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Ausgabe:

1907 Nr. 25

Spalte:

698-699

Titel/Untertitel:

Liturgische Bibliothek. Sammlung liturgischer Bücher aus dem Deutschen Mittelalter 1907

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 25.

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bemüht (ich, die Menfchheit in eine Menfchheit Gottes 1 ,göttliche Natur' bezogen werden; ebenfo follen die ana-
zurückzubilden (S. 80), ift insbefondere der perfönliche ' logen apoftolifchen Ausfagen verflanden werden (S. 88 ff.).
Träger des göttlichen Gnadenwaltens an und in den j Ebenfo wenig wie die Schriftforfchung kommt die fyrte-
von Jefus Chriftus Erlöffen (S. 148). Nun wird bekanntlich ; matifche Arbeit zu ihrem vollen Recht. Allzu wenig
die Stellung zur Welt, die hier dem hl. Geilte beigelegt merkt man N.s Ausfuhrungen von dem Gegenfatz an, in
ift, von der altkirchlichen Tradition dem Sohne zuge- ' dem er felbft zu der Anfchauung flehen will, ,als komme
fprochen. Davon will N. nichts wiffen (S. 66 f. 104), wie ; es beim Chriftentum in überwiegendem Maße auf eine
er denn auch nicht von unmittelbaren Wirkungen des fpekulative Erkenntnis des Subjekts der Heilsfpendung
lebendigen Chriftus, fondern des hl. Geiftes reden will an' und nicht vielmehr auf herzlichen Glauben an die
(S. 202 f.) und es lebhaft tadelt, daß felbft Theologen : Heilsbotfchaft (S. 3). Auch fonft fehlt es nicht an an-
wie Schlatter und Kahler den Geift hinter der Gnade < tiintellektualiftifchen Bemerkungen (z. B. S. 14 f. 208 ff.
zurücktreten laffen (S. 147 f.). Es zeigt fich in diefen 213). Ja es wird fogar auf Melanchthons Satz hingewiefen,
Urteilen doch nicht nur die Liebhaberei des Monographien daß die hl. Schrift die Gottheit des hl. Geiftes aus deffen
des hl. Geiftes, fondern zugleich die Mißlichkeit jeder trottendem und belebendem Wirken erkannt wiffen will
Verteilung der Gotteswirkungen auf 2 Hypoftafen, die t (S. 7). Aber zu l'orgfältiger Erwägung der in folchen
ihrem Urfprung nach fo weitgehend gleiche Tendenz : Sätzen liegenden Konfequenzen kommt es nicht, obwohl
zeigen wie Geift und Wort. Übrigens wird N.s Ableitung ohne forgfältige methodifche und erkenntnistheoretifche
der 3. Hypoftafe felbft unter Freunden folchen dia- , Arbeit eine Bereicherung und Klärung gerade der Gottes-
lektifchen Spiels kaum weitere Verbreitung finden, da j erkenntnis nicht erwartet werden kann. Das wird freies
doch gar zu prekär ift, für Gottes Weltwirkfamkeit ; lieh N. nicht zugeben, der felbft das Wefen des Geiftes
noch ein befonderes Lebenszentrum neben zwei fchon aus .göttlicher Offenbarung' ftatt aus pfychologifcher Bevorhandenen
zu fordern. obachtung zu erkennen unternimmt (S. 14). Dann darf
Der zweite Hauptgefichtspunkt N.s beftimmt feine er fich freilich auch nicht wundern, wenn feine Studie
Auffaffung von der Wirkungsweife des hl. Geiftes. In ihm bei den Arbeitsgenoffen nicht die erwünfehte Beachtung
nämlich .(teilt fich Gottes Geiftwefen in feiner heiligen findet.

Unterfchiedenheit von allem gefchöpfüchen und deshalb Göttingen. Titius

einen zeitlichen Anfang habenden, alfo mit Endlich- !________'_

keit behafteten und auch am materiellen Sein beteiligten jf h Bib|iothek. Sammlung gottesdienftlicher Bücher

Wefen dar'(S. 72). Durch energifche Betonung des Selbft- a 5 S ' uuler

bewußtfeins und der Selbftmächtigkeit, der perfönlichen ; aus dem ^eutfehen Mittelalter. Herausgegeben von
Art, die dem Geifte als folchem eignet (S. 49 t. 55), er- Pfarrer Dr. Albert Schönfelder. Zweiter Band. Ri-
gibt fich aus jenem Kanon die Abweifung aller trüben tualbücher. Die Agende der Diözefe Schwerin
Naturmyftik (z.B. S. 62. 66. 145. 203. 247): Das fchöpfe- von ie3Ii Paderborn, F. Schöningh 1906 (XXV,
rifche Einwirken des hl. Geiftes auf die Menfchenfeele ift 107 S1 er 8° M
als ein geiftig-perfönliches vorzuftellen (S. 204 u. ö.). . , ' 8 ' '
Der gleiche Kanon wird dann aber auch gegen die Die tadelnde Bemerkung in der Anzeige des erften

Identifizierung des hl. Geiftes mit der .neuen Lebensbe- Bandes der von Schönfelder herausgegebenen Ritualbücher
ftimmtheit' oder dem .Glauben' gekehrt (S. 95 f. 147), wie (1904), die Ausgabe flehe unter dem Zeichen der Koften-
überhaupt gegen jede ,Art von Einbettung der göttlichen ertparnis (Th. Lit.-Ztg. 1906 Nr. 1 Sp. 21), gilt für vor-
Kraftwirkungen in "efchöpflichen Ordnungen', Kraft de- liegenden zweiten Band nicht. Wir finden darin nicht
ren was urfprünerfich eine Wirkung Gottes ift, fich tat- nur die fchönen Zeichnungen des Titelblattes und des
fächli'ch doch nur°als Glied des kreatürlichen Dafeinsbe- Schlußblattes, fondern auch die Wiedergabe der Mufik-
ftandes oder des irdifchen Kaufalzufammenhanges erweife' noten; auf die würdige Ausftattung des Buches über-
(S ic?) Damit meint N. die alte Verkettung von Wort haupt ift erfreuliche Sorgfalt verwendet,
und Geift (S 234ff) besonders aber die Befchreibung | In der,Einleitung'erfahren wir, daß die zum Abdruck
des Geifteswirkens unter den neuern Theologen von 1 gebrachte Agenda secundum ritum ecclesiae Swerinensis
Ritfehl bis zu Cremer und Kirn zu treffen (S. 188 ff.). Bei von 1521 das letzte aller Mecklenburgifchen Ritualbücher
ihnen allen foll nämlich der feligmachende Glaube zu- ift. Als fie veröffentlicht wurde, mußten alle handfehrift-
ftande kommen .lediglich als ein Apperzeptionsakt der liehen Liturgica der Behörde ausgeliefert werden, um als
Bedeutung gewiffer hiftorifcher Vorgänge oder Tatfachen Makulatur verwendet zu werden. Es wird ferner in der
der Gefchichte feitens der menfehliche Seele', wahrend Einleitung über eine Reihe älterer gedruckten Schweriner
doch diefe felber als der Gegenftand, auf den gewirkt Ritualbucher berichtet. Bemerkenswert ift, daß nach dem
wird' anerkannt werden muß (S. 201). Indes fehwerheh Ordinarius Swerinensis von 1519 das Volk an den feierwird
'einer der Genannten das Verhältnis von Geift und liehen Domprozeffionen mit deutfehem Gefange fich beWort
mechanifieren wollen, fo wenig das N. felbft will, ! teiligte, indem es auf die lateinifchen Strophen des Klerus
der jede enthufiaftifche Ifolierung eines Wirkens des hl. mit deutfehen Strophen antwortete. So fang es bei der
Geiftes ohne fein Wirken durchs Evangelium' ablehnt ■ Prozeffion vor dem weihnachtlichen Hochamt das Lied:
(S. 238 2ci). Eine neben der pfychologifchen Vermitt- , ,Ghelauet systu Jesu Christ, bei der des Feftes Maria

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lung durchs Wort etwa noch gleichzeitig nebenher
gehende unmittelbare Geifteswirkung auf die Seelenfub-
ftanz anzunehmen, wird man getroft N uberlaffen können.
Die Methode N.s charakterifiert fich als durchgehende

Himmelfahrt: ,Des hclp uns.-j sunte Maria', an den Vef-
perprozeffionen der Ofteroktave: ,Qirist is vpgestanden'.
In dem Breviarium Swerinense von 1529 find fchon Ein-
flüffe der Reformation bemerklich; die Einleitung wendet

Vermifchung biblifcher und fyftematifcher Gefichtspunkte, ; fich nicht gegen Luther, fondern gegen die Irrlehrer, die
worunter fowohl die biblifche Eundamentierung wie die jedes Bittgebet verwerfen; vor den Ablaßgebeten, den
fyftematifchc Ausführung feines Themas leidet. Die ! ,vane orationes', wird gewarnt, an ihrer Stelle werden
Befangenheit N.s im Schriftverftändnis zeigt z. B. feine die Bußpfalmen, die Litanei und die ,/iore de b. Maria'

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Behauptung, daß im Unterfchied von der hellenifchen
Anfchauung Geift nie eine unperfönliche Kraft, ein noch
fo feines Fluidum, nie einen ekftatifchen Seelenzuftand bezeichne
(z. B. S. 32 f. 43. 77- 203). Uen Taufvorgang ,als

empfohlen.

Aus dem reichen Inhalt der Agende, die auch dadurch
fehr inftruktiv ift, daß alle Funktionen des Priefters
propter simp/ices' genau vorgefchrieben werden, erreifen

Akt der Mitteilung hl. Geiftes an Jefus' aufzufaffen, er- ; wir einiges Bemerkenswerte heraus. In dem Ordo bap-
klärt N. für unzuläffig (S. 113). Wenn Jefus fich den , tizandi (p. 21) heißt es: Post baptismum portatur in/ans
Befitz des hl. Geiftes zufchreibt, fo foll das auf feine I ad altarc et datur ei ablutio et die: Nomet dat kind dicat