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Ausgabe:

1907

Spalte:

33-34

Autor/Hrsg.:

Houtin, Albert

Titel/Untertitel:

La question biblique au XXe siècle 1907

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Hamack, Prof in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.
Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 2. IQ- Januar 1907. 32. Jahrgang.

Houtin, La question biblique au XX« sifecle

(Lobsteil)).
Jahn, Das Buch Ezechiel (Bertholet).
Gerfon, Der Chacham Koheleth als Philofoph

und Politiker (Bertholet).
Moulton, A Grammar of New Testament Greek,

voL I, 2. ed. (Deißmann).
Fendt, Die Dauer der öffentlichen Wirkfam-

keit Jefu (v. Dobfchütz).
Facsimiles of the Athos Fragments of Codex H

of the Pauline Epistles, ed. by Lake (Bouffet).
Monteil, Essai sur la Christologie de Saint

Paul (Lobstein).

Leder, Die Diakonen der Bifchöfe und Presbyter
und ihre urchriftlichen Vorläufer (v. d. Goltz).

Harris, The Cult of the heavenly I'wins (v.
Dobschütz).

Sybel, v., Chriftliche Antike, Einführung in die

altchriftliche Kunft, 1. Bd. (Hennecke).
Ries, Das geiftliche Leben nach der Lehre des

hl. Bernard (Deutfch).
Königer, Die Beicht nach Cäfarius von Heifter-

bach (Deutfch).
Hegemann, Luther im katholifchen Urteil (Bof-

fert).

Bullinger's Korrefpondenz mit den Graubünd-

nern II. Teil 1557— 1566, herausg. von Schieß
(Virck).

Kölnifche Konfiftorial-Befchlüffe 1572—1596,

herausg. von Simons (Köhler).
Grünberg, Philipp Jakob Spener, 2. u. 3. Bd.

(Eck).

Flügel, Die Religionsphilofophie der Schule
Herbarts (E. W. Mayer).

Witz-Oberlin, Evangelifche Vereins- und Liebestätigkeit
in Oefterreich (v. d. Goltz).

Wartmann, Gefchichte des oftdeutfchen Jünglingsbundes
1856—1906 (Knoke).

Notiz.

Houtin, A., La question biblique au XX" siede. Paris,
Nourry 1906. (XII, 300 p.) 8° fr. 4 —

Diefes Buch bietet die Fortfetzung der vor vier
Jahren erfchieuenen Darfteilung der Bibelfrage im Schöße
des franzöfifchen Katholizismus während des XIX. Jahrhunderts
(La question biblique chez les catholiques de
France au XIX siede. Siehe Theol. Lit.-Zeitung 1902,
Nr. 16). Es ift nur ein Zeitraum von einigen Jahren,
welchem die Unterfuchung des Verfaffers gilt, und die
Bewegung, die er mit der aus feinen früheren Schriften
(vgl. auch Theol. Lit.-Zeitung 1905, No. 9) bekannten
Gründlichkeit und Umficht fchildert, ift noch in vollem
Gang. Während aber das erfte Werk fich innerhalb der

Am charakteriftifehlten ift in diefer Beziehung das Schlußkapitel
, das die Stellung der hiftorifchen Kritik zur
Wunderfrage an dem Beifpiel der Jungfrauengeburt mit
einer Klarkeit exemplifiziert, die nichts zu wünfehen
übrig läßt. Das Fazit des Loify-Streites gibt er in
Worten, die wir auch manchen Gliedern unterer evan-
gelifchen Kirche zur Beherzigung empfehlen möchten:
, Tout le monde comprend de plus en plus qu'il riy a
qu'une critique, qui n'est ni la'ique, ni eccUsiastique, ni
chretienne, nijuive. De meme qu'il n'y a pas de difference
entre les mathematiques catholiques et les mathematiques
protestantes, entre la chimie rationaliste etla chitnie croyante,
il ne peut pas y avoir de difference entre l'histoire catholique
et l'histoire laique, Vexegese libre et Vexegese chretienne.

Grenzender katholifchen Kirche Frankre.chs; hielt, umfaßt! n n> a >une math£matique, qu'une chimie, quune hi-
die vorliegende Schrift das weite Feld der theologifchen, . sfoi -une exegese> qdune Justice, qu'une verite. II est
auf die Bibel bezüglichen Foifchungen. Nicht nur I emore refu dam certains mUieux qu'on traite l'histoire et
Frankreich auch Deut^lüand England und Amerika, j Pexigise avec des prejuges confesstonneIs qu'on rougirait
nicht nur die kathohfehe Kirche, auch die Proteftanten j d^appnquer a d'autres sciences, mais Von voit poindre un

zieht der Hiftoriker in den Kreis feiner überall urkundlich
belegten und das gefamte Material meifterhaft be-
herrfchenden Darfteilung. Im Mittelpunkt der Gefchichte
der letzten Jahre fleht felbftverftändlich die Geftalt
Loifys: nicht weniger als fieben Kapitel, etwa die Hälfte
des ganzen Buchs ift dem weit über die Grenzen Frankreichs
hinaus berühmten Fall gewidmet. Der Lefer wird
nicht nur mit den Schriften des gelehrten und geiftvollen
Exegeten bekannt gemacht; es werden ihm auch Anhänger
und Gegner Loifys vorgeführt; das Verhalten der
Bifchöfe und der Kurie vor und nach der Verurteilung
wird nach allen Seiten hin beleuchtet; die Nachwirkungen
der Arbeiten L.s auf dem Gebiet der ,biblifchen Apologetik
' liefern einen beredten Kommentar zu fämtlichen
Schriften des Verfaffers von L'Evangile et l'Eglise. Von
nicht geringerem Intereffe ift das Kapitel ,La question
biblique ä Rome' (197—222), in welchem über die Zu-
fammenfetzung und die Arbeiten der commission biblique,
über die durch Pius X vollzogenen Ernennungen und
gehaltenen Reden, über die Gefellfchaft des Heiligen
Hieronymus berichtet wird. Das von den Protestants
liberaux handelnde Kapitel (41—50) zeigt, wie genau
H. auch über die jenfeits der Grenzen feiner Kirche
liegenden Fragen orientiert ift. Die beigefügten Quellenbelege
, die Literaturnachweife und Verzeichniffe erhöhen
die Bedeutung des als Lektüre fehr anziehenden, als Nach-
fchlagewerk überaus wertvollen Werkes.

Obgleich der Verf. fich bloß referierend verhält und
fich einer vornehmen Objektivität befleißigt, blickt doch
an manchen Stellen feine perfönliche Anficht durch.

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temps oü, de meme que maintenant on veut partout une
chimie tout court, on voudra partout une critique tout court,
une exegese tout court, cest-a-dire independante des systemes
de theologie qui la faussent en divers sens contradictoircs.
Ceux qui voudraient continuer a plier la juste appreciation
des temoignages historiques ä un enscignement dogmati-
que fixe d'avance, se mettraient par la meme au dehors
de la science moderne et peut-etre meme au dehors de leur
propre conscience' (190—191). Daß der Mann, der folche
Worte fchreibt, fich von den namenlofen Albernheiten
des vom Papft auf den Lehrftuhl der biblifchen Wiffen-
fchaften im Collegium Romanum berufenen P. Hetzenhauer
angeekelt fühlen mußte, ift begreiflich genug; er
begnügt fich aber damit, aus der Exegesis biblica des
Lehrers eine Blumenlefe zufammenzuftellen, die er einfach
dem Lefer mitteilt: geftaltet fich doch die nüchterne
Darftellung zur vernichtendften Kritik (205—209). — Bekanntlich
ift Houtin wegen feiner mutigen, mannhaften
Wahrheitsliebe, welche alle feine Schriften charakterifiert,
durch feine geiftliche Behörde wie auch durch die Kom-
miffion des Index bereits ausgezeichnet worden (97—98).
Die Wehmut, mit welcher man fein Büchlein Mes diffi-
cultcs avec mon eveque 1905 lefen wird, kann unfern Dank
für die hier gebotene Leiftung und unfere Bewunderung
für ihren charaktervollen Verfaffer nur fteigern.

Straßburg i. E. P. L o b ft e i n.