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Ausgabe:

1908 Nr. 11

Spalte:

333-335

Autor/Hrsg.:

Drews, Paul

Titel/Untertitel:

Studien zur Geschichte des Gottesdienstes und des gottesdienstlichen Lebens. II. u. III 1908

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. It.

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ein Lob zu fpenden. Befonders hübfch tritt das bei I fchließen — wenigftens ich konnte das nicht (die Litur-
Widerlegung der in fich morfchen, aber mit großer j giker vor Drews nahmen kaum Notitz von dem Werk

Sicherheit aufgeftellten Hypothefe Seecks von den Be
ftrebungen des Licinius, die Einheit der Kirche wiederher
zuheilen, und ihrer Krönung durch angebliche Berufung

und waren offenbar vorfichtiger geftimmt als ich) —,
daß an der Sache etwas, ja wohl viel fei; ich wurde
nur immer wieder im Detail ftutzig, denn da half Probft

eines allgemeinen Konzils i. J. 321 entgegen. Seecks | feiner Idee mit foviel Phantafie nach, daß auch ich zu-
Hypothefe ruht ganz wefentlich auf der Behauptung, daß ! weilen Anwandelungen bekam, mich einfach von ihr ab-
Sozomenus feine Kirchengefchichte mit dem Jahre 321 zuwenden. Es nicht getan zu haben, gereicht mir jetzt
begonnen habe, welchem Jahr alfo eine epochemachende j angefichts von D.s Unterfuchung zur Genugtuung. Ich
Bedeutung zukommen muffe. In Wirklichkeit fagt ; fand immer wieder, daß es wirklich nur einer forgfäl-
Sozomenus mit aller wünfchenswerten, bisher von tigeren Sichtung des Materials und einer überlegteren,
niemand verkannten Deutlichkeit, daß er feine Gefchichte i freieren Faffung der Thefe bedürfen werde, um Probft
mit d. J. 324 beginne. Seecks Vorausfetzung ift alfo zuftimmen zu können. Was mich an Prohlis Buch fpe-
unrichtU. i z'e^' intereflierte und irritierte, war die Behauptung, unter

Ro«ala möchte ich dringend raten, feine Unter- ; xavcov trjg mörecog habe die ältefte Kirche die Liturgie,
Eichungen nicht liegen zu laffen. Eine genaue Nachprüfung : fpeziell das große Dankgebet, die fog. Praefatio, verbanden,
z. B. von Eduard Schwartzs einfchneidenden und unfre Diefe Thefe als folche konnte ich nicht akzeptieren.
Kenntnis der Einzelheiten und des großen Zufammen- , Ich glaubte mich überzeugen zu können bezw. zu müffen,
hangs vielfach pofitiv fördernden Aufhellungen würde 1 daß der Ausdruck teils die heil. Schrift, teils das Tauf-
fehr dankenswert fein. fymbol bedeute. Aber die Anklänge an die Praefatio

p.p. q Krüger ! unc* 'n c'en Schriften bis zu Origenes und Novatian aller-

g ' i dings fo zahlreich, daß man fie, wie mir fchien, gar nicht
~r ^ , .. „ „ überhören kann. Es fragt fich nur, wie fie zu erklären

Drews, Prof. D. Paul, Studien zur Gefchichte des Gottes- feierii direkt oder indirekt, aus Bekanntfchaft wirklich
dienftes und des gottesdienftlichen Lebens. II. und III. ,aller' Autoren mit der ,clementinifchen' Liturgie, fpeziell
Unterfuchungen über die fogen. clementinifche Li- dem Dankgebet bei der Euchariftie CA. VIII, 12, oder
turgie im VIII. Buch der apoftolifchen Konftitutionen. aus gemeinfamen Quellen. Hier hat nun Drews mit

t t-,- 1 •, r • r> „ TüKin^ön 1 genauer umfehriebenen Hypothefen, als die ich aus-

I. Die clementinifche Liturgie in Rom. lubingen, & , , . ' . , C D r i

* r o %* v. ^ ,,,.„ c.. on „ , gefprochen, in die Frage eingegriffen und damit Reful-
J. C. B. Mohr 1906. (VIII, 166 S.) gr. 8« M. 5— tate gewonnen, die ich im einzelnen nicht alle billige
Die Aufforderung, das oben bezeichnete Buch von I (das ift ja im Grunde felbftverftändlich: vieles wird wohl
Drews zu befprechen, richtete die Redaktion diefer Zeit- immer kontrovers bleiben!), aber nirgends belanglos zu
fchrift alsbald nach Erfcheinen desfelben (Sommer 1906), ; nennen wage, die im Gegenteil die Forfchung bedeutfam
alfo zu einer Zeit, wo ich noch in Göttingen war, an j anregen werden und im Kern, wie ich nicht zweifele,
mich. Wenn jetzt inzwifchen D. nach Halle in die Fakul- ftandhalten.

tät, der auch ich angehöre, berufen ift, braucht mir das D. glaubt, daß man aus den CA., fpeziell aus Buch VIII,

doch wohl kein Grund zu fein, die Anzeige, welche ] in der Tat die ältefte P"orm der Meffe divinieren kann,
früher zu verfaffen mir die äußeren Umftände unmöglich Mit Hilfe der Schriften aus der Zeit bis Novatian könne
machten, nachträglich noch abzugeben. Ich hoffe, daß man erkennen, daß die CA. fowohl den Gang (Aufbau)
man mich nicht in Verdacht nehmen wird, der Freund- 1 als den Inhalt der Liturgie noch fo fixieren, wie er der
fchaft in meiner Anzeige Raum zu geben. Eher kann .urfprüngliche' war. Wie Heft I feiner ,Studien' 1902 (es
man erwarten, daß ich fachlich für die Refultate des : war betitelt: ,Zur Entftehungsgefchichte des Kanons in
Buchs in befonderem Maße präokkupiert fei. Denn , der römifchen Meffe'), hat auch das vorliegende Doppelich
habe in meinem Werke über das Apoftolikum die lieft ein letztes Intereffe an der römifchen Meffe. Das
Grundgedanken desfelben bis zu einem gewiffen Grade Schlußkapitel der Unterfuchung ift überfchrieben: ,Die
vorweggenommen. D. hat nicht verfäumt, das zu notieren, j römifche Meffe und die clementinifche Liturgie', 1. ,Der
hebt aber zugleich hervor, daß er auf feine Ideen nicht Aufbau', 2. ,Die einzelnen Gebete' (S. 122—159). D. will
erft durch mich gekommen fei, und er hat zumal im hier zeigen, daß auch die jetzige Geftalt der abendländi-
Detail das, was ich beigebracht, foweit überboten, daß 1 fchen Opferfeier noch den Zufammenhang mit der ,clemen-
ich nicht daran denke, für mich irgendwie ein ,Verdienft' tinifchen' verrate. Er leitet die clementinifche Liturgie
an feinen Erkenntniffen zu reklamieren. Mein Intereffe nicht aus Rom felbft ab, fondern aus dem Offen, fpeziell
bei der Sache war auch ein anderes, als feines. D. hat | wohl Antiochia. In den Welten gelangt, hat fie

das Intereffe des Liturgiehiftorikers, ich das des Dog
menhiftorikers. Gewiffe Andeutungen zeigen mir, daß
er den Ideen, die ich als Dogmenhiftoriker gefaßt habe,
nicht zunimmt. Das ift irrelevant gegenüber der Frage,

viele Schickfale gehabt, in Rom fpeziell eine von Jeru-
falem, der Jakobusliturgie (in CA. VIII, 12—16 redet
Jakobus, Bruder des Johannes Zebedaeus': die clementinifche
' Liturgie bietet fich alfo an ihrem Orte als

die er eigentlich verfolgt und die er, wie ich glaube, Jakobusliturgie'; kann das was bedeuten?) ausgegangene
nicht nur richtig anfaßt, fondern auch im wefentlichen Welle über fich ergehen laffen, ganz abgefehen von wei-
zutreffend beantwortet. Beide gemeinfam haben wir j teren dortigen Sonderverhältniffen. Aber gerade auch,
einen Vorgänger an dem ehemaligen Profeffor der katho- wie fie zur Ruhe gekommen und nun ,die' abendländifche
lifchen Theologie F. Probft in Breslau (geft. 1899), deffen [ Meffe geworden, hat die römifche Liturgie erkennbarer-
Scharffinn und Belefenheit mir lebhaft imponierte, deffen weife die .clementinifche' zur eigentlichen hiftorifchen
Methode mir aber recht wild vorkam, fo daß ich ihm , Grundlage und Vorausfetzung. Ja die clementinifche
doch nur mit vieler Referve zur Seite trat. Die Sache j Liturgie ift für Offen und Werten der urfprüngliche Typus,
ift diefe. Probft als erfter trat den Nachweis an, daß D. rechnet mit viel Freiheit der Bifchöfe der alten Zeit
die Liturgie, die uns das VIII. Buch der fog. apoftolifchen j in Hinficht des Wortlauts, auch der Zufammenordnung
Konftitutionen zeigt, uralt, ja im wefentlichen wirklich : der einzelnen Gebete und Akte, doch fo, daß der gleiche
.apoftolifch' fei. Er glaubte zu fehen, daß die Werke eigentliche Brauch überall geherrfcht habe. An ver-
der chriftlichen Autoren der drei erften Jahrhunderte , fchiedenen Orten zwar fei in verfchiedener Weife (nicht
voll feien von unverkennbaren Anlehnungen an diefe Li- ohne mannigfaltige Rückficht aufeinander) der erfte Be-
turgie, die man gemeinhin die .clementinifche' nennt, ftand abgeändert worden. Durch die Art der Variationen
Las man fein Werk .Liturgie der drei erften Jahrhunderte' bezw. deren Verhältnis zueinander aber werde oft die
1870, fo konnte man fich dem Eindrucke gar nicht ver- Hypothefe der gemeinfamen Grundlage gerade erft recht