Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1907

Titel/Untertitel:

(ohne Kategorisierung)

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.
Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 3. 2. Februar 1907. 32. Jahrgang.

Der jüdifche Kalender nach den aramäifchen

Papyri von Afluan (Schürer).
Soden v., Die Schriften des neuen Teftaments,

Bd. I, 2. Abt. (Bouffet).
Edmunds, Buddhist Texts quoted as Scripture

by the Gospel of John (Wurm).
Pfleiderer, Die Entftehung des Chriftentums
(HeitmüUer).

Nieffen, Panagia-Kapuli das neu entdeckte

Wohn- und Sterbehaus der heil. Jungfrau Maria

bei Ephefus (v. Dobfchütz).
Günther, Das Problem der Theodizee im Neu-

platonismus (Wendland).
Brewer, Kommodian von Gaza (Dräfeke).
Reichel, Augufl Gottlieb Spangenberg (Bollert).
Buffe, Die Weltanfchauungen der großen Phi-

lofophen der Neuzeit (E. W. Mayer).

S e e b e rg, Reinh., Die Grundwahrheiten der chrift-
lichen Religion, 4. Aufl. (Lobftein).

Seeberg, Reinh., Aus Religion und Gefchichte,
Gefammelte Auffatze und Vorträge, I. Bd. (Lobftein
).

Wentfcher, Ethik, 2. Theile (Ritfehl).
Richter, Indifche Miffionsgefchichte (Wurm).
Dennis, Christian Missions and Social Progress,
vol. III (Wurm).

Der jüditche Kalender nach den aramäifchen Papyri von Afluan. überall zur Ziffer gehört, daß alfo in allen Fällen, wo
, ■ a * * tvt die Herausgeber fchwanken, die höhere Ziffer die

Nachtrag zu der Anzeige in Nr. 1. j richtige ift

Die in Nr. 1 angezeigten aramäifchen Papyri aus der ' Für die Art, wie die Regierungsjahre gezählt werden,
Perferzeit geben durch ihre genaue Datierung auch in- find die beiden letzten Daten durch ihre Doppel-Angabe
tereffante Auffchlüffe über den damaligen jüdifchen Ka- der Jahl"e lehrreich, wobei aber ein Schreibfehler in Nr. 8
lender. Durch die Güte des Herrn Prof. Ginzel, dem ben!r,htl!^n Statt des an zweiter Stelle flehenden
wir außer andern wertvollen Arbeiten auch die Erneuerung , Jahres ||| || ||| ift, wie Lidzbarski mit Recht bemerkt, zu
von Idelers .Handbuch der mathematifchen und tech- i '/rfen III „III III - alfo 9. denn bei 8 würden die beiden Einzel-
nifchen Chronologie' verdanken (f. Theol. Litztg. 1906, j ftrtche II "«cht in der Mitte, fondern an letzter Stelle links
569), bin ich in den Stand gefetzt, die Refultate, welche flehen. Die beiden Daten find alfo zu lefen:
fich aus den Doppeldaten diefer Papyri ergeben, hier 8. Am 3. Kislev im 8. Jahre = 12. Thoth im 9. Jahre

mitzuteilen. Die Daten lauten nach der Lefung von Sayce des Darius.

und Cowley folgendermaßen:

1. Am 17. (18.?) Elul == 27. (28.) Pachons im 14. (15.?)
Jahre des Xerxes.

2. Am 18. (?) Kislev = 6. (7.) Thoth im 20. (21.?)
Jahre [des Xerxes], im Anfang der Regierung des
Artaxerxes.

3. Am 21. Kislev = 1. Mefori im 6. Jahre des Artaxerxes
.

4. Am 3. Kislev = 10. Mefori im 19. Jahre des Artaxerxes
.

5. Am 13. (14.?) Ab = 19. Pachons im 25. Jahre des
Artaxerxes.

6. Am 26. (?) Tifchri = 6. (?) Epiphi [im . . . Jahre

des......]

7. Im Monat Elul = Payni im 3. (4.?) Jahre des Darius.

8. Am 3. Kislev im 7. (8.?) Jahre = ii. (12.?) Thoth
im 7. (8.?) Jahre des Darius.

9. Am 23. (24.?) Schebät im 13. Jahre = 8. (9.?) Athyr
im 13. (14.?) Jahre des Darius.

Es find nur neun Daten, weil in einer der zehn
Urkunden das Datum defekt ift. Auch Nr. 6 und 7
fcheiden für unfere Unterfuchung aus, erfteres weil das
Regierungsjahr defekt ift, letzteres weil die Tage nicht
angegeben find. Das Schwanken in der Lefung der
Ziffern bei Sayce und Cowley hat folgenden Grund. Die
Ziffern werden in der Weife angegeben, daß die Dekaden
(10, 20) durch einen oder zwei Querftriche mit Schwanz,
die Einheiten durch einen fenkrechten Strich bezeichnet
werden, letztere in Gruppen zu je drei, von rechts nach
links, alfo z. B. || ||j ||| — (= 18). Der letzte Strich links
ift aber zuweilen etwas fchräg geftellt. Diefen fchräg
geftellten Strich halten die Herausgeber für einen Schluß-
ftrich, der nicht mit zu rechnen fei. Durch die zweifelhafte
Schrägftellung und durch die Frage, ob und wann er
mit zu rechnen fei, entfteht das Schwanken. Demgegenüber
hat Lidzbarski in feiner Anzeige in der Deutfchen
Literaturzeitung (icxx5, Nr. 51—52, col. 3205fr.) mit überzeugenden
Gründen dargetan, daß auch der fchräge Strich

65

9. Am 24. Schebät im 13. Jahre = 9. Athyr im 14.
Jahre des Darius.

Das kann, wie ebenfalls Lidzbarski richtig erkannt
hat, im erften Falle nur heißen: daß die Urkunde nach
jüdifcher Zählung im 8. Jahre, nach ägyptifcher im
9. Jahre des Darius ausgefertigt ift, im zweiten Falle,
daß fie nach jüdifcher im 13., nach ägyptifcher im 14.
Jahre des Darius ausgefertigt ift. Das ägyptifche Jahr
beginnt am I. Thoth, der damals in den Dezember fiel,
das jüdifche Jahr demnach fpäter, augenfeheinlich am
1. Nifan (nicht 1. Tifchri). Während nach jüdifcher
Zählung noch das alte Jahr lief, hat nach ägyptifcher
bereits das neue begonnen.

Bemerkenswert ift auch das Datum Nr. 2. Man zählte
noch das 21. Jahr (des Xerxes, aber ohne Nennung von
deffen Namen), während Artaxerxes bereits die Regierung
angetreten hatte. Die Zählung richtet fich alfo ftreng
nach dem Kalenderjahre, in diefem Falle dem jüdifchen,
denn nach dem ägyptifchen könnte der Thoth nicht
mehr zum 21. Jahre des Xerxes gerechnet worden fein.
Erwähnt fei fchon hier, daß die Lefung der Ziffer 7 bei
dem Datum 7. Thoth nur eine Konjektur der Herausgeber
ift. Der Papyrus hat hier eine Lücke, deren Ausfüllung
nicht ficher ift. Lesbar ift | ||| [. . . .] was ergänzt
werden kann | ||| [ ||| Dl]* = 7. Tag, oder | ||| J— qi]i =
14- Tag, oder auch [ ||] [||| — Dl]* = 17. Tag, wenn
auch die Lücke für letzteres etwas knapp ift. Vielleicht
find aber die beiden Papyrusftücke, zwifchen welchen die
Lücke ift, etwas weiter auseinander zu rücken, als es auf
der Photographie gefchehen ift.

Die erfte Frage, um welche es fich handelt, ift nun: ob
die jüdifchen Monate, wie man vermuten muß, mit
dem Sichtbarwerden des Neumondes begannen.
Aus den Gleichfetzungen mit den ägyptifchen Daten hat
hierüber Ginzel Folgendes ermittelt (unter Zugrundelegung
feiner Neumond-Tafeln, Handb. der math und
techn. Chronologie Bd. I, Tafel III):

66