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Ausgabe:

1908 Nr. 25

Spalte:

698

Autor/Hrsg.:

Creutzberg, Heinrich August

Titel/Untertitel:

Karl von Miltitz. 1490 - 1529. Sein Leben und seine geschichtliche Bedeutung 1908

Rezensent:

Hermelink, Heinrich

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 25.

698

macht worden. Die Haltung des Verfaffers entfpricht der Creutzberg, Dr. Heinrich Augufr, Karl von Miltitz. 1490 —
im Vorwort feines Buches abgegebenen Erklärung, die lt)2g. Sein Leben und feine gefchichtliche Bedeutung
d,en ,Geiftrdffelbe.n tre- end charakterifiert: Der Gegen- (Studien und Darftellungen aus dem Gebiete der Ge-
ftand ift fchwierig und für den kathohfchen Porfcher } , . rT u a 1? m. • -r. r, ,

nicht ungefährlich. Ich halte mit meiner Auffaffung fchichte. VI. Band, I. Heft.) Freiburg 1. B., Herder
niemals zurück, wo ich glaube, daß fie wiffenfchaftlich I9°7- (VI, 123 S.) gr. 8° M. 2.40

begründet und der katholifchen Lehre nicht entgegen rjiere von einem Schüler von Aloys Schulte verfaßte

ift; ich erkläre aber auch ausdrücklich, daß ich alles Ge- 1 Differtation muß als eine Beftätigung der neueren For-
fchriebene als treuer Sohn der Kirche ihrem Urteile rück- j fchungen K. Müllers und P. Kalkoffs auf katholifcher
haltlos unterwerfe' (VI). j Seite eingefchätzt werden. Wefentlich Neues erfahren

Straßbura i. E. P. Lobftein. ; wir über Miltitz nicht. Für die fpätere Zeit, da M. nach

j dem Rücktritt aus der öffentlichen Wirkfamkeit feine
Siebert D. Hermann, Beiträge zur vorreformatorifchen Hei- | Dompfründen in Mainz und Meißen genießt, find Urkun-
ligen- und Reliquienverehrung. (Erläuterungen und Er- I den aus deni Würzburger Archiv neu benützt. Vielleicht
1 rr r- r i u j j lf u hatte das Pamihenarchiv zu Siebeneichen, das wie alle

gänzungenzuJanffensGefchichte des deutfchen Volkes. fächfifchen Archive unter Hinweis auf J. K. Seidemanns

Herausgegeben von Ludwig Paftor. VI. Band, 1. Heft.)
Freiburg i. B., Herder 1907. (XI, 64 S.) gr. 8° M. 2 —

Diefes Schriftchen gehört in die Reihe der gegenwärtig
nicht feltenen katholifchen Arbeiten hinein, die
im Gegenfatz zu Luthers Urteil in Anlehnung an durch
Janffen aufgeftellte Richtlinien ein reges religiöfes Leben

Monographie (1844) nicht befucht wurde, noch einige
Ausbeute gewährt. Aus dem vatikanifchen Archiv find
durch Vermittlung Schultes einige Notizen aus den Regelten
Leos X. mitgeteilt (S. 9—11). Auch fie vermögen
die Kenntnis des »Lebenswerks' von M., um deswillen
er uns von Bedeutung ift, kaum zu erhellen. Aus zwei

des Mittelalters nachweifen wollen. Gegen das Beftreben A™* %^SL^^Jr "f", BTo " Tr ^
ift an Geh nichts einzuwenden, im Gelenteil, jede Auf- ; Ju"h{l *e" Edelmanns zu den hochften Perfonen
klärung über die Frömmigkei des Mittelalters ift will- ! def Kan e, Und von d»ausMf.£ht er durchweg die fach-
kommen. Ob fie freilich beweifen kann, was f.e beweifen ! bchfe. B^deutU"B von M-s.M»ffl0n und perfonhehe
will, ift eine andere Frage. - S. Hellt fpeziell Heiligen- i ^f^V^Tm " ^ ^ i^ff ^ da™uveUfn'
und Reliquienverehrung in den Vordergrund. Kr |eht als.. wr.bci ,K: MuUer Uf kKlk°ff fiInde":. Doch
aus vom naiven Volksempfinden, das feine Heiligen braucht, &ha& lhm k?'"eswegS Jene beiden Eintrage, wonach
die es Geh mit allen Nöten und Kümmerniffen feines harten **> A*. zum LottqfgfeL von .Leo herangezogen wurde'.
Lebens vertraut denken kann. ,Läßt man der Heiligen

Verehrung diefen ihren volkstümlichen Rahmen, dann

find fchon von Kalkoff in der gehaltvollen Rezenfion
Hift. Zeitfchr. 101, S. 120 ff. auf ihre Bedeutung reduziert.
Und fonft kommt der Verf. fchließlich doch zu denfelben

kann es nicht fchwer fallen, zu einer gerechten Würdigung £"u ,W ?.erffv eri-1 c^ 11ul,cnl?°" ™ d?lemen,

zu kommen'. Laden wir das einmal gelten. VerfT be- ' Reful taten, wie Kalkoff und Muller. Es bleibt das Bild
fpricht nun die Predigtliteratur, in der natürlich die Hei- des »ebenswurdig flachen, gefchwatz.gen und ftreber-
ligenpredigt einen fehr breiten Kaum einnimmt. S. bringt
eine Fülle von Beifpielen aus Predigtwerken bei, ins

befondere Marienpredigten; auch die Lehr- und Lern

bücher für denKlerus, die fogen.Präzeptorien und Summen, df ™ krfb,b?hof ,vo" ,7™ von aßen

haften Sachfen, der in entfcheidungsvoll großer Stunde
in eigenem Intereffe und auf eigene Fauft Politik zu
machen verfucht, bis fein fchlau erdachtes Schiedsgericht

werden herangezogen. Daran fchließt fich ein Abfchnitt
über die ,Heiligenverehrung in den populär-aszetifchen
Werken', insbefondere den Beicht- und Erbauungsbüchern,
endlich ein Abfchnitt über die hagiologifchen Werke

beteiligten Seiten, der Kurie, dem fächfifchen Kurfürften
und dem Reformator, als das erkannt wird, was Creutzberg
felber mit dem Titel »ungeheurer Schwindel' (S. 65)
einfehätzt. Als Mofellan in feinem Brief an Joh. Lang

fpeziell die Marienleben, die Paffionalien und Altväterleben, ! d<e ,fraus< befpnch , findet er für M

fowie Einzelviten. Die gleichen, zahlreichen, hier zitierten j den bezeichnendften Ausdruck:getolf (Tb. Kolde, Ana-
Werke kommen auch für die Belehrung über die Reliquien- Iflcra'ta l883 b; ?);. Um die klug gemeinten

Verehrung in Betracht, neu treten die Heiltumsbüchlein : Maßnahmen des eigenmächtigen Strebers einigermaßen
rufls."„ .. ji.n ,. .. •--------! zu retten, muß Cr. immer wieder die Politik der Kurie

hinzu. In der Predigtpraxis wurden die Reliquien immer in
Anknüpfung an und mit Beziehung auf die Verehrung der
Heiligen behandelt.

Die Materialfammlung S.s, aus zahlreichen, feltenen

fchelten, weil fie die Bahnen ihres Nuntius durchkreuzt
habe. Und das ift wertvoll, daß wieder in einer wefentlich
für katholifche Lefer berechneten Darftellung zum

Inkunabeln gefchöpft (f. das Verzeichnis S. IX-XI), wird Ausdruck kommt .in] welch verblendeter, unge.fthcher
man dankbar hinnehmen. S. bietet fie auch nicht ohne und antikirchhch« Politik die hochfte Spitze der Chriften-
Kritik er fpricht von einem mit den mittelalterlichen! be»t fich damals verrannte. War das nur perfönliches
Reliqüienfchätzen fich breit machenden .Ablaßunfug, : ^*?«fcJ^ W,e hier S'ta& wird- od^ war das
.i». L wüfl-Pn Grade oeinlich berührt' fS. 61). Aber | ayltem lcnuid.

der im hochften Grade peinlich berührt' (S. 61). Aber j ~•

er will auf der anderen Seite doch zu viel beweifen. S,X9 |

vgl. dagegen S. 88) gewaltigen Abftand der Qualitäten M.s
von denen feines .Nachfolgers' Aleander durch den Hin-

fagt er: ,der Grund, warum die Heiligenpredigt ihre Wir
kung vielfach nicht ausgeübt und beim Ausbruch der
Reformation verfagt hat, ift unferes Erachtens beim Prediger
und nicht bei der Predigt zu Richen'. Wirklich?
So viel fromme Gedanken in den Heiligen- und Reliquienbüchern
fich finden (vgl. z. B. S. 26, 36 u- ° ). die Lektüre

weis diplomatifch erhärtet, daß jener als bedeutungslofer
,nuntius' d. h. in der Tat als .Briefträger', diefer aber als
,nuntius et orator' d. h. als Diplomat abgeordnet wurde.

nur einer Predigt Luthers zeigt doch, daß hier der fnfehe | Leipzig. H. Hermelink.

Quell fprudelt gegenüber getrübtem Waffer. Die Schätzung
des Mittelalters wird durch die auch von S. vertretene
Apologetik fteigen, aber der Abftand von der
Reformation wird bleiben (ich verweife noch auf die ein-
fchlägigen Bemerkungen Schians in diefer Zeitung 1908
Nr. 8).

Gießen. _- Köhler.

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