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Ausgabe:

1907 Nr. 2

Spalte:

35-37

Autor/Hrsg.:

Jahn, G.

Titel/Untertitel:

Das Buch Ezechiel auf Grund der Septuaginta hergestellt. Übersetzt und kritisch erklärt 1907

Rezensent:

Bertholet, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 2.

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Jahn, G., Das Buch Ezechiel auf Grund der Septuaginta j retrovertiert, kennzeichnet wieder fein völlig willkürliches

hergeffellt. Überfetzt und kritifch erklärt. Leipzig, I Verfahren. Dasfelbe /?atfßj/oc bietet LXX 16 v>. m 32

E. Pfeiffer 1905. (XX, 362 S.) gr. 8° M. 16— fur aber wieder vermag kein Menfch einzufehen,

. , . , .. ... _'.'. , warum J. diefes fTSbS 3230 anftandslos paffieren läßt.

Jahns Arbeit will eine Ehrenrettung Hefekiels _als , während er es an allen andern Stellen, auf LXX fich

Schriftftellers gegenüber den Sopherim bedeuten, ,diediefem
vielleicht leidenfchaftlichften aller Propheten fozufagen
die Giftzähne ausgezogen und ihn zum fenilen Kanzelredner
herabgefetzt haben' follen (S. III). Ihre tenden-
ziöfen Änderungen follen viel weiter gegriffen haben, als
man bisher annahm. Jahns Mittel der Wiederherftellung
des urfprünglichen Textes ift eine ins Kleinliche übertriebene
Wertung des LXX Textes. Wenn in deffen

berufend, als Milderung eines härteren Ausdruckes ausmerzt
, um rl3S?Bj dafür einzufügen, das LXX an der
einzigen Stelle', wo es vorkommt (Jef. 5011), milde genug
mit Xvjtrj überfetzt! Ebenfo bodenlos willkürlich ift
in 12 is, wo die Ausdrücke ,gefteigert' worden fein follen
J.s Lefung St« (öövvrf) ftatt VT) und roxi ftatt tftV),
obgleich oövvrj gelegentlich für fo ftarke Ausdrücke wie

meuene vverrung aes ha.a. lexres. wenn in aenen k-b-u^ ^..,^1,* :a tt a ..,„„ r„n__

r. ... n .,7 .. r . j- /r 11 1 u 1 33rl, riTO3 und rfilSE gebraucht in. Und was toll man

Benutzung Cormll mit feinem verdienftvollen Werk über i .«:•' fnir-. j„o i ..«- .tm.- • ^.wm „„_,„„„ j^i,. t yv

, ,ö , T, , . r, , . ,. , t> . -i dazu tagen, dal.1l. 415 nsn in nsn verwandelt, weil EXX

,das Puch des Propheten Ezechiel' manchem Beurteiler ! rt ». °-__,-1 »4k.r«K««rkl.-«. ,„n « n rn„ ., „

, r ,K f r- i . , . c • c 1 ii_ ltatt loe einmal loov uberletzt wie z. B. Gen. 27 27 41 -u u. o.

zu weit zu gehen fehlen, fo findet Jahn, er fei auf halbem ; ■ „:„„„, ^„t-r^^^u0„A^n ian» iL. «w ~:*

W,™ ft^n ™kihk,A. a„m, iL; Lm w H.f nn,t Nach eine.m entfprechenden lrmzip laßt J 34s tß mit

Wege flehen geblieben: ,Auch bei ihm hat Hef. noch
den abflößenden, durch Wiederholungen degoutierenden
und gegen die ächten Kraftftellen unverkennbar kontra-
ftierenden Predigtton' (S. V). Freilich, um diefen loszuwerden
, genügt es nicht, den Text des Vatikanus zu
geben, man muß fchon innerhalb des Vatikanus felbft
Itarke Gloflierung annehmen, d. h. zu einer Textwieder-
herftellung fchreiten, die jenfeits aller äußern Bezeugung
liegt, und damit betritt man den Boden der Subjektivität
des Gefchmacksurteiles, über deffen fchwankende Unterlage
man fich keiner Täufchung hingeben follte. Aber
Jahns Verfahren, bei dem kaum ein Vers unberührt bleibt,
ift fchlimmer als dies: es ift Willkür und methodifche
Zuchtlofigkeit,

fT)t) die Rolle taufchen, weil avxi nie die Bedeutung
,wegen' habe (aber Hag. 19?), er fchreibt 93 ich 471
■pTSoder fitT« für JfiÖB, 3? 13SO »b ftatt B^BX ÖgMj,
eine Änderung, die auf der Höhe fo vieler anderer fleht,
z. B. in 81; n'jS MB lt. B?Tü oder 5 3 f., wo an Stelle der
nota accusativi mit Pronominalfuffix, die der Text bietet,
die Suffixform des Verbums fleht. In feinem blinden
Vertrauen auf LXX gibt J. den einzelnen rTiTt der Vifion
10 21 und darnach i g je 8 Flügel ftatt 4, obgleich fchon
Hitzig den Grund für die Entltehung des falfchen LXX
Textes in IO21 richtig erkannt hat.

Aber von einer nicht geringeren Willkür der Behandlung
wird der Text in einer Unzahl von Fällen betroffen,

Diefen Vorwurf muß ich fchon erheben angefichts j wo LXX und MT mit einander übereinftimmen. Da
der Art, wie J. die LXX zur Textwiederherftellung be- j drängt fich als Beifpiel gleich Kap. 1 auf, wo J. die
nützt. 92 z. B. fetzt er an Stelle von itött 1» des M.T. ! Anficht durchzuführen fucht, daß die Tiere in Hef.'s Sinn
als angebliche Überfetzung des jctXvg der LXX BTlp; I nicht Kerube gewefen feien, fondern daß diefe Deutung
aber ö*np wird an den 5 Stellen, an denen es im Alf. erft in Kap. 10 (von dem fchließlich bloß die Verfe 1. 2. 7
vorkommt, nie mit xdXvt- wiedergegeben! Und was in l beliehen bleiben) vom Interpolator hineingetragen worden
aller Welt hätte zur Änderung innerhalb MT., wo 153 I fei, weshalb J. Alles ausfeheidet, was an Menfchenähn-
bSEra überdies noch durch die Dublette 91b geftützt wird', 1 liches erinnert. Wer es fertig bringt, fo originale Stellen
Yeranlaffung geben follen? Die Axt fcheine, fagt J., der wie 43 a 11 i3 (ganz 111-21 foll nicht-ezechielifch fein), aber
Korrektor eines Engels für unwürdig gehalten zu haben. [ auch fo neutrale Sätzlein wie 5 xibß 13b/? u. dgl., die alle
Seltfam, daß der Korrektor dann im gleichen Vers keinen durch MT und LXX gleichmäßig geftützt werden, als
Anfloß am Tintenfaß genommen hat, das J. ,eines Erz- 1 nicht urfprünglich auszufcheiden, mit dem ift nicht zu
engeis gar zu unwürdig' findet, fo daß er felber nach ! rechten. Nach Gründen darf man dabei nicht mehr
LXX einen Gurt aus Saphirftein draus macht (nebenbei J fragen; eigene Meinung wird zum alleinigen Grunde.
1. Z. 11 der Erklärung: nop ftatt pno). Was überhaupt ! Dahin gehört aus einer Fülle ähnlicher Beifpiele die
nicht alles in MT. geändert worden fein foll, weil es der j Ausmerzung von Jaafanja bezw. Jechonja ben Safan in 811,
Himmlifchen oder Gottes unwürdig erfchienen fei! So von t*>$@ (ofiotojfia) vor T> in 83, von Tßl ebenda und

fchreibt J. 20« an Stelle von Brrb i"P in«T»3: Btik ipinpb
1-^3 als angebliche Überfetzung von avTekaßofir/v t%
Xelöt /iov avrmv, als ob fich der Anthropomorphismus

22 312. u Iii. 24 435. Scheinbare Kleinigkeiten, wie die
Streichung der beiden rrby in 42, von ji^l 4"» von

bipiti'aa 410, von nniän rtnitetta 411, von asn 517 ufw.

nicht bei beiden Lesarten ungefähr gleich bliebe! 1 find fchon reichlich charakteriftifch. Daß fich der Pro-
Auch das von Thenius für die BB. Sam. ftatuierte i phet beim Tode feines Weibes der üblichen Trauerge-
Gefetz, das auch für Hef. gelten foll (S. XII), daß die bräuche enthalten foll 2417, wird, wie die zugehörige Deu

griechifchen Worte genau in derfelben Ordnung auf
c-inander folgen, wie fie im hebr. Texte ftehen (vgl. auch
z. B. J.s Umltellung von !T>3it 244) ift in diefem Falle ver-
geffen. Aber bedenklicher ilt's XTÖD des MT. in npb zu

tung 24 22 f. in das Gegenteil verkehrt, ebenfo die Drohung
von 3214 unter Ausfcheidung von V. 15 in eine Verheißung
verwandelt. Aus 135, welcher Vers z. B. in Kautzfehs
Überfetzung lautet: ,Ihr feid nicht in die Brefche geftie-

verwandeln, wo doch avTLlajißavofiaitonft. nie Überfetzung j gen, noch habt ihr eine Mauer um das Haus Israel ge
von npb ift (von «©3 Pi. I Reg. 911)! Ebenfo unverant- I zogen, um feftzuftehen im Kampfe am Tage Jahwes'

wortlich ift es, 6 2 ?p3B B^TB in 't pn zu verwandeln, an
geblich wieder nach LXX (orrjQiaov rö jrp.); aber 's j|46fe
47 überfetzt LXX gerade nicht mit oxijQi^m, wohl aber
das 'S ''WBO Jer. 21 10! Ferner 719 143. t. 7 1830 4412 hält
J- bicr/B. für Korrektur eines anflößigen Ausdruckes; 719,

gewinnt J. die Überfetzung: ,Sie halten nicht Stand auf
der Wahlftalt und ordnen die Herden des Haufes Israel;
nicht erheben fie fich in der Beftürzung am Tage Jahwes'.
Bei folchen Verbefferungsvorfchlägen läuft gelegentlich
einmal (zu Iis) eine fo bedenkliche Form wie B^p/in

wo LXX ßdöavog hat, lieft er dafür inia (denn ,ßäoavog (Hiph. -i/prv) mit unter! Doch ich breche ab.
ift fnW (S. 87), in Kap. 14 ''SlSSj, an den beiden übrigen Kein befonnener Exeget des Hef.-textes bezweifelt,

Stellen H»jpS (LXX außer 719 uurchweg xoXaoig). Aber ! daß ,Sopherim' die Hand im Spiele hatten, namentlich
ich fuche vergeblich nach einer Stelle, wo ßüoavog Über- wo.es galt gewiffe Widerfprüche der Kap. 40—48 gegtn-
fetzung von "jnh wäre, das übrigens bloß Jef, 2810 vor- über P zu verdecken (vgl. z. B. 45 21). Trotzdem braucht
kommt; dagegen erfcheint es allerdings als Überfetzung man nicht wie J. überall Tendenz zu wittern, wo bloße
von biwpB in der auch von J. rein textlich nicht bcan- Textverderbnis vorliegen kann (vgl. z. B. 3611 f.). Und
ftandeten, aljerdings als Gloffe ausgefchiedenen Stelle 320! fo viel auch J. diefe Sopherim fchmäht — ihre Änderun-
Daß er im Übrigen xöXaotg nicht an allen Stellen gleich , gen find erträglicher als feine eigenen, weil Methode