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Ausgabe:

1908

Spalte:

225-230

Autor/Hrsg.:

Budde, Karl

Titel/Untertitel:

Geschichte der althebräischen Litteratur 1908

Rezensent:

Baentsch, Bruno

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schüren, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr< 3_ 11. April 1908. 33. Jahrgang.

Budde, Gefchichte der althebräifchen Litteratur
(Baentfch).

Stucken, Aflralmythen derHebraeer, Babylonier

und Aegypter (Bertholet).
Engel, Wirklichkeit und Dichtung (Volz).
Feldmann, Der Knecht Gottes in Ifaias Kap.

40—55 (Volz).
Klette, Die Chriftenkataärophe unter Nero (H.

Iloltzmann

Weinel, Die Stellung des Urchristentums zum . Müller, Karl, Luther und Karlftadt

Staat (H. Holtzmann). (Boffert).
Redlich, Jülich-liergifche Kirchenpolitik am | pauti Die Chriftologie feit Schleiermacher
Ausgange des Mittelalters und in der Refor- | (Lobltein).

mationszeit, I. Bd. Urkunden und Akten 1400
1553 (Rob. Holtzmann).
Hollweg, Dr. Georg Heßler (Rob. Holtzmann
).

Pfleger, Zur Gefchichte des Predigtwefens

Peters, Glauben und Wiffen im erften

Schöpfungsbericht (Lobftein).
Niebergall, Was i(t uns heute die Bibel?

(Lobftein).

Kirchner's Wörterbuch der philofophifchen

Pieper Chriftentum, römifches Kaifertum und , in Straßburg vor Geiler von Kayfersberg

heidnischer Staat (H. Holtzmann). (Schian). Grundbegriffe 5. Aufl. (Elfenhans).

Budde, Karl, Geschichte der althebräischen Litteratur. —
Bertholet, Alfred, Apokryphen und Pseudepigraphen.

(Die Literaturen des Üftens in Einzeldarstellungen.
Siebenter Band. Erlte Abteilung.) Leipzig, C. F.
Amelangs Verlag 1906. (XVI, 433 S.) gr. 8°

M. 7.50; geb. M. 8.50

Budde ilt nicht der etile, der den Verfuch gemacht
hat, eineGefchichtederalthebräifchenLiteraturzufchreiben.
Männer wie Reuß in fciner Gefchichte der heiligen
Schriften Alten Teftaments, Kautzfeh in feinem Abriß
des alteftamentlichen Schrifttums und Wildeboer in
feiner Literatur des AT. find ihm vorangegangen. Daß
Buddes Arbeit die feiner Vorgänger in mancher Hinficht
überragt, darf nicht wundernehmen. Von Vorgängern
kann man lernen, wie mans machen und wie
mans nicht machen muß. Dazu hat fich feit Kautzfeh
und Wildboer manches fchwierige literarifche Problem
in erwünfehter Weife geklärt, und der Verf. hat dazu
felbft nicht wenig beigetragen. Das ermöglicht bei
manchem Punkt größere Sicherheit und Beftimmtheit.
Schließlich verfügt der Verf. über eine befonders ge-
fchickte und gefällige Art der Darfteilung. Er weiß gut
zu charakterisieren. Er verlieht den Geift der Zeiten
und der Schriften nicht nur gut zu erfaffen, fondern
auch gut zur Darftellung zu bringen. Auch Stilart und
literarifche Form weiß er äfthetifeh zu würdigen. Kurz
der Verf. hatte mehr als mancher andre das Zeug dazu,
uns eine Gefchichte, und zwar gerade eine allgemein
verftändliche Gefchichte der althebräifcheu Literatur zu
fchenken.

Und doch muß man fich fragen, ob die Darfteilung,
die er uns gegeben hat, denn nun auch wirklich eine
Literaturgefchichte, wie fie uns als Ideal vorfchwebt, dar-
ftellt. Es hat bekanntlich feine ganz befonderen Schwierigkeiten
, eine wirkliche, d. h. chronologifch-pragmatifche
Gefchichte der israelitifchen Literatur zu Ichreiben. Denn
einmal ift uns im AT. eine ficherlich nur kleine Auswahl
aus einem einft viel umfangreicheren Schrifttum erhalten,
und diefe Auswahl ift nach religiöfen Gefichtspunkten
getroffen. Dazu kommt, daß bei manchen Schritten das
Zeitalter fich nicht mit Sicherheit beftimmen läßt. Der
Gefchichtsfchreiber muß da manches in Unficherheit
laffen oder zu einem Gewaltfpruch fich entfchließen.
Eins ift oft fo peinlich als das andre. Das fchlimmfte
ift aber, daß kaum ein altteftamentliches Buch ein
Literaturvverk in feiner orginalen Geftalt repräfentiert

zuheben. Und viele Bücher find gar aus mehreren, z. Tl.
aus weit von einander liegenden Zeiten flammenden
Einzelfchriften komponiert, gehören alfo verfchiedenen
Zeiten an. Wo fich freilich die einzelnen Quellen-
fchriften fo fcharf voneinander scheiden laffen wie im
Pentateuch, mag man fich mit diefer Schwierigkeit leicht
abfinden. Man reißt den Pentateuch eben auseinander
und fetzt jede Quellenfchrift dahin, wohin fie gehört. Aber
fchon hier wird fich in die gefchichtliche Darfteilung leicht
die literarkritifche Erörterung mifchen, und die Folge
davon ift: die Literaturgefchichte fängt an nach Einleitung
' zu fchmecken. So hat fich z. B. auch der Verf.
veranlaßt gefehen, bei Befprechung des Jahviften das
ganze Pentateuchproblem aufzurollen. Er hat das ficherlich
ganz intereffant und gefchickt getan, aber die fortlaufende
Darftellung wird durch das kritifche Intermezzo
doch einigermaßen zerriffen, und der Lefer atmet erleichtert
auf, wenn er den Verf. auf S. 63 den auf S. 43
abgeriffenen Faden wieder aufnehmen fieht. Wo fich
nun aber die Elemente nicht mit folcher Sicherheit voneinander
fcheiden und chronologifch feftlegen laffen, da
ift der literarkritifchen Erörterung Tor und Tür geöffnet,
und die Literaturgefchichte fchmeckt dann nicht bloß
nach .Einleitung', fondern wird felber zur ,Einleitung'.
Diefem Übelftande hat auch der Verf. nicht entgehen
können. Man lefe nur die Partien über Jeremias (S. 140fr.),
Jef. 56—66 (S. 177 ff), Sach. 9—14 (S. 206 ff.), Esra und
Nehemia (S. 299(7.) und frage fich, worin fich hier des
Verf. Literaturgefchichte von der komplizierteften Ein
leitung, wie z. B. der Cornills, wefentlich unterfcheidet.
Wir wollen dem Verf. daraus keinen Vorwurf machen.
Das Verfahren liegt nur zu fehr in der Natur der Sache
begründet. Noch einen anderen Übelftand möchten wir
hier berühren. Auf S. 261 ff., in einer Partie, die fich auf
nachexilifche Literatur bezieht, lefen wir, daß der Verf.
bereits für die vorexilifche Zeit eine reich entwickelte
Pfalmendichtung annimmt und manche Pfalmen unferes
Pfalmbuches in die vorexilifche Zeit fetzt. Aber in der
Gefchichte der vorexilifchen Zeit, die uns der Verf. entwirft
, lefen wir davon nichts. Wir erhalten in ihr alfo
nur ein unvollftändiges Bild. Dasfelbe gilt mit Bezug
auf die Proverbien, deren Gattung ja nach S. 289 ebenfalls
in hohes Alter hinabreichen foll. Der Fehler liegt hier
darin, daß die Darftellung von den einzelnen Büchern,
den Produkten einer komplizierten Sammlung, anftatt von
den Elementen ausgeht, die in diefen Büchern zu einer
Sammlung vereinigt find. Der Verf. einer Literaturgefchichte
mußte alfo folche Sammeleinheiten noch viel

Faft alle find mehr oder minder überarbeitet, und es hält mehr zerfchlagen und die einzelnen Elemente in ihre
oft l'chwer, die Überarbeitung von dem Grundftocke ab- I Zeitalter einweifen. Vielfach, fo namentlich bei den hifto-

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