Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1908 Nr. 2

Spalte:

44-45

Autor/Hrsg.:

Labriolle, Pierre de (Ed.)

Titel/Untertitel:

Tertullien, De praescriptione haereticorum 1908

Rezensent:

Jülicher, Adolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

43

Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 2.

44

an einigen Stellen in Unordnung geraten z. B. S. 21, 27.
71, 8. 25.

Den Text hat Br. foweit Auguflin in Betracht kommt,
nach dem fog. Antwerpener Druck der Maurinerausgabe
(1700ff.) geboten, dazu aber die Band» und Seitenzahlen
von Migne gefetzt. Da für die Briefe bis zum 185. die
Ausgabe von Goldbacher vorliegt, fo hätte diefe benutzt
werden follen. Bei den Nrn. 18—23 wäre doch für den
Text allerlei herausgefprungen. So ift S. 25, 30 die Lesart
quia eis talia persuasisse perhibetur eine Konjektur
der Mauriner; Goldbacher lieft mit den meinen Hff. quia
nos talia persuasisse perhibentur. Ebenfo ift S. 26, I ita
gegen das Zeugnis der Hff. von den Maurinern ftatt des
überlieferten alt ohne Grund eingefetzt worden. Die
Lesart ninctas S. 26, 7 (teht nach Goldbacher nur auf
zweier Zeugen Mund; die ältefte Handfchrift bietet ein
aus conuictis korrigiertes conuictas, woraus in einigen
andern Hff. conuinctas oder coniunctas geworden ift.
S. 26, 17 ift caeterum vielleicht nur ein Druckverfehen für
cetera, wie Goldbacher mit allen Hff. lieft. Die Datierung
S. 27, 19 fr. wäre wohl fchwerlich von Br. zugefügt worden,
wenn er fich über den von Goldbacher zu p. 715,1 notierten
Tatbeftand der Überlieferung informiert hätte. S. 28, 5
find die Worte digni sunt mortc von den Maurinern gegen
die handfchriftliche Überlieferung aus Rom. 1,32 eingefügt
worden. Allerdings muß dann die ftarke Interpunktion
vor non soluin verfchwinden. Das Jahresdatum S. 29, 26 ff.
beruht auf den Hff. der Avellana, nach der es wohl
auch von den Maurinern eingefügt worden ift. Die Au-
guftinhff. begnügen fich mit der Tagesdatierung auf den
24. Januar. Kür die Stücke 26. 28. 30 hätte ftatt der
von den Maurinern in der Appendix zu B. X gebotenen
Texte die neue Rezenfion der Avellana von Günther
(Wiener Corpus XXXV) benutzt werden müffen. Die
Abweichungen find teilweife fo beträchtlich, daß der Benutzer
von Br.'s Sammlung gut tun wird, fie in fein
Exemplar einzutragen, wenn er überhaupt einen verftänd-
lichen Text haben will. S. 34, 7 f. ilt zu lefen: quod
quisqiäs polest praeter candeiu uel rhente concipere, me
ille Uli sepoenae sentcntiaeque subiecit; Z. 13 ift uoluerunt
ftatt noluerunt, das durch den Zufammenhang fchon als ;
falfch erwiefen ilt, einzufetzen; Z. 28 muß es nobis ft.
uobis, Z. 29 indiccs ft. iudiccs heißen. S. 36, 2 follte et
ft. ut flehen, Z. 10 omnem ft. quam, Z. 18 finiuntur ft.
sinuntur, Z. 21 postquam illa scripsinms ft. post illas quas
superius. Es ift fchwer verftändlich, warum fich Br., ftatt
die jetzt zugänglichen Hilfsmittel heranzuziehen, auf die
allerdings bequem erreichbare Zufammenftellung der ;
Mauriner verlaffen hat, die fich ihrerfeits, gerade in der
Appendix, mehr als zu billigen ift auf die Sammlung J
Garniers ftützten, ohne zu den handfchriftlichen Quellen
felbft zu greifen. Gerade bei den der Avellana einverleibten
Briefen des Zofimus fcheint Baronius, der fie in '
den Annalen (ad ann. 417, 19) zuerft veröffentlichte und
dem die andern Herausgeber folgten, den feiner Ausgabe j
zu Grunde gelegten Cod Vatic. 3787 nur in einer ungenügenden
Abfchrift benutzt zu haben. Erft Günthers Ausgabe
hat hier ein ficheres Fundament gelegt und des- ;
halb ift es bedauerlich, daß Benutzer diefer Sammlung
nichts davon erfahren.

Abgefehen davon ift der Abdruck der Texte, foweit !
ich fie verglichen habe, ausreichend zuverläffig. Kleine
Umftellungen, wie S. 71, 16 non peccatum ft. peccatum non
S. 80, 29 operis stiiü. sui opcris; S. 81, 8 ualde bona ft. bona
ualde; S. 86, 27 facere posse ft. posse facere; nicht angemerkte
Kürzungen, wie S. 2, 14 nach defenditur oder Zu-
fätze wie S. 45, 20 esse fallen nicht fchwer ins Gewicht.
Auch daß S. 45, 13 die Worte quasi rasorum in capitc j
capillorum vor unde ausgefallen find, wird man ertragen
können. Dagegen ift nicht zu billigen, daß Br. einzelne
Stücke ohne jede Rechtfertigung geladen hat, bei denen
er den Text z.T. lediglich durch Rekonftruktion gewonnen
hat. Zwar verfpricht er S. III eine Rechtfertigung, aber

i er deutet nicht an, wo fie zu finden fein würde. Der
1 Benutzer von Nr. 62 kann nicht ahnen, daß der Abfchnitt
S. 82, 3 qui — Z. 7 respcrsit erft durch Rekonftruktion aus
den von Auguftin, op. imperf.W, 68 mitgeteilten Worten her-
geftellt ift. Er erfährt nicht, woher die Worte Z. 9 uox
enim — Z. 13 coningii flammen, die aus de nupt. II, 13
| entnommen find. Aus beiden, nicht völlig übereinftim-
| menden Wiedergaben der Worte Julians im op imp. IV
j und in de nupt. II hat Br. feinen Text kontaminiert. Der
1 Abfchnitt 63 flammt aus Op. imperf. II, 24 sq., nicht, wie
es S. 82, 26 heißt VI, 24 sq. Was die Worte Auguftins
j (de nupt. I, 1) S. 83, 15 natn sicut peccatum — Z. 18 opus
est dei, die Julian ausdrücklich als folche bezeichnet (op. imp,
II, 24 post quae ipsius fdh. Auguftini] denuo uerba repe-
tiui), in diefem Abfchnitt sollen, ift nicht erfichtlich.

Man hätte diefe Fehler dem nützlichen Buche gerne
erfpart gefehen. Hoffentlich gibt eine neue Auflage dem
Verfaffer Gelegenheit, fie zu verbeffern. Dann möge er
die paar Seiten nicht fcheuen und in einem Anhang da kurz
Rechenfchaft von feinem Verfahren geben, wo er Re-
konftruktionsverfuche unternommen hat. Zugleich wäre
es dann auch nötig, die Bibelftellen forgfältiger zu notieren,
als es gefchehen ift. Die Anfpielungen fehlen jetzt faft
ganz, ebenfo ift nicht angemerkt, daß der S. 86, 1 zitierte
Gewährsmann Cicero ift (de off. I, 2 extr.).

Darmftadt. Erwin Preufchen.

Tertullien, De praescriptione haereticorum. Texte latin,
traduction frangaise, introduction et index par Prof.
Pierre de Labriolle. (Textes et Documents pour
letude historique du Christianisme.) Paris, A. Picard
et Fils 1907. (LXVIII, 114 p.) 8° fr. 2-

So befitzen wir nun 3 für Unterrichtszwecke veran-
ftaltete Sonderausgaben von Tertullians Streitfchrift wider
die Ketzerei, von Preufchen, Raufchen und de Labriolle.
Der jüngfte Herausgeber ift hier ähnlich wie in dem
1906 veröffentlichten Heft (de paenit. und de pudic.) verfahren
(f. ThLZ. 1906, 6301.). Er gibt mit ganz wenigen
Ausnahmen den Text Raufchens wieder, fügt aber eine,
nicht etwa Tertullians Stil nachahmende, fondern durchaus
auf Verdeutlichung der Gedanken und des Zufammen-
hangs eingerichtete Überfetzung bei. Die Abhängigkeit
von Preufchen ift im Regifter wiederum fpürbar, denn
dorther flammt das falfche ,Mtth. 5 se' (c. XXVI 12) ftatt
537, erft recht (S. 105 a) die Zeile ,expiatio XL, 3', ein
Wort, das zwar Preufchen in feinen Text gefetzt hat,
während Labr. mit Recht expositio bevorzugt (die Überfetzung
: Pexpiation), dies auch im Index notiert, ohne
daß der Lefer von jener Variante etwas erführe.

Wie bei dem vorigen Bändchen verdient die Einleitung
, befonders in dem der Analyfe von Tertullians
Traktat gewidmeten Abfchnitte, alle Anerkennung; mit
der gelehrten Literatur ift L. wohl vertraut, und fein Urteil
ift durchweg befonnen und unbefangen. Es ift ein
Ausnahmefall, wenn er in den Notes critiques et cxpliea-
tives p. L saint Ambroise mit dem Ambrofiafter verwechfelt.
Einzelne Vorfchläge zur Textverbefferung feien der Beachtung
empfohlen; ich benutze aber die Gelegenheit,
um eine ganz unglückliche Emendation von c. XL1V, 4
(p. LXVIII) zurückzuweifen und vielleicht durch Befferes
zu erfetzen. Jenen vielgequälten Satz glaubt L. fo her-
ftellen zu follen: Agnoscent suam potius (quam) cidpam
etsuorum, (culpam eorum) qui nos non ante praestruxerunt.
Preufchen las: Agnoscent s.p. culpam et illorum, qui n. n.
a.p., Raufchen ebenfo, bloß suorum ftatt illorum. Es ift
mir fchlechthin unverftändlich, wie L. aus feinem Text
einen Sinn herausbringt. Ift es verfrüht, daran zu erinnern
, daß in den Handfchriften fleht: Agnoscunt suam
potius culpam et suorum qui nos ante praestruxerunt: Und
daß das suam et suorum kaum auf jemand anders als
den im vorhergehenden Satz angeklagten Chriftus und