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Ausgabe:

1908 Nr. 12

Spalte:

363-365

Autor/Hrsg.:

Finke, Heinrich

Titel/Untertitel:

Papsttum und Untergang des Templerordens. 2 Bde 1908

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 12.

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lieh ift. Aber es ift einzuräumen, daß eine ausführlichere
Faffung fehr viele Bogen erfordert hätte. P. 633—650
find die Werke angeführt, die außer Migne exzerpiert
worden find; es ift eine fehr ftattliche Zahl. Der große
Fleiß des Verfaffers möge feine Belohnung in zahlreichen
Identifikationen finden, die mit Hilfe diefes Werks leicht
fein und langwieriges Suchen nicht mehr erfordern werden!

Berlin. A. Harnack.

Blank, Prieft. Oskar, Die Lehre des hl. Augurtin vom Sakramente
der Euchariftie. Dogmengefchichtliche Studie.
Paderborn, F. Schöningh 1907. (VI, 136 S.) gr. 8°

M. 2.40

Die Schrift ift der ,erfte Teil' einer Differtation, die
der Würzburger theologifchen Fakultät vorgelegen hat.
,Sollte diefelbe die Kritik beliehen, fo foll in einem
zweiten Teile die Lehre Auguftins von der Euchariftie
als Opfer fich anfchließen'. Ich möchte den Verfaffer
auffordern, den ,zweiten Teil' in der Tat folgen zu laffen.
Denn was er in der vorliegenden Abhandlung leidet, ift
befonnen und gelehrt genug, um es der Beachtung zu
empfehlen. Natürlich handelt es fich um die Frage, ob
die Lehre des Augudin von der Eucharidie ,fymbolifch'
oder ,realidifch' zu faffen fei. Die Katholiken find mehr
oder weniger a priori Anwälte des letzteren Gedankens..
Loofs umgekehrt hat in feinem Artikel ,Abendmahl,
Kirchenlehre' PRE3 I, 1896, S. 61 gemeint fagen zu dürfen,
Auguftins Symbolismus fei ,unter Protedanten nicht kontrovers
'. Ich felbd meine, daß beide Teile ihre Thefe
meid zu fchroff formulieren. In dem Artikel ,Sakrament',
PRE3 XVII, S. 356 habe ich mit vollem Bewußtfein vom
Stand der Dinge gefchrieben, es fcheine mir nicht, daß bei
Augudin mehr Grund als bei anderen altkirchlichen Theologen
vorhanden fei, zu denken, er habe die Sakramente
fymbolifch verdanden. Im Artikel ,Meffe, dogmenge-
fchichtlich' ib. XII, S. 680, hatte ich zuvor ausdrücklich
abgelehnt, aus dem mydifch-geifligen Opfercharakter der
Meffe bei Augudin den Schluß zu ziehen, daß was äußerlich
' als sacramentum diene, als ,bloßes' Brot,,bloßen' Wein
zu deuten. Ich meine, daß Augudin gar nicht auf das
Prokrudesbett der erd im Mittelalter wirklich antithetifch
und begrifflich erwogenen Ausdrücke Symbol und Realität
gefpannt werden dürfe. Von technifcher Transfub-
dantiationslehre kann bei ihm keine Rede fein. Da müßte
alles anders bei ihm klingen, als der Fall id. Aber
andrerfeits id ihm wohl gar nicht zu Sinn gekommen,
daß man fein energifches Eintreten für den Symbolismus
des Abendmahls, nämlich gegenüber dem Kapernaitismus
und der einfachen Gedankenlofigkeit hinfichtlich des
,Wunders' in der Eucharidie, dahin deuten könne, als ob
nach ihm mit Brot und Wein ,nichts gefchähe', wenn fie
.geweiht' werden. Die Elemente werden ihm freilich
durch das ,Wort', welches das sacramentum ,macht', in
eine folche Beziehung zum wirklichen, erhöhten Chridus
gedellt, daß er felbd als corpus (et sunguis) gegenwärtig
wird. Augudin hat daber aber noch gewußt, daß ein
wirkliches Wunder nicht zu fchildern id.

Halle a. S. F. Kattenbufch.

Finke, Prof. Dr. Heinrich, Papfttum und Untergang des

Templerordens. 2 Bände. (Vorreformationsgefchichtliche
Forfchungen. Herausgegeben von Heinrich Finke.
IV u.V.) Münderi. W., Afchendorff 1907. gr.8° M.20 —

I. Band: Darfteilung. (XV, 397 S.j M. 8 —. — II. Band:
Quellen. (VI, 399 S.) M. 12 —

Das vorliegende umfaffende Werk von Finke behandelt
die vielumdrittene Frage nach dem Untergang des
Templerordens und nach der Schuld oder Unfchuld des
Ordens. Obwohl nach den Arbeiten von Schottmüller,
Gmelin und Lea die meiden Gelehrten bereits zum

| Glauben an die Schuldlosigkeit des Ordens gekommen
waren (f. meinen A. Templer RE.3 XIX, 509), bedurfte
es noch der Aufhellung einer Reihe von dunklen Punkten
in der erfchütternden Tragödie der Vernichtung des
mächtigen Ordens. Finke faßt nun die Forfchungsrefultate
mit ficherer Methode zufammen und führt fie in bedeut-
fame Weife weiter, Er gedeht, daß er nicht in jeder
Hinficht Abfchließendes zu geben vermag, vor allem die
wichtige Frage: Was hat Philipp den Schönen zum
Vernichtungskampfe gegen den Orden bewogen, nicht
mit Sicherheit beantworten kann, weil ihm die Quellen
fehlen, die foziale und wirtfehaftliche Lage Frankreichs
zur Zeit Philipp des Schönen zu zeichnen. Trotz diefer
von ihm felbd eingedandenen Lücke wird man in dem
Buch Finkes eine fehr wertvolle Bereicherung der Literatur
über den Untergang des Templerordens zu fehen
haben. Ich beginne mit dem zweiten Bande, in dem die
von Finke neu zugänglich gemachten Quellen zur Ge-
fchichte des Ordens abgedruckt find. Es find Briefe,
Reden und Gutachten zur Gefchichte des Untergangs des
Ordens, ferner die Aragonefifchen Gefandfchaftsberichte
vom allgemeinen Konzil von Vienne und die Antworten
des König Jayme II von Aragonien und endlich eine
Nachlefe zu den Templerprozeffen. Die Briefe und
Gefandfchaftsberichte flammen größtenteils aus dem Kronarchiv
von Barcelona, die Prozeßakten, die das von Dupuy,
Wilkins, Raynouard, Michelet und Schottmüller ge-
fammelte Material vermehren, aus dem Parifer Nationalarchiv
, dem Vatikanifchen und Bifchöfliehen Archiv zu
Barcelona. Ich hebe als die wertvollften Stücke nur das
von Finke auf den 25. Oktober 1307 datierte Geftändnis
des Großmeifters Jacob von Molay vor der Univerfität
Paris (II, 307fr.) und die Briefe der aragonefifchen Templer
und des König Jayme II von Aragonien hervor. Diefe
Briefe bieten uns ein vortreffliches Material dar, um
uns ein Bild von der Stimmung in den Kreifen der nicht
franzöfifchen Templer zu machen. Die Gruppe der
aragonefifchen und fpanifchen Templer, wie wir fie aus
diefen Briefen kennen lernen, rechtfertigt nicht das von
mir (A. Templer RE.3 XIX, 510) gefällte Urteil, daß der
Orden im ganzen bei feinem Untergang ein überlebtes
Gebilde war. Diefe fpanifchen Templer (landen jedenfalls
noch zur Zeit der Vernichtung des Ordens auf der früheren
Höhe. Die Darfteilung im erften Bande ift etwas Hark
mit der Unterfuchung von Einzelfragen beladet, fo daß
fich das Buch nicht leicht lieft. Fein ift die abwägende
Charakteriftik, die Finke von Philipp, dem Schönen, und
Papft Clemens V gibt: Er fieht in dem franzöfifchen
König keinen Mann ungeftümer Initiative, keinen Erfinner
höchflgewagter, folgenfehwerer Operationen, fondern
eine wohlunterrichtete, äußerlich kalte, weil kühl überlegende
, wefentlich rezeptive Perfönlichkeit, die innerlich
für ein Ziel glühte: höchfte Machtentfaltung des
franzöfifchen Staats im Innern und Äußern, den weltlichen
Mächten und der Kirche gegenüber. Nur religiöfe
Heuchelei bei feinen großen politifchen Aktion anzunehmen
, wäre ganz irrig. Starre Rechtgläubigkeit und
rückfichtslos durchgreifende Herrfchernatur waren in
Philipp gepaart. Und diefem trat in Clemens V ein
fchwacher, kleinlicher, kränkelnder Papft gegenüber, der
der fchlimmfle Förderer des Nepotismus auf dem Papft-
thron war. Aus diefen Charakterzügen erklärt fich die
unendlich traurige Rolle, die der erfte avigonefifche Papft
im Templerprozeß gefpielt hat. Ich kann im Rahmen
diefer Anzeige nur die wichtigften Refultate Finkes
berühren. Seine ausführliche Unterfuchung über die
Gefchichte des Templerordens vor dem Beginn des
Prozeffes hat es m. M. nach zur Evidenz erhoben, daß
der Orden im Verbände der Kirche, wie die andern
Orden ftand, und von irgendwelchen Härefien in ihm
keine Rede fein kann. Daß Unfittlichkeiten vorkamen,
ift dadurch natürlich nicht ausgefchloffen, aber große
öffentliche Skandale, wie bei dem konkurrierenden Orden