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Ausgabe:

1908 Nr. 15

Spalte:

429-432

Autor/Hrsg.:

Groenman , A. W.

Titel/Untertitel:

Het Vasten bij Israël 1908

Rezensent:

Nowack, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 15.

430

Powell, Herbert Harry, Ph. D., The supposed Hebraisms
in the Grammar of the Biblical Aramaic. (University of
California Publications. Semitic Philology. Vol. I.
No. 1.) Berkeley,California,U.S. A.,UniversityPress 1907.
(VIII, 55 P-) Lex. 80 s — 75

Die Unterfuchung Powells kommt zu dem Refultat,
daß die Zahl wirklicher Hebraismen im Biblifch-Aramä-
ifchen außerordentlich klein ift. Sie befchränken fich in
der Hauptfache auf die vereinzelten Beifpiele der Pluralendung
51 ftatt "p, das Demonftrativpronomen rTJX und
b» ftatt pb8, die Formen ioYi und bsin ftatt 531 und
b2P, das Segol ftatt Sere in Imperfektformen n"b in
Paufa und einige Fälle des paufalen a ftatt ä, von denen
einzelne jedoch vielleicht nur auf Abfchreiberverfehen

Faftens unterfchieden werden muffen. Gr. hebt mit
Recht drei verfchiedene Formen heraus: die erfte ift ein
F.nthalten von heiliger Speife, das aus Furcht gefchieht
und unternommen, den Totengeift von fich fern zu halten;
die zweite ift ein Enthalten von profaner Speife, um mit
den überirdifchen Mächten in Beziehung zu treten; die
dritte ift völlig freie Tat, die um ihrer felbftwillen gefchieht
, hier ift das Faften Demütigung vor der Gottheit,
eine Form der Bußübung und Zeichen der Geringfchät-
zung der Natur. Ift bei der zweiten Form das Übernatürliche
eine dem Menfchen gegenüberftehende Macht,
mit der er Gemeinfchaft fucht durch das Mittel des
Faftens, fo wird bei der dritten der natürliche Menfch
des t bernatürlichen dadurch teilhaftig, daß er dem Natürlichen
abftirbt. Nach diefer allgemeinen Darlegung

beruhen andere zur Not auch als genuin aramäifche I f°lgt die eigentliche Unterfuchung, die in vier Abfchnitten
Formen' betrachtet werden könnten. Die meiden Er- i verläuft: der erfte mehr einleitende, der fich mit den im A.
fcheinun^en die man fonft als Hebraismen aufgefaßt hat, | T- »ch findenden Ausdrücken für das Faften, den Zeug-
fmd teiLdurch Infchriften als gemein aramäifch erwiefen, 1 mffen über dasfelbe und der Stoffeinteilung befchäftigt; der
teils werden fie durch die vergleichende femitifche Sprach- I zweite befpricht die famthchen Zeugmffe, in denen das
wiffenfchaft als im Aramäifchen fehr wohl möglich er- j Faften mit dem Iode in Verbindung fteht; der dritte die
kannt namentlich als Überrefte uralter gemeinfemitifcher ! über das gottesdienfthche haften; der vierte die über die
Formen Im allgemeinen wird Powell recht haben, wenn j verfchiedenen Faftenzeiten und zwar das Faften 1) am
auch im einzelnen fein Urteil etwas einzufchränken fein Verfohnungstag, 2) am 3. Tifchr, 10. lebeth, 17. Tammuz
dürfte. Um nur eins zu erwähnen, fo ift es gewiß nicht i und ?• Ab, 3) das Purim- und Eftherfaften, 4) das Faften
zu leugnen, daß die Auflöfung doppelt gefchloffener j vorPaffah, 5) das am 2 und 5. Wochentag und endlich
Silben durch einen Hilfsvokal im Aramäifchen auch un- j °) hafttage, die nicht jährlich wiederkehren, fondern durch
abhängig vom Hebräifchen erfolgte; das fchließt aber j beftimmte Urfachen veranlaßt unternommen werden, fei
nicht aus, daß die Häufigkeit diefer Auflöfung im Bib- j es durch die Gemeinde, fei es durch den Einzelnen.
lifch-Aramäifchen aus dem Einfluß des Hebräifchen zu . Gr- hat ln diefen Abfchnitten nicht nur jede einzelne
erklären fein wird. Den fprachgefchichtlichen Theorien j ln Betracht kommende Stelle des A. T.s einer forgfamen
des Verf., der von feinem Lehrer Margolis ftark abhängig ] Unterfuchung unterzogen und die verfchiedenen Erklä-
ift, vermag ich nicht immer zu folgen, z. B. wenn er die j rungsverfuche berückfichtigt, er hat auch die nachkano-
Hilfsvokale der Segolata von fuffigierten Formen mit un- , nifch-jüdifche, befonders die apokalyptifche und die
bequemer Konfonanthäufung auf den Stat. constr. über- i wichtigften Zeugniffe der altchriftlichen Literatur herantragen
fein läßt (-::ns:53:as [awaaÜ'pK oder gar 03330: gezogen. Es ift hier unmöglich, in eine Diskuffton über
D333E: 3333E: 33E).' Die Arbeit iit übrigens forgfältig und einzelne Stellen, deren Verwertung mir zweifelhaft er-
beVückficWigt die Literatur in großer Vollftändigkeit. ^heli?' einzutreten, das tut auch nichts zur Sache, denn
Doch möchte man den letzten Abfchnitten (namentlich , die Hauptrefultate der Unterfuchung wurden dadurch
B eq 63.65) eine gründlichere Ausführung wünfchen. mch,t ,n, *rag? geftellt- Es ^ "n wefenthchen fol-
s 5y' J ; s „ & gende: 1) das haften in der israelitifchen Zeit. Es ift eine

Halle a. S. C. Steuernagel. an fich wertvolle Handlung, freilich verfchieden nach

Art und Charakter. Der Sinn der Enthaltung in den

Groenman, Dr. A. W, Het Vasten bij Israel. Een ver- 1 älteften Fällen kommt dem des Totenfaftens nahe. Das
gelijkend onderzoek. Leiden, E. Ijdo 1906. (XX, ! Jj*J™fm Urfprung im Totenopfer und ift Enthaltung
s J . „ 1 1 von den im Totenhaufe gegenwartigen Speifen, die unter

331 blz ) gr. 0 j dem Einfluß des herumirrenden Totengeiftes gedacht

An Arbeiten über Entftehung und Zweck des Faftens I werden und darum unrein find. Rein und Unrein find
fehlt es uns nicht, — namentlich ift in den letzten Jahren : in gewiffem Sinn fynonym: das Heilige wie das Unreine
mehrfach über das Faften in Zufammenhang mit dem ift um der innewohnenden übernatürlichen Kräfte willen
Totenopfer gefchrieben — eine eigentliche Monographie für den Menfchen gefährlich. Deshalb hat Enthaltung
über den Gegenftand, die das gefamte im A. T. und der 1 von heiliger Speife diefelbe Bedeutung wie das Nicht-
fpätjüdifchen Literatur vorliegende Material in Betracht effen unreiner Nahrung. Wer nicht im Stand der Heiligzieht
, befaßen wir bisher nicht, Groenman füllt daher | keit war, durfte in keinem Fall heilige Speife genießen
eine Lücke mit feiner Unterfuchung aus. In der Ein- 1 und war auf profane Nahrung angewiefen. Während frei-
leitung weift er darauf hin, daß das Faften eine ganz all- lieh der Stand der Unreinheit durch dämonifche Mächte
gemeine Erfcheinung ift, die bei den verfchiedenften verurfacht wird, wird der der Heiligkeit durch göttliche
Völkern und auf den verfchiedenften Kulturftufen uns j hervorgerufen; handelt es fich dort um eine feindliche,
entgegentritt. Es hat daher nicht an Verfuchen gefehlt, dem Menfchen fremde Macht, und wird darum der Zu-
diefe Erfcheinung nach Urfprung und Zweck zu begreifen: ; ftand der Unreinheit zu vermeiden gefucht, fo handelt
J. H. Spencer, G. A. Wilken, J. G. Frazer, F. B. Jevons, , es fich hier um Gott und eine befreiende Macht, und
V. E. B. Tylor und W. Robertfon Smith haben das darum wird der Zuftand der Heiligkeit gefucht. Ent-
jeder an feinem Teile verflicht. Gr. zeigt, wie diefe ver- halten fich die Hinterbliebenen der im Sterbehaufe vor-
fchiedenen Erklärungsverfuche zwar Wahrheitsmomente handenen Nahrung wegen ihrer Unreinheit, fo wird andrerenthalten
, wie aber keiner der Aufgabe völlig gerecht 1 feits die Gemeinfchaft mit der Gottheit durch den Gewird
: entweder hat man fich nur mit der Entftehung brauch heiliger Speife, welche göttliche Kräfte mitteilt,
(Spencer) oder nur mit dem eigentlichen Grund (Frazer, j gefucht; Bedingung dafür ift, daß man fich profaner
Jevons, Wilken) oder nur mit einer beftimmten Art des | Speife enthält. Gefchieht das Faften im Sterbehaufe aus
Faftens (Tylor, R. Smith) befchäftigt. In nicht wenig Furcht vor dem fchädlichen Einfluß des Totencreiftes
Fällen ift das nicht befriedigende Refultat bedingt durch | fo dient die Enthaltung hier als Vorbereitung zu der'
die Tatfache, daß man nicht erkannt hat, daß es fich | Gemeinfchaft mit der Gottheit, um göttliche Kräfte in
nicht um eine einheitliche Größe handelt, fondern daß fich aufzunehmen. Da übrigens die Gottheit nicht nur
nach Zweck und Entftehung verfchiedene Arten des I beim Opfer, fondern auch im Krieg und beim Recht-