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Ausgabe:

1908 Nr. 24

Spalte:

670-671

Autor/Hrsg.:

Oesterley, W. O. E.

Titel/Untertitel:

The Religion and Worship of the Synagogue. An Introduction to the Study of Judaism from the New Testament Period 1908

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 24.

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gefchichtlich altes bzw. umgearbeitetes Material birgt, j unterbrechen den Fluß der im übrigen doch wohl für
Jedenfalls iß der feße Bau P durch einen folchen leichten j ein breiteres Publikum beßimmten Darßellung. Zu viel
Angriff in keiner Weife erfchüttert, vollends da diefer j Raum iß den Meinungen von Winckler und Erbt ver-
das Zentrum der P.-fchrift gar nicht berührt. gönnt, die doch nur fehr ephemeren Charakter tragen.

Die Brofchüre von E. wird alfo dazu nötigen, daß Mofe iß noch in die I. Periode einbezogen; feine Per-
manches Außenwerk der Dreiquellentheorie aufgegeben, | fönlichkeit tritt hinter der des Abram zurück; Abram
anderes neuverßärkt wird; fie mag dazu veranlalfen, den , (Zeitgenoffe Hammurabis) iß der erße Träger des Gottes-
verfchiedenartigen Gebrauch der Gottesnamen einmal i reichs; eine Konfequenz diefer Unterordnung des Mofe
unabhängig von der Quellentheorie (rein religionsgefchicht- : iß auch der eigentumliche Einfchnitt zwifchen der 1.
lieh) gründlich zu durchforfchen; als Angriff iß fie miß- j und der 2. Periode, indem der Auszug aus Ägypten noch
lungen. /ur 1. geßellt wird, während die 2. mit der Sinaigefetz-

Tiiu- Pn Volz 1 Sebu"g beginnt. Die Wunder jener Zeit, in der Haupt-

lUDingen. fache gefchichtlich gewertet, find auf ein damaliges flär-

n . . „ i keres Hereinwirken der Gottheit in das Diesfeits zurück-
König, Prof. DD. Eduard, Ge[chichte des Reiches Gottes geführt; rational,ßifche Entgleifungen find nicht immer
bis auf Jefus Chriftus. (Grundriffe der Theologie. II. i vermieden (die umfallenden Jerichomauern z. B. feien in
Abteilung. Die altteßamentlichen Disziplinen. 1. j Wirklichkeit die umfallende Befatzung der Mauern geTeil
.) Braunfchweig, H. Wollermann 1908. (VIII, wefen)- ,

L> Qft S rll M on i Am durftigßen iß die 3. Periode (Maleachi bis Jefus)

330 S.) 8» Geb. M. 4. 80 | gezeichnet. Schon durch den Ausdruck .prophetenlofe

Das Buch von König iß ein ganz eigenartiger Ver- j Periode' wird fie ungebührlich erniedrigt. K. bezeichnet
fuch, das erfchöpfende Material exaktefler p'orfchung in ; als ihre Aufgabe, ,das alte Erbe der Gotteskundgebungen
ein veraltetes Syßem zu fpannen. Es iß im Grund eine | mit den Errungenfchaften der wichtigßen Kulturvölker
neue ,Gefchichte Israels'. Aber für K. handelt es fich des Altertums zu vergleichen' und zu erkennen, daß we-
nicht darum zu befchreiben, wie das Volk Israel wurde der hellenifche Kunß und Wiffenfchaft noch römifche
und verging, was für Kräfte in feiner Gefchichte lebendig j Staats- und Wirtfchaftsmacht die Menfchenfeele befrie-
waren und was fie als geißiges Erbe über das Volk Israel digen können. Damit iß doch der Inhalt jener Periode,
hinaustrugen; fondern er will befchreiben, wie das Reich | in die die Pfalmen, Hiob, die Chochmaliteratur, die
Gottes wurde und gefchichtlich fich entfaltete. Daher ; jüdifche Miffion, die Apokalyptik fallen, auch in einer
identifiziert er ohne Zögern Israel und die ,Gottesreichs- Darßellung der Gefchichte, bei weitem nicht erfchöpft.
burgerfchaft'. Dem Grundgedanken diefes Unternehmens j Es iß entfehieden zum alten Erbe Neues hinzugekomnu n
ßehe ich zwar fympathifch gegenüber, denn es iß eine j (Gebetsleben,Leidensproblem, individ.Jenfeitsglaubeufw.);
wertvolle und berechtigte Ergänzung zu den profanen Dar- j es wurde das alte Erbe nicht bloß im Streit mit der um-
ßellungen der Gefchichte Israels, wie fie meiß auch von | gebenden Welt behauptet, fondern auch im praktifchen
theologifcher Seite dargeboten werden. Aber es läßt Innenleben des Einzelnen zur täglichen Kraft geßaltet.
fich kaum behaupten, daß K. fein Unternehmen glücklich Die Sprache des Buchs iß mitunter trocken und

angefaßt und durchgeführt hätte. Gerade das religiöfe j wenig anmutend (vgl. z. B. die Überfchrift grundlegende
Element im Geißesieben Israels, ja überhaupt das Geißes- I Verrenkung der prophetifchen Direktive von feiten Jero-
leben Israels tritt in diefer Gottesreichsgefchichte auf- ! beams I'). Im einzelnen iß aus dem Buch bei der umfallend
zurück, die reinpolitifche Gefchichte überwiegt über ! faffenden Gelehrfamkeit K.s viel zu holen. Die ganze
die Entwicklung der fozialen und kulturellen Verhältniffe, Abhandlung würde aber wefentlich gewinnen, wenn fich
über all dem archäologifchen und geographifchen Mate- mit dem ungemein gründlichen und imponierenden Wiffen
rial über all den gelehrten Auseinanderfetzungen mit 1 des Vf. eine freie Erkenntnis und Darßellung der wirk-
geg'nerifchen Anflehten und Einfällen erfahren wir fo gut I liehen Lebensmächte verbände.

wie nichts von dem durchfchlagenden religiöfen Erlebnis Tübingen. Volz

des Mofe, nichts von dem großen Einfluß der propheti-------

fchen Perfönlichkeiten in der Gefchichte, nichts von dem Oesterley, W. O. F., B.D., and G. H. Box, M. A„ The
innigen Gebetsleben der Pfalmißen und dem fchmerzlichen Religion and Worship of the Synagogue. An Introduction
Ringen des Hiob, was alles doch gerade in einer ,Ge- t0 tne Stu(J of judaism from the New Testament
(,-hirhre des Reiches Gottes' vorne dran flehen mußte. p—;„j r j t tj-4. p o „„,
Mal fSn daß K. abfichtlich die menfehlichen Faktoren Per,od- 1°"do<b J- Plt™n & Sons 1907. (XV, 443
verflüchtigen wollte, um das Wirken Gottes im Fort- P- w>th 8 ill.) gr. 8° s. io. 6

fchritt feines Reichs um fo deutlicher zu machen. Aber Zwei Verfaffer haben fich zu diefem Werke vereinigt,

auch dann bleibt der Vorwurf, daß er das ,Reich Gottes' Uber den Anteil, den jeder von beiden daran hat, fagt
nicht als Gemeinfchaft lebendiger Menfchenfeelen, fon- das Vorwort nur, daß die Ausarbeitung ungefähr g'leich-
dern überwiegend als göttliche Lehroffenbarung verßand, ; mäßig unter beide verteilt gewefen fei, daß aber jeder
woneben fich dann das gelehrte gefchichtliche Material das Werk des Anderen revidiert habe, und daher beide
im I. Abfchnitt faß feltfam ausnimmt. j gemeinfam die Verantwortung für das, was vorliegt, über-

K. teilt die .Gottesreichsgefchichte' in 3 Perioden: ; nehmen,
l'atriarchenzeit bis Auszug aus Ägypten; Sinaigefetz- Das Ganze zerfällt in drei Teile. Der u Teil (Intro-

"ebung bis Maleachi; die prophetenlofe Zeit. Befonders duetory p. 1-134) handelt nach einigen Präliminarien
liebevoll iß die ältere Gefchichte Israels behandelt, bie hauptfachlich über die jüdifche Literatur, aus welcher
iß auch nach K. in verfchiedenen Quellenfchriften über- unfere Kenntnis der jüdifchen Dogmatik und des jüdifchen
liefert- die Quellen find abfolut zuverläffig und geben Gottesdienßes zu fchöpfen iß: Apokryphen, Pfeudepigra-
ein zutreffendes Bild auch der längß vergangenen Periode, phen, rabbinifche Literatur. Der 2. Teil (Dogmatic Ju-
Mit Recht macht K. darauf aufmerkfam, daß neben der daism p. 135—264) gibt eine fyflematifche Darßellung der
Quellenfcheidung auch das große Gemeinfame der ver- : religiöfen Anfchauungen des Judentums; der 3. Teil
fchiedenen Berichte herausgeßellt werden follte. Ganz j (Practical religion p. 265—426) eine Darßellung des
trßaunlich iß in diefem Abfchnitt das archäologifche religiöfen Lebens; hier werden nach einer Einleitung
und gefchichtliche Wiffen des Vf. und feine Vertrautheit über den Lebenslauf eines Juden (Frziehung, Heirat, Lage
mit der Literatur; lange Spezialunterfuchungen über die | der Frau, häusliches Leben, Tod und Begräbnis) folgende
Gefchichtlichkeit Abrams, über den Ort des Sinai, die Materien behandelt: Synagoge, heiliges Jahr, Kalender
Zeit des Auszugs, die mythologifchen Fragen u. v. a. Gebetbuch, Sabbat, Feße, Faßen, einige fonßige Riten'