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Ausgabe:

1908 Nr. 26

Spalte:

719-720

Autor/Hrsg.:

Hoberg, Godofredus (Ed.)

Titel/Untertitel:

Liber Geneseos, textum hebraicum emendavit, latinum Vulgatam 1908

Rezensent:

Volz, Paul

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719

Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 26.

720

wiffenfchaftlichen Abhandlung nicht allzufehr durch die
Rückficht auf den Begriff öoga zu ftören. Ob und wie
fich der Begriff Kabod im anfänglichen Stadium mit
dem Gewitter verband, ift noch nicht genügend aufgehellt
. Im übrigen aber erweift fich der Verf. durch diefe
erfte größere im engeren Sinn altteftamentliche Abhandlung
als einen wertvollen Mitarbeiter auf dem Gebiet
unferer Wiffenfchaft.

Tübingen. Volz.

Hoberg, Prof. DD. Gottfried, Exegetifches Handbuch zum

Pentateuch, mit hebräifchem und lateinifchem Text.
Erfter Band: Die Genefis, nach dem Literalfinn erklärt
. Zweite, vermehrte und verbefferte Auflage.
Freiburg i. B., Herder 1908. (LXII, 459 S.) gr. 8°

M. 10 —

Liber Geneseos, textum hebraicum emendavit, latinum Vul-
gatam addidit Prof. DD. Godofredus Hob erg. Eri-
burgi Brisg., Herder (1908). (VII, 417 p.) 12°

M. 2.50; geb. M. 3 —

Der Kommentar von Hoberg ifl ein Mufterkom-
mentar im Sinn der päpftlichen Bibelkommiffion, deren
Entfeheid vom 27. Juni 1906 in der Einleitung zum Abdruck
kommt. Die Anlage des Kommentars ift folid.
Dem einzelnen Abfchnitt ift eine kurze Inhaltsüberficht
vorausgefchickt mit gefchichtlichen Notizen und fprach-
lichen Bemerkungen, welch letztere jedesmal die Unnot
der Quellenlcheidung in JEP dartun follen; dann folgt
der Text in Doppelkolumne, Vulg. u. MT, darunter Varianten
der Verfionen und unter dem Strich die ausführliche
, fachliche und fprachliche Exegefe. Wo nötig, namentlich
in den Urgefchichten, find längere Nachträge
angehängt. Das keilfehriftliche Material findet gebührende
Berückfichtigung. Das Werk ruht auf umfaffender Kenntnis
alter und neuer, auch entlegener Literatur.

Für uns bemerkenswert ift der literarkritifche und dog-
matifche Standpunkt des Verf.s, wie er ihn hauptfächlich
in der Einleitung darlegt. Der Verf. des Pentateuch ift
Mofe; er benützte dabei ältere, gefchriebene und mündliche
Quellen, die aber für uns nicht mehr unterfcheidbar
find; etliche Einfchübe und Textänderungen flammen aus
nachmofaifcher Zeit. Die wichtigfte Änderung betrifft die
Gottesnamen der Gen.; denn hier hat die Schriftgelehr-
famkeit (etwa zur Zeit Jefaias) dogmatifch ändernd eingegriffen
, indem fie an den Stellen, an denen von Gott
als dem Urheber der übernatürlichen Offenbarung die
Rede ift, die alten Namen Elohim und El durch Jahwe
erfetzte oder neben dem alten Namen den neuen einfügte
. Ausführlich referiert dann H. über die Gefchichte
der Pentat.-Kritik und widerlegt die Quellenfcheidung
(JEP) nach der literarkritifchen, hiftorifchen und religiöfen
Seite; namentlich können die Gottesnamen nicht als Ausgangspunkt
der Quellenkritik dienen. Mit den inneren
Schwierigkeiten, die im einzelnen zur Annahme von
Doppelberichten führten, fetzt fich H. fehr wenig auseinander
; das Problem von Kp. 16 u. 21 z. B. berührt er
nicht; den wechfelweifen Gebrauch von Midianitern und
Ismaelitern in Kp. 37 führt er auf tatfächliche Vermifchung
der beiden Stämme und auf den wechfelweifen Gebrauch
in der lebenden Sprache zurück; weder hier noch fonft
kennt er irgendwelche Nähte in der Jofephgefchichte.
Der dogmatifche Standpunkt des Verf.s wird befonders
deutlich in der Schöpfungsgefchichte. Im Schöpfungsbericht
fei eine dem Adam gegebene Offenbarung
niedergelegt (wie fie von Adam aus weiter tradiert wurde,
fagt H. nicht); er fei eine Vifion, halb fymbolifch, halb
wirklich gemeint; er will nicht darftellen, wie der Weltbildungsprozeß
naturwiffenfchaftlich verlief, fondern wie
er dem geiftigen Auge Adams zum Zweck einer für
feine übernatürlichen wie natürlichen Bedürfniffe paffenden

I Belehrung gezeigt wurde. Der babylonifche Bericht ift
eine Korruption des biblifchen. Im übrigen ift die Auslegung
gefund und nüchtern (wenn auch wie z. B. in
Gen. 3,15 gewunden); auch im Urteil über den morali-
fchen Gehalt der bibl. Erzählungen natürlich"; felbft etliche
Textkorrekturen kommen vor (z.B. ib "lltji* 49,10). —
Der Text (hebr. u. lat.) erfchien auch ohne Kommentar

j gefondert; beide Bücher in vorzüglicher Ausftattung.

Tübingen. Volz.

Herrmann, Lic.theol.Infp.Johannes, Ezechielftudien. (Beiträge
zur Wiffenfchaft vom Alten Teftament. Herausgegeben
von Rudolf Kittel. Heft 2.) Leipzig, J. C.
Hinrichs'fche Buchhandlung 1908. (IV, 148 S.) gr. 8°

M. 4-; geb. M. 5 —

Das Buch hat 2 Teile, einen literarkritifchen ,zur
Analyfe des Buchs Ezechiel' und einen biblifch-theolo-
gifchen ,zum Verftändnis des Propheten Ez. und feiner
1 Predigt; Studien zu Ez. I—39'. Der 1., bedeutungsvollere
[ Teil bekämpft die geläufige Meinung, das Buch Ez. fei
ein lückenlos gefchloffenes Ganzes, aus dem fich nicht
! ein einziges Stückchen ohne Störung des Zufammenhangs
[ herausnehmen laffe. Vielmehr ift Ez. eine Sammlung
'■ von kleineren Abfchnitten, eine Sammlung einzelner, nach
j Entftehungszeit und Inhalt felbftändiger Perikopen, genau
j wie Jef. und Jer.; doch fo, daß die Sammlung des Buchs
Ez. im wefentlichen von Ez. felbft herrührt. Namentlich
dürfen die chronologifchen Angaben immer nur auf den
betreffenden Teilabfchnitt, über dem fie flehen, bezogen
werden. Diefen literarifchen Charakter des Buchs erweift
H., indem er die fämtlichen Abfchnitte der Reihe nach
durchnimmt: Kp. 1—3 ift (außer dem Zufatz 3,16—21)
eine einheitliche Kompofition; 4—7 Niederfchlag der erften
prophet. Tätigkeit, eine vom Propheten geordnete Sammlung
von Unheilspredigt; in 8 —11 fleht 11,1—21 am
unrechten Ort, Kp. 10 ifl fehr verftümmelt, 10,8—17 aus-
zufcheiden; in Kp. 12—24 find nur teilweife verwandte
Abfchnitte von Ez. zufammengeordnet, im übrigen fehlt
hier die planvolle Anlage, vermutlich ift diefer Teil erft
durch wiederholten Sammelprozeß (Erweiterungen von
des Propheten Hand ufw.) entftanden; Kp. 25—28, 29—32
find beabfichtigte Sammlungen; Kap. 34—37 ein gutge-
I ordnetes Büchlein felbftändiger Heilsfprüche. In Kp. 38 f.
[ benutzt Ez. eine (mythifche) Vorlage; Ez. deutet den
[ alten Gogmythus auf den bald bevorftehenden Untergang
Babels, über den er nur in verfchleierten Worten reden
j konnte; die Ausfagen, die das Ereignis in ferne Zukunft
rücken, find aus Kp. 38h auszufcheiden; 39,21—29 ift
erbaulicher Anhang. Befonders kompliziert ift die Analyfe
von Kp. 40—48. H. erkennt, wie fchon andre vor ihm,
j daß diefer Teil des Buchs jedenfalls nicht ganz aus der
Hand Ez.s flammen kann. Die urfprünglich kürzere
Tempelvifion wurde von Ez. felbft allmählich ausgearbeitet
und weitergebildet, ift aber nicht in ihrem ganzen jetzigen
Umfang Ez.s Eigentum; auszufcheiden find hauptfächlich
I 43U3—I7- 18—27 45,1—8. 13—15- 18—20 46,11. 13—15
; 47,13—Kap. 48.

Eng mit diefem literarkritifchen Ergebnis hängt zu-
fammen die Anficht über die prophetifche Tätigkeit
Ez.s Er war nicht, wie man gemeinhin annimmt, in
erfter Linie Schriftfteller, fondern fo gut wie Jef. und
Jer. in erfter Linie öffentlicher Prediger, deffen kurze
i öffentliche Ausfprüche in ihrer Selbftändigkeit nun eben
j den Grundftock der literarifchen Niederfchrift bilden.
Wiederholungen wie in Kap. 34ff. oder Kap. 16. 23. 20. 22
deuten darauf hin, daß Ez. fich über manche Themata
wiederholt in öffentlicher Predigt äußerte. Auch die Bezeichnung
Ez.s als .Seelforgers' fei nicht glücklich, hauptfächlich
durch mißverftandene Auslegung von Kp. 33
aufgekommen; Kp. 33 wolle eben nur dem in feinem
Verantwortlichkeitsgefühl bekümmerten Propheten und