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Ausgabe:

1907 Nr. 26

Spalte:

718-720

Autor/Hrsg.:

Gabrielsson, Johannes

Titel/Untertitel:

Über die Quellen des Clemens Alexandrinus. Erster Teil 1907

Rezensent:

Pohlenz, Max

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717 Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 26. 7x8

Meftias ein übernatürliches Wefen, nach diefer, wie nach
den alten Propheten, ein mächtiger nationaler Fürft aus
Davids Haufe. Das offizielle rabbinifche Judentum hat
alfo die apokalyptifchen Ideen nicht aufgenommen. Von
diefer meffianifchen Erwartung ift, wie in einem zweiten
Kapitel (S. 35—46) gezeigt wird, durchaus zu trennen
die Erwartung einer künftigen Seligkeit des Individuums
im Himmel. Beide gehen neben einander her und verhalten
fich zu einander disparat. Die folgenden Kapitel
fchildern dann die meffianifche Hoffnung nach ihren
verfchiedenen Seiten. Kap. 3: Die Ankunft des Meffias
und die Berechnungen ihrer Zeit (S. 46—58). Kap. 4:
Die Vorzeichen der Ankunft des Meffias (S. 58—66).

daß in deutfeher Sprache Gefchriebenes für den Verf.
exiftiere, kann ich nicht finden. Auf chriftlicher Seite
kommen für ihn, wie der Titel feines Buchs fagt, nur
die vier Evangelien in Betracht, nicht die neuteftament-
lichen Apokryphen. Und fo gibt er, über das von Früheren
Beigebrachte bald hinausgehend, bald dahinter zurückbleibend
, eine überaus weitfehichtige Zufammenftel-
lung von Materialien, in welcher befonnenere Anhänger
der Entlehnungshypothefe fchwerlich eine VerfVärkung
ihrer Pofition erkennen werden. Mit der Frage, was
diefe Materialien ergeben, befchäftigt fich nur ganz kurz
die Einleitung. Entlehnung feitens der indifchen und
iranifchen Religionen erfcheint dem Verf. aus chrono-

Kap. 5: Der Meffias Sohn Jofephs — ein untergeordneter I logifchen Gründen als ausgefchloffen (S. V). Legenden
Meffias, der im Kampfe gegen die feindlichen Mächte 1 die in Indien aus gewiffen Formen von Sonnenmythen
fallt [die Idee ftammt nach R. aus Sacharja 12 10] hervorgegangen find, haben fich nach Chaldäa, Affyrien
(S. 66—78). Kap. 6: Der Meffias Sohn Davids und fein und bis in die griechifch-römifche Welt verbreitet. Auch
Vorläufer, der Prophet Elias (S. 78—88). Der Meffias j den Schöpfern oder Ordnern der chriftlichen Legende
ift, wie fchon bemerkt, ein mächtiger, nationaler Fürft. , Banden fie vor Augen; ,ils ont applique näivtment a leur
Erft in fpäteren Midrafchim, feit dem fechften Jahrh. j heros wie Jormule universelle1 (S. Vif.). Die Belehrungen
(S. 85), wird feine Perfon ins ,Myftifche' erhoben. Kap. 7: 1 welche die Einleitung S. IXff. über die Gefchichte der
Anbruch der meffianifchen Zeit, Wiederherftellung Israels, j indifchen geiftlichen Literatur gibt, werden lndologen fich
Auferftehung der Toten, Behemoth und Leviathan kaum aneignen können.

(S. 88—98). Kap. 8: Die meffianifche Zeit (S. 99—107).
Die ganze Gedankenreihe, welche fich auf die ewige
himmliche Seligkeit des Individuums bezieht, wird von
dem Verf. nicht dargeftellt, da fie nicht zur ,meffiani-

Kiel. H. Oldenberg.

Gabrielsson, Lic. Johannes, Über die Quellen des Clemens

Alexandrinus. Erfter Teil. Leipzig, O. Haraffowitz
fchen1 Idee gehört. An manchen Punkten zieht der, , XI

w„_r _...u r>L._i,.i._ j___i).,r,^„c IWh i U900;- (Ai, 253:39 gr. t> m. 6 —

Verf. auch Parallelen aus dem Parfismus heran. Doch
hält er deffen Einfluß nur für untergeordnet. Die Ent- Es ift eine dankbare Aufgabe, die der Verfaffer fich

Wickelung erkläre fich im wefentlichen als eine inner- geftellt hat. Denn wenn auch die Frage nach Klemens'
jüdifche. — In den Schlußbemerkungen wird deutlich, Vorlagen fchon verfchiedentlich geftreift werden ift, fo
wie der Verfaffer felbft zu dem dargeftellten Stoffe fteht. fehlte es doch, wie G. ganz richtig in der Vorrede hervor-
Die meffianifche Idee ift zeitlich und national und ver- hebt, an einer umfallenden Unterfuchung, die ausfchließ-
liert an Kraft und Intereffe. Die nationalen Vorurteile ; lieh Klemens gewidmet, feine Quellen zu beltimmen
(preoaupations) beugen fich vor dem wachfenden Indivi- : fuchte. Diefem Mangel will G. abhelfen. Leider kann
dualismus und hören auf, die beherrfchende Idee der ' ich aber die Methode feiner Forfchung und feine Ergeb-
Synagoge zu fein. : mffe »icnt ebenfu gutheißen wie die Wahl des Themas.

Die Arbeit zeugt von guter Kenntnis des Materiales. Er will nämlich nachweifen, daß, abgefehen von einer

Auch den beiden wichtigfiten Thefen des Verfaffers: 1) i Reihe von Notizen, die auf jüdifch-chriftliche Autoren,
daß das rabbinifche Judentum den Meffias nicht, wie die insbefondere auf Caffian und Ifidor zurückgehen, das ge-
Apokalypfen, als ein übernatürliches Wefen, fondern als lehrte Material faft ausfchließlich aus einer .realenzyklo-
nationalen Flirrten betrachtet, und 2) daß die .meffianifche' pädifchen Hauptquelle' und zwar aus Favorins jtavxo-
Idee und die individuelle Seligkeitshoffnung zwei neben öcui?) iaxoQia gefchöpft ift. Manches, was er für diefe
einander hergehende Gedankenkreife darftellen, wird man Annahme vorbringt, läßt fich ja hören. So wird man
in erheblichem Grade zuftimmen können — freilicht nicht gern glauben, daß die Redaktion des Stoffes, wie ihn
ganz. In beiden Beziehungen ift die vom Verf. voll- Klemens bringt, der chriftlichen Zeit, im ganzen wohl
zogene Trennung in der Wirklichkeit keine fo fcharfe. erft dem zweiten Jahrhundert angehört, wenn man auch
Die Gedankenkreife greifen doch mehr in einander über, z. B. für Notizen über die Verehrung des Antinous bei
berühren und mifchen fich Itärker, als es nach der Dar- einem Alexandriner wirklich nicht nach fchriftlicherÜber,
(tellung des Verf fcheint. lieferung zu fragen braucht. Von Belang ift der Hinweis

r.. . jr Schürer darauf, daß bisweilen ein unbedeutender Schriftfteller bei

Böttingen. •__• , Klemens an ganz verfchiedenen Stellen zitiert wird.

Immerhin muß man dabei bedenken, daß in der Kaifer-
Les quatre Evangiles Materiaux pour servir ä l'histoire des zeit die Ströme gelehrter Überlieferung in einem Sam-
Oriaines Orientales du Christianisme. Textes & Docu- rnelbecken zufammenfloffen und dabei auch obfkure
men^ et revises par L. | Größen an verfchiedenen Stellen an die Oberfläche ge-

ments pubhes par Albert merz v fchwemmt werden konnten. Am wichtigflen wäre der

de Milloue. Paris, E. Leroux 1906. (A1A, 047 p.) ö Nachweis, daß zwifchen den verfchiedenen Gruppen des
Der Verf. befchäftigt fich mit dem Problem des Materiales, das Klemens bietet, feite Fäden hin und her
Einfluffes iran'ifcher undiaamentlich indifcher, infonder- laufen. Allein grade dabei verfährt G. in einer Weife,
heit buddhiltifcher Vorbilder auf die Evangelienliteratur, die die fchärflte Kritik herausfordert,
indem er von feinen Vorgängern wie Seydel, van den Eine Probe möge genügen. Auf S. 42ff. will der

Bergh van Eyfinga u A. nicht im minderten Notiz nimmt. Verfalfer zeigen, daß der Katalog der Heroengräber
Allem Anfchein nach ohne zur Benutzung der Original- Protr. § 45 und der Katalog deüMenfchenopfer § 42
texte imflande zu fein, bedient er fich einer Anzahl fran- zufammenhängen und beide auf Favorin weifen. Er will
zöfifcher und englifcher Überfetzungen von Foucaux, deshalb zunächlt wahrfcheinlich machen, daß diefer den
Fauche, Feer, Beal, der Oxforder Sacred Books u. A.; § 45 genannten Zenon von Myndos benützt habe, da
neben wirklichen Überfetzungen werden auch Paraphrafen , beide ätiologifche Erklärungen geliebt hätten. Für Zenon
Kerns verwandt, deffen Wiedergabe der Bekehrungsge- ; vermag er nur eine Stelle aus dem Etym. magnum s. v.
fchichte des Subhadra S. 477f. ganz unbefangen neben pogiai anzuführen. Ätiologifch ift dort aber nur eine
der ihr zugrunde liegenden Faffung des Mahä Parinib- 1 Erklärung des Namens, die ausdrücklich durch ein nvhc
bäna Sutta, S. 479ff, aufgenommen ift. Eine Spur davon, I dt cpaoi von der vorher mitgeteilten, die Zenon gehört,