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1908

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrlchs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark

Nr. 17. 15- Auguft 1908. 33. Jahrgang.

Das Buch Jofua bei den Samaritanern (Fraenkel).
Mommert, Der Teich Bethesda (L. Köhler).
Bergmann, Jüdifche Apologetik im neute-

ftamentlichen Zeitalter (Schürer).
Schmidt, Carl, Der erfte Clemensbrief in alt-

koptifcher Überfetzung [Texte und Unterf. zur

Gefch. der altchriftl. Literatur, dritte Reihe

II, 1] (Leipoldt).
Wieland, Die Schrift Mensa und Confessio

(Harnack).

Mau, Die Religionsphilofophie Kaifer Julians

in feinen Reden 'auf König Helios und die

Göttermulter (Dräfeke).
Bidez, La tradition manuscrite de Sozomene

et la Tripartite de Theodore le Lecteur [Texte

und Unterf. zur Gefch. der altchriftl. Literatur,

dritte Reihe II, 2 b] (Dräfeke).
Eine Handfchrift der Homilien des Johannes

Chryfoftomus zu dem Ephefer- und den Thefla-

lonicherbriefen auf der Infel Thera (Brandt).
Patrologia orientalis t. I fasc. 5: Le synaxaire

ethiopien I le mois de Sane, publ. et trad.

par Guidi et Desnoyers (Duensing).

Stephan, Luther in den Wandlungen feiner
Kirche (W. Köhler).

B erb ig, Acta Comiciorum Augustae (Boflerf).

Heimbucher, Die Orden und Kongregationen
der katholifchen Kirche 2. Aufl. 3 Bde. (Bruckner
).

Kertz, Die Religionsphilofophie Joh. Heinr.
Tieftrunks (E. W. Mayer).

Schmid, Rud., Das naturwiflenfchaftliche Glaubensbekenntnis
eines Theologen (Rolffs).

Pfannkuche, Religion und Naturwiflenfchaft
in Kampf und Frieden (Rolffs).

Das Buch Jofua bei den Samaritanern.

Im jüngfleri Hefte der Zeitfchrift der Deutfchen
Morgenl. Gefellfchaft (S. 209—279) veröffentlicht Dr. M.
Gaffer die von ihm neuentdeckte angeblich uralte fama-
ritanifch-hebräifche Rezenfion des Buches Jofua.

Der Text folgt im allgemeinen dem mafforetifchen,
kürzt ihn aber vielfach erheblich. So z.B. fehlen in Kap. I.
v. 6. 8. 9. 10. 11, in Kap. II. v. 19. 20, Kap. III. v. 9.
IO. Ii ufw. vollfländig; aber auch die erhaltenen Verfe
zeigen Vereinfachungen z. B. Kap. I. v. 2. D»ft bsi nn«

b«iEi isab dnb jns ids« iE« pari b« nm Sam. bai nn«
nnb jns e« iE« p«n b« b«iEi in Für die in Kap. I.

fehlenden Verfe 8, 9, 10, Ii finden fich die V. 1. 2. und
62 aus Num. Kap. 26. So begegnen auch fonft allerlei
Einfchiebungen aus anderen Büchern des A. T. (Der
Herausgeber gibt auf S. 223 eine Lifte diefer Stücke, die
aber die Reminiscenzen nicht alle enthält.)

Während wir nun hier im allgemeinen nur bekanntes
Gut treffen, finden fich aber außerdem umfangreiche Interpolationen
.

Um ein kritifches Urteil über das Ganze zu gewinnen,
ift eine Unterteilung diefer Zutaten nach Form und
Inhalt das erfte Erfordernis.

In die Erzählung eingefchoben find mehrere Hymnen
Kap. III (beim Umzug der Lade) und Kap. V (bei Uber-
fchreitung des Jordan) und ein Gebet Jofuas Kap. XXI.
Der Herausgeber fagt von den Hymnen (S. 228): ,fie find
rhythmifch und ffrophifch gehalten und erweifen fich als
die älteften Beftandteile der Liturgie der Samaritaner'.
S. 228 ermäßigt er feine Behauptung mit den Worten:
,Diefe Beifpiele genügen um zu zeigen, daß fich in dem
famaritanifchen Buche Jofua liturgifche Formen erhalten
haben können, die in fehr alte Zeit hinaufreichen können'
und fügt hinzu ,doch finden fich darin Spuren von fama-
ritanifchem Sprachgebrauch'.

Diefe Spuren würden ja noch nicht unbedingt gegen
eine relativ frühe Entftehungszeit fprechen. Wie fteht es
nun aber mit dem Hebräifchen? Kap. III v. 8: bbnri
Elba bD DTE «in iE. Hier ift DIE als Präpofition gebraucht
, ib. v. 10 lautet: ny bD EBE «in iE bbnni ,Ge-
priefen fei, der vor jeder Zeit ift'. Hier ift EBE, das im
Hebr. immer nur örtlich ,vor' heißt, von der Zeit gebraucht
, ib. 11: ri3> b3 «13 iE« «in iE bbnn Hier hat
der Autor vergeffen, daß er iE wie das aramäifche JE
relativifch gebraucht hat und konftruiert es wie das
hebräifchc Eragewort mit IE«. Kap. V v. 5 IE« bbnni
rYninsm ib ,Gepriefen fei der, dem die Einzigkeit zukommt
'. Die Form nilin« ift nicht hebräifch, und
die einigermaßen entfprechende Bildung tVi IHK gehört

48l 482

der Kunftfprache der mittelalterlichen jüdifchen Philo-
fophen an. Noch tiefer in diefe Sphäre führt v. II, der
ohne die Annahme folcher Beeinfluffung ganz unver-
ftändlich bleibt. Er lautet: ni«2E3n «JE« ie« bbnni.
Aus dem Sprachfchatze des A. T. ift nicht zu ermitteln,
was hier ni«3tE3n und «3E« bedeuten. In der Sprache
der Philofophen aber bedeutet «3E3 ,Exiftierendes', als
Überfetzung des arabifchen Ey^o ,Exiftierendes'
(wörtlich: .Gefundenes'); «iE« (hebräifch mußte es natürlich
«i3tEn heißen) ift eine vom Verf. gebildete Form

zur Überfetzung von cLa^i ,in's Dafein rufen'.

Daß Hymnen mit fo gemifchter Sprache, die nicht
einmal wie die der älteren neuhebräifchen Schriften als
natürliche literarifche Entwickelung des Althebräifchen
gelten kann, einer jungen Zeit angehören, ift felbftverftänd-
lich. Dasfelbe zeigt aber auch der Inhalt. Ein Satz wie
,Gepriefen fei der, der alle Zeit gefchaften hat' III. 10 kann
nicht aus alter Zeit flammen, ebenfo wenig wie V. 17 nn«

nimini niEiayni nisiEnni niE3>En bD n« nEiy «in ,Du

fchaffft alle Dinge, Formen, Leiber (?), Geifter'. Anderer-
feits berühren fich einzelne Verfe fo eng mit der mittelalterlichen
jüdifchen Liturgie, daß man Beziehungen der-
felben zu ihr annehmen möchte. Vgl. V. 7. ji« 1©« bbnni
niEl 1b zu C]isn niEl 1b Ji« Abodat Israel (ed. Baer)

G4> 3- v- 10 myiEn («e/)i»m «b ie« zu «b she bD

jni« Jiffii Ab. Isr. 173, 5 V. 12. tllElpEn bD DD1D iE«
zu bD n« «bEI bDn DDItl Ab. Isr. 139, 5.

Betrachten wir nun die profaifchen Zufätze des Buches
und prüfen ihren fprachlichen Charakter.

III. 34 in« 13 Elp ... EiEn 11E3?i1 (Dlp = ly).
V.19 nibl3E .. bis ,war größer als'. IX. 20 »di«n dm«Bn.
XIII. 8 lEME) ie« 1iE3>E3 in« Eli -nayv, ,feine eigenen
Angelegenheiten' XVII. 9. «m iE« »IDEl JE EEH Elia
rilSDEn an inE. XX. 17. «np^ü nbD «b 13> ,ehe er noch
aufgehört hatte zu lefen' (aram. «b 13>). XXI. s iE3« 1»ii «bl
DilID« Dm «b« b«lEi ,fie waren unverfenens gefeffelf;

(hier liegt die arabifche Konftruktion zugrunde).
XXIII. 12. inBibn ,fein Nachfolger' (iüLJLi>); bTtl tliyEim
lid« JplB b» 1E1» JE ,und die Tränen" rannen aus feinen
Augen wegen der Trennung von feinem Vater' (ibX
Befonders charakteriftifch ift auch die Einleitung zu dem
Hymnus Kap. V ,An jenem Tage ftand Jofua auf und
fang (inrn . . 1E3>!) den Gefang Mofis, nämlich («in iE«!)
HEE liEi T«, welchen Mofes fang (nEE na 11E«)'.

Die Phnfchübe zeigen alfo ein künftliches, gemachtes
Hebräifch, das überall Spuren aramäifchen und