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Ausgabe:

1908

Spalte:

609-611

Autor/Hrsg.:

Altschüler, M.

Titel/Untertitel:

Orbis Antiquitatum. Religions- und kulturgeschichtliche Quellenschiften in Urtext, Umschrift und Übersetzung. Pars III. Tomus I 1908

Rezensent:

Margolis, Max Leopold

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D- Ad. Harnack, Prof in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

v . J C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark

Jährlich 26 Nm. venag- «j. ^

Nr. 22. 24. Oktober 1908. 33. Jahrgang.

Orbis Antiquitatum, Religions- und kulturgc-
fchichtliche Quellenfchriften, III, i: Cod. Hebr.
Monac. 95, Heft I, herausg. von Altfchüler
(Margolis).

Funk, Die Juden in Babylonien 200—500.
II. Teil (Bacher).

Höpfl, Kardinal Wilhelm Sirlets Annotationen
zum Neuen Teftament [Biblifche Studien von
Bardenhewer XIII, 2) (Schürer).

Homanner, Die Dauer der öffentlichen Wirk-
famkeit Jefu [Biblifche Studien von Bardenhewer
XIII, 3] (Schürer).

DeBruyne, Nouveaux fragments des Actes de IlaiiaSÖTtovlot;, Ol naXQLÜQxai 'iegoao-

Pierre, de Paul, de Jean, d'Andrd et de l'Apo- Xittav xaxa xbv it' alibva (Ph. Meyer),

calypse d'Elie (Schürer). Aicher, Kants Begriff der Erkenntnis verglichen

Zoepf, Das Heiligen-Leben im 10. Jahrhundert i mit dem <le!i Ariftoteles (Elfenhans).

(Grützmacher). I Teffen-Wesierski, Der Autoritätsbegriff in

„ , . es 11 t 1 r u v. j den Hauptphafen feiner hiftorifchen Entwick-

Bugenhagiana, Quellen zur Lebensgefch.chte des j j (Elfenhans).

t i nT S<k Äk,f Mühlenhardt, Gott und Menfch als Welt-

I. Bd. Bibhotheca Bugenhagiana (Boffert). fchönfer fE. W Maveri

Theobald, Das Leben und Wirken des Thomas
Naogeorgus [Quellen und Darftelluugen etc.
hrsg. v. Berbig, IV. Bd.] (Boffert).

fchöpfer (E. W. Mayer).
Frühauf, Praktifche Theologie (Schian).
Zur Abwehr (Heyn).
Erwiderung (Wende).

Orbis Antiquitatum. Religions- und kulturgefchichtliche
Quellenfchriften in Urtext, Umfchrift und Über-
fetzung unter Mitwirkung hervorragender Fachgelehrter
. Herausgegeben von Dr. M. Altfchüler und
Dr. J. Lanz-Liebenfels. Pars III. Tomus I. Cod. Hebr.
Monac. 95. Die Pferfee- Handfchrift Heft I.
Herausgegeben von Moritz Altfchüler. Verlag .Lumen
', Leipzig und Wien 1908. M. 25.—

Die Notwendigkeit einer phototypifchen Ausgabe
des befonders durch die Arbeiten des Rabbinovicz
berühmt gewordenen codex hebr. 95 der Hof- und
Staatsbibliothek zu München, der einzigen vollftändigen
Talmudhandfchrift der Welt, hat fich fchon längft allen
denen, die für talmudifche Textkritik ein Intereffe haben,
aufgedrängt. Vor Jahren ift Herr Prof. Dr. Hermann
L. Strack in Berlin, der um die Verbreitung wiffenfehaft-
licher Kenntnis des rabbinifchen Schrifttums hochverdiente
Gelehrte, in Unterhandlungen mit dem Direktor
der Münche ner Bibliothek, Herrn Geheimrat Dr. v. Laubmann
, behufs Herftellung einer phototypifchen Ausgabe
eingetreten; aber bislang ift der zwar nicht aufgegebene
Plan der ungeheuren Koften wegen zur Verwirklichung
noch nicht gelangt. Nun erhalten wir aus andrer Hand
das erfte Heft einer folchen Ausgabe, das von fol. ia bis
fol. 18a reicht.

Da Referent fich gegenwärtig in München befindet

■»/r----a__ ----- rj_____|__ j_.

wo

er einheitlich ift und, wenn nicht der ältefte, fo doch
ziemlich alt ift (f. weiter unten). Vollftändig ift die
Handfchrift übrigens in ihrer jetzigen Geftalt nicht ganz:
auf das Fehlen zweier Blätter zwifchen fol. 63 und 64
fowie auf das zur Hälfte weggefchnittene Blatt 158 hat
bereits Rabbinovicz hingewiefen. Er hätte bemerken
follen, daß auch das vorhergehende Blatt 157, auf dem der
Kopift eine Ergänzung zu fol. 47" bietet (Tinai»© !ra nT
yon? MOt» Tin p~t> CpOD; am Rande des Blattes 47" ;

nyi» -no ;pon uro arean ja« non© rra) in derfelben

Weife weggefchnitten ift. Einzelne Blatter find auch
bis zur Unleferlichkeit verwifcht (fo namentlich im Traktate
Nidda). Von größeren Lücken, die dem Schreiber
zur Laft fallen, zählt Rabbinovicz (T, 28) zwei auf; füge
noch hinzu die Lücke auf Bl. i9Öa = Ketubot 84" tvnapfi
— 87" ■pyaiBä. Die Handfehritt ift aber mit nur wenigen
Ausnahmen korrekt gefchrieben: ganz anders die mir
zum Teil durch Photographien bekannten Florentiner
Codd. II, 1, 7—9, welche von den gröbften Fehlern wimmeln
. Dadurch daß die scriptio plena allgemein und
in durchaus korrekter Weife durchgeführt ift, erweift
fich die Handfchrift zwar als weniger alt, aber für
grammatifche Zwecke find die matres lectionis von großer
Wichtigkeit. Vokalzeichen kommen vor, und zwar rühren
fie von einer italienifchen Hand her, da ~" und _ gelegentlich
verwechfelt werden. Der Schreiber kürzt fehr
viel ab; feine Abkürzungen find zwar nicht ftörend für
den Sinn, aber doch für die Grammatik,
er" in "den' "letzten vier Monaten zum Zwecke der j ^ Die Unzulänglichkeit der Rabbinovicz'fchen Kolla-

Ausarbeitung einer talmudifch-aramäifchen Grammatik und
Chreftomathie die Münchener Talmudhandfchriften (zu-
fammen mit einigen andern deutfehen Handfchriften)
gründlich unterfucht hat, fo darf er es wohl unternehmen,
über die Wichtigkeit des cod. hebr. Monac. 95, die Unzulänglichkeit
der Rabbinovicz'fchen Arbeit und den
Eindruck, den die Wiener Publikation macht, ein Urteil
abzugeben.

Die Wichtigkeit des cod. hebr. Monac. 95 befteht
zunächfl darin, daß er die einzige vollltändige Talmudhandfchrift
darfieHt. Wie weit aus den in den anderen
Bibliotheken vorhandenen Talmudhandfchriften ein kompletter
Kodex fich herftellen ließe, entzieht fich meiner
Kenntnis, da die bekannte Lebrechtfche Befchreibung
veraltet ift. Es ift alfo möglich, daß wir für den einen oder
den anderen Talmudtraktat ausfchließlich auf M (mit
diefer Sigle foll der Münchener codex bezeichnet werden)
angewiesen find. Aber felbft wenn das nicht der Fall
fein follte, fo wird M immer die Grundlage aller Textkritik
auf dem Gebiete des Talmuds bilden müffen, da

tionierung ergibt fich auf Schritt und Tritt. Für Fragen
der Orthographie, der Grammatik, des Lexikons hatte er
kein Verftändnis und fo auch kein Auge. Er hat geradezu
falfch abgefchrieben oder Ungenauigkeiten hineingebracht.
Aus der Menge der Beifpiele, die ich gefammelt, feien
einige befonders eklatante erwähnt. Unter. KlfcOTtB heißt
es bei Levy IV. I02a in der Stelle aus Sab 94" ,Ms. M.
ndt2tid'. So fleht es nämlich bei Rabb. p. 2p gedruckt;
aber die Handfchrift lieft KBDT© wie die Ausgaben.
Baba megfa 84" (p. 240 n. B) erfahren wir, daß alle
Handfchrilten außer F TinN lefen. M aber lieft lathnat
(der Sprecher ift R. Johanan, der gewöhnlich ein älteres
Aramäifch fpricht; M — es läßt fich mehrfach belegen,
z. B. in Nedarim — modernifiert älteres Sprachgut).
Natürlich kam es Rabb. nur auf das aramäifche Wort
gegenüber TfinH Bomberg an, und fo überfah er die
Differenz im Suffix. Übrigens ift dafelbft n2"Orp fehlerhaft
; die von mir unterfuchten Zeugen (einfchl. Bomb.)
lefen tca^T. Aber warV Formen, wie fonft noch anderes,
gehören in die Rabb.'fche Grammatik. Baba bathra 74a

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