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Ausgabe:

1908 Nr. 11

Spalte:

323-329

Autor/Hrsg.:

Smend, Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Weisheit des Jesus Sirach. 2 Tle 1908

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. II.

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.kanaanit.-israelit'Pfingftfeftes mit dem harranifchen Mond- j was wir da ficher befitzen, einen feften Umfang gewinnt,
feft ift alfo abzulehnen, und es fällt von dort her kein i Die 3 oben genannten Bücher von Smend — ich bezeichne
Licht auf die Opfer und auf die 49 Zwifchentage. Sicher j fie im Folgenden kurz mit Üb., Erkl. und Ind. — werden

fcheint nur das zu fein, daß das alte Ritual gern mit
Siebenerperioden rechnete (vgl. Jobel, bubbuluni); fo mag
auch die Siebenerperiode zwifchen Odern und Pfingden
zu erklären fein. Zwifchen der Woche (7 Tage) und dem
Jahr (7x50 + 4) Hegt die Siebenwochenperiode (7x7);
der darauf folgende 50. Tag id Kalendereinfchnitt, Feft-
tag. Die im fpätjüdifchen Ritual enthaltenen merkwür

jedem Benutzer beweifen, nicht nur, daß für einen Alt-
tedamentler kaum eine Schwerere, kompliziertere, größere
Anforderungen an Wiffen, Fleiß, Akribie, Scharffinn und
drengde Selbdzucht, d. h. an alle Eigenfchaften des
Charakters wie der Intelligenz eines Gelehrten dellende
Aufgabe exidiert als diefe Neu-Erforfchung des Sirach,
fondern auch, daß in Smend ihr der geeignete Bearbeiter

digen Ähnlichkeiten mit dem harranifchen Mond-Plejaden- '-■ erwachfen id: er durfte diefe monumentalen Leidungen
ritual mögen fpäter in fynkretidifcher Zeit eingedrungen wohl den Meidern der orientalifchen Wiffenfchaft, Nöl-

fein.

Das Beachtenswerte an derBrofchüre id die Stellungnahme
zu der Theorie von der vorderorientalifchen Welt-
anfehauung. So fehr G. fich im Prinzip zu ihr bekennt,
fo vernünftig id er in den Folgerungen: Eine Antwort
über das Wefen der altoriental. Kultur fei noch lange
nicht möglich; neben der babylonifchen müffe die ägyptische
und auch die altfemitifche (arabifche, jemenitifche)
als felbdändig erkannt werden; keine der maßgebenden
vorderoriental. Religionen fei ein bloßer Abklatfch der
babylon., vielmehr habe jede die babylon. Werte ihrem
Wefen entfprechend umgedaltet; Israel knüpfte in der
Entwicklung feiner religiöfen Satzungen, zumal der kul-
tifchen wohl nirgends unmittelbar an Babylonien an. Das
find gefunde Sätze. Und G. befchreitet felbd den einzig
möglichen Weg des Fortfehritts: mitteld gründlicher Ein-
zelunterfuchungen in das vielverworrene Problem vom
vorderen Orient und feiner Kultureinheit mehr Licht zu
bringen.

Tübingen. Volz.

Smend, Prof. Rudolf, Die Weisheit des Jeius Sirach. (2 Teile.)
Berlin, G. Reimer 1906. gr. 8° M. 21 —

(Text.) Hebriiifch und deutfeh herausgegeben. Mit einem hebräi-
fchen Gloflar. (XXII, 81 u. VI, 95 S.) M. 5 —

(Erklärung.) Mit Unterftützung der Königlichen Gefellfchaft der
YViffenfchaften in Göttingen. (CLIX, 518 S.) M. 16 —

— Griechilch-fyrifch-hebräifcher Index zur Weisheit des Jefus
Sirach. Mit Unterftützung der Königlichen Gefellfchaft
der Wiffenfchaften zu Göttingen. Ebd. 1907. (XIII,
251 S.) gr. 8° M. 8 —

Daß eine gründliche Verwertung der unerwartet
reichen Funde vom hebräifchen Urtext des Sirachbuchs,
die uns feit 1896 befcheert worden find, durch einen
Kenner der ATlichen Literatur und Religion ein dringendes

Bedürfnis war, und daß es jetzt zuerft befriedigt werden j Streichen, fondern um die Rückftändigkeit der Kritik an

deke und Wellhaufen, widmen. Als geeignete Einführung
in das Gefamtproblem mag noch die Seibitanzeige
Smends in den Gött. Gel. Anzeigen 1906, Nr. IO; S. 755—771
empfohlen werden, zumal fich dort S. 767 und 771 einige
beachtenswerte Nachträge finden. Solche enthält übrigens,
wie fchon S. 512—517 der Erkl., auch die Vorrede des Ind.
S. IX zu den beiden um einige Monate früher erfchienenen
Bänden; was ich ausdrücklich erwähne als einen Beleg,
wie wenig Sm. gewillt ift, mit der Arbeit nunmehr abzubrechen
, oder fich einbildet, fertig zu fein. Die Gewiffen-
haftigkeit, mit der er auf das Unfichere in feinen Refultaten
hinweift, offen verzichtet eineErklärung aufzudrängen, (z. B.
Erkl. 175 ,den Irrtum des Griechen kann ich nicht aufklären
'), wo nur geraten werden kann, und zwifchen den
Graden der Sicherheit bei feinen Vorfchlägen unterscheidet
(,vielleichtl, ,zu vermuten ift', ,offenbar', jedenfalls')
verdient um fo größere Anerkennung, als die Unmenge
von glücklichen ,Konjekturen' aller Art, um die auch Sm.
nicht herumkommt, durch das Licht, das fie zur freudigen
Überrafchung des Lefers über unzählige dunkle
Stellen ausfehütten, das Auge ihres Schöpfers leicht
blenden könnten. Nicht minder zeichnet Sm. fich aus
durch ftrenge Gerechtigkeit; im Lob wie im Tadel weiß
er Maß zu halten, gegenüber den neueren Gelehrten
ebenfo wie bei den alten Überfetzern. Die ftrenge
Kritik, die er im Ind. IX—XIII an der Konkordanz von
Hatch-Redpath übt, ift nicht unverdient, obgleich ein
durch die Anlage von Hatchs Riefenwerk doch beffer als
bei Trommius geförderter Zweck folcher Konkordanzen,
nämlich der, die Auffindbarkeit kürzerer Zitate zu erleichtern
, von ihm nicht berücksichtigt wird. Den Vorwurf
(GGA 757). daß man fich in neuerer Zeit um die
Auslegung des Sirachbuchs nicht ernftlich bemüht hat,
der S. 764 fich in die ironifche Wendung kleidet, die
Emendation des korrupten Sirachtextes werde einigermaßen
dadurch erleichtert, ,daß diefe Aufgabe von keiner
exegetifchen Tradition belaftet ift', hat Sm. nicht erhoben,
um feine Leinung auf Korten der Vorgänger herauszu-

konnte, wird wohl Niemand bertreiten. Dem Züricher i Sirach hinter den übrigen altteftamentlichen Büchern zu
V. Ryffel hatte zu feiner Bearbeitung des Sirach in den j erklären: Unrecht wird man ihm auch darin nicht geben.
Apokryphen und Pfeudepigraphen des Alten Tertaments ; Mit faft übertriebener Genauigkeit vermerkt er es über-
von Kautzfeh erft etwa ein Drittel des nunmehr vorhan- all, wo Jemand vor ihm das Rechte gefunden hat, und
denen hebräifchen Textes zur Verfügung gestanden: die von feinem Bemühen, die gefamte Literatur zur Sirachneuen
Publikationen haben aber überall eine neue Bafis
gefchaffen; denn die Überzeugung, daß die hebräifchen
Fragmente direkt von dem Urtext abstammen und nicht
etwa Rücküberfetzung eines fyrifchen oder gar griechifchen

frage zu verwerten, legt ein vorläufiges Zeugnis dem
Lefer, der trotzdem nachher noch fehr viel Neues kennen
lernt, das Verzeichnis der Abkürzungen S. X—XIII der
Erkl. ab. Wo Sm. ein Stück diefer bisweilen recht abge-

Textesfind, braucht heut nicht mehr verteidigt zu werden, j legenen Literatur nicht erreichen konnte, fagt er es offen;

zum guten Teil auch Dank der Arbeiten Smends.
,Hochgradig verderbt' find indeß auch die neu entdeckten
Texte, wie man es von den bisher benutzten
oder doch bekannten, den griechifch-lateinifchen und
den fyrifchen, längft wußte und nun höchft unliebfam

und von diefen Fällen find mir nur zwei merkwürdig er-
fchienen, S. LXIX Erkl. n. 2, weil Sm. fich doch am Ende
durch die Liebenswürdigkeit eines englifchen Kollegen
aus den Annual aecounts Auffchluß über den Sinn der
Ziffer 55 für die verfchiedenen Stücke der Septuaginta-

auch für Fälle, wo man ihnen Vertrauen fchenkte, be- ! Ausgabe von Holmes-Parfons hätte verfchaffen können,
rtätigt findet; wir müffen zufrieden fein, wenn wir durch ; und S. XII, wo ich mit einer Mifchung von Befchämung
die Vermehrung der fo erfreulich bereicherten Mittel j und Behagen lefen mußte, daß fogar in Göttingen eirrem
dem Ziel diefer Arbeit, der Herstellung des urfprünglichen Gelehrten eine fo hervorragende Zeitfchrift wie das Journal
Sirachtextes und feinem rechten Verftändnis im Einzelnen of Theological Studics unzugänglich geblieben ift.
wie im Ganzen näher kommen, wenn eine Anzahl falfcher Aber vielleicht erwartet der Lefer vor allem ein

Vorstellungen für immer fchwindet und das Gebiet deffen, | Referat über das in den verfchiedenen Büchern Smends