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Ausgabe:

1908 Nr. 1

Spalte:

28

Autor/Hrsg.:

Eck, Samuel

Titel/Untertitel:

Religion und Geschichte 1908

Rezensent:

Schuster, Hermann

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Seite 1

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27 Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 1. 28

Der einheitliche fittliche Endzweck, der im Anfchluß an ' kennung anderer finden, die (ich durch die namentlich im
Schleiermacher mit dem höchflen Gut identifiziert wird ( Anfang manchmal nicht leichtverständliche Schreibweife
(S. 29), verleiht allmählich auch dem Willen Einheitlichkeit ! nicht abfchrecken laffen werden, daraus zu lernen.
(S. 21) So wichtig aber auch die fonft wirkfamen inneren ! ßonn 0 Ritfch]

und äußeren Faktoren für die fittliche Entwicklung lind, lo-____

liegt ,der eigentliche Hebel der weiteren fittlichen Ent- _ , „ , „ , _ „ , . - , .. ,. .„ .

Wicklung . . 7. . in den originalen fittlichen Perfönlich- ! Eck> Prof' Dr. Samuel, Religion und Gefch.chte. (Sammlung
keiten' (S. 18). gemeinverfländl. Vorträge und Schriften aus dem Ge-

Inhaltliche Bedeutung gewinnt diefe Betrachtung in biet der Theologie und Religionsgefchichte 46.) Tü-
der Begründung des Standpunktes der theologifchen Ethik hingen, J. C. B. Mohr 1907. (78 S.) gr. 8° M. 1.50
im Verhältnis zur philofophifchen und zu der Dogmatik. T^ ~ , , , ., , , . ' ,, . . .n

Deren Formel muß lautem ,in welchen Wirkungen Gottes . u Den Inhaltf der v?{-llegei?d,;fn ^hrift zu fk.zzieren ift
weiß ich mein Heil begründet', während die der Ethik nich] ganz einfach. Ihre wicht.gften Gedanken find fol-
befagt: ,welche Aufgabe ift meiner Selbsttätigkeit gestellt, : gende: j) D,:.S.P.arnnTno. ^'fchen den Gegenwartsforde-
weil ich des Heils gewiß bin?' Die evangelifche Theologie ™"gen des re}%l0^n Ind-V.duums und der gefch.chtl.chen
aber kann fich .nicht auf bloß formelle Prinzipien, wie ! Tradition. 2) Beifpiele für die rehgiofe Bezwingung der
die Schriftautorität und das Gewiffen gründen, fbndern j Trrd'tloun durch das gegenwartige Ich: die israelitifche
muß von der Überzeugung geleitet fein, daß der pofitive j Gefchichtsbetrachtung Paulus, Auguftin (de avttate dei)
religiöfe Geift der Reformation, wie er dem perfönlichen 1 "nd da^ durchr lhn beftimmte kirchliche Weltgefchichts-
Chriftenleben ein fpezififches Gepräge gibt, der bislang fild. 3) Nietzfches Vorwurf der Gefch.chtsluge als An-
reinfte Ausfluß des Geistes Gottes oder Chrifti ift; i laßr ["ne Unterfuchung der Erkenntnistheorie der
anders ausgedrückt, daß die konftitutiven Prinzipien der^ j Ge^h,c,h-e' mlt tTr^ua'-Z r ru- ??tfi
evangelifchen Frömmigkeit das richtige Verständnis der ! dividual.tat macht fich felbft ihr Gefch.chtsbfld Ana-
Heilsoffenbarung darfteilen oder fchriftgemäß find' (S. 45). ! loSie,.z" Kanjs Krltlk, der Erfcheinungswelt). 4) Die
Mit diefer Auffaffung stimmen auch die fpäteren Aus- 1 raumliche und vor allem die qualitative Unendlichkeit
führungen über die Notwendigkeit einer Lehrnorm in der ; des gefchichtlichen Joffes als Hinweis auf den ewigen
Kirche überein. Für eine folche hält aber Gottfchick gotthehen Untergrund des Weltgefchehensj der moderne
nicht das apoftolifche Symbol als die undeutliche Faffung .' ^Mchthche &™ "nd ifne, Belebung des Gefchmacks
einer älteren Periode der Kirche, fondern die evangelifchen - ' Re y?10n (Rhod" ' babftl?Sr s l'

Bekenntniffe als kläffifche Urkunden der Reformation und 5). Die Bindung des Chr.ftentums an die Gefchichte durch
als Zeugniffe des reformatorifchen Verftändniffes des , ^"en et^-f™ Charakter (Geme.nfchaft der Liebe in
Chriftentums (S 234 f) Geben und Nehmen).

Die Ausführung der theologifchen Ethik felbft erfolgt . . Wenn d-efe Inhaltsüberficht den Eindruck des Sprungin
zwei Teilen. Der kürzere erste behandelt die Prin- ßafte,n uma.h.Sawe"n,eV lhr k DflsPofltI°n und
zipien der christlichen Sittlichkeit in zwei Kapiteln über deutlicher Z.elftreb.gke.t zu fehlen fchemt, fo entspricht
,das Reich Gottes oder den Zufammenhang zwifchen i das memetn hindruck von der Schrift felber. Außerdem
Heilsgut und fittlicher Forderung nach urchriftlicher An- , ßat fie mich infofern enttaufcht, als fie die _hrage die
r 1 0 < j - u j 1 u /-1 u 1 a i '_v bei dem ganzen Problem Religion und (jelchichte doch
fchauung' und über ,den ehnfthehen Glauben als Antrieb > ,r ,. s° ,„ .0 6 t rr c , *
!• ••• r**i- u c ikOiKU 1-4. u rr u wohl die brennendfte nt, die von Lelling autgeworfene

zu religiös-fittlicher Selbsttätigkeit nach evangehfeher *" „ , '. , ,. 5 , ö ..7'

a o- rr < ta -l. r u j t -i 1- rf • j • und von Troltfch uns wieder vor die Seele geruckte
Auffaffung'. Der zweite ausfuhrende Teil verlauft in drei . r_ . * 1 . , ... . rv T . ,r r -,T

Abteilungen über ,die prinzipiellen Bestandteile des evan- ! JV ahrheitsfrage kaum berührt Die Interelfen des Ver-
gehfehen Lebensideals', ,die fittlichen Gemeinfchaften im 1 tf*™^™^" gefchmhtsmethodologifc
Lichte des evangelifchen Lebensideals' und ,die Ent- | pfychologifcher, afthetifcher, eth.fcher Art; die große
Wicklung des Einzelnen in den fittlichen Gemeinfchaften ' dogmat.fche Prmz.pienfrage, ob und wie wir in der Gc-
im Lichfe des evangelifchen Lebensideals'. So felbftändig : ^hlch.te dl,e abfolute Offenbarung, den einzig fetten
im einzelnen die meiften der hier gebotenen, inhaltlich I Grund auch für unfern gegenwärtigen Glauben finden,

• , 1 t7 1 rr 1 r j • diefe Frage bleibt beifeite,

reichen, in der horm knappen Darlegungen lind, im 1 ,..& , ,r r . . . .

. . r r S-u j: a tj-tc ui u„ Dafür ift das, was Veit, uns bietet, ungemein wertganzen
vertreten fie wefentlich die von A. Ritfehl be- t ' .... . . T 6 . - .

•• j * a rr rr j E-..U1 i a ... i..voll. Alles, was et anrührt, gewinnt Leben unter feinen

gründete Auffaffung der Ethik, wenn auch Gottfchick in TT.. , ' , .. ^' ? , , r. r

5 j-r ui 44 i nv iu-u 1 Händen; und auch alte Gedanken kommen aus diefer

der von diefem behaupteten doppelten Zweckbeziehung 1 r .., ' c i -c- ,r f , . c

des Chriftentums einen Mangel erblickt und ,durch die I [P™^e"deJ? Se^lrln,, 1°^ u a ° f °

Erkenntnis der Beziehung des Gottvertrauen; auf das ; bietet d.efes wirklich geiftvolle Schnftchen dem Leier
7-i j„ • Ja.m;a1,(Ia i:iu„ -l j r~ ,.r.. „• einen hohen Genuß, hreihch ob es gemeinverftandlich ift?

Ziel der in der Nachltenhebe zu erreichenden Gottformig- &

keif jene auch fchon bei Luther vorliegende Zweiheit über- j Frankfurt a. M. Schufter.
winden will (S. 73). Diefe kritifche Bemerkung ift charak-

teriftifch für die fyftematifche Konzentration, mit der Thomas, Paul, Le Droit de Propriete des Lai'ques Sur les
Gottfchick nicht nur grundfätzlich die Ethik fchon von j £glises et le Patronage lai'que au Moyen Age. (Bibliotheque
Anfang an behandelt hat, fondern vermöge deren es ihm , de V6cole des hautes dtudes Sciences religieuses. XIX.
auch gelungen ift, in guter Ordnung und ebnem Gedanken- , . „ . „ r , ^ on c

fortfehritt das vielfeitige Detail im Zufammenhange des volume.) Paris,E.Leroux 1906. (XV,i94p.)gr.8» fr.5-

Ganzen darzuftellen und zur Geltung zu bringen. Wie durch vielfache Unterfuchungen längft feftgeftellt

Daß ich mit dem allgemeinen wiffenfehaftlichen j ift, bildet den Ausgangspunkt des Patronatrechts das
Standpunkt, den Gottfchick in feinen Prolegomena ent- i Laieneigentum an Kirchengebäuden. Die von den Grundwickelt
hat, aus methodifchen Gründen nicht einver- < herren auf ihrem Grund und Boden erbauten Kirchen
ftanden bin, erwähne ich nur, um es nicht zu verfchweigen. 1 ftanden in deren Eigentum, und die von diefen bean-
Da ich meine hierin abweichende Anfchauung anderwärts ! fpruchte Verfügung über diefelben und Ernennung der
wiederholt begründet habe, brauche ich hier nicht ge- j Geiftlichen ftellte fich dar als ein Ausfluß ihres Eigentums-
nauer auf fie einzugehen. Auch im einzelnen will ich mit ! rechts. Erft die feit dem II. Jahrhundert fcharf hervor-
dem Entfchlafenen nicht rechten, foweit ich ihm nicht bei- 1 tretende Reaktion räumte mit diefer Anfchauung auf und
pflichten kann. Sachlich aber ftimme ich in weitem Umfange j führte zur Begründung des Patronatrechts: an Stelle der
mit ihm überein. Durch manche Vorzüge ift fein Buch 1 früheren Eigentumsbefugniffe gewährte man dem Gründer
den meiften in gleichem Stile gehaltenen Darftellungen der j einer Kirche lediglich ein Vorfchlags- oder Präfentations-
Ethik überlegen. Es wird auch die dankbare Aner- j recht aus Dankbarkeit für die gefchehene Stiftung. Die