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Ausgabe:

1908

Spalte:

451

Autor/Hrsg.:

Kräutlein, Jonathan

Titel/Untertitel:

Die sprachlichen Verschiedenheiten in den Hexateuchquellen 1908

Rezensent:

Steuernagel, Carl

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 16.

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lieh mit fichtlicher Freude die Vermutung aufgenommen,
daß Mofe fowohl wie Abraham vom altorientalifchen
Monotheismus ausgegangen feien (S. 63). Wie die Fauft
auf's Auge paßt dazu die alte Begründung in Ex. 34, 14.
— Von außerisraelitifchem Material, das S. fonft in guter
Auslefe heranzieht, hätte ich gerne noch erwähnt gefehen,
was wir aus dem Papyrus Golenifcheff über einen nabi
in Byblos erfahren, oder was wir über das Wefen des
arabifchen kähin wiffen. Intereffant ift, was S. ,vorläufig
nur als Kuriofum' erwähnt (S. 61), daß er Jah auf einem
kananitifchen Krugftempel in Jericho gefunden zu haben
glaube.

Bafel. Alfred Bertholet.

Kräutlein, Dr. Jonathan, Die fprachlichen Verfchiedenheiten
in den Hexateuchquellen. Ein Beitrag zum Sprachbeweis
in der Literarkritik des Alten Teftaments.
Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1908. (67 S.)
gr. 8° M. 1.50

Der Verf. mißt dem Sprachbeweis in der Hexateuch-
kritik im ganzen nur beftätigende Kraft bei, und auch
das nur in dem Falle, wenn die Quellen ,ein und das-
felbe(lexikalifch und gram matifch) verfchieden ausdrücken'.
Dabei betrachtet er als für eine Quelle charakteriftifch nur
die Ausdrücke, die ihr ausfchli eßlich angehören, und
auch dann nur mit gewiffen Referven. Trotz diefer
ftarken Einfchränkung des beweiskräftigen Materials erhält
er für P 17, für D 14, für J 7, für E 5, für JE 3
Charakteriftika. Danach fcheintihm dieSprache wenigftens
die Selbdändigkeit von P zu beftätigen.

Die außerordentliche Befchränkung des für beweiskräftig
geltenden Materials fcheint mir unberechtigt zu
fein. Ich will mit dem Verf. nicht darüber rechten, daß
er alle fprachlichen Differenzen beifeite läßt, die zugleich
eine fachliche Differenz ergeben, obwohl er m. E. auch
hierin viel zu weit geht (z. B. läßt er 11X25» bü 3085 beifeite,
weil er es für möglich hält, daß der Ausdruck um eine
Nuance verfchiedene Bedeutung hat von Wendungen
wie liniaS b8 Sin, litlins 0» 331» S. 25; warum er einen
Ausdruck wie n3p51 "DT gegenüber ni»81 »18 beifeite
läßt, ift mir unerfindlich). Aber als charakteriftifch für
eine Quelle muß es doch auch gelten, wenn ein Ausdruck
, der fonft nur vereinzelt gebraucht wird, in ihr als
Lieblingsausdruck erfcheint (cf. z. B. die fogenannten
deuteronomifchen Formeln oder den Gebrauch von i;8
neben oder ftatt 135«). Hätte der Verf. diefes Material
nicht ganz übergangen, fo wäre fein Ergebnis zweifellos
ein für die Kritik noch weit günftigeres geworden.

Doch felbft dann, wenn man die Grundfätze des Verf.
anerkennt, kann das Urteil über feine Arbeit leider nicht
fehr günftig lauten. Die Statiflik ift vielfach nicht zu-
verläffig genug, wie ich bei Stichproben (etwa 1I~ aller
aufgeführten Nummern) konftatiert habe. Beifpiele: Nr. 1:
nms findet fich bei P 45 mal, nicht 43 mal; rrbrii hat
auch P fehr oft, auch in den anderen Quellen ift es viel
häufiger als angegeben; TTl»1i hat D 9mal, nicht 4mal.
Nr. 2: 3i3S im Hexateuch 6 mal, nicht 5 mal. Nr. 3: die
Wendung »XJün 813 hat auch P Lev. 22,7; bei D kommt
fie 4 mal vor, nicht bloß 1 mal. Nr. 4: 'pp hat P 5 mal,
nicht bloß 3 mal. Nr. 20: 3»115 kann auch Ex. 6,3 bedeuten
,bekannt werden', findet fich dann aber oft. Nr. 31:
351 ift kein Charakteriftikum von D gegenüber fonftigem
115, denn die Formen von erfterem (nur Ptrf.) erfetzen
das fehlende Perf. von 115. Nr. 56: wie der Verf. nX218
= Acker für ein Charakteriftikum von JE (J) halten kann,
ift mir unverftändlich; er gibt dafür 4 Belegftellen an,
Gen. 4, 2. 11. 14. 9, 20, warum nicht auch 4, 3. 10. 12 (in
derfelben Erzählung!)? Sollte der Verfaffer hier das
Lexikon von Gefenius-Buhl als Konkordanz benutzt haben?
Diefes gibt unter !TX218 gerade diefelben 4 Belegftellen
für die Bedeutung ,Acker' an!

Halle a. S. _ C. Steuernagel.

1 Montgomery, Prof: James Alan, Ph. D., The Samaritans,
the earliest Jewish Sect. Their History, Theology and
Literature. Philadelphia, The John C. Winston Co.
1907. (XIV, 358 p.) gr. 80 g 2-

Obwohl die Samaritaner in den verfchiedenften Beziehungen
ein befonderes Intereffe beanfpruchen können,
und obwohl feit langer Zeit ein ziemlich reiches Material
für das Studium ihrer Gefchichte, ihrer Anfchauungen
und Bräuche bekannt ift, hat es doch bisher an einem
Werke gefehlt, in dem dies gefamte Material einigermaßen
erfchöpfend zufammengeftellt und verarbeitet wäre. Schon
darum wird man das vorliegende Werk mit Freude und
Dank begrüßen. Um fo mehr ift das der Fall, weil es
allem Anfcheine nach das Lob wirklicher Vollftändigkeit
in der Benutzung der Quellen und der Literatur und
folider wiffenfehaftlicher Verarbeitung des Materials verdient
, und weil es für weitergehende Spezialunterfuchungen
durch erfchöpfende Verweife auf die Quellen und die
Literatur ein guter und zuverläffiger Wegweifer zu fein
fcheint. Der Referent, dem der weitaus überwiegende
Teil des Stoffes bisher völlig fern lag und der daher
dem Verf. gegenüber faft durchaus die Rolle des Schülers
einnimmt, kann fich freilich kein kompetentes Urteil anmaßen
; er ift auch bei der Zerftreutheit und mein; fchwie-
rigen Zugänglichkeit des Materials nicht in der Lage
gewefen, die Ausführungen des Verf. in genügendem
Maße nachzuprüfen. Er befchränkt fich daher im folgenden
in der Hauptfache auf ein kurzes Referat, das zu eifriger
Benutzung des Buches anregen möchte. Nur gelegentlich
erlaubt er fich einige kritifche oder ergänzende Bemer-
; kungen.

In Kap. I (S. 1—12) erzählt der Verf. die Gefchichte
i der Wiederentdeckung der Samaritaner. In Kap. II (S.
I I3—23) fchildert er die Landfchaft Samaria und die Lage
Sichems, fowie deren Bedeutung für die Gefchichte; auch
er fetzt das alte Sichern etwas öftlich vom heutigen
Nablus an, identifiziert aber Sychar (Joh. 4) nicht mit
'Askar, fondern mit Sichern. Kap. III (S. 24—45) macht
1 uns mit den heutigen Samaritanern, befonders mit ihrem
Kultus bekannt; bei diefer Gelegenheit werden auch die
heiligen Stätten auf dem Garizim befchrieben. Hier
hätten aus dem Artikel ,Samaritaner' von Kautzfeh in
in RE3 XVII die Angaben verwertet werden können,
I daß im Jahre 1904 die Zahl der Samaritaner auf 175
! (alfo etwas höher als 1901:152) angegeben wurde, daß
j aber darunter nur 3 heiratsfähige und 7 jüngere Mädchen
waren (zu S. 24), und daß die Samaritaner jetzt wieder
zugeben, daß die hohepriederliche Linie längft ausgeftorben
und der heutige ,Hohepriefter' nur ein ,Levit' ift (zu S. 29).
[ Der Verfaffer betont, daß die Samaritaner in jeder Beziehung
den Eindruck echter Juden fadduzäifcher Richtung
machen, nicht den eines Mifchvolkes oder einer fynkre-
tifiifchen Religionsgemeinfchaft, eine Thefe, deren Beweis
das ganze Buch in erfter Linie gewidmet ift.

Kap. IV (S. 46—74) behandelt den Urfprung der
famaritanifchen Sekte, bekanntlich ein überaus fchwieriges
Problem. In dem Hauptpunkt kann ich dem Verf. nur
zudimmen, daß nämlich die famaritanifche Gemeinde
nicht zufammenhängt mit dem Mifchvolk, deffen Ent-
ftehungll Reg. 17 berichtet, und mit feiner fynkretiftifchen
Religion, daß fie vielmehr eine Abzweigung von der
jüdifchen Gemeinde ift, die ihr Zentrum in Jerufalem hatte.

Im einzelnen freilich fcheint mir die Auffaffung, die
M. vorträgt, doch mancher Modifikation zu bedürfen.
! M. nimmt an, daß die Überrede der altisraelitifchen Be-
j völkerung des Nordreichs fich zum größten Teil von den
durch die Alfyrer angefiedelten Koloniden getrennt
hielten und an Juda refp. die nachexilifche jüdifche Gemeinde
anfchloffen. Hierfür bieten die Angaben von
II Reg. 23 und der Chronik keine genügende Stütze.
Schwer zu erklären wären dann die gänzliche Ignorierung
ephraimitifcher Familien in Esr.-Neh. und die Äußerungen