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Ausgabe:

1907 Nr. 26

Spalte:

720-722

Autor/Hrsg.:

Guidi, Ignatius (Ed.)

Titel/Untertitel:

Vom Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium. IV. Scriptores syri. Series III. Tomus IV 1907

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 26.

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gefondert ift. Allein G. hat noch andre Beweife. Zenon
hat nämlich nach einem Scholion zu Tzetzes (bei Cramer
Anecd. Ox. III p. 350) über Oxylos gehandelt, ,über
diefen berichtet aber auch Stephanus von Byzanz s. v.
Sgjccxxrjgia, und dort wird unmittelbar nach der Stelle
Favorin zitiert'. Leider handelt es fich an der erden
Stelle um den Vater Herodots, über deffen Namen ein
nicht weiter bezeichneter Zenon fpricht, während Stephanus
den fagenhaften Ätolerfürden meint. Dabei zitiert
er ausdrücklich Echephylides und Favorin wird erd nach
einer andern Notiz für den Namen JScpayia als Autor
genannt. Das fchönde kommt aber noch. Weil nämlich
Stephanus Echephylides' Notiz mit den Worten fchließt
xovq HgaxXelöaq jcgoq OgvZov jtotrjOadß-ai Ovv&rjxag stsgl
(piXiaq xdl opovoiaq, fo erklärt G. einfach: ,Die letzten
Worte dehen, wie ich glaube, zu dem fehr feltenen (?)
Buchtitel jtegl opovoiaq in Beziehung, der im Kataloge
der Menfchenopfer für eine Arbeit eines gewiffen Pytho-
kles vorkommt. — Ich delle fchon hier die Vermutung
auf, daß der Kat. der Menfchenopfer aus derfelben Quelle
wie der Katalog der Heroengräber herrührt'.

Nicht überall verfährt G. mit folcher Nachläffigkeit
und Willkür, aber nachprüfen muß man alle feine Angaben
, und von der Erkenntnis, daß drei Vielleicht noch
lange kein Gewiß ergeben, id nichts bei ihm zu fpüren.

Bei diefer Methode id es kein Wunder, daß er überall
zu dem gewünfchten Ziele geführt wird und Favorins
Miszellanwerk als Vorlage auffpürt. Daß diefes Buch
eine große Bedeutung gehabt habe und namentlich Diogenes
Laertius ganz von ihm abhängig fei, hatte Maaß de
biographis graecis (Phil. Unterf. III) zu zeigen verfucht.
Aber gleich im felben Bande hat v. Wilamowitz die Un-
haltbarkeit der Hypothefe dargelegt und erwiefen, daß
die Benützung Favorins fich bei Diogenes auf kleine Zu-
fätze befchränkt, die oft den Zufammenhang dörend
unterbrechen. Seinen Beweis hat Schwartz bei Pauly-
Wiffowa V, Sp. 743 durch evidente Beifpiele verdärkt.
Daraus folgt, daß es völlig unzuläffig id, wenn G. für
Sätze des Diogenes einfach deshalb Favorin als Autor
annimmt, weil diefer ,fogut wie unmittelbar' vorher oder
nachher zitiert id. Wenn es z. B. D. L. IX, 50 heißt
öifjxovßs d° o Ilgmxayogaq Arjptoxgixov. sxaXelxo xs Törpla,
ojq qjr/öi <Paßcoglvoq sv Jtavxoöastfi loxogia, xal jtgcöxoq
f.fprj 6vo Xoyovq elvai ufw., fo gehört hier, wie Schwartz
gezeigt hat, nur der Satz exaZelxo ufw., der fich auf
Demokrit beziehen muß, Favorin, das Folgende nicht.
IX, 34 bringt Diogenes aus diefem ein Zitat, das nur
eingefchoben id, um die Annahme, Demokrit fei Anaxa-
goras' Schüler gewefen, zu widerlegen. Alfo hat die
Umgebung des Zitats nichts mit Favorin zu tun. Ebenfo
willkürlich id es, bei Jul. Valerius de rebus Alex. I, 13
die Nennung des Namens Leonides auf Favorin zurückzuführen
, obwohl diefer ausdrücklich nur für die Genealogie
Alexanders zitiert wird. Zieht man diefe Stellen
und allgemein bekannte Sätze ab, fo bleiben von den
Favorinparallelen, die G. S. 228ff. zufammendellt, nur
wenige übrig, und auch von diefen beweifen Stellen wie
D. L. V, 76 nichts, weil dort grade das für Klemens
charakteridifche Moment, die Vergötterung des Demetrius,
fehlt. Als wichtig kann ich nur Strom. I § 69 und 78
und Protr. § 6 anfehen. Aber auch hier muß man daran
denken, daß Miszellanwerke wie die des Klemens und
Favorin fich naturgemäß berühren. Aus Favorin können
vielleicht Einzelheiten dämmen, die Abfchnitte aber, in
denen das Alter und die Überlegenheit der barbarifchen
Kultur nachgewiefen wird, ficher nicht (vgl. Gell. XIV, 1).

Einzelheiten find hier überhaupt wenig beweifend.
Wollte G. wirklich zeigen, daß Klemens nur eine Quelle
benützt, fo mußte er Klemens felber analyfieren und
prüfen, ob die einzelnen Abfchnitte in fich gefchloffen
find, unter fich zufammenhängen und einen einheitlichen
Charakter tragen. Dann würde er bald gefehen haben,
daß Klemens nicht nur eine Vorlage ausfchreibt. Der

Beweis von Diels, Doxogr. S. 129fr., daß im Protr. Kap. 5
zwei Handbücher ineinandergearbeitet find, läßt fich auch
auf andre Gebiete übertragen. Klemens hat fich eben
verfchiedene vjcofiv^/iaxa angefertigt, wie wir diefe in dem
angeblichen achten Buche der Stromatcis noch unverarbeitet
vor uns fehen. Wie er diefe unter fich und mit
Plato, mit Philo, mit Plutarch, mit zahlreichen fonftigen
Reminiszenzen verbindet, das muß erft durch genaue
Interpretation feftgeftellt werden. Dann kann man an
die Frage nach den Quellen herangehen.

Göttingen. Max Pohlenz.

Vom Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium.

IV. (s. III zuletzt Nr. 11)
Chronica Minora. Fase. I. Textus edidit et Versio inter-
pretatus est Ignatius Guidi. (Corpus scriptorum christianorum
orientalium. CurantibusJ.-B. Chabot, I. Guidi,
H. Hyvernat, B. Carra de Vaux. Scriptores syri. Series
tertia — Tomus IV.) Parisiis. Lipsiae, O. Harraffo-
witz MDCCCCIII. (39 et 32 p.) gr. 8° M. 2.80;

Textus M. 2—; Versio M. —80
— Fase. II. Textus edidit E.-W. Brooks; Versio inter-
pretatus est J.-B. Chabot. Parisiis. Ebd. MDCCCCIV.
(—238 et —180 p.) gr. 80 M. 14 — ;

Textus M. 10.20; Versio M. 3.80
| — Fase. III. Textus ediderunt et interpretati sunt E.-W.
Brooks. Ign. Guidi, J.-B. Chabot. Parisiis. Ebd.
MDCCCCV. (—379 et —305 p.) gr. 8" M. 12—;

Versio seorsum M. 4 —

Die erfte Lieferung diefes Bandes enthält keine Anec-
dota, fondern an erfter Stelle die fchon durch Affemani
bekannt gemachte Chronik von Edeffa, zu der die gründlichen
Unterfuchungen von L. Hallier in IX, 1 der TU
J erfchienen find. Guidi führt die Arbeit natürlich an, aber
1 nicht wo fie fich findet. Ich verweife umfomehr auf
] meine Anzeige in 1893, 7 diefer Zeitfchrift, als Guidi dort
eine falfche Angabe berichtigt gefunden hätte. Unter
j den bibliographifchen Notizen fchreibt Guidi:

.Versio anglica in Joiirnal of Sacred Literature 1864,
vol. 5 (new ser.) p. 28 et seq. {Laudat Wright hanc verstörtem
, sed cf. Hallier, p. 3, n. 3)'. Hallier fagt an diefem
j Ort, in dem genannten Bande flehe die Überfetzung nicht,
und ein wiffenfehaftlicher Hilfsarbeiter am k. Ethnogra-
i phifchen Mufeum in Berlin habe fich der Mühe unter-
j zogen, das Journal durchzufehen, doch ohne Erfolg; es
i liege anfeheinend ein Verfehen bei Wright vor. In der
| genannten Anzeige hatte ich es berichtigt; es muß Bd. 9
ftatt Bd. 5 heißen. Dies als Beleg, wie nötig es ift, bi-
bliographifch genau zu fein.

Das zweite Stück des erften Heftes find die Auszüge
aus der Jiistoria ecclesiastica et cosmostica' — dies der
1 fprachlich lehrreiche Titel — aus der letzten Zeit der
I Saffaniden, die Guidi felbft in den Akten des 8. Internationalen
Orientaliftenkongreffes herausgab und Nöldeke
in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, phil.-hift.
Klaffe, Bd. 128, überfetzte und kommentierte. Auf die
intereffanten Beiträge, die fie namentlich auch zur Hei-
ligengefchichte bieten (heiliges Kreuz, Sarg des Jofeph
von Arimathia, des Ananias und Genoffen, des Daniel
oder Darius) und zur Zeitgefchichte (Auftreten eines
1 jüdifchen Meffias, Ausrottung von 70 Manichäern ufw.)
fei nur kurz hingewiefen.

Der zweite Teil (S. 41—238), von E. W. Brooks
herausgegeben, von J. B. Chabot überfetzt, enthält
4 Stücke, die auch nur zum kleinften Teil neu find.

1) Die maronitifche Chronik aus der Zeit um 660, die
! Nöldeke (ZDMG 29, 82ff.) und Nau {Opuscules Maronites,
aus Rev. de l'Or. Chret. 1899. 1900) teilweife veröffent-