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Ausgabe:

1908

Spalte:

597-598

Autor/Hrsg.:

Krumbacher, Karl

Titel/Untertitel:

Miscellen zu Romanos 1908

Rezensent:

Meyer, Philipp

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 21. 598

Ehrennamen Paulus zitiert wird, — vas electionis, magister
gentium ufw. — muß man bei einem Autor diefer Zeit auch
aus dem Regifter erfahren.

Seine Hilarianus-Hypothefe fcheint S. wieder zu-
gunften des Juden Ifaac fallen gelaffen zu haben; indes
bleibt die Erörterung diefer Fragen, zu denen Souters
Ausgabe ein paar neue hinzufugt, beffer verfchoben bis
zum Erfcheinen von Brewers Ambrosiaster. Nur von
einer fchweren Enttäufchung, die mir Souters Edition
bereitet hat, darf ich nicht fchweigen, gerade weil ich
für das Übrige ihm fo aufrichtig dankbar bin. Mehr
eine Kleinigkeit ifts, doch eine, die allerlei Zeitverluft
bringt, daß auf S. 13—416 zu dem Text der Quacstiones
CXXVIl nicht — fo augenfällig wie möglich follte es
gefchehen! — notiert wird, ob fie bloß in der 2. Ausgabe
vorkommen, und wenn in der erften, an welcher
Stelle: das kann man jedoch jetzt wenigftens in den Proleg.

von vielen längft erfehnte Ziel, die Ausgabe der Lieder
des berühmteften griechifchen Kirchendichters Romanos,
immer näher rückt, vielleicht fchon vor der Tür ift.
Zugleich hat fich ftets von neuem die Erledigung von
Vorarbeiten nötig gemacht. Mit folchen befchäftigen fich
auch die Miszellen zu Romanos. Man kann hier zwifchen
Einzelheiten und prinzipiellen Fragen unterfcheiden. Doch
find auch die Einzelheiten zum Teil von weittragender
Bedeutung. Das gilt namentlich von der Behandlung
der Frage nach dem Verhältnis der Kirchenpoefie zu
ihren Quellen, namentlich zu den Martyrien und Heiligenlegenden
. Dargeftellt wird diefe Frage an drei Liedern
des Romanos, dem über den heiligen Menas und den
beiden über die 40 Märtyrer von Sebafte. Dazu gibt K.
zuerft den Text der Lieder heraus, dem übrigens auch
das Lied über den h. Tryphon beigefügt ift. Dann folgen
die hagiographifchen Texte. Für Menas mußte das Mar-

nachfchlagen. Aber ein nicht wieder gut zu machender [ tyrium d. h. Menas gleichfalls erft herausgegeben wer-
Schade bleibt es daß S. feine Rezenfionsarbeit dem Text den. Das gefchieht auf Grund von 9 Handfchriften und
der erften Ausgabe der Quaestiones in all den Stücken der Herbeiziehung der Bearbeitungen des Textes. Der
vorenthalten hat (und dem Leier überhaupt die ungeheure kritifche Apparat läßt erkennen, in welchem
Texte vorenthält), wo die zweite Ausgabe einen Zuftand der Text vorgefunden ift: Nebenbei ergibt fich

befferen Text als die erfte bieten will. Ich verliere kein
Wort darüber, daß in den meiften Fällen bei einem
Schriftfteller des4.Jh.dts. für uns die erfte Faffung feiner
Texte —als die unvorfichtigere, unbefangenere — in Form
und Inhalt die intereffantere fein wird; felbft wenn fie
das nicht wäre, durfte uns das Corpus Sc. Eccl. Lat. der
Wiener Akademie nicht für diefe Partien auf die fonft

hier die fehr intereffante Vermutung, daß wahrfcheinlich
im 4—6 Jahrhundert die bekannte fo verfchiedenartige
Ausgeftaltung der hagiographifchen Texte ftattgefunden
hat (S. 67). Für die 40 Märtyrer brauchte der Quellentext
nicht erft ediert zu werden, hier konnte auf die
Reden des h. Bafilius und des Gregor v. Nyffa, auf Gedichte
des Syrers Ephram und ein neuerdings von Geb-

,hr cerinr/ eefchätzte Ausgabe der Mau- i hardt herausgegebenes Martyrium hingewiefen werden,
leicht ^.^tbCffffMBane verweifen. Daß S. j Bei der Vergleichung der Gedichte mit den hag.ogra-
nner und ihren Abdruck bei Mig differieren, phifchen Texten ergibt fich das ungeahnte Refultat, daß

1,1 ^bÄ A^l£Si«SSt) und an ein paar ! wenigftens die Gedichte des Romanos felbft als Quellen
£T i tn d.e^ Art der K^ vermindert angefehen werden können, da fich als ficher annehmen

Be.fp.eler,die Art ^or ^ ^ ^ ^ wo er ^ j hinausgeht - und

pa^^ 3L2^S2 Autor bei der Arbeit be- j das ift meift der Fall - nicht fre, hinzudichtet, fondern
obach en Sie. , wo die Gunft des Schickfals uns feinen auf unbekannte oder verlorene Quellen zurückgeht.
OD.acnien kuiiiicm, u fnäter vorgezogene Faffung Neben diefer größten Einzelunterfuchung befpneht

ÄwIhS h£ eine XftSauTgabe nur de? derVerfaffer auch d!e Echtheitsfrage bei Romanos, die bei

vweiren Faffung' geliefert wird, die kaum irgendwo im ' diefem wie bei faft allen Kirchendichtern nicht einfach
7n'.'t uns dararf erinnert, daß es eine ältere gibt. Die j ift, da vielfach nur die Akroftichis die Herkunft des Ge-
j*L,,dir fugt bei was bloß in der erften Faffung exiftiert, ; dichtes anzeigt. Vielverheißcnd ift der kleine Abfchnitt
k A « den beiden Faffungen gemeinfame? Hier waren über die äußere Geftaltung der Romanos-Ausgabe, für
aber aas uc. u ». Kolumnen neben einander die Paul Maas, der in den letzten Jahren mit mehreren

m. E. die beiden AusgaDen t Artikeln jn def Byzantinifchen Zeitfchrift fchon in die

Romanos-Forfchung entfeheidend eingegriffen hat, die
fachliche Anordnung vorfchlägt. Die Anordnung nach
dem Kirchenjahr wird abgelehnt. Eng mit diefer Frage
hängt die Unterfuchung zufammen, wie am bellen im
Druck die Lieder wiederzugeben find, die ja ein überaus
künftliches Versmaß tragen.

Neben diefen fpeziellen Fragen gehen durch die
Miszellen Gedanken und Anregungen allgemeiner und
prinzipieller Art, die die allgemeinfte Aufmerkfamkeit
aller verdienen, die fich mit der Herftellung von griechifchen
Texten und ihrer Herausgabe befchäftigen.
Zunächft gehört hierher der ,Anhang': ,Zur Editions-

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zu drucken; und wenn einmal feitenlang A und B den
gleichen Text böten, fo würden die Apparate noch lehrreich
fein, indem fie die verfchiedene Entwicklung von
Fehlerlinien ftudieren ließen. Daß S. zu folch übel angebrachter
Sparfamkeit felber geraten hätte, ift undenkbar;
wer die Verantwortung dafür trägt, hat dem Wiener
Corpus einen fchlechten Dienft erwiefen. Die Fülle leicht-
fertigfter Fehler in Zychas Ausgabe des Textes der
Adnotationes Auguftins in lob (Vol. XXVIII) ift leichter
zu ertragen, als die Entziehung eines in Souters Kollationen
doch gewiß vollftändig vorliegenden zuverläffigen Textes
der ed. prima von 89 Quaestiones: ich- hoffe nun bloß
noch, daß S. an anderer Stelle diefen Text und die

fachlich intereffanten Varianten der handfehriftlichen j methode hagiographifcher Texte' i,nri 0Q1 ""ö'VT"
Überlieferung publizieren wird. des Buchs §. Sa* ,3? Krümeln« Ä" nTdteZ?

Marburg. Ad. Jülicher. ?™%eu b"ngUnf des _ Materials die weitefte Anwendung

der Photographie, ein Gedanke, den er fchon früher
vertreten hat, und für die Herftellüng der Text" b ftimmte
allgemeine Grundfätze. Einen Normalkanon will er auch

Krumbacher, Karl, Miscellen zu Romanos. Mit einer Tafel.
Aus den Abhandlungen der K. Bayer. Akademie der
Wiff. I. Kl. XXIV. Bd. III. Abt. München, G.
Franz'fcher Verlag 1907. (VIII, 138 S.) 40 M. 6 —
,Die Bearbeitung der griechifchen Kirchenpoefie
gleicht einem Angriffe auf eine Feftung, bei dem die
Angreifenden, dem Ziel näher rückend, immer wieder auf
neue, früher verborgene Hindermffe flößen', fo beginnt
der Verfaffer feine Arbeit. Es ift erfreulich daraus zu
entnehmen, was übrigens das ganze Buch lehrt, daß das

für den Druck der griechifchen Texte aufgeftelit fehen,
denn er fürchtet, daß ,wenn dem in allen Äußerlichkeiten
herrfchenden Schlendrian nicht bald energifch geheuert
wird', ,die Benutzung unferer gelehrten Werke und Zeit-
fchriften ein paar Jahrzehnte nach ihrem Krfcheinen mit
ungeahnten Schwierigkeiten verbunden fein' dürfte.

Hannover. Ph. Meyer.