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Ausgabe:

1907 Nr. 5

Spalte:

131-132

Autor/Hrsg.:

Kümmel, August

Titel/Untertitel:

Materialien zur Topographie des alten Jerusalem. Begleittext 1907

Rezensent:

Schürer, Emil

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Seite 1

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131 Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 5. 132

Karte der Materialien zur Topographie des alten Jerufalem, gezeichnet
von Oberlehr. Auguft Kümmel und herausgegeben
vom Deutfchen Verein zur Erforfchung Pa-
läftinas 1904. 1:2500. Halle a. S., R. Haupt in
Komm. (2 Bl.) Fol.

Kümmel, Dir. Aug., Materalien zur Topographie des alten
Jerufalem. Begleittext zu der ,Karte der Materialien
zur Topographie des alten Jerufalem'. Ebd. 1906
(XVI, 198 S.) 8° Mit der Karte zufammen M. 18 —

Wer fich über die Topographie des alten Jerufalem
orientieren will, dem feien diefe trefflichen Arbeiten aufs
wärmfte empfohlen. Sie find zweifellos das befte, was
wir jetzt zum Zweck der Einführung in diefes Gebiet
haben, indem fie nicht nur die Refultate aller neueren
Arbeiten auf dem Boden des alten Jerufalem aufs forg-
fältigfte verwerten, fondern auch — in dem begleitenden
Text — das Material in einer für den Anfänger geeigneten
Weife darbieten, nur die ficheren Tatfachen gebend
und die unficheren Hypothefen, die ja für manche
Fragen nicht zu vermeiden find, der weiteren Forfchung
überlaffend.

Die (fchon zwei Jahre vor dem Text erfchienene)
Karte gibt 1. in rotem Druck einen Plan des heutigen
Jerufalem in zwei Blättern, im Maßftab von
1:2500. Zugrunde gelegt ift natürlich der Plan von
Wilfon, aber unter Berückfichtigung der feitdem eingetretenen
Veränderungen. Sodann find 2. in braunem
Druck Höhenkurven eingetragen, welche die urfprüng-
liche Bodengeftalt, foweit fie bis jetzt ermittelt ift, zur
Darftellung bringen. Die Kurven find in der Weife gezeichnet
, daß der fenkrechte Unterfchied zwifchen zwei
Kurven je drei Meter beträgt. Die Anhaltspunkte für
die richtige Zeichnung diefer Kurven find durch fortgefetzte
Beobachtungen feit dreißig Jahren erheblich vermehrt
worden. Während Zimmermann im J. 1876 fich
nur auf 364 feftgeftellte Punkte nützen konnte, ftanden
dem Verf. 473 zur Verfügung. Die Sicherheit der Zeichnung
hat dadurch noch erheblich gewonnen. Es ift bekannt
, wie wichtig die hierdurch gewonnene Kenntnis
der urfprünglichen Bodengeftalt, die durch den Schutt
der Jahrtaufende unkenntlich geworden ift, für manche
topographifche Fragen ift. Endlich 3. ftellt die Karte
in fchwarzem Druck teils den urfprünglichen Felsboden
dar, foweit er an Abhängen zutage tritt oder durch Nachgrabungen
feftgeftellt ift, teils die aus dem Altertum
flammenden Mauerrefte, foweit fie zutage liegen oder
durch Nachgrabungen feftgeftellt find. Namentlich durch
letzteren Umftand überragt die Karte ihre Vorgänger.
Denn feit dem trefflichen Werke von Zimmermann,
welches bisher das befte Hilfsmittel zur erften Orientierung
war(Karten und Pläne zurTopographiedes Alten Jerufalem,
Bafel 1876), find an zahlreichen Stellen durch neuere
Nachgrabungen wichtige Tatfachen über den Lauf der
alten Mauern ermittelt worden: über die nördliche
Mauer (wenigftens nach Anficht Vieler) durch Schick
(1878), über die Umgebung des Tempelplatzes durch
Guthe (1881), über die lüdliche Mauer durch Bliß
(1894—1897). Freilich bleiben die ,Karten und Pläne'
von Zimmermann auch jetzt noch unentbehrlich, da fie
außer den Plänen auch .Durchfchnitts-Profile' geben.

Ihren vollen Wert erhält aber Kümmels Karte erft
durch den begleitenden Text. Hier wird unter gründ-
lichfter Berückfichtigung aller neueren Arbeiten eingehend
Bericht erftattet über die noch erhaltenen, fei
es zutage liegenden, fei es durch Nachgrabungen feftge-
ftcllten Refte der alten Stadt. Nach einer Schilderung
der urfprünglichen Bodenbefchaffenheit (S. 9—51) werden
zuerft die Mauern der alten Stadt befchrieben
(S. 51 — 102). Befonders wertvoll ift hier die genaue
Feftftellung der füdlichen Mauer, deren Zug erft durch
die Nachgrabungen von Bliß (1894—1897) ermittelt worden
ift (S. 55—75). Hinfichtlich der nördlichen Mauer
hält es Kümmel für höchft wahrfcheinlich, wo nicht
ficher, daß die nördlichfte fog. dritte Mauer (die Mauer
des Agrippa) dem Zuge der heutigen Stadtmauer folgte
(S. 531.)." Entfcheidend ift für ihn, daß der ganze Bereich
nördlich von diefer Mauer ohne Unterbrechung
die Anwefenheit der roten Ackererde ohne Beimifchung
von Schutt zeigt (S. 53 f.). Freilich finden fich noch
weiter nördlich Refte einer alten Mauer, deren Steine derjenigen
der Haram-Mauer gleichen, alfo aus dem Altertum
herrühren. Diefe Mauer hält aber K. mit anderen für
ein Werk der Kreuzfahrerzeit, für welche Steine aus
dem Altertum verwendet worden feien; die Steine lägen
,nicht in situ' (S. 54). Eben diefes ift jedoch fraglich
geworden durch eine neuere Arbeit eines amerikanifchen
Gelehrten, welcher auf Grund angeheilter Grabungen
verfichert: these supposed stones are native rock, and
are tJierefore very much in situ {Paton, The third wall
of Jerusalem and some excavations 011 its supposed line,
im: Journal of Biblical Literatwe vol. XXIV 1905 [er-
fchienen 1906] p. 196—211, bef. p. 209 sq.). Die Frage
tritt damit wieder in ein neues Stadium. Vgl. auch
Gatt, Die Mauer des Agrippa (Theo!. Quartalfchr. 1905,
j S. 264—270), welcher ebenfalls Gründe dafür beibringt,
daß die dritte Mauer weiter nördlich als die heutige
I Umfaffungsmauer gelaufen fei. — Hinfichtlich der zweiten
I Mauer widerfpricht K. der feit Schicks Arbeiten vielfach
I vertretenen Anficht, daß fie füdlich der heutigen Grabes-
| kirche gelaufen fei (S. 94). Er trifft hier mit Wilfon
infofern zufammen, als auch diefer der Anficht ift, daß
bis jetzt keine fichere Spur der zweiten Mauer gefunden
fei (Quarterly Statement 1905, 231—243). — Die Frage,
j ob zwifchen Ober- und Unterftadt eine fefte, trennende
I Mauer vorhanden war, läßt K. dahingeftellt (S. 101 f.), ift
aber geneigt, fie zu bejahen (S. 99). Mir fcheint, daß
fie mit voller Sicherheit bejaht werden muß, denn Titus
mußte, als er bereits im Befitz der Unterftadt war, erft
noch feine Sturmböcke gegen die Mauern der Oberftadt
i richten {Jos. B. J. VI, 8, 1).

Ebenfo eingehend wie die Überrefte der Stadtmauern
werden von K. die Mauern des Tempelplatzes
(S. 102—125) und deren Tore (S. 125 — 137) befchrieben,
woran fich .Vermutungen über das Alter der Tempel-
umwallung und ihrer Tore' (S. 137—146) anfchließeri.
Den Robinfonbogen fetzt K. in die Zeit des Herodes
(S. 141). So fehr der äußere Befund dafür fpricht,
fcheint mir dies doch unmöglich, da nach der genauen
Befchreibung des Jofephus an diefer Stelle keine Brücke
gewefen fein kann. Für das hiftorifche Material inbetreff
der Tempeltore darf ich auf meinen Auffatz in der
Zeitfchr. f. d. Neuteft. Wiffenfch. 1906, S. 51 ff. verweifen,
wo auch gezeigt ift, daß ,Hulda-Tore' durch ,Tunnel-
Tore' zu überfetzen ift.

Die letzten Abfchnitte behandeln: die Wafferver-
forgung des Alten Jerufalem (S. 146—181), Höhlen und
Gräber (S. 181 —188), Gebäude, Häufer und Straßen
(S. 188—198). Bei den Wafferleitungen hätte noch auf
| die Infchrift verwiefen werden dürfen, welche man auf
j eine Reftauration unter dem Konfulat des Tineius Clemens
195 n. Chr., gedeutet hat (f. meine Gefch. des jüd.
Volkes 3. Aufl. I, 490). Nach Wilfon {Quarterly Statement
1905, p. 76) ift die dabei vorausgefetzte Lefung
freilich almost certainly wrang. Wilfon feinerfeits teilt
einige andere Infchriften mit (p. 75—77).

Göttingen. E. Schürer.

Oort, Dr. H., met medewerking van Dr. G. Wildeboer,
Platen-Atlas tot opheldering van bijbellche Oudheden.

Amfterdam, van Kampen & Zoon 1907. (24 S. Text
und 54 Tafeln.) 40 fl. 3.90

Nachdem erft vor I1^ Jahren der .Bilderatlas zur
Bibelkunde' von Frohnrneyer und Benzinger er-