleges: Esther with
Seelforge (Achelis) und Stolgebüren (Stutz). Introduction and Notes by Rev. A. W. Streane, DD.

Als Varia möchte ich noch hervorheben: Sinnbilder , Cambridge, University Press 1907. (XXXIV, 80 p.)
(V. Schultze), Skulptur (V. Schultze), Spiele, geiftliche j Sm. 8° s. I. 6

(XVIII, 636—648, von Creizenach, eine fehr willkommene i n n.. . .... , , , „

Orientierung über diefe früher nicht berückfichtigte Ma- ^as Büchlein gewahrt auf dem knappen Raum von

terie), Staat und Kirche (XVIII, 707-727, von Otto Mayer). 1 lj Üt^F'u0^* Une vl, felt,ge "nd ^

" v ,////, j 1 gefchickte Uberficht über die in Präge kommenden Pro-

Göttingen. E. Schürer. ! bleme. Es enthält vier Teile: 1) introductionp. IX—XXXIV.

_______ | 2) text and notes p. 1—50. 3) appendix, chapters found

neither in the Hebrew nor in the Chaldee p, 51—65.
4) additional notes, the feast of Pur im, Haggada, specimens
of the first and second Targums on Esther p. 66—73.
Hieran fchließt fich ein index p. 74—80. Es mag genügen
, zur Charakteriftik des kleinen Werkes einige Notizen
aus der Einleitung herauszuheben. S. XVII wird als
Zweck des Eftherbuches faft genau mit Nöldekes Worten
in Encyclopaedia biblica cot. 1404 bezeichnet to encou-
rage the observance of the feast of Purim [among the Jews).

Jampel, Dr. Sigmund, Das Buch Efther auf feine Gefchicht-
lichkeit kritifch unterfucht. Nebft einem Anhange: Die
topographifche Befchreibung des Achasveros-Palaftes
im Buche Efther und die Burg zu Sufa von Marcel
Dieulafoy. Frankfurt a. M., J. Kauffmann 1907. (VII,
165 S.) gr. 8° M. 2 —

Für Jampels Arbeit, das Buch Efther auf feine Ge- ,
fchichtlichkeit kritifch zu unterfuchen. ift gleich am An- : Abweichend yon dem genannten Ge ehrten nennt Str.
fang die Widmung bezeichnend an .Herrn Profeffor Dr. 'n S 3 "ber date and authorshif S XIX die im ganzen
Fritz Hommel in München, deffen aufbauende religions- I wahrfcheinhchfte Vermutung that the Book was written
wiffenfchaftliche Forfchung in unferer zerftörungsfüchtigen ! very possibly m Persia itself, by a Jew familiär with
Gegenwart mir von jeher ein Vorbild war'. Die Unter- i **' character of the Urne with which he dealt and
Eichung endet natürlich mit einem vermeintlichen Nach- ! scarcely later than B. C. 300. Verhältnismäßig fehr einweis
der Hiftorizität des Ganzen. Beigegeben ift ein An- I gehend find in § 6 und 7 der Einleitung die Beziehungen
hang von Marcel Dieulafoy über die Übereinftimmung I des mafforetifchen Textes zu dem der LXX, desjofephus
zwifchen den Ausgrabungsrefultaten der Franzofen in i ™d der Targume behandelt, vgl belonders zu den letz-
der Burg von Sufa und den Angaben des Eftherbuches teren noch dle Textproben auf S. 70«.
in bezug auf den Xerxes-Palaft. Breslau. Max Lohr.

Um mit diefem letzten Argument zu beginnen, fo
ift auch von Beftreitern der Gefchichtlichkeit des Eftherbuches
eine gewiffe Vertrautheit feines Verfaffers mit
perfifchen Dingen neuerdings durchaus anerkannt.
Daß aber von der archäologifchen Korrektheit einer
Erzählung bis zu ihrer Hiftorizität unter Umftänden noch
ein recht weiter Weg ift, follte J. felbft wiffen. Sein
eigentliches Buch zerfällt in drei Teile. 1) Die Beurtei-