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Ausgabe:

1908 Nr. 11

Spalte:

337-338

Autor/Hrsg.:

Sauter, Benediktus

Titel/Untertitel:

Kolloquien über die heilige Regel. 3., verb. Aufl 1908

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 11.

338

Buches von Seipel Einwände zu erheben hätte. Gewiß j myftifchen Todes, des tiefen heiligen Schweigens durchhat
er gegenüber Sommerlad, der mit Vorliebe die Wider- | lebt, als du bei der heiligen Profeß unter dem Grabtuch
fprüche in den vvirtfchaftsethifchen Anfchauungen derKir- | lagert. Auch diefes war kein Modergrab, fondern ein glor

chenvater hervorhebt, den Nachweis geführt, daß folche un
ausgeglichene Widerfprüche nicht fo häufig find, wie
diefer meinte. Aber er fcheint mir vielfach in das andere
Extrem einer Harmonifierung aller wirtfchaftsethi-
fchen Auslagen der Kirchenväter verfallen zu fein. Ich
würde überhaupt nicht von den wirtfchaftsethifchen

reiches Grab, auch du fchienft tot für die Welt, warft
jedoch voll Leben in Chriftus, voll heiliger Affekte, voll
glühender Liebesakte und eifriger Vorfätze für dein ganzes
Leben. Wir hören von der großen Gaftfreundfchaft der
Klöfter, die die armen Studenten zur Ferienzeit in ihre
Mauern aufnehmen und aufs freundlichfte verpflegen.

Lehren, fondern Anfchauungen der Kirchenväter fprechen, Er rügt die Mißbräuche der klöfterlichen Praxis, indem
da nicht jede Ausfage z. B. bei Tertullian, bei dem beide j er darüber klagt, daß die in jeder Zellentür angebrachten
Betrachtungsweifen des Befitzes, die ethifche und recht- Schiebfenlter, die die ftete Beobachtung der Mönche
liehe, miteinander ringen, gepreßt werden darf. Bei aller : durch den Abt ermöglichen follen, vielfach durch ange-
Gründlichkeit in der Deutung der einzelnen Stellen der j klebte oder feftgenagelte Bildchen verdeckt werden, oder
Kirchenväter bekommt man kein Gefamtbild von der j daß die Mönche bei der Tifchlektion Zeitungen und
Entwicklung der wirtfchaftsethifchen Anfchauungen der | Brofchüren privatim für fich lefen. Er warnt vor Privat-
Kirchenväter. Um nur einen Punkt herauszugreifen : j Übungen der Mönche in Gebet und Andacht und empfiehlt
Wie verfchieden ift doch z.B. die urchriflliche Beurteilung die gebräuchlichen Andachten, die Verehrung des aller-
des Reichtums gegenüber der, die uns in der Schrift heiligften Altarfakraments, des heiligften Herzens Jehl,
des philofophifchen Chriften Clemens Alexandrinus, Quis der Maria, der heiligen Engel, des heiligen Jofeph und
dives salvetur, am Anfang des dritten Jahrhunderts ent- Benedikts, das heilige Rofenkranzgebet und die Kreuzgegentritt
. Aber davon erfahren wir wenig aus dem wegandacht. Bei dem Strafkodex der Regel weift er
Buche von Seipel. Durch feine fyftematifche Betrach- darauf hin, daß die körperlichen Schläge im Klofter längft
tung hat die hiftorifche gelitten. Dennoch möchte ich j abgefchafft find, fowie auch, daß jene unterirdifchen Kerfein5
Buch als eine fehr wertvolle Materialienfammlung ker, Blutkammern, Marterwerkzeuge, von denen es in
für das von ihm behandelte Thema bezeichnen und ihm j dem Gehirn eines rechten Klofterfreffers wimmelt, nie-
auch das Verdienft zufprechen, in vielen Punkten die I mals exiftiert haben. Von Intereffe ift auch die Bemer-
wülkürlichen hiftorifchen Kombinationen Sommerlads kung, die er zur Beruhigung der Mönche über die im
korrigiert zu haben. I Brevier enthaltenen Legenden macht: Die Kirche fchreibt

Heidelberg Grützmacher. jenem Teil des Breviers keine Unfehlbarkeit zu, in

dem die Lebensgefchichten oder Legenden der Heiligen

Sauter, Abt. Dr. Benediktus, O. S. 11, Kolloquien Über enthalten find. Diefelben wurden eben zu der Zeit, als
die heilige Regel. Dem Druck übergeben von feinen fie,ins Brevier kamen, in der Form aufgenommen, in

Mönchen. Dritte, verbefferte Auflage. Freiburg i. B.,
Herder 1907. (IX, 384 S.) gr. 8° M. 4 — ; geb. M. 5.40
Das vorliegende Buch ift von dem Abt Sauter während

welcher fie nach den Ergebniffen der damaligen Forfchung
vorlagen. Der Verfaffer hat einen fcharfen Blick für alle
Lebensverhältniffe, eine innige Freude an der Natur und
trotz feiner mönchifchen Frömmigkeit zitiert er unfere

feiner Rekonvaleszenz aus fchwerer Krankheit den Mön- : Klaffiker, wie Schillers Lied von der Glocke und Herders
chen feines Klofters diktiert und von ihnen in Druck Gedicht von dem verlorenen und wiedergefundenen Jüng-
gegeben. Es enthält erbauliche Betrachtungen zur Bene- ling. Ich empfehle das Buch allen denen, die fich an
diktinerregel, die der erblindende und durch Krankheit dem gelegentlich von der konfeffionellen Polemik entgelähmte
Abt darbietet. Er will keine wiffenfchaftlich- worfenen Zerrbild mönchifcher Frömmigkeit und klöfter-
theologifche oder kritifch-hiftorifche Erklärung geben, licher Praxis nicht genügen laffen, fondern ein wirkliches
Das Buch trägt alfo keinen wiffenfehaftlichen Charakter, ! Bild befitzen wollen.

aber es ift. dennoch wertvoll, um eine lebendige An- j Heidelberg. Grützmacher.

fchauung von dem gegenwärtig in den Benediktiner- , —-'------

klöftern herrfchenden Geift zu bekommen. Das Buch ' Voigt, Prof. D. Heinr. Gisb., Brun von Querfurt. Mönch,
ift durchweht von einem Geift ftarker und inniger mön- Eremit, Erzbifchof der Heiden und Märtyrer. Lebens-
chifcher Frömmigkeit, die der des Ordensft.fiers Bene- ]auf( Anfchauungen und Schriften eines deutfehen
dikt in vielen Beziehungen kongenial ift. Zum fechlten m;rr,„„-.,c -1 mk <■ ~ j- w j j

Kapitel, das vom Gehorfam handelt, legt der Verfaffer Millionärs und Märtyrers um die Wende des 10. und
ein bezeichnendes Bekenntnis ab: Der wichtigfte Punkt in 11 • Jahrhunderts, ein Beitrag zur Gefchichte Deutfch-
der ganzen heiligen Regel ift der Gehorfam, mit diefem, lands und Italiens im Zeitalter Ottos HI. und zur
nämlich mit Demut und dem Gehorfam der Liebe, wer- älteften Kirchengefchichte Ungarns Rußlands Polens
de" !,C,ufffa"e Geheimniffe der Gnade und Glorie wie ^ Schwedens und Preußens. Mit 4 Lichtdrücktafeln'
von felbft offnen. Der Gehorfam ift der wahre Himmels- - lin,^,,^;^!,«. Tri ClV T ^ ~ .

fchluffel. Als Zweck des Ordenslebens der Benediktiner undf6 l'thographifchen Tafeln. Stuttgart, J. F. Stein-
bezeichnet er das Leben im Klofter unter einem Abt j köpf 1907. (XII, 525 S.) gr. 8" M. 16 —; geb. M. 18—
in heiligem Gehorfam, mit der Verpflichtung zum gött- Es ift eine perfönliche Veranlaffung, daß gerade ich

liehen Dienfte und zur fteten perfönlichen Heiligung. i diefes Buch hier anzeige, aber ich bin mir bewußt, nichts
So energifch er für das Fefthalten der eigentümlichen For- ; von Perfönlichem mitfprechen zu laffen, wenn ich das
men des Benediktinifchen Ordenslebens eintritt, fo wenig Buch vortrefflich nenne. Voigt hat es verftanden, ein
ift fein Standpunkt den anderen Orden der katholifchen überaus anziehendes, anfehauliches Lebensbild des heil.
Kirche gegenüber exklufiv. Gelegentlich preift er das Brun zu entwerfen und es in der Weife hineinzuzeichnen
Exerzitienbüchlein des hl. Ignatius von Loyola als das in den Rahmen der großen Gefchichte der Zeit, daß es
Buch, das die Waffenheere gegen den Proteftantismus, j mehr als biographifches Intereffe erweckt. Brun war
gegen den Liberalismus, gegen den Indifferentismus, j der Nachfolger Adalberts von Prag in dem Verfuche,
gegen den Naturalismus und gegen alle Härefien der mo- eine Miffion unter den Preußen zu begründen; er hat
dernen Zeit inftruiert und ausgerüftet hat. — Das frifch auch eine Vita Adalberts verfaßt. Es war für V. fehr
gefchriebene, durch charakteriftifche Bilder belebte Buch i naheliegend, feiner Monographie über Adalbert (18981,
läßt uns aber auch einen Blick in die klöfterliche Praxis der er noch eine Reihe weiterer kritifcher Ouellenftudien
von heute tun. So fchildert uns der Verfaffer den feier- ' hat folgen laffen, eine Darftellung des Lebens des interef-
lichen Akt der Profeß: Auch du haft ein Vorfpiel des ! fanten, an Geift und Charakter hochgearteten Haupterben