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Ausgabe:

1907 Nr. 2

Spalte:

37-38

Autor/Hrsg.:

Gerson, Adolf

Titel/Untertitel:

Der Chacham Kohelet als Philosoph und Politiker 1907

Rezensent:

Bertholet, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 2.

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darin fteckt! Methodifch ift J. nicht einmal in der Verfolgung
feines rabiaten Hauptbeftrebens, Hef. einen leiden-
fchaftlichen Stil fchreiben zu laffen. ,Daß die Sprache
trocken, ohne poetifchen Anhauch und voll von Wiederholungen
i(V (S. 192), hindert ihn merkwürdiger Weife
nicht, auch feinerfeits von der Echtheit von Kap. 40—43
nichts Wefentliches preiszugeben! So bewahrt ihn wenig-
fiens einmal Inkonfequenz vor größerer Willkür!
Bafel. Alfred Bertholet.

Gerfon, Adolf, Der Chacham Kohelet als Philofoph und Politiker
. Ein Kommentar zum biblifchen Buche Kohelet,
zugleich eine Studie zur religiöfen und politifchen
Entwicklung des Volkes Israel im Zeitalter Herodes
des Großen. Frankfurt a. M., J. Kauffmann 1905.
(VII, 121 S.) gr. 8° M. 4 —

Gerfons Arbeit ift ein Verfuch, Kofi, als einheitliches

planvolles Werk aus der Zeit Herodes' des Großen zu

begreifen und daraus zugleich ein neues Verftändnis für

die& jüdifchen Parteien feiner Zeit zu gewinnen. Ich muß gelegentlich zitiert). Man darf fich nicht wundern

diefen Verfuch als völlig mißlungen anfehen.

Zunächft hat der Verf. m. E. den Erweis nicht erbracht
, daß Kofi, der Zeit des Herodes angehört. Wenn
er fich für diefe Datierung vornehmlich auf die ,gefchicht-
liche Andeutungen und politifche Erörterungen' enthaltenden
Stellen 2 13. «—21 31641—3. 13—5 s 610 75—8 82—5. i>. 10
91. 2. 13-15 10i-T. 16-20 beruft (S. 55), fo fcheiden hiervon
im Grunde alle mit Ausnahme von 413—16 und 913—15
von vornherein aus; denn es läßt fich mit gar nichts
beweifen, daß fie nicht ebenfo gut andere als die hero-
däifchen Verhältniffe vorausfetzen, gaben doch z. B. zu
Klagen über Ungerechtigkeit der Richter, über Bedrückung
der Armen, über Hoffahrt und Luxus u. dgl. fchon
frühere Zeiten den Juden nicht minder reichlichen Anlaß.
Nun aber ift es um Gerfons Deutung von 913—15 nicht
beffer beftellt; denn die von ihm aus Jofeph. Ant. XIV
133 herausgelefene Belagerung von Drymi, auf welche
fich die genannte Stelle beziehen foll, und zwar fo, daß
Drymis Retter der Chakam Kohelet gewefen wäre —
unter diefem Namen Hellt uns Gerfon den Verf. des

aufgefaßt wird. Aber nun gar diefe feine ,Volkspartei',
die direkte Vorläuferin der Pharifäer, im fyftematifchen
Kampf gegen die Priefter dem Religionsgefetz fogar
feindlich gegenüberftehend (S. 104)! Es foll fich nämlich
der Übergang diefer Volkspartei mit ihrer früher vorwiegend
politifchen Tätigkeit in eine religiöfe Sekte erft
unter Herodes vollzogen haben, wobei ihr das Studium
und der Ausbau des Religionsgefetzes nur ein Kampfmittel
gegen ihre Feinde geworden wäre (S. 110). Und
das Buch Koh. wäre ,mit der ausdrücklichen Beftimmung
gcfchrieben, die Lehren von der jenfeitigen Vergeltung
und von der geoffenbarten Moral als irrtümlich nachzu-
weifen und die Umwandlung der Volkspartei in eine
religiöfe Sekte, wie fie fich auf Grund jener Lehren zu
Parteidogmen vollzog, aufzuhalten' (S. 114 f.). Dagegen
wären die Sadduzäer (D^Ti Koh. 91!) die Partei, die
.Strenggläubigkeit und Gefetzestreue auf ihre Fahne ge-
fchrieben hatten' (S. 105)!

Eine fo gründliche Verzeichnung der Parteizuftände
ift bloß möglich bei völliger Unkenntnis der Henoch-
fchriften und der falomonifchen Pfalmen, (die G. zwar

daß

es der ungezügelten Erfindungsgabe des Verfaffers nicht
fchwerer fällt, eine planvolle Gliederung des Buches Koh.
vor den Augen des erftaunten Lefers zu entwickeln
(I Teil 3): der einzige Spruch, von dem fich nachweifen laffe,
daß er nicht von Koh. herrühre, fei 728 b (S. 78); dagegen
werden S. 116 noch tendenzfälfehende Eingriffe in 2 25
317. 21 127. 13. 14, erwähnt.

Am Schluffe nimmt G. aus dem Gebrauch des Gottesnamens
Qirfjtf ftatt nirp in Koh. Gelegenheit, der ,Löfung
des noch immer ungelöften Pentateuchrätfels' neue Per-
fpektiven zu eröffnen. Vor zu großen Erwartungen bewahrt
uns aber glücklich feine Erkenntnis, daß Efra
wahrfcheinlich der Verfaffer des Dtn. fei (S. 103). Selt-
fam genug nehmen fich die wiederholten Hinweifungen
auf den Anhang aus, der, wie uns das Vorwort belehrt,
fortbleiben mußte, weil der Umfang der Schrift nicht
über das vorliegende Maß hinaus erweitert werden konnte.
Bafel. Alfred Bertholet.

Moulton, James Hope, M.A., D. Lit, A Grammar of New

Koh. vor -, bleibt felber eine imaginäre Größe. Aber TestamentGreek. Voll. Prolegomena. Second edition
für 413—n; will G. das löfende Wort gefprochen haben,
indem er den .alten törfchten König' auf Hyrkan II, den
.armen, weifen Jüngling' auf Herodes, den .zweiten Jüngling
' auf Antigonus deutet. Schade, daß das nicht ohne
Vergewaltigung der Grammatik möglich ift, (ganz ab-
gefehen davon, daß "qlSH höchftwahrfcheinlich Gloffe ift):
TP§*| und 'rretr^ follen nämlich Handlungen der Vergangenheit
bezeichnen. Aber der Deutung zuliebe muß
fich die Grammatik überhaupt manches gefallen laffen!
Es genüge G.s Überfetzung von 2 12° anzuführen. ,Nun,
was ift der Menfch, der jetzt des Königs Nachfolger
fein will, wozu (ittjs DK!) fie ihn fogar fchon gemacht
haben:' Der König nämlich foll Antigonus fein, der
Menfch = Herodes, den die Römer fchon zum König gemacht
haben. Seltfamer Weife foll Kohelet aus einem
Anhänger des Herodes, als der er im erften Teil er-
fcheine, fein erbitterter Feind geworden fein, als der er im
zweiten fpreche (S. 81)! Bei alledem hat fich G. mit
Einer Tatfache auseinanderzufetzen vergeffen, die an fich
fchon feine Datierung von Koh. über den Haufen wirft:

with corrections and additions. Edinburgh, T. & T.
Clark 1906. (XX, 284 p.) gr. 8° s. 8 —

Kaum ein halbes Jahr nach dem Erfcheinen der
erften Auflage diefes trefflichen Buches (vgl. meine Anzeige
in diefer Zeitung 1906 Nr. 8) ift ein zweite Auflage
notwendig geworden, ein wohlverdienter Erfolg des unermüdlichen
Verfaffers und gewiß auch ein glänzender
Beweis für das große Intereffe, das man in den Ländern
englifcher Zunge der neuteftamentlichen Philologie entgegenbringt
. Die neue Auflage hat einen vereinfachten
Titel: das tbased on W. F. Monitors edition of G. B.
WincFs Gramman ift fortgelaffen, — mit Recht, da die
Prolegomena ein vollftändig neues Buch darfteilen; man
wird^ dem Verleger Sir John Clark, der diefe Änderung
des Titels anregte, zuftimmen. Die Vorrede ift im we-
fentlichen diefelbe geblieben, doch hat Moulton eine
Anzahl von Gelehrten genannt, die ihm Verbefferungs-
vorfchläge zufandten. Diefe und eine große Anzahl
eigener Korrekturen und Zufätze find, da das Buch
ich meine das Verhältnis von Jef. Sir. 5 3 zu Koh. 3 15, ftereotypiert ift, in einem Nachtrag aufgeführt, der prak-
wo Koh. das Original ift (vgl. ZatW. 1900, 91). tifcher Weife auch einen eigenen Index hat, und auf den

Ift fomit die Beziehung von Koh. auf die herodäifche
Zeit fchon mehr als zweifelhaft, fo tritt man mit berechtigter
Skepfis an das heran, was G. aus ihm für die
Kenntnis der damaligen jüdifchen Parteien glaubt ableiten
zu dürfen. Und da ift es fchon eine völlige Verkennung
der Selbftändigkeit und Originalität eines Mannes
wie des Verf.s von Koh., daß er als Repräfentant,
ja fogar als führendes Mitglied einer .politifchen Partei'

durch kleine Noten, die in den Text-Platten eingefügt
werden konnten, verwiefen ift. Merkwürdig ift hierbei
ein Wort, das der Bifchof Lightfoot im Jahre 1863 bei
einer Vorlefung gefprochen und Moulton durch den Rev.
I. Pulliblank erfahren hat (2S. 242). 'Speaking of som'e
Nl word which had Us only dassical authority in Hero-
dotus, he said: » Von ttre not to suppose that the wort
had fallen out of Use in the internal, only that it had

*