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Ausgabe:

1908 Nr. 21

Spalte:

587-589

Autor/Hrsg.:

Weiß, Johannes (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die Schriften des Neuen Testaments, neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt. 2. Aufl., 2 Bde 1908

Rezensent:

Schuster, Hermann

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 21.

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Auf S. 340ff. behandelt in einem Anhang Generalkonsul
Dr. Schröder ,die famaritanifche Infchrift von es-

zeugung und das Selbftzeugnis von 1—20 gegen den
Zebedaiden als Verfaffer fprechen, hält für den Autor

Si?idiänel, fie enthält das schmd jisrdel und wird von 1 einen Chriften der 2. oder vermutlich 3. Generation aus
Schröder der Zeit vor dem 12. chriftlichen Jahrhundert der Zeit zwifchen 100 und 140 und meint, daß deffen

zugewiefen.

Aeugff (Zürich). Ludwig Köhler.

Die Schriften des Neuen Teftaments, neu überfetzt und für
die Gegenwart erklärt von Prof. D. O. Baumgarten

Prof. D. W. Bouffet, Prof. D. H. Gunkel, Priv.-Doz! i $e[ Au*le&rr gerade deshalb alle kleinen wiffenfchaft-

Werk durch den Verfaffer des 1 Joh.-Briefes bearbeitet,
befonders um Kap. 21 bereichert, und herausgegeben fei).
Am fchwierigften lag die Aufgabe wohl bei den Evangelien
, zumal fie ja grade für deicht' gelten, die Lefer
alfo hier viel weniger als etwa bei Paulus auf folche
Schwierigkeiten gefaßt find. Referent meint freilich, daß

1-• ',„' tt' ■ - n ' n • r t ■ n ' o Ii 11' l liehen Streitfragen, die dem Laien kaum verftändlich,
Lic. W. He.tmuller, Pnv.-Doz. Lic. Dr. G. Holl- j gefchweige wichtig zu machen waren, (z. B. die Schätzung
mann, Prof. D. A. Juhcher, Pnv.-Doz.Lic.R. Knopf, j des Codex D an Stellen wie Mark 3,15, 14,2. Mth 10.28
Paft. Franz Koehler, Paft. Lic. W. Lueken, Prof. j Lk 22,27), hätte beifeite laffen können. So fehr den Re-
D. Joh. Weiß. 2. Aufl., 2 Bände. Göttingen Vanden- j ferenten gerade die Auslegung der Synoptiker intereffiert

hoeck& Ruprecht 1905/7,. (VI, 484 u. IV, 954 S.) gr.8°

M. 14 — ; geb. M. 17 —

Band 1 enthält die Gefchichte des Neuen Teflaments
von Jülicher (S. I—30), die drei älteren Evangelien von
J. Weiß (S. 31 — 525), die Apoftelgefchichte von Knopf
(S. 526—667) und Regifter von Zurhellen (S. 669—704).
Band 2 enthält die paulinifchen Briefe und zwar Rom. von
Jülicher (217—327), Gab 1 u. 2 Kor. von Bouffet (28—
217), die kleineren Briefe von Lueken (5—28 und 327—
390); ferner die Paftoralbriefe von Franz Köhler (390-

hat, weil fie vielfach von den üblichen Bahnen abweicht
(z. B. bekommt in der Tempelreinigungsfrage Johannes
chronologifch Recht, wie auch fonft Johannes hiftorifch
höher gewertet wird als bei Heitmüller), fo fcheint es
ihm doch, als feien Fähigkeiten und Hedürfniffe der .ungelernten
' Lefer nicht immer genug berückfichtigt, im
Unterfchied etwa von Jülicher (Rom.) oder Bouffet (2 Kor.,
wo die Teilungshypothefen nur in der Einleitung angedeutet
find).

Diefe Bemerkungen mögen zugleich zeigen, daß der
.populäre' Kommentar auch für Theologen manches

442), Hebr. u. kathol. (außer 1. Petr. u. Joh.) Briefe von Intereffante bietet. Da dies aber nicht fein Zweck ift,
Hollmann (443—502, 503—529, 571—596), 1. Petr. von j mag diefer Hinweis genügen; wir heben lieber noch einen
Gunkel (529—571); endlich die johanneifchen Schriften, 1 anderen Punkt hervor.

und zwar Off. von J. Weiß (597—684,) Ev. von Heitmüller Wenn Referent fich in die Lage eines der Lefer,

(685—861) und Briefe von Baumgarten (861—905). Das j auf die das Werk vornehmlich rechnet, alfo eines nicht

fpeziell theologifch oder hiftorifch gebildeten Lefers verfetzt
, fagen wir alfo eines Arztes oder Lehrers oder einer
gebildeten Frau, fo werden diefe Lefer vermutlich den
Abftand der Zeiten nicht nur in der Kultur, fondern

Regifter hat wieder Zurhellen bearbeitet (906—954).

Die Arbeit ift fo angelegt, daß jeder Verfaffer ab-
fchnittweife auf Grund eigener Textrezenfion eine eigene
Überfetzung bietet, der dann in kleinerem Druck eine

zufammenhängende Erklärung folgt, die durch neben- j auch in der Religion fehr ftark empfinden. Diefe Be

gedruckte Verszahlen auf den vorangefetzten Text zurück
verweift. Die Überfetzung hält im ganzen etwa die
Mitte zwifchen Stage und Weizfäcker; fie ift weniger
frei als Stage, kann auf deffen Umfchreibungen und Zu-
fätze verzichten, da fie ja eine Erklärung nicht erfetzen,

merkung gilt nicht nur für Schriften wie die Offenbarung
oder den Hebräerbrief, fondern auch für Paulus und für
die drei erften Evangelien. Die Lefer werden mit Er-
ftaunen merken, wie man kaum eine Seite im N. T.
lefen kann, ohne durch den frifchen Eindruck oder den

fondern nur vorbereiten will; fie redet ein befferes Deutfch I leifen Nachhall fremdartiger, verfchollener, religiöfer Vorais
Weizfäcker, da fie, für Nicht-Gelehrte gefchrieben, j Heilungen berührt zu werden, durch Meffianismus und
darauf verzichtet, den griechifchen Stil felber durch das Eschatologie, durch Dämonen- und Engelglauben, durch

deutfehe Gewand durchfehimmern zu laffen, fondern
höchftens fich bemüht, griechifche Stileigentümlichkeiten
mit entfprechenden deutfehen Wendungen wiederzugeben
(am weiteften entfernt fich vom griechifchen Text
wohl Lueken, wenn er die langen Perioden des Ephefer-
briefsje in mehrere kurze Hauptfätze zerfchlägt). Mehrere
Mitarbeiter, bef. Weiß, Bouffet und Heitmüller kommen
dem Verftändnis der Lefer dadurch zu Hilfe, daß fie
bei rhytmifch bewegten Stellen die Überfetzung ftichifch
drucken, z. B. Lukas I; i Kor. 13; 2 Kor. 4,7tf.; 6,4ff.;
Joh. 1, 1 —18; 6, 35 ff, während z.B. Jülicher Rom. 8 darauf
verzichtet. Die Altteft. Zitate find nicht durch Sperrdruck,
fondern nur durch Anführungsftriche bezeichnet, und
jeweils unter dem Text der einzelnen Abfchnitte mit
Stellenangabe verzeichnet.

Die Erklärung wird überall zunächft im ftreng-
gefchichtlichen Sinne gegeben, der Lefer wird alfo in An-
fchauungswelt und religiöfe Stimmung der Verfaffer eingeführt
. Da mit dieser hiftorifchen Erklärung Ernft
gemacht wird, fo werden an die Aufmerkfamkeit und
das Verftändnis der Lefer ziemlich große Anforderungen
gestellt. Das liegt in der Natur der Sache. Wie follte
Hollmann den Hebräerbrief ohne intenfiven Bezug auf
Philo erklären, wie Weiß die Offenbarung, ohne den
Verfuch, das fpezififch chriftliche gegen die, fei es
fachliche, fei es literarifche, jüdifche Grundlage abzuheben?
Wie konnte Heitmüller an der johanneifchen' Frage
vorübergehen? (Er urteilt, daß die gefchichtliche Be-

Wunder und Namenzauber, durch Dualismus und Pefli-
mismus der gefamten Weltanfchauung, aber auch durch
fo wefentliche und den Herzpunkt berührende Fragen,
wie die nach der Perfon Jefu, nach Sünde, Sühne, göttlicher
Gnade und menfehlicher Freiheit. Nachdenklichen
Lefern wird dabei wohl die Ahnung auffteigen, daß mit
der ftreng gefchichtlichen Bibelauslegung eine neue Stellung
der Chriftenheit zu ihrem heiligen Buche angebrochen
ift. Die alte naive Wertung und Benutzung der
Bibel als eines unmittelbaren religiöfen Erbauungsund
theologifchen Lehrbuches ift dahin. Was tritt an
ihre Stelle? Wie follen wir die Bibel benutzen? Diefe
FVage tritt mit der Neuen Bibelauslegung auch an unfere
Laien heran, und vielleicht bedeutet fie infofern einen
Markftein in der Entwickelung unteres kirchlichen Lebens.
20000 Exemplare diefer gefchichtlichen Bibelauslegung
unter unfere gebildeten Laien ausgeftreut, das find ebenfo-
viele nachdrückliche fchwerwiegende Aufforderungen an
unfere gebildeten Laienchriften, ein neues Verhältnis zur
Bibel zu gewinnen; nämlich fie gar nicht mehr als Lehr-
gefetz und kaum mehr als direktes Erbauungsbuch (wie
wenig gefchieht dies auch tatfächlich!) zu benutzen,
fondern es zu lernen, fie religiös in die Gegenwart zu
überfetzen, d. h. zu lernen, Kern und Schale zu fcheiden
und die großen bleibenden Hauptgedanken auf unfere
Bedürfniffe und Aufgaben anzuwenden. Und wenn die
Lefer nun lernen, daß diefe Aufgabe nur von folchen
geleiftet werden kann, die felber religiös lebendig find