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Ausgabe:

1908

Spalte:

554-557

Autor/Hrsg.:

Deißmann, Adolf

Titel/Untertitel:

Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt 1908

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

jyjr. 20. 2Ö- September 1908. 33. Jahrgang.

Zum famaritanifchen Buch Jofua (Dalman).

Jaussen, Coutumes des Arabes au Pays de

Moab (Wellhaufen).
Deißmann, Licht vom Orten (Schürer).
Mefchler, Gefammelte kleinere Schriften,

1. Heft: Zum Charakterbild Jefu (Wernle).
Riehl, Jefus im Wandel der Zeiten (Wernle).
S t:ih e 1 i n, Gefchichtederkleinafiatifchen Galater,

2. Aufl. (Schürer).

Eufebius Kirchengefchichte, herausg. von

Schwartz 2. Teil (Jülicher).
— Kleine Ausgabe (Derf.).

Augustini Scripta contra Donatistas P. I, rec.
Petfchenig [Corpus Script, eccl. lat. LI]
(Jülicher).

Moeller, Lehrbuch der Kirchengefchichte, 3.Bd.

bearb. von Kawerau, 3. Aufl. (BofTert).
Kalkoff, W. Capito im Dienfte des Erzbifchof

Albrecht von Mainz (Hermelink).

Urbanus Rhegius, Wie man fürfichtiglich und
ohne Ärgerniß reden foll von den fürnemeften
Artikeln chrirtlicher Lehre, herausg. von
Uckeley (Hofiert).

Hartmann, Hiftorifche Volkslieder und Zeitgedichte
vom fechzehnten bis neunzehnten
Jahrhundert, herausg. von Abele 1.Bd. (Henne-
link).

Eucken, Der Sinn und Wert des Lebens (E.
W. Mayer).

Zum famaritanifchen Buch Jorua.

Der gegenwärtige Hohepriefter der Samaritaner ver-
ftcherte mir heute, daß er die von Gatter veröffentlichte
hebräifche Rezenfion des Buches Jofua felbft auf Grund
des Arabifchen verfaßt habe und fehr erftaunt fei über
Gatters Behauptung von ihrem hohen Alter, da er fein
Werk nie für alt ausgegeben habe. Es handelt fich alfo
nur um eine moderne Stilübung, bei der gelehrte Unter-
fuchungen überflüffig find.
Jerufalem I. Sept. 1908. Dalman.

Jaussen, Le P. Antonin, Coutumes des Arabes au Pays de

Moab. Paris, Lecoffre 1908. (XI, 448 p.) gr. 8°

Das Buch führt den Generaltitel Stüdes Bibliques,
weil von der Gegenwart Licht fallen foll auf das hebräifche
Altertum. Indeffen ifl der Verfaffer (Profeffor in
Jerufalem, wie es fcheint) viel vorfichtiger als Curtiss,
gegen den er gelegentlich ziemlich fcharf polemifiert;
er überläßt die Vergleichung mehr dem Lefer und legt
das Hauptgewicht auf getreue Wiedergabe des gegenwärtigen
Beftandes, den er auf zwei längeren Reifen im
Jahre 1902 und 1905 mit allen Kautelen aufzunehmen
gefucht hat. Er zieht auch nicht bloß, wie Curtiss, die
Religion oder den Kultus in Betracht, fondern das ganze
Leben der nomadifchen und im Vergleich damit auch
der anfäffigen, zum Teil chrifflichen Bevölkerung, wobei
er es j'edoch weniger auf die Unterfchiede als auf das
Gemeinfame abfieht. Er befchränkt fich dabei auf Moab.
Die Geographie tritt bei ihm nicht fo in den Vordergrund
wie bei Mufil, doch gibt er zu Anfang eine an-
fchauliche Überficht über die Formation und Einteilung
des von ihm durchwanderten Gebiets. Auf Entdeckung
von Infchriften und Denkmälern ifl er nicht ausgegangen,
fondern darauf, ein möglichft vollftändiges und anfchau-
lifches Bild von dem Leben und Treiben der Leute zu
entwerfen. Seine Darffellung ifl: nicht heuriftifch, fondern
fyftematifch. Sie wirkt durch Häufung des Gleichartigen
etwas ermüdend und eignet fich weniger zum Durchlesen
als zum Nachfchlagen. Der Inhalt ifl aber reich und
wertvoll; in erfter Linie für den Arabiflen, in zweiter
für den Hebraiften. Man fleht die gleichbleibende Grundlage
des Stamm- und Weidelebens in der Wufte, und
zugleich die Veränderungen, die feit dem arabifchen Altertum
vor fich gegangen find, in Sachen und in Ausdrücken.
Geiftig, wenngleich nicht gerade moralifch, find die heutigen
Beduinen herunter gekommen; der Islam hat die
Bellen außer Landes geführt und den Reil verkommen
laffen, namentlich feit der Abbafidenzeit.

In die Materien einzugehen würde an diefer Stelle
zu weit führen; ein paar merkwürdige Einzelheiten find

in dem , anziehenden Vorwort hervorgehoben, welches
Lagrange dem Werk mit auf den Weg gegeben hat.
Die Themata der Kapitel find: 1) das Familienleben.
(Ehe, Gaftpflicht, Haartracht, Tod und Begräbnis), 2) der I
Stamm (Organifation, Scheich), 3) Beziehungen zwi-
fchen den Stämmen (friedlicher und feindlicher Art),
4) die Rechte (Gericht, Rache), 5) die Wirtfchaft
(Eigentum, Ackerbau, Pferd, Weidevieh, Hund, Jagd),
6) die Religion (Allah, Ahnenkult, Geifter, heilige
Bäume und Steine, Opfer und Gelübde, Befchneidung).
Es folgen noch Anhänge, namentlich Verzeichniffe von
Stämmen und Gefchlechtern. Eine Karte, die zur Orien-
tirung ausreicht, und einige Photographien find beigegeben.

Moab und kein Ende — wird man fagen. Aber
nicht jedermann ifl ein Doughty, und es hat feine Vorteile
, daß ein zugängliches und befchränktes Terrain viel-
feitig durchforfcht wird. Man kann keineswegs fagen,
daß Jauffen neben Mufil überflüffige Arbeit getan hat,
obgleich er kein Entdecker ifl wie jener (freilich nach
Verdienfl) vom Glück begünftigte Öfterreicher. Sehr
einnehmend und zutrauenerweckend ifl die Schlichtheit
feiner Vortragsweife. Ob er mit dem Altarabifchen auf
vertrautem Fuße fleht oder nicht, ifl gleichgiltig.

Göttingen. Wellhaufen.

Deißmann, Prof. D. Adolf, D.D., Licht vom Ölten. Das

Neue Teftament und die neuentdeckten Texte der
helleniftifch-römifchen Welt. Mit 59 Abbildungen
im Text. Tübingen, J. C. B. Mohr 1908. (X, 364 S.)
gr. 8° M. 12.6b; geb. M. 15 —

,Das Buch hat einen abfonderlichen Titel. Aber ehe
Ihr den Titel fcheltet, fchaut felbft einmal die Sonne
des Oftens! Nehmt auf der Burghöhe von Pergamon
das wunderfame Licht wahr, das den Marmor helle-
niftifcher Tempel in der Mittagsftunde umfpielt — fchaut
auf dem Hagios Elias von Thera mit feiernder Seele das
goldige Geflimmer desfelbigen Lichtes über den unendlichen
Weiten des Mittelmeeres und ahnt dann im Vino
fanto der gaftlichen Mönche die Gluten der gleichen
Sonne, — prüft, über welche Töne diefes Licht auch
innerhalb fteinerner Mauern gebietet, wenn in Ephefos
durch das zerfallene Dach einer Mofchee ein Stück tiefblauen
Himmels auf eine antike mit einem Feigenbaum
vermählte Säule herableuchtet, ufw. ufw.'

Mit diefen Worten leitet der Verf. fein Buch ein.
Ich kann diefen dithyrambifchen Stil nicht für gefchmack-
voll halten. Er ift um fo weniger motiviert, als der Inhalt
des Buches uns keineswegs auf die Höhen des klaffifchen
Altertums führt, vielmehr, wie der Verfaffer felbft immer

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