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Ausgabe:

1907 Nr. 2

Spalte:

609-611

Autor/Hrsg.:

Schwen, Paul

Titel/Untertitel:

Afrahat, seine Person und sein Verständnis des Christentums 1907

Rezensent:

Diettrich, Gustav

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Seite 1, Seite 2

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6og Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 22. gIO

hat. Darum ift das vorliegende Buch von befonderem '■. S. 3—25; 2) von den Quellen der Lehre A.s (Bibel und
Werte, weil es die Stellung der Frau und ihren Einfluß Kirchenlehre, jüdifche Traditionen, Kirchengefchichte und
im alten Chriftentum nicht losgelöft fchildert von den : Profanes) S. 27—67; 3) von dem Chriftentum A.s (der
entfprechenden Zuftänden im alten Griechenland und im Glaube an Einen Gott, Bund und Gottesvolk, die Geiftes-
alten Rom, fondern diefe fogar, wenn ich recht fehe, aus- | träger und ihr Wandel, die Chriften in der Welt, die
führlicher und mit größerer Liebe. Da ich über diefe
Partien mir ein Urteil natürlich nicht erlauben darf, fo
kann ich nur den Eindruck wiedergeben, den ich

Vollendung) S. 69—141.

Gegen diefe Dispofition ift im allgemeinen nichts
einzuwenden. Namentlich foll nicht geleugnet werden,
bei der Lektüre gehabt habe: ohne die trüben Seiten daß es dem Verfaffer gelungen ift, in diefem Schema fo

zu verkennen, ift der Verfaffer doch überall beftrebt,
Licht und Schatten gerecht zu verteilen. Am beften
tritt dies zutage bei der prächtigen Schilderung und
Beurteilung der Sappho und der großen athenifchcn

ziemlich alles das unterzubringen, was wir in einer Monographie
über A. erwarten dürfen. Doch möchte ich die
Bemerkung nicht unterdrücken, daß im 3 Teile das fpezi-
fifch ürientalifche in A.s Gedankenwelt wohl fchärfer her-

Frauen. Auch bei den berüchtigten Frauen der Kaifer- ] vorgetreten wäre, wenn Schwen die anthropologifchen
zeit macht er darauf aufmerkfam, daß wir kein Recht Gedankenreihen des Schriftftellers zum Ausgangspunkte
haben, von folchen Beobachtungen aus auf den allge- 1 gemacht hätte. Liegt doch bei allen orientalifchen
meinen Verfall der römifchen Sittlichkeit zu fchließen. Kirchenvätern in ihrer eigentümlichen Anthropologie
Eine Fülle von anfprechenden Ausführungen findet fleh nicht nur ein Charakteriftikum gegenüber dem allge-
in diefen beiden erften Büchern: über das Schönheits- meinen abendländifchen Denken, fondern auch das Funideal
der Griechen, über die Ehegefetzgebung des ! damentaldogma, das ihre foteriologifchen, chriftologifchen
Auguftus (diefe Ausführungen Rheinen mir befonders j und ethifchen Auffaffungen beftimmt. Die anthropolo-
beachtenswert), über die öffentliche Wirkfamkeit reicher gifchen Gedankenreihen A.s (S. 124) hätten im vorliegen-
und bedeutender Frauen. 1 den Falle auch deshalb ausführlicher behandelt werden

Was nun die Stellung der Frau in den erften chrift- I müffen, weil Parifot {Patrologia syriaca Tom. I, pag. LII1)
liehen Jahrhunderten anbelangt, fo leugnet der Verf. nicht, | Afrahat fälfehlicher Weife die Erbfündentheorie vindiziert
daß Ge nach den Evangelien eine fehr hohe ift; aber fehr j hatte. Oder ftimmt Schwen den Ausführungen Parifots
bald tritt eine rückläufige Bewegung ein; die urfprüng- 1 etwa zu?

liehen Ideale verflachen; die Anfänge einer Gleich- Wenden wir uns von der Dispofition der Mono-

berechtigung mit den Männern verfchwinden; nur als graphie zu den Ausführungen ihrer Unterteile, fo müffen
Märtyrerinnen und Diakoniffinnen können fie ihre chrift- j wir dankbar anerkennen, daß der Verfaffer hier im allliche
Aktivität bewähren. In diefer Auffaffung berührt gemeinen die Gedanken A.s klar erfaßt und dargeftellt
fleh Donaldfon vielfach mit Zfcharnacks Ausführungen hat. Zwar war ihm hier die Arbeit nicht gerade fchwer
(Der Dienft der Frau in den erften Jahrhunderten der I gemacht. Wright und Parifot hatten ihm einen zuver-
chriftlichen Kirche, Göttingen, 1902). Während aber ! läfligen fyrifchen Text der Homilien beforgt, Bert und
Zfcharnacks Buch ungemein reichhaltig in der Mitteilung i Parifot eine gute Überfetzung, und endlich Saffe, Forget,
von Details ift, zeichnet D. nur die großen Linien. Er j Schönfelder und Burkitt hatten die theologifchen Pro-
macht in erfter Linie auf die asketifchen Strömungen bleme formuliert. Immerhin waren der Selbftverleugnung
aufmerkfam, die auch in der Großkirche eine Unflcher- j und Anpaffungsfähigkeit des Verfaffers noch große AuF
heit in Beurteilung der Ehe zur Folge hatten. Ich glaube i gaben geftellt. Die Art und Weife, wie er es in diefer
auch, daß darin wirklich der tieffte Grund für die Er- feiner Erftlingsarbeit verftanden hat, fleh feinem Texte
fcheinungen liegt, die unfere Verwunderung immer zu applizieren, deffen Gedanken zu erfaffen und wieder-
von neuem erregen. Andererfeits aber möchte ich doch zugeben, berechtigt zu fchönen Hoffnungen für die Zubehaupten
, daß die urfprünglichen Ideale des Chriften- kunft. — Nicht verfchweigen dürfen wir freilich, daß
tums von der Stellung der Frau an der Unvollkommen- Schwen die einfehlägige Literatur, wenigftens fofern fie
heit der damaligen Welt gefcheitert find: die Gefahren, vom Wege etwas abliegt, noch nicht genügend kennt
die den in öffentlicher Tätigkeit flehenden Frauen drohten | und verwertet. Hätte er z. B. die feit Conybeares

Unterfuchungen über den urfprünglichen Text von Matth.
28 19 {The Hibbert Journal I) geführten Verhandlungen
gekannt, fo wäre er ficher nicht an dem eigentümlichen
Wortlaut diefer Stelle bei Afrahat vorübergegangen. A.
zitiert bekanntlich Matth. 28 in {Dan. I, 8) in einer
Faffung, welche den Taufbefehl nicht enthält. Es kommt
dazu, daß er weder die ,Einfetzung', noch auch die Übergabe
' des Tauffakraments in Matth. 28 findet. Jene
findet er nämlich in der Fußwafchung (Joh. 13), diefe in
Mrc. 16 ig. Angefichts der Thefe, daß Matth. 28 19 in
aufmerkfam gemacht, ebenfowenig wie in den anderen j feiner urfprünglichen Geftalt keinen Taufbefehl enthalten
Schriften, die fleh neuerdings mit dem anziehenden und j hätte, mußten diefe auffallenden Erfcheinungen erklärt
dankbaren Stoffe befaßt haben. j werden- — Hätte, er ferner meine Arbeit über die ne-

Vortrefflich ift die beigegebene Bibliographie, das
Regifter und die äußere Ausftattung des Buches.
Kie] G. Ficker.

(auch in den chriftlichen Gemeinden), waren zu groß,
als daß ihnen die weibliche Natur gewachfen gewefen
wäre. Das allgemeine flttliche Bewußtfein der Frau
gegenüberwar indenerflen 3 nachchriftlichenjahrhunderten
noch viel zu niedrig (jedenfalls viel niedriger, als in
unferer Zeit), als daß man es nicht für notwendig hätte
erachten müffen, fie zu fchützen, indem man fie von
öffentlicher Tätigkeit ausfehloß. Auf folche Gedanken,
die mir für unferen Gegenftand manche Erklärung zu

bringen fcheinen, ift auch in der vorliegenden Schrift nicht

1 —j_____

ftorianifche Taufliturgie (Gießen 1903, pag. 8 und 48) gekannt
, fo hätte er (S. 106) die der Taufe vorhergehende
.Zeichnung' des Täuflings {Dem. XII, 13) als signaiio ad
christianum faciendum erkannt und in der Fußnote 3 auf
I S 106 die falfchen Angaben Parifots über die Konfir-
SehwPn I ir theol Paul, Afrahat, feine Perfon und fein mation bei den Neftonanern (/. c pag. LV) richtig ge-
u »■'■ TZ a- rhriHpntums Ein Beitrag zur Gefchichte fteUt - Welch eine Fülle von Anregungen und Pro-
der'k-JcTc^,^^^78^^ Gefchichte blemen hätte er endlich .zu feinem Abfchmtt über die

der Theologie und der Kirche. Hrsg. von N. Bonwetfch
und R. Seeberg. 2. Stück.) Berlin, Trowitzfch & Sohn

Auslegung des A. T.s bei A. (S. 36—38) in meinen
Spezialunterfuchungen über die Auslegungsgefchichte
des A. T.s bei den Syrern (Beihefte zur Z. A. W. Nr.

1907. (VIII, 153 S.) gr. 80 M. 4.80 | v und V1) finden können, ^Aber da be^ügt-

Die vorliegende Monographie zerfällt in drei Teile, mit der längft veralteten Gefchichte des A. T.s in der
Sie handelt: 1) von dem Leben und den Schriften A.s chriftlichen Kirche von Dieftel und nur ein einzig Mal